Gerda HasselfeldtCDU/CSU - Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Haushalt ist für uns alle Anlass zu großer Freude. Erstmals seit über 40 Jahren verabschieden wir einen strukturell ausgeglichenen Haushalt, und erstmals seit über 40 Jahren erwarten wir für das kommende Jahr einen ausgeglichenen Haushalt. Das ist eine historische Zäsur in der Haushaltspolitik dieses Landes, die nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich danke dem Bundesfinanzminister für die Vorlage dieses Entwurfs und den Haushaltspolitikern für die intensive Arbeit bei der Beratung, die trotz der in den letzten Wochen und Monaten aufgetauchten Schwierigkeiten dazu geführt hat, dass der Entwurf im Kern, nämlich mit dem Endergebnis „strukturell ausgeglichener Haushalt“, erhalten werden konnte. Das ist ein ganz wichtiges Signal. Das ist ein großer Erfolg, ein Erfolg, der den Menschen in unserem Land zugutekommt. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist auch unsere Aufgabe.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Warum machen wir das? Warum ist das so wichtig? Gerade die Erfahrungen der letzten Jahre in einigen europäischen Ländern haben uns gezeigt, dass eine gute wirtschaftliche Entwicklung und eine gute Beschäftigungslage ganz wesentlich mit stabilen öffentlichen Finanzen zusammenhängen. Stabile öffentliche Finanzen auf der einen Seite und Wachstum und Beschäftigung auf der anderen Seite – das sind nicht zwei Gegensätze, sondern das sind zwei Seiten ein und derselben Medaille. Ohne solide Haushaltspolitik kann es kein Vertrauen der Menschen und der Wirtschaft in die Politik eines Landes geben, ohne dieses Vertrauen wird es keine Investitionen geben, und ohne Investitionen gibt es kein Wachstum und keine Beschäftigung. Das ist eine ganz einfache volkswirtschaftliche Rechnung.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Thomas Oppermann [SPD])
Zu soliden Finanzen und Stabilität gehört aber auch, dass mit dem, was der Staat an Steuergeldern einnimmt, sauber und verantwortungsvoll gewirtschaftet wird und dass nicht bei der ersten Schwierigkeit, die sich dabei ergibt, nach Steuererhöhungen gerufen wird. Mir kommt in der heutigen Debatte fast ein bisschen zu kurz, dass auch dies zu solider Haushaltspolitik gehört: mit dem auszukommen, was man einnimmt. Deshalb war es für uns auch so wichtig, zu Beginn der Legislaturperiode klarzustellen: Es wird keine Steuererhöhungen geben.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Ganze gilt natürlich nicht nur für uns, sondern das gilt auch für Europa. Wir haben in diesem Haus in den vergangenen Jahren, als es darum ging, die Staatsschuldenkrise in Europa zu bewältigen, intensiv über den richtigen Weg diskutiert, gerungen und sogar gestritten. Heute können wir sagen: Der eingeschlagene Kurs war richtig. Die Hartnäckigkeit unserer Bundeskanzlerin in Europa hat sich bewährt. Das Prinzip „Solidarität ja, aber nur in Verbindung mit Solidität“ hat sich bewährt. Das heißt: Hilfe ja, aber nur in Verbindung mit der Einhaltung von Auflagen, nur in Verbindung mit Sparen und solidem Haushalten und in Verbindung mit den notwendigen Strukturreformen. Heute können wir sagen: Die Programmländer, die schwierigen Länder in dieser Staatsschuldenkrise haben ihre Hausaufgaben zum überwiegenden Teil gemacht. Die Ergebnisse sind sichtbar. Der Kurs war richtig. Dabei müssen wir auch bleiben.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Thomas Oppermann [SPD])
Wir haben den Stabilitätspakt unter großen Anstrengungen ein Stück weit verschärft, konkretisiert. Wir haben den Fiskalpakt auf europäischer Ebene eingeführt, etwas, was viele uns Jahre vorher nicht zugetraut hätten. Weil dieser Kurs erfolgreich war, müssen wir daran festhalten. Es kann kein Aufweichen des Stabilitätspakts in Europa geben. Es kann auch kein Abweichen von dem geben, was dann in der Folge dieses Stabilitätspakts auf europäischer Ebene vereinbart und beschlossen wurde.
