24.06.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 41 / Tagesordnungspunkt II.4

Ralph BrinkhausCDU/CSU - Epl 08, Epl 20 Finanzen, Bundesrechnungshof, Euro in Litauen

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als wir am 8. April den Haushalt einbrachten, haben wir gesagt, dass wir die 6,5 Milliarden Euro Nettoneuverschuldung halten werden. Wir haben sie gehalten, obwohl wir unterwegs noch einen ziemlich großen Rucksack – mit der Rückzahlung der Brennelementesteuer und einigen anderen Sachen – aufgesattelt bekommen haben.

Wir hätten es uns auch einfach machen und sagen können:

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie doch! Sie haben es sich einfach gemacht!)

Die strukturelle Verschuldung können wir noch ein bisschen höher ansetzen. Dann erreichen wir immer noch einen strukturell ausgeglichenen Haushalt. – Wir haben es uns aber ganz bewusst nicht einfach gemacht und gesagt, dass wir diese 6,5 Milliarden Euro halten. Diese 6,5 Milliarden Euro sind nämlich ein Zeichen dafür, dass wir nächstes Jahr die schwarze Null erreichen wollen. Ich glaube, wir hätten viel Vertrauen verloren, wenn wir nicht schon jetzt beim ersten Anlauf den wichtigen Zwischenschritt gemacht und gesagt hätten: Wir satteln nicht noch etwas drauf.

Ich glaube auch, meine Damen und Herren, dass dieser Haushalt 2014 mit den 6,5 Milliarden Euro ein ziemlich wichtiger Zwischenschritt ist hin zu unserem großen Ziel der schwarzen Null. Um in der Fußballersprache zu bleiben: Das Halbfinale haben wir, glaube ich, gewonnen. Jetzt müssen wir 2015 noch das Finale gewinnen. Das ist etwas, über das wir uns so richtig freuen können.

(Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Sie denken nicht weiter! – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie scheiden schon in der Vorrunde aus!)

Ich kann ja verstehen, dass diese Freude von der Opposition nicht geteilt wird. Ich kann auch verstehen, dass Sie, wenn der Haushalt Freitag verabschiedet worden ist, keinen Autokorso über den Ku’damm machen, weil Sie sich so freuen.

(Heiterkeit des Abg. Norbert Barthle [CDU/CSU])

Aber die Kritik, die Sie an diesem Haushalt geäußert haben, Herr Bartsch, erinnerte ein bisschen an die 70er-Jahre. Herr Kindler, auch Ihre Kritik war ziemlich bemüht. Das, was Sie gesagt haben, war weder substanziell noch sonderlich überzeugend. Im Prinzip müssen Sie eines anerkennen: Es läuft ziemlich gut. Es läuft ziemlich gut,

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Trotz der Großen Koalition!)

weil die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land viele Steuern zahlen. Das heißt, sie arbeiten fleißig, sie haben Jobs. Die Wirtschaft brummt. Auch das ist nicht selbstverständlich, sondern das Ergebnis der guten Politik verschiedener Regierungen.

Ich möchte – bei allem Respekt vor unserem jetzigen Koalitionspartner – an dieser Stelle eines ganz ausdrücklich sagen: Das ist auch das Ergebnis der christlich-liberalen Koalition. Ein Teil des Ruhms gehört auch der FDP, bei der ich mich ausdrücklich dafür bedanken möchte,

(Widerspruch bei der SPD und der LINKEN)

dass sie in der letzten Legislaturperiode an dieser Stelle so gut und so effizient vorgearbeitet hat, sodass das hier heute überhaupt möglich ist.

(Beifall bei der CDU/CSU – Manfred Zöllmer [SPD]: Die haben noch nicht einmal der Schuldenbremse zugestimmt! – Sven-ChristianKindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt braucht die FDP schon Zuspruch von der Union!)

Ich möchte mich auch gerne bei den Haushältern bedanken. Sie haben einen harten Job. Wir haben viele neue Abgeordnete in der Arbeitsgruppe Haushalt, die sich in dieses Thema eingearbeitet haben. Ich schaue die beiden haushaltspolitischen Sprecher an. Sie haben Ihre Arbeit richtig gut gemacht. Sie haben das richtig klasse gemacht. Das lässt darauf hoffen, dass es auch in Zukunft mit diesen Haushältern klasse laufen wird.

(Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Tolle Opposition! – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vorsicht mit Selbstlob! Brauchen Sie das? Tut ja sonst keiner!)

Ich möchte mich auch ausdrücklich bei den Sozialdemokraten bedanken. Denn das Projekt eines ausgeglichenen Haushalts ohne neue oder höhere Steuern gehört – einmal abgesehen vom Kollegen Kahrs – nicht zu den Lieblingsprojekten der Sozialdemokratie.

(Johannes Kahrs [SPD]: Na, na, na!)

Genauso gibt es auch einige Projekte in der Großen Koalition – ich blicke zur Arbeitsministerin –, die nicht zu unseren Lieblingsprojekten gehören. Aber eine Große Koalition muss immer ausbalanciert sein. Das hat mit Geben und Nehmen zu tun. Das hat an dieser Stelle sehr gut geklappt, und zwar auch deswegen, weil der Bundesfinanzminister und unsere Haushaltspolitiker an der einen oder anderen Stelle in Bezug auf die Wünsche, die die SPD gehabt hat, sehr flexibel gewesen sind. Ich würde mir wünschen, Frau Nahles, dass Sie bei den anstehenden Beratungen zum Mindestlohn auch diese Flexibilität an den Tag legen und uns einmal an der einen oder anderen Stelle entgegenkommen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Johannes Kahrs [SPD]: Das wird nichts! – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Wir reden heute neben dem Haushalt über noch ein weiteres ganz wichtiges Thema. Ich schaue in Richtung Tribüne. Wir reden heute über Litauen. Wir alle freuen uns darüber, dass Litauen der Euro-Zone beitreten wird. Das ist schon mehrfach gesagt worden. Das ist wirtschaftlich in Ordnung. Die Kriterien sind abgeprüft worden. Ich denke, auch von der Art und Weise, wie Litauen Sachverhalte angeht, wie Litauen die Reformen vorangetrieben hat, ist es eine Verstärkung im Euro-Raum. Darüber freuen wir uns. Im Übrigen ist es gerade in den heutigen Zeiten auch ein wichtiges politische Signal, die baltischen Staaten enger an die Europäische Union zu binden, als es in der Vergangenheit der Fall war.

Aber Litauen ist in die Euro-Zone eingetreten unter der Prämisse, dass es einen Stabilitäts- und Wachstumspakt gibt, der eingehalten wird. Auch wenn es vielleicht anders gemeint war, die Signale, die die europäischen Sozialistenführer in der letzten Woche abgegeben haben, waren nicht gut. Wenn Sie darüber reden, dass in einem Stabilitäts- und Wachstumspakt, der ohnehin schon sehr flexibel ist, eine Flexibilisierung vonnöten ist, dann ist das das falsche Signal. Ich würde sogar sagen: Es ist ein schlimmes Signal. Denn dadurch geht Vertrauen verloren. In der Finanzkrise war Vertrauen verloren gegangen. Dieses Vertrauen haben wir uns mühsam wieder erarbeitet, indem wir uns an die Regeln, die wir uns selbst gesetzt haben, gehalten haben. Das war neu und anders. Wenn dieses Vertrauen jetzt erschüttert wird, ist das nicht gut.

Es lenkt darüber hinaus von einer Sache ab, nämlich davon, dass das Wichtigste für die europäische Konsolidierung Strukturreformen sind. Wir werden als Koalition weiterhin auf diese Strukturreformen achten müssen, auch wenn der eine oder andere meint, dass das in der heutigen Zeit nicht mehr notwendig ist. Diese sind der Schlüssel zum Erfolg. Die andere Seite von Strukturreformen – der Bundesfinanzminister hat es ausgeführt – sind konsolidierte Haushalte. Das eine wird ohne das andere nicht funktionieren. Deswegen ist es wichtig, dass die Bundesregierung hier in Deutschland diese Linie so, wie sie im Koalitionsvertrag vereinbart ist, mit allen Ministern geschlossen vertritt und überhaupt keine Zweifel daran lässt, dass das von uns auch in der Zukunft durchgezogen wird.

Meine Damen und Herren, wenn wir uns dem Haushalt zuwenden, dann stellen wir erstens fest, dass gute Haushaltspolitik immer auch etwas damit zu tun hat, dass man den Menschen in diesem Lande etwas zumuten und unbequem sein muss. Das, was die Kollegin von den Grünen gerade gesagt hat, ist richtig: Natürlich ist es nicht selbstverständlich, dass alles so bleibt, wie es ist. Aber wir haben momentan gute Zeiten und müssen deswegen für schlechtere Zeiten vorsorgen;

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tun Sie aber nicht!)

das ist auch die Linie unserer Haushaltspolitik.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Eben nicht!)

Das bedeutet – das ist besonders die Linie der Union –, dass das Erwirtschaften immer noch wichtiger ist als das Verteilen. Wir müssen in jedem Einzelplan immer wieder deutlich machen, dass es darum geht, die richtigen Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu setzen, um vernünftige Steuereinnahmen zu generieren. Das kommt in der einen oder anderen Diskussion in diesem Hause bei der Opposition leider viel zu kurz.

Der zweite Punkt im Hinblick auf Haushalte ist, dass der Staat keine Supernanny ist. Ich glaube, wir müssen deutlich machen: Wir können uns nicht um alles kümmern. Wir können nicht hundertprozentige Gerechtigkeit schaffen. Wir können auch nicht jeden Wunsch, so nachvollziehbar er auch ist, erfüllen; das geht nicht. Dementsprechend muss man im Rahmen der Haushaltspolitik handeln.

Der dritte Punkt, der für vernünftige Haushaltspolitik entscheidend ist, ist, dass man nicht nur die Gegenwart im Blick hat, sondern auch die Zukunft. Es kommt eben nicht nur darauf an, dass es den Menschen heute gut geht, sondern es kommt auch darauf an, dass es den Menschen in Zukunft gut geht.

Ganz konkret heißt das – auch das ist angesprochen worden, und es ist richtig –: Wir müssen in unseren Haushalten mehr investieren. Wir müssen die Investitionsquote steigern. Die Kritik, die daran vonseiten der Opposition geübt wird, finde ich richtig klasse. Wer sind denn diejenigen, die einen Konsumvorschlag nach dem anderen in die Haushaltsberatungen einbringen? Das sind die Linken und die Grünen.

(Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Das stimmt doch gar nicht!)

Insofern: Lassen Sie sich an Ihren Taten und nicht an Ihren Worten messen. Wir werden darauf achten, dass die Investitionen auch in Zukunft gesteigert werden; das ist die erste wichtige Sache.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach was! Die sinken ja!)

Die zweite wichtige Sache, die Sie, Herr Bartsch, überhaupt nicht verstanden haben, ist: Vernünftige Haushalte bekommt man nicht hin, wenn man die Einnahmeseite optimiert, sondern das schafft man immer nur über die Ausgabenseite. Es ist richtig: Wir müssen die Ausgaben priorisieren. Wir müssen darauf achten, dass die Ausgaben effizienter werden. Darin liegt der Schlüssel für eine vernünftige Haushaltskonsolidierung.

Der dritte Punkt ist – das habe ich schon mehrfach gesagt, weil man das immer wieder betonen muss –: Wir müssen auch die Zukunft im Blick haben und dürfen nicht nur die Gegenwart im Blick haben. Wir dürfen Dinge, die wir heute finanzieren müssen, nicht in die Zukunft verschieben; auch das ist ganz wichtig.

Ich fasse zusammen:

Erstens. Uns geht es gut.

Zweitens. Wir dürfen in unseren Anstrengungen nicht nachlassen, weder in Europa noch in Deutschland.

Drittens. Wir müssen die Zukunft im Blick haben. Wenn wir das tun, dann haben wir 2015 und auch nachhaltig einen vernünftigen Haushalt. Ich bin optimistisch, Herr Kahrs, dass wir das auch mit der SPD hinbekommen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Johannes Kahrs [SPD]: Selbst mit der CDU/CSU!)

Der Kollege Dr. Axel Troost ist der nächste Redner für die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3559413
Wahlperiode 18
Sitzung 41
Tagesordnungspunkt Epl 08, Epl 20 Finanzen, Bundesrechnungshof, Euro in Litauen
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