24.06.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 41 / Tagesordnungspunkt II.4

Johannes KahrsSPD - Epl 08, Epl 20 Finanzen, Bundesrechnungshof, Euro in Litauen

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben hier eine Rede von Norbert Barthle für die CDU/CSU gehört, die ich nicht besser hätte halten können. Mein lieber Norbert, ganz herzlichen Dank!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist das unterwürfig! – Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Wenn ihr einen Fusionsbeauftragten braucht: Ich kenne mich aus!)

Man sieht: Die Große Koalition arbeitet, die Große Koalition funktioniert, die Große Koalition legt einen soliden Haushalt vor, die Große Koalition weiß, dass das, was wir machen, gut für unser Land ist. Norbert Barthle hat das in vorzüglicher Weise vorgetragen. Du wärest auch ein guter Sozi, jedenfalls in dieser Frage.

(Heiterkeit bei der SPD und der CDU/CSU – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann hat sich das mit der SPD ja erledigt!)

Wir haben auch zwei Reden von den Grünen und den Linken gehört, die nicht viel Neues zu bieten hatten. Etwas anderes war nach den Haushaltsberatungen auch nicht zu erwarten. Wir haben auch mitbekommen, dass die eine oder andere Kritik geäußert worden ist. Das, finde ich, ist vollkommen in Ordnung. In der Substanz würden aber auch sie nicht viel ändern; das muss man einfach zur Kenntnis nehmen.

Ich möchte jedoch an einen Punkt, der hier eben angesprochen worden ist, gerne anknüpfen. Herr Kindler hat eben vom Subventionsabbau gesprochen, insbesondere beim EEG, und auf die Unternehmen, die im weltweiten Wettbewerb stehen, verwiesen. Erlauben Sie mir dazu eine Anmerkung, gerade als Sozialdemokrat. Ich halte es für einen strukturellen Fehler, dass wir in diesem Land in der Diskussion so tun, als würde unser wirtschaftlicher Erfolg, der sich auch in Steuereinnahmen niederschlägt, einfach von selber kommen. Es gibt Unternehmen in diesem Lande – ob aus den Bereichen Chemie, Kupfer, Stahl oder andere –, die im internationalen Wettbewerb stehen.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Um die geht es aber nicht!)

Auch ihnen muss man die Möglichkeit geben, gegenüber der Konkurrenz zu bestehen. Mit Blick darauf, dass die Preisbildung nicht auf dem deutschen Markt stattfindet – weil es eben nicht so ist, dass Bäcker in unterschiedlichen Stadtteilen miteinander im Wettbewerb stehen; hier geht es vielmehr Industriezweige, die Produkte erzeugen, deren Preise auf dem Weltmarkt festgelegt werden –, muss man einfach feststellen, dass Deutschland auch Standortnachteile hat: Wir haben zum Beispiel höhere Löhne als andere; das ist gut so. Dafür haben wir auch eine höhere Produktivität.

(Zuruf des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Was das EEG angeht, Herr Kindler: Wenn man will, dass es in diesem Land Industriearbeitsplätze gibt, wenn man nicht will, dass wir uns so deindustriealisieren, wie es die USA oder England in den letzten Jahren gemacht haben,

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein Schauermärchen!)

ist es sinnvoll, vernünftig und richtig, dass man für die deutsche Industrie etwas tut, dass man für gut bezahlte deutsche Industriearbeitsplätze etwas tut. Deswegen ist es notwendig, dass man hier ganz klar sagt: Es muss Ausnahmen vom EEG geben. Es muss möglich sein, dass man für Industriezweige, die im internationalen Wettbewerb stehen, etwas tut. Das sind keine Subventionen. Das hat etwas mit Wettbewerbsfähigkeit und Chancengleichheit zu tun.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Was Sie hier probieren, ist, dass Sie der deutschen Industrie einen Betonblock an den Fuß binden, damit sie nicht wettbewerbsfähig ist.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Absurd!)