Das ist ein ganz wichtiger Aspekt, wenn es darum geht, in Sachen Stabilität in Europa auf Kurs zu bleiben und für solide Verhältnisse in Europa zu sorgen. Jedes Land, auch Frankreich, auch Italien, muss seine Hausaufgaben im nationalen Bereich machen. Wenn diese Hausaufgaben national gemacht werden, dann wird auch die Gefahr von rechtsextremen Gruppen in diesen Ländern geringer werden. Auch das gehört dazu.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erzählen Sie doch nicht so ein Zeugs! Das ist doch wirklich Quatsch! Das ist doch einfach zynisch, muss man sagen, wenn man sich anschaut, dass wir über 50 Prozent Jugendarbeitslosigkeit in Griechenland haben! Das als erfolgreich zu bezeichnen!)
Solide Haushaltspolitik machen wir aber nicht nur aus den genannten Gründen, sondern der wesentliche Grund dafür ist unsere Verantwortung für diejenigen, für die wir unsere politische Arbeit eigentlich machen, nämlich die, die nach uns kommen: unsere Kinder, unsere Enkelkinder, die Zukunft unseres Landes.
Das Beste, was wir unseren Kindern und Enkelkindern geben können, ist ein Land ohne Schulden, ohne zusätzliche Verpflichtungen, ein Land, in dem sie dann Spielräume für die Herausforderungen haben werden, denen sie sich in ihrer Zeit gegenübersehen. Deshalb ist solide Haushaltspolitik für uns so wichtig, deshalb ist nachhaltige Politik wichtig. Wir sind nicht nur in der Verantwortung für uns und für unsere heutige Generation und für unsere Zeit, sondern wir sind in der Verantwortung für die Zukunft unseres Landes. Das haben wir von denen, die vor uns Verantwortung getragen haben, gelernt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Deshalb ist auch der Aspekt, der vorhin schon mehrfach angesprochen wurde, Bildung, Forschung und Qualifizierung der Menschen, von so großer Bedeutung. Eines will ich aber schon klarstellen, da von einigen Rednern der Opposition immer wieder die Situation im Bildungswesen schlechtgeredet wurde: Als ich zu meiner Schulzeit das Gymnasium besuchen wollte, musste ich ins Internat gehen, weil es keine weiterführende Schule in der Region gab. Heute sind die Verhältnisse völlig anders – ich rede jetzt von meinem Heimatland Bayern, in vielen anderen Ländern gilt das auch –: In meiner Heimat ist es so, dass jedes Kind, egal in welcher Region es wohnt, ohne Probleme und mit öffentlicher Förderung eine weiterführende Schule besuchen kann.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Dass die Durchlässigkeit unseres Bildungssystems, von der Grundschule bis zur Universität, heute gewährleistet ist, war auch nicht immer so. Das ist auch nicht überall so. Das ist in unserem Land so, und da sollten wir die Situation nicht schlechter reden, als sie ist.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Kein Abschluss ohne Anschluss!)
Ich will dazu noch ein Weiteres sagen. Bei allen Vergleichen, gerade bei der Jugendarbeitslosigkeit, mit anderen Ländern spüren wir doch, dass unsere jungen Menschen gut ausgebildet sind, hochqualifiziert sind. Das hängt nicht nur mit dem System und den politischen Entscheidungen zusammen, sondern das hängt auch von dem Engagement und der Qualifikation der Lehrkräfte, der Professoren ab. Diesen Menschen gebührt herzlicher Dank dafür.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Ich will hinzufügen: Der Mensch beginnt nicht erst mit dem Abitur und dem Studium.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Deshalb legen wir großen Wert auf die duale Ausbildung, auf das duale Studium, das mittlerweile in vielen Bereichen Realität ist. Ich danke all denen in den Unternehmen und Betrieben, die diese duale Ausbildung durchführen, Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen und den Jugendlichen damit eine Chance geben, sich gut zu qualifizieren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Dass wir diesem Aspekt, der Bildung, Forschung, Innovation und Qualifizierung der Menschen, einen hohen Stellenwert beimessen, zeigen wir mit diesem Haushalt. Mit dem Haushalt in diesem Jahr und in den kommenden Jahren werden wir in dieser Legislaturperiode 9 Milliarden Euro zusätzlich und damit noch mehr, als wir schon vorher dafür ausgegeben haben, für Bildung und Forschung ausgeben. Auch dass wir das BAföG vonseiten des Bundes voll übernehmen und für diese Legislaturperiode eine Erhöhung des BAföG angekündigt haben und auch vornehmen werden, macht deutlich: Das hat hohen Stellenwert in unserer Politik, und das ist auch gut so.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Zur Entwicklung unseres Landes gehört aber auch eine wettbewerbsfähige Wirtschaft. Ich will nur auf einen Aspekt eingehen, der in diesen Tagen von besonderer Bedeutung ist, und zwar die Energiepolitik. Ich schließe mich dem an, was Volker Kauder gesagt hat: Es war eine Riesenleistung, das Erneuerbare-Energien-Gesetz so zu novellieren, dass wir auf der einen Seite die Entwicklung in Richtung noch mehr erneuerbare Energien durchaus vorantreiben, dass wir aber auf der anderen Seite die damit verbundene Kostendynamik bremsen und dass wir zum Dritten unsere Wirtschaft wettbewerbsfähig erhalten.
Da geht es nicht um einige wenige Arbeitsplätze. Vielmehr ging es bei der energieintensiven Industrie und der Frage der Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie auf internationaler Ebene um Zigtausende von Arbeitsplätzen. Dass diese gesichert werden konnten, ist das Verdienst unserer Bundeskanzlerin und des Bundeswirtschaftsministers. Deshalb möchte auch ich ganz herzlich für dieses großartige Engagement auf der europäischen Ebene danken.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Zur wettbewerbsfähigen Wirtschaft gehört aber auch ein gutes Einvernehmen zwischen Sozialpolitik auf der einen Seite und Wirtschaftspolitik auf der anderen Seite. Diese Balance zu halten, für die Schwächsten, die Schwachen und Hilfsbedürftigen da zu sein und die Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft zu erhalten, ist eine Aufgabe, die wir in einer sozialen Marktwirtschaft permanent haben. Ich denke, wir haben sie in unserem Land insgesamt ganz gut bewältigt.
Wir haben eine Reihe von neuen Herausforderungen, beispielsweise im Bereich der Familienpolitik mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, in der Pflege und in der Behindertenarbeit. Ich denke, wir haben sie gut bewältigt und werden sie auch weiter bewältigen. Auch in den Bereichen Pflege und Behindertenarbeit ist die Vorarbeit geleistet. Der Gesetzentwurf für die Pflegeversicherung liegt bereits vor. Daraus wird ersichtlich: Wir nehmen diese Themen ernst.
Genau das haben wir auch bei der Rente beachtet. Wir haben, als wir die Mütterrente beschlossen haben, sehr wohl im Blick gehabt, dass sie finanzierbar sein muss. Aber weil vorhin vonseiten der Linken und der Grünen die Finanzierung angesprochen wurde, will ich auch darauf hinweisen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, dass wir für die Anerkennung von Erziehungszeiten in der Rentenversicherung – nur für diese Leistung – seit 1998 100 Milliarden Euro Steuergelder ausgegeben haben. Wir haben mehr ausgegeben, als für diese Leistung erforderlich war.
(Max Straubinger [CDU/CSU]: So ist es!)
Das sollte man nicht vergessen, wenn wir über diese Frage diskutieren, die eine Gerechtigkeitsfrage ist. Denn es ist niemandem klarzumachen, dass eine Mutter, die vor 1992 Kinder geboren hat, schlechter behandelt wird als diejenige, die nach 1992 Kinder geboren hat.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Thomas Oppermann [SPD])
Wir haben vor wenigen Wochen in diesem Haus an die Verabschiedung und das Inkrafttreten des Grundgesetzes gedacht. Wir haben in diesem Jahr eine Reihe von Gedenkveranstaltungen und Gedenktagen, die uns an die wechselvolle Geschichte unseres Landes erinnern. Das alles bietet immer wieder Anlass, dankbar zu sein: dankbar zu sein für das, was die Menschen – nicht nur die Politiker – in unserem Land geleistet haben, dankbar zu sein auch für die Geschenke, die wir mit der europäischen Einigung bekommen haben, eine gute, friedvolle Entwicklung – immