Sören BartolSPD - Epl 16 Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Herr Lenkert, ich finde es sehr unanständig, dass Sie hier als Redner der Linkspartei am Anfang mit den Ängsten der Menschen in der Asse-Region gespielt haben und versucht haben, uns deutlich zu machen, dass die Rückholung der Abfälle aus der Asse daran scheitern könnte, dass kein Geld bereitsteht. Das ist einfach nicht richtig.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sie wissen selber ganz genau: Es ist ein technisches Problem. Wir haben im Februar 2013 mit großer Mehrheit ein Asse-Gesetz beschlossen, wir erhöhen die Mittel im Asse-Fonds. Ich glaube, wir sollten alle gemeinsam den Menschen in dieser Region deutlich machen: Wir wollen, wenn es technisch irgendwie möglich ist, diese falsch gelagerten radioaktiven Abfälle zurückholen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Herr Kollege Bartol, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Lenkert?
Ja.
Herr Kollege Bartol, zur Klarstellung: Den Asse- Fonds habe ich als „Lichtblick“ bezeichnet, weil er dafür sorgt, dass die Nachteile für die Region ausgeglichen werden. Wir haben ihn begrüßt. So viel zur Korrektur Ihrer Kritik.
Der andere Punkt ist: Sie müssen mehr Engagement an den Tag legen, das heißt, Parallelinvestitionen tätigen, damit die Bergung der Fässer in der Asse schneller erfolgen kann. Das bedeutet, dass die entsprechenden Vorentwicklungen in Angriff genommen werden müssen, aber auch, dass die Gelder bereitgestellt werden für die Technik, die benötigt wird, um die Konditionierung unter Tage vorzunehmen. In Bezug auf alle diese technischen Aspekte könnten Sie viel mehr bewegen, Sie könnten viel schneller vorangehen. Das machen Sie aber nicht, und das werfen wir Ihnen vor.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Herr Lenkert, das Positive ist: Sie argumentieren jetzt schon sehr viel differenzierter als in Ihrer Rede. Trotzdem ist ihr Vorwurf immer noch falsch; denn wir tun alles dafür – das haben wir hier im Deutschen Bundestag parteiübergreifend debattiert und auch umgesetzt –, dass es möglichst schnell gelingt, die Abfälle aus der Asse herauszuholen. Sie wissen doch, welche großen, auch technischen Probleme behoben werden müssen, um dies möglich zu machen.
Die Kosten, die auf uns zukommen werden, werden astronomisch sein; auch das wissen wir. Der Deutsche Bundestag muss aber ganz klar und deutlich sagen: Jawohl, das ist es uns wert. Wenn es technisch möglich ist, scheuen wir keine Kosten, um die Vorgänge im Bereich Asse zu stoppen. – Hier nur zu versuchen, den Menschen zu suggerieren, diese Koalition würde nichts dafür tun, die radioaktiven Abfälle aus der Asse herauszuholen, das ist – um es einmal deutlich zu sagen – nicht wirklich anständig.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem Beschluss des Bundeshaushalts 2014 setzen wir eine zentrale sozialdemokratische Forderung um: Wir erhöhen die Bundesmittel für die Städtebauförderung auf 700 Millionen Euro. Liebe Kollegin Lemke, dass Sie jetzt für die Grünen anfangen, die 700 Millionen Euro für die Städtebauförderung gegen Umweltthemen auszuspielen, ist – das muss ich ganz ehrlich sagen – ein Armutszeugnis für grüne Bau- und Wohnungspolitik. Denn eigentlich war immer Konsens, auch für die Grünen, dass wir das gemeinsam wollen. Wir sollten uns nun freuen, dass sich in diesem Bereich etwas tut.
Die Koalition aus CDU/CSU und SPD ermöglicht einen Investitionsschub für die Zukunft unserer Städte und Gemeinden.
Herr Kollege Bartol, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder Anmerkung der Kollegin Lemke?
Na gut.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)
Man muss ja keine Frage stellen; Sie können ja auch ein Statement abgeben.
Echt jetzt? – Ich kenne die Geschäftsordnung, danke. Aber Sie können sich trotzdem über mehr Redezeit freuen.
Herr Bartol, ich will nur richtigstellen: Ich habe die Städtebauförderung überhaupt nicht kritisiert, ich habe sie für richtig befunden. Ich habe gesagt, dass das ein gutes Vorhaben ist. Ich habe Sie insgesamt zu Ihren Erfolgen bei diesen Haushaltsverhandlungen beglückwünscht. Das war also nicht mein Punkt.