Ich kann die Grünen ja verstehen. Sie mögen es gut finden, wenn hier viele Unternehmen pleitegehen. Das kommt ihnen im Hinblick auf die Reduzierung des CO 2 - Ausstoßes und anderes entgegen.

Im Kern stehen wir Sozialdemokraten, steht diese Koalition für eine erfolgreiche Industrielandschaft, für Arbeitsplätze,

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Für vorgestern!)

für starke Arbeitgeber und starke Arbeitnehmer in diesem Land. Da unterscheiden wir uns von den Grünen. Wir sind dafür, dass Unternehmen aus Hamburg, aus dem Ruhrgebiet und anderswoher auf dem Weltmarkt eine Chance haben. Dafür steht auch dieser Haushalt, und dafür steht auch diese Koalition. Das muss man einmal zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Auch die Unternehmen in Bayern, in Burghausen! – Norbert Barthle [CDU/CSU]: Das hätte ich auch nicht besser sagen können!)

Am Ende stellt sich heraus, dass Grundkonsens in diesem Hause ist – von einigen Aufgeregten bei den Grünen einmal abgesehen –, dass wir der deutschen Industrie ermöglichen wollen, im internationalen Wettbewerb erfolgreich zu sein; dazu stehen wir. In meinem Wahlkreis hat mit Aurubis der international größte Kupferhersteller seinen Sitz. Dieses Unternehmen muss sich im Wettbewerb bewähren. Dessen Wettbewerber kommen nicht aus Deutschland; sie sind international tätig. Alle Unternehmen dieser Branche sind demselben Preiskampf ausgesetzt.

Wenn wir es Unternehmen wie Aurubis nicht möglich machen, wettbewerbsfähig zu sein, dann haben sie keine Chancen. Wenn wir hier im Rahmen der Haushaltsberatungen darüber reden, wie wir das Geld ausgeben, dann müssen wir bedenken, dass dieses Geld erst einmal eingenommen werden muss, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall der Abg. Anja Karliczek [CDU/CSU])

Das funktioniert nun einmal nur, wenn wir eine Industrie haben, die im weltweiten Wettbewerb Chancen hat.

Insofern sage ich – mit Verlaub, Herr Kindler –: Die hohlen Phrasen, die ich gehört habe, halte ich für falsch. Ich halte sie in der Sache für falsch, und im Hinblick auf die deutschen Arbeitsplätze und die deutschen Arbeitnehmer sind sie allemal falsch. Es gilt eben nicht, das EEG ausnahmslos umzusetzen. Vielmehr sollte man nach vernünftigen Kriterien vorgehen.

(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann denn?)

Man sollte immer die Folgen seines Tuns bedenken. Man muss weiter denken als von hier bis zum nächsten Birnbaum.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zurufe von der CDU/CSU: Sie können auch in die CDU kommen!)

Wenn man sich den Haushaltsentwurf, den wir vorgelegt haben, anschaut, stellt man fest: Wir handeln vernünftig. Wir steuern die geringste Neuverschuldung seit 40 Jahren an. Das zeigt: Die Große Koalition funktioniert.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr gut! – Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Beim EEG nicht!)

Das zeigt: CDU, CSU und SPD befinden sich auf einem guten Kurs. Das zentrale Versprechen des Koalitionsvertrages, solide Staatsfinanzen für eine starke Zukunft zu schaffen, ist erfüllt; wir arbeiten daran, dass das so weitergeht.

(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das glaubt wirklich keiner!)

Im nächsten Jahr wollen wir eine schwarze Null haben. Dass auch Rote für eine schwarze Null kämpfen, ist nichts Ungewöhnliches. Wir Sozialdemokraten haben schon in der letzten Großen Koalition dafür gekämpft, dass im Grundgesetz eine Schuldenbremse verankert wird. Der eingeschlagene Weg wird jetzt fortgeführt. Wenn wir im nächsten Jahr bei einer schwarzen Null landen, dann steht das im Einklang mit der mittelfristigen Finanzplanung. Die Schuldenbremse wird also eingehalten.

Das ist ein großes Versprechen. Es einzuhalten, ist für diese Große Koalition auch eine große Aufgabe. Sie wird uns die nächsten Jahre beschäftigen. Der Finanzminister, der sich hierhingestellt und gesagt hat, er stehe zu dieser schwarzen Null und wolle durchziehen, was dafür notwendig sei, hat in den nächsten Jahren eine große Verantwortung; denn man muss dafür viele Bedingungen erfüllen. Jede Abweichung vom notwendigen Kurs wird für uns alle schwierig und problematisch. Wir stehen also nicht nur zum Ziel einer schwarzen Null, sondern haben mit dem Koalitionsvertrag und diesem Haushalt sehr viel dafür getan, dass dieses Ziel erreichbar ist.

Das Ziel einer schwarzen Null hat viel mit Generationengerechtigkeit zu tun. Wir sagen: Wir machen keine neuen Schulden mehr in diesem Land. Dazu stehen Sozialdemokraten und CDU/CSU.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wir stehen auch dafür, dass die Steuern nicht erhöht werden!)

Ich glaube, dass das etwas ist, was man gar nicht laut genug sagen kann. Dieser Haushalt ist der erste Schritt auf diesem Weg. Ab dem nächsten Jahr wird das so kommen.

Zur Kritik der Opposition. Die Opposition redet über 200 Millionen Euro hier, 600 Millionen Euro da. Wir reden dann über 0,6 Prozent von 300 Millionen Euro.

(Zurufe: Milliarden!)

– Genau, 300 Milliarden. – Ehrlich gesagt: Herr Kindler, man kann sich über vieles streiten, den ganzen Tag, aber es sollte schon einen Hauch von Substanz haben. Dass wir in so einem Haushalt Spielräume haben, das ist gut so.

(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bisschen mehr Substanz in Ihrer Rede!)

Wir hatten Pech. Wir hatten Glück. Das eine zu betonen und das andere nicht, das ist ein bisschen grenzwertig. Ich verstehe, dass Sie Ihre neun Minuten Redezeit irgendwie füllen müssen, aber im Kern sollte man das schon ein bisschen substanzieller tun. Wir schätzen uns sehr – Sie haben auch zum Teil zugestimmt –, aber diese Kritik war nicht in Ordnung.

Ansonsten möchte ich noch eine Anmerkung machen. Von den Grünen ist kritisiert worden, wie man mit dem Stabilitätspakt umgeht. Ich glaube, besser als der Regierungssprecher gestern hätte man es gar nicht sagen können. Herr Seibert hat das sehr vernünftig ausgeführt.

(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erst Herr Barthle, dann Herr Seibert, nur der Herr Kahrs hat nichts zu sagen!)

Er hat gesagt, dass beim Stabilitäts- und Wachstumspakt beide Worte gelten. Er hat gesagt, dass Fristverlängerungen möglich sind und dass es in der Vergangenheit auch schon dazu gekommen ist. Er hat gesagt: Negative wirtschaftliche Entwicklungen können beim Defizitverfahren berücksichtigt werden. Er hat gesagt: Die Investitionsklausel trägt größeren Strukturreformen Rechnung. Er hat gesagt, dass die Bundesregierung zum europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt steht und auch eine flexible Anwendung für möglich hält. – An diesem Pakt wird nichts geändert. Wir brauchen beide Teile. Der Regierungssprecher hat es gestern festgestellt. Ich gehe davon aus, dass zwischen Bundeskanzlerin, Vizekanzler und Finanzminister kein Blatt Papier passt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was für eine niveaulose Rede!)

Nächster Redner ist Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble.

(Beifall bei der CDU/CSU – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Jetzt kommt die Versuchsanordnung mit dem Blatt Papier! – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt kommt wieder eine linke Rede!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3559330
Wahlperiode 18
Sitzung 41
Tagesordnungspunkt Epl 08, Epl 20 Finanzen, Bundesrechnungshof, Euro in Litauen
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