24.06.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 41 / Tagesordnungspunkt II.6

Maria MichalkCDU/CSU - Epl 15 Gesundheit

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, die heutige Haushaltsdebatte auch zu diesem Haushaltsplan zeigt ganz deutlich, vor welchen Veränderungen und Herausforderungen wir in unserer Gesellschaft stehen. Einerseits hat niemand bestritten, wie wichtig es ist, einen insgesamt ausgeglichenen Haushalt aufzustellen. Auch wenn die Opposition Kritik geübt hat, hat man doch den Neid darüber, dass wir das jetzt schaffen, ganz deutlich herausgehört.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh, Sie haben aber spitze Ohren! Erstaunlich!)

Das ist gut so. Ich danke allen, die dazu beigetragen haben, dass dies jetzt möglich ist.

(Beifall bei der CDU/CSU – Kordula Schulz- Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei unserer kurzen Redezeit haben wir gar keine Zeit für Neid! Wir haben leider immer so wenig Zeit!)

– Ich komme gleich darauf, liebe Frau Kollegin Schulz- Asche. – Andererseits wissen wir natürlich auch – das haben meine Vorredner alle bestätigt –, dass wir vor immer neuen Herausforderungen stehen. Ich möchte in die fiskalische und finanzpolitische Debatte eine andere Facette hineinbringen, nämlich die demografische Entwicklung; sie wurde schon genannt. Immer mehr Menschen in unserem Land werden immer älter. Der Wunsch nach Lebensverlängerung reicht weit in die Antike zurück. Medizinische Ratgeber hat es gegeben, und auch künstlerisch wurde dieses Phänomen gestaltet. An den Werken erfreuen wir uns übrigens heute noch.

Jetzt ist dieser Wunsch Wirklichkeit, es ist kein Traum mehr. Die Langlebigkeit ist erreicht. Welch ein Glück für uns und vor allen Dingen für die Mädchen, die heute geboren werden, die in der Lebenserwartung ein Alter von 100 Jahren erreichen können. Darauf müssen wir reagieren; denn diese Veränderungen sind nicht nur quantitativ – wir nennen das demografischer Wandel –, sondern erfordern auch qualitative Veränderungen und Umstrukturierungen.

Was heißt das? Die Berufseinstiege werden immer flexibler, immer später werden Familien gegründet, wir haben eine zunehmende Singularisierung – insofern ist die familiäre Hilfe eine andere geworden –, der Lebensstil hat sich verändert, vor allem der Blick auf die gesundheitliche Vorsorge, auf die Ernährung, auf die Bewegung hat sich verändert. Wir diskutieren heute also nicht mehr, wie alt wir werden, sondern, wie wir alt werden. Das ist dieser qualitative Sprung, auf den wir auch in der Gesundheitspolitik immer wieder eine neue Antwort finden müssen.

Ich sage es auch an dieser Stelle: Auch wenn wir von den älter werdenden Menschen in unserer Gesellschaft sprechen und darauf reagieren, dürfen wir niemals vergessen, dass wir genauso unsere Kinder und ihre Bedürfnisse im Blickpunkt der gesundheitlichen Versorgung behalten müssen. Deshalb brauchen wir auch in Zukunft Kinderärzte, Kinderstationen und vieles andere mehr.

Ich möchte noch einen anderen Aspekt hinzufügen: Wir sollten uns auch daran erinnern und die Erkenntnis pflegen, wie sehr der Mensch die natürlichen Reize – auch das hat etwas mit Gesundheitspolitik zu tun – von Licht und Luft, von Kälte und Wärme, von Ruhe und Bewegung und ein ausgewogenes Gesundheitsverhalten braucht, um gesund zu bleiben. Es geht also darum, gesund zu bleiben. Das ist unsere erste Aufgabe.

Erst als zweiten Punkt diskutieren wir die Kardinalfrage, um die sich auch der Haushalt rankt: Was müssen wir in Zukunft tun und worauf müssen wir in Zukunft stärker achten, um Menschen, die erkrankt sind, rasch, kompetent, solidarisch, wirtschaftlich, wenn möglich wohnortnah zu helfen, wieder gesund zu werden, oder ihren Gesundheitszustand so zu beeinflussen und sie so zu versorgen, dass sie in Würde leben können und dann, wenn es zu Ende geht, auch in Würde sterben können? Darum geht es. Das nennen wir: eine bedarfsgerechte Versorgung auch für die Zukunft sichern.

Deshalb möchte ich an ein paar Punkten zu dem, was schon gesagt worden ist, noch einmal ausführen, worum wir uns schon in der Vergangenheit gekümmert haben und was das heute für uns bedeutet.

Erstens. Wir haben Anreizmöglichkeiten für Praxisniederlassungen oder Praxisübernahmen im ländlichen Raum geschaffen. Junge Mediziner entscheiden sich trotzdem nicht immer dafür, aufs Land zu gehen, weil andere Rahmenbedingungen wie zum Beispiel der Wohnort oder das Vorhandensein von Kindergarten oder Schule oder Kulturangebote nicht stimmen. Das können wir Gesundheitspolitiker nicht allein lösen.

Zweitens. Wir diskutieren seit Jahren modifizierte Zulassungsbedingungen für Medizinstudenten. Trotzdem wissen wir, dass die Universitäten da ihre eigene Philosophie fahren – mit der Folge, dass der Arztmangel nicht nur droht, sondern dass wir in bestimmten Fachgebieten echten Fachkräftemangel haben.

Drittens. Wir haben Anschubfinanzierungen für Verträge der integrierten Versorgung eingeführt und ausgereicht. Jetzt, wo das Prinzip von den Leistungserbringern verstanden worden ist und außerhalb der Anschubfinanzierung vermehrt neue IV-Verträge eingereicht werden, stellen wir fest, dass viele – aus welchen Gründen auch immer – nicht genehmigt werden. Warum, ist die Frage. Damit müssen wir uns in Zukunft beschäftigen.

Wir haben – viertens – Medizinische Versorgungszentren eingerichtet und immer wieder modifiziert, diskutieren aber aktuell trotzdem, dass wir auch facharztgleiche MVZ zulassen wollen.

Fünftens. Auch Praxiskliniken sind eine wichtige Säule im Versorgungsalltag. Trotzdem kämpfen sie nach wie vor mit der Schwierigkeit, dass sie nicht wie im Krankenhaus eine Fallpauschale abrechnen können, obwohl der EBM für ihre Kostenstruktur nicht ausreicht. Das heißt, wir haben auch hier etwas Gutes getan, sind aber noch nicht am Ende der Diskussion angekommen und beschäftigen uns weiter damit.

In den Krankenhäusern wachsen ebenfalls die Aufgaben. Immerhin fließt jeder dritte Euro der Beitragszahler in den Krankenhausbereich. Da muss doch eigentlich eine gute Versorgung möglich sein. Trotzdem setzen wir – Herr Spahn hat darauf hingewiesen – eine Bund-Länder-Kommission ein, die an Konzepten arbeitet.

Ich will siebtens aufführen: Vor 25 Jahren wurde der Medizinische Dienst der Krankenversicherung als fachlich unabhängiger Begutachtungs- und Beratungsdienst für alle Leistungsbereiche eingerichtet. Er macht die Pflegeeinstufung, und zwar hochkompetent und sehr schnell innerhalb der vorgeschriebenen vier Wochen. Davon konnte ich mich letzte Woche bei einer Vor-Ort- Aktion einen ganzen Tag überzeugen.

Trotzdem ist er aktuell nicht nur von den Patientenvertretern mit dem Vorwurf konfrontiert, nicht so recht unabhängig zu sein. Auch darauf müssen wir eine Antwort suchen.

Ich möchte noch einen Punkt aufführen. Das von uns beschlossene Qualitätsinstitut wird mit Sicherheit eine wichtige Aufgabe erfüllen. Aber ich warne jetzt schon davor, dass wir alles überfrachten und mit der gesamten Datenlage starten wollen. Dann werden wir nie starten. Wir müssen auch hierbei den Mut haben, bestimmte Indikationen herauszusuchen und damit erst einmal anzufangen.

Was will ich damit sagen?

Frau Kollegin Michalk.

Wir haben ganz viele Dinge in den Versorgungsalltag eingeführt und darauf geachtet und auch dazu beigetragen, dass sie wirken. Trotzdem bleibt die Aufgabe, den Versorgungsalltag weiter zu beobachten und die entsprechenden Antworten zu geben.

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Deshalb ist dieser Haushalt die richtige Antwort auf diese vielen Fragen. Ich bitte Sie herzlich, ihm zuzustimmen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank. – Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Reiner Meier, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3561768
Wahlperiode 18
Sitzung 41
Tagesordnungspunkt Epl 15 Gesundheit
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