Ich habe kritisiert, dass Sie sich mit Ihren strategischen Entscheidungen aus zentralen Feldern wie Klimaschutz, Bekämpfung der Klimakatastrophe und der Energiewende zurückgezogen haben, dass Sie an diesen strategischen Schnittstellen das Ministerium massiv geschwächt haben, indem Sie den Bereich der erneuerbaren Energien in das Wirtschaftsministerium verlagert haben, und dass Sie damit auf dem zentralen Spielfeld von Umwelt, Naturschutz und Klimaschutz eine Schwächung des Hauses erreicht haben, das Umwelt-, Naturschutz- und Klimaschutzinteressen wahrnehmen muss.
Das Städtebauprogramm „Soziale Stadt“ kann auch ein anderes Ressort übernehmen. Als Rot-Grün regiert hat, haben wir das schon einmal in einem anderen Ressort gut umgesetzt. Aber für Umwelt und Klimaschutz kann nur das Umweltministerium zuständig sein. Hier versagen Sie kläglich.
Frau Lemke, in Ihrem Redebeitrag wird die Wertschätzung, die Sie der Städtebauförderung insgesamt entgegenbringen, sehr deutlich. Genau das meinte ich mit dem Ausspielen dieser beiden Fachgebiete. Barbara Hendricks hat die Erfolge dieser Koalition in der Umwelt- und Klimaschutzpolitik deutlich gemacht. Ich glaube, dass das Thema erneuerbare Energien bei Sigmar Gabriel, der ja auch einen Umwelthintergrund hat –
(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hatte!)
das wissen Sie doch selber –, sehr gut aufgehoben ist und dass die verschiedenen Themen in dieser Koalition angemessen behandelt werden. Was Sie aber nicht gemacht haben, Frau Lemke – da hätte ich doch mehr erwartet –: Sie haben nicht die Chancen dargestellt, die sich ergeben, wenn die Bereiche Umwelt und Bauen in einem Ministerium verwoben werden.
Die Ministerin hat anhand einiger Punkte bereits dargestellt, in welchen Bereichen sie etwas vorlegen möchte. Ich finde, das sind keine Nebensächlichkeiten der deutschen Politik. Vielmehr geht es um die zentrale Fragestellung: Wie geht es den Menschen in unseren Regionen, in unseren Städten und Gemeinden? Ich hätte da etwas mehr Wertschätzung erwartet.
(Beifall bei der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich freue mich, dass diese Koalition wieder an die gute Tradition der Bau- und Stadtentwicklungspolitik der vergangenen Jahrzehnte anknüpft. Wir haben die ideologischen Auseinandersetzungen beendet und arbeiten gemeinsam daran, die Städtebauförderung zu stärken und weiterzuentwickeln. Dafür gilt mein ausdrücklicher Dank den Haushältern, den Baupolitikerinnen und Baupolitikern. Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU-Fraktion, haben in den letzten Monaten kenntnisreich und mit großer Ausdauer mit uns über die Ausgestaltung der Programmstruktur bis ins kleinste Detail diskutiert. Dafür noch einmal mein Dank. Mein Dank gilt auch dem Bundesministerium für die fachliche Begleitung. Das Ergebnis ist ein starkes Signal an Städte und Gemeinden, an die vielen, die sich vor Ort, in ihrem Wohnumfeld für konkrete Verbesserungen engagieren.
Auch wenn es bereits gesagt worden ist, möchte ich aufgrund meiner jahrelangen Verbundenheit mit diesem Thema Folgendes noch einmal hervorheben: Das Programm „Soziale Stadt“ – so haben wir es im Koalitionsvertrag vereinbart – wird mit dem Haushalt 2014 zum starken Leitprogramm der sozialen Integration in der Städtebauförderung. Nächste Woche wird hier in Berlin der „Preis Soziale Stadt“ zum achten Mal vergeben. Die dort prämierten Projekte haben jetzt endlich wieder eine verlässliche finanzielle Zukunftsperspektive. 2011 haben die Auslober des Preises – GdW, Mieterbund und Arbeiterwohlfahrt – mit anderen das „Bündnis für eine soziale Stadt“ gegründet, unterstützt von Quartiersmanagerinnen und Quartiersmanagern. Für ihr Engagement möchte ich allen am Bündnis Beteiligten herzlich danken. Sie haben bewiesen, was Stadtentwicklungsprozesse dringend brauchen: einen ganz langen Atem.
Wir stärken die Städtebauförderung nicht nur finanziell, sondern wir wollen sie auch inhaltlich weiterentwickeln. Das geht nicht vom grünen Tisch aus, sondern nur mit den Beteiligten in Ländern und Kommunen, in Wirtschaft und Verbänden. Unser Ziel ist es, die Programmumsetzung vor Ort zu vereinfachen und die Bündelung von Förderprogrammen zu erleichtern. Mein Anliegen ist es insbesondere, die Beteiligung in allen Programmen der Städtebauförderung zu verankern. Da können wir viel von dem Programm „Soziale Stadt“ lernen: Verfügungsfonds, Quartiersräte, echte Entscheidungsalternativen, das Denken jenseits von Ressortgrenzen. Das ist ein Lernprogramm für die Verwaltung und für die Bürgerinnen und Bürger. In der eigenen Straße und im eigenen Stadtteil über die eigenen Lebensbedingungen bestimmen zu können, ist eine wesentliche Voraussetzung für eine gute Lebensqualität. Nur so funktioniert gute Stadtentwicklung.
Die Stärkung der Städtebauförderung ist ein Baustein des wohnungsbau- und stadtentwicklungspolitischen Programms dieser Koalition. Unsere Ziele sind lebenswerte Städte und bezahlbares Wohnen. Die Mietpreisspirale in wachsenden Städten dreht sich weiter, und das hat Folgen für die soziale Mischung und das Miteinander in den Städten.
Wir werden zuerst zügig die Reform des Wohngelds angehen. Erstmals seit 2009 werden wir das Wohngeld wieder an die Miet- und Einkommensentwicklung anpassen. Damit steigt auch die Zahl der Wohngeldberechtigten wieder. Weniger Menschen mit geringem Einkommen werden gezwungen sein, allein wegen hoher Wohn- und Nebenkosten Arbeitslosengeld II oder Grundsicherung im Alter zu beantragen. Gleichzeitig entlastet das die kommunalen Haushalte bei den Kosten der Unterkunft.
Außerdem werden wir die Mietpreisbremse einführen. Ich glaube, das war nicht nur für die SPD ein zentrales Wahlkampfthema, sondern auch für CDU und CSU. Wir brauchen die Mietpreisbremse als kurzfristig wirksames Instrument, um Mieterinnen und Mieter vor überzogenen Mietforderungen zu schützen.
(Beifall bei der SPD)
Damit es deutlich gesagt wird: Wir alle wissen, dass die Mietpreisbremse den Neubau nicht ersetzen kann; aber sie begrenzt Exzesse auf angespannten Wohnungsmärkten – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die Mietpreisbremse wird den Neubau nicht abwürgen. Deswegen bleibt es Ziel dieser Koalition, ein möglichst frühes Inkrafttreten der Mietpreisbremse zu erreichen.
(Beifall bei der SPD)
Auf angespannten Wohnungsmärkten brauchen wir Neubau. Wir brauchen mehr Wohnraum, der familiengerecht, altersgerecht, energiesparsam und klimaschonend ist. Der Bund wird das nur gemeinsam mit den Ländern, der Bau- und Wohnungswirtschaft und dem Mieterbund erreichen können. Neben neuen Impulsen bei der sozialen Wohnraumförderung und bei der Förderung genossenschaftlichen Neubaus mangelt es vor allen Dingen an Bauland zu vertretbaren Preisen.
Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, dass die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben dazu einen Beitrag leisten soll. Die verbilligte Abgabe von ehemals militärisch genutzten Grundstücken ist ein erster Schritt, der im Haushalt 2015 umgesetzt werden muss. Weitere Schritte müssen folgen; denn die Beschränkung auf Konversionsliegenschaften ist in meinen Augen zu eng.
(Beifall bei der SPD)
Der Bund kann und muss die Liegenschaftspolitik als Gestaltungsinstrument nutzen. Nicht der Höchstpreis, sondern Konzepte der Kommunen für bezahlbaren Wohnraum und eine lebendige Stadt müssen entscheidend sein.
Gutes und bezahlbares Wohnen ist ein Gesamtpaket aus Neubau, Umbau des Bestandes und sozialer Flankierung. Deswegen ist es gut, dass Barbara Hendricks das „Bündnis für bezahlbares Wohnen“ im Juli startet. Auch dafür vielen Dank.
Danke schön.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Für die CDU/CSU spricht jetzt der Kollege Dr. Georg Nüßlein, dem ich das Wort erteile.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3559869 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 41 |
Tagesordnungspunkt | Epl 16 Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit |