24.06.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 41 / Tagesordnungspunkt II.4

Uwe FeilerCDU/CSU - Epl 08, Epl 20 Finanzen, Bundesrechnungshof, Euro in Litauen

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Januar 2015 beabsichtigt Litauen, der Euro-Zone beizutreten. Das gibt mir Anlass, dieses für Europa, aber auch für Deutschland wichtige Ereignis etwas ausführlicher zu behandeln. Ich freue mich, dass der Botschafter der Republik Litauen, Seine Exzellenz Matulionis, heute hier anwesend war und ich die Gelegenheit hatte, mit ihm ein paar kurze Worte zu wechseln.

Nach Estland und Lettland sehen wir auch in Litauen die positiven Folgen der EU-Osterweiterung. Nachdem Litauen vor zehn Jahren der Europäischen Union beigetreten ist, hat es eine beeindruckende Wirtschaftsentwicklung zu verzeichnen. Dazu beglückwünsche ich Litauen ausdrücklich und zolle den Litauern mein Lob.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Petra Ernstberger [SPD])

Es wurden weitgehende Wirtschafts- und Rechtsreformen durchgeführt. Die Haushaltspolitik wird umsichtig geführt. Das trägt jetzt Früchte: Das Bruttoinlandsprodukt hat sich seit 2004 fast verdoppelt. Die Gesamtverschuldung mit circa 40 Prozent des Bruttoinlandsproduktes liegt sogar unter dem Durchschnitt des Wertes für die Mitglieder der Währungsunion. Das Konvergenzkriterium der Geldstabilität ist ebenfalls erfüllt. Die Wirtschaftsleistung hat wieder das Niveau von vor der Finanzkrise erreicht. Für 2014 und 2015 wird weiterhin ein Wirtschaftswachstum von über 3 Prozent prognostiziert.

Meine Damen und Herren, die Litauer wissen den Euro als eine gemeinsame europäische Währung zu schätzen. Sie wissen auch, dass es für sie unabdingbar war, der Euro-Zone so schnell wie möglich beizutreten. Schließlich wird das Baltikum als zusammenhängender Wirtschaftsraum von Investoren wahrgenommen. Estland sowie Lettland haben den Euro bereits eingeführt. Darüber hinaus wird der Euro in unruhigen Zeiten im Osten Europas längst als Stabilitätsfaktor und Stabilitätsanker wahrgenommen.

Die EZB identifiziert mit ihrem Bericht auch wirtschaftspolitische Herausforderungen und Reformbedarf, zum Beispiel bei der Flexibilisierung des Kündigungsschutzrechts und der Besteuerung des Faktors Arbeit. Die Arbeitslosigkeit von knapp über 10 Prozent sowie steigender Fachkräftemangel in einigen Branchen aufgrund der großen Auswanderungsquoten sind ebenfalls gegenwärtige Herausforderungen.

Heute problematischer denn je ist sicher die allgemein bekannte Abhängigkeit des Landes von ausländischen Energiequellen. Die nicht einfache Vergangenheit und die gleichzeitige Abhängigkeit von Russland im Energie- und Transportsektor spielen eine nicht unerhebliche Rolle in der wirtschaftlichen Situation des Landes. Das gesamte Baltikum leidet an einer schlechten Anbindung an das europäische Energienetz. Die Abhängigkeit von ausländischen Anbietern schlägt sich daher in höheren Preisen nieder. Um dies zu ändern, eröffnet Litauen Ende des Jahres einen Flüssigkeitsterminal und baut Stromleitungen nach Polen und Schweden. Somit erlangt es dann Zugang zum europäischen Energienetz. Das ist nur zu begrüßen; denn die Unabhängigkeit im Energiesektor ist seit der Ukraine-Krise insbesondere für die osteuropäischen Staaten wichtiger denn je.

Auch wenn die Zusammenarbeit im Energiesektor einiges zu wünschen übrig lässt: Russland ist und bleibt ein wichtiger Handelspartner für Litauen. Russland ist der wichtigste ausländische Absatzmarkt für litauische Güter. Im Jahr 2013 hat sich der Warenexport dorthin auf 4,9 Milliarden Euro summiert, was 19,8 Prozent der Gesamtausfuhr ausmacht. Die Hälfte davon betrifft Waren, die in Litauen selbst erzeugt wurden. Die andere Hälfte macht der Transit von Waren aus anderen Ländern aus. Durch die Einführung des Euro bietet sich allerdings auch die Chance, mehr Waren in den Euro- Raum zu liefern.

In Litauen leben im Gegensatz zu Estland und Lettland nur circa 5 Prozent Russen. Wie ich in dem persönlichen Gespräch mit dem litauischen Botschafter erfahren habe, ist die Mehrheit der russischen Minderheit in Litauen für die Euro-Einführung – und das auch zu Recht. Die Euro-Einführung ist in erster Linie die Erfüllung der Verpflichtung, die Litauen mit dem EU-Beitritt eingegangen ist. In zweiter Linie ist sie eine freie wirtschaftliche Entscheidung der Republik Litauen. Herr Ulrich, Verträge beruhen auf Gegenseitigkeit. Wir können nicht auf der einen Seite von Litauen fordern, den Euro einzuführen, und dann aber, wenn die Beitrittskriterien erfüllt sind, den Beitritt verweigern. Das ist scheinheilig und dient nicht der Sache.

Wir ermutigen die Republik Litauen, den eingeschlagenen Weg zur dauerhaften Sicherung stabiler öffentlicher Finanzen und einer Politik der Stärkung sowie von Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit fortzusetzen und gleichzeitig die noch offenen Reformen, zum Beispiel in den Bereichen des Rentensystems und des Arbeitsmarktes, voranzutreiben.

Der Beitritt Litauens hat jedoch einen besonderen Nebeneffekt – das haben wir eben schon gehört –: Das betrifft den EZB-Rat. Mit Litauen werden erstmals 19 Zentralbankpräsidenten vertreten sein. Somit tritt das Rotationsverfahren in Kraft. Alle fünf Monate wird dann auch der Präsident der Deutschen Bundesbank zwar nicht sein Teilnahme- und sein Rederecht, aber sein Stimmrecht für einen Monat verlieren. Entscheidungen zu finanziellen Angelegenheiten des Euro-Systems – zum Beispiel Einzahlung und Änderung des EZB-Kapitals, Anpassung von Kapitalschlüsseln, Verteilung der monetären Einkünfte sowie der Gewinne und Verluste – sind vom Rotationsprinzip jedoch ausgenommen.

Fakt ist, dass Deutschland 27 Prozent des EZB-Kapitals eingezahlt hat und entsprechend haftet. Diese Tatsache spiegelt sich bereits jetzt nicht in den Abstimmungsverfahren – ein Mitglied, eine Stimme – wider. Es ist legitim, die Frage zu stellen, wie es sein kann, dass der größte Anteilseigner sein Stimmrecht nicht permanent ausüben kann. Es werden auch Befürchtungen laut, dass das Rotationsverfahren missbraucht werden könnte. Rein theoretisch ist dies denkbar.

Es sollte natürlich kein Denkverbot dabei geben, nach anderen, gegebenenfalls besseren Verfahren zu suchen, die die Kapitalverhältnisse und Haftungsrisiken gerechter widerspiegeln. Man muss dabei jedoch sagen, dass der mögliche Missbrauch höchst unwahrscheinlich ist und einen gravierenden Eingriff in die Prinzipien der Europäischen Union bedeuten würde. Wir sollten unseren Partnern in der EU nicht von vornherein unterstellen, sie warten nur auf den Zeitpunkt, an dem Deutschland vorübergehend über kein Stimmrecht in der EZB verfügt, um ihre nationalen Interessen durchzusetzen. Wir dürfen des Weiteren nicht vergessen, dass nicht nur Deutschland, sondern auch alle anderen Mitglieder ihr Stimmrecht vorübergehend verlieren.

Zu Recht hat der Kollege Brinkhaus kürzlich darauf hingewiesen, dass es insbesondere wichtig sei, dass Deutschland mit Sabine Lautenschläger-Peiter im EZB- Direktorium vertreten ist. Die sechs Mitglieder des EZB-Direktoriums behalten auch nach Einführung des Rotationsverfahrens ihr ständiges Stimmrecht. Wir sollten uns also darauf konzentrieren, weiterhin in diesem Direktorium vertreten zu sein.

Auch wenn es ein wichtiges Thema ist, sollte die Diskussion über das Rotationsverfahren nicht den eigentlichen Grund der heutigen Beratung überschatten: den Beitritt der Republik Litauen zur Euro-Zone. Wir begrüßen ausdrücklich die erfolgreichen Anstrengungen Litauens, die Bedingungen für die Euro-Einführung zu erfüllen, und unterstützen den Antrag Litauens auf den Beitritt zur Euro-Zone. Wir freuen uns auf die künftige Zusammenarbeit mit Litauen als einem vertrauenswürdigen und wirtschaftlich stabilen Partner.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Feiler. – Damit schließe ich die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt.

Wir kommen jetzt zu einer Reihe von Abstimmungen, und zwar zunächst über den Einzelplan 08 – Bundesministerium der Finanzen – in der Ausschussfassung. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist dieser Einzelplan mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen und den Linken angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Einzelplan 20, Bundesrechnungshof. Wer stimmt dafür? Ich bitte um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Einzelplan 20 mit allen Stimmen des Hohen Hauses angenommen.

Wir kommen jetzt zum Tagesordnungspunkt II.4 c. Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes 2014. Der Haushaltsausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 18/1762, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksachen 18/1050 und 18/1223 in der Ausschussfassung anzunehmen.

Hierzu liegt ein Änderungsantrag der Fraktion Die Linke auf Drucksache 18/1816 vor, über den wir zuerst abstimmen. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? Ich bitte um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Bei Zustimmung der Fraktion Die Linke, Enthaltung von Bündnis 90/Die Grünen und Ablehnung durch die Große Koalition ist dieser Änderungsantrag abgelehnt.

Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist dieser Gesetzentwurf in zweiter Lesung mit Zustimmung von CDU/CSU und SPD bei Neinstimmen von der Fraktion Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen angenommen.

Wir kommen jetzt zur

und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Dieser Gesetzentwurf ist damit mit Zustimmung von CDU/CSU und SPD bei Ablehnung von Bündnis 90/Die Grünen und den Linken angenommen.

Tagesordnungspunkt II.4 d. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen von CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 18/1800 mit dem Titel „Herstellung des Einvernehmens von Bundestag und Bundesregierung zum Begehren der Republik Litauen, der dritten Stufe der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion beizutreten und den Euro als Umlaufwährung einzuführen“. Hierbei geht es um die Stellungnahme des Deutschen Bundestages nach Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes in Verbindung mit § 9 a des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union. Wer stimmt für diesen Antrag? Ich bitte um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Bei Enthaltung der Fraktion Die Linke ist damit dieser Antrag mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und Grünen angenommen. Der Deutsche Bundestag gibt damit grünes Licht für den Beitritt Litauens zur Europäischen Währungsunion.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Tagesordnungspunkt II.4 e. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf Drucksache 18/1730 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Ich gehe davon aus, dass Sie damit einverstanden sind. – Dann ist die Überweisung so beschlossen.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt II.5 auf:

Einzelplan 16 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit

Die Berichterstattung haben die Abgeordneten Steffen-Claudio Lemme, Christian Hirte, Dr. André Berghegger, Roland Claus und Sven-Christian Kindler.

Zu diesem Einzelplan liegen zwei Änderungsanträge der Fraktion Die Linke vor.

Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für diese Aussprache 96 Minuten vorgesehen. – Ich höre keinen Widerspruch und gehe deshalb davon aus, dass das so beschlossen ist.

Ich eröffne die Aussprache und darf zuallererst dem Kollegen Ralph Lenkert, Die Linke, das Wort erteilen.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3559496
Wahlperiode 18
Sitzung 41
Tagesordnungspunkt Epl 08, Epl 20 Finanzen, Bundesrechnungshof, Euro in Litauen
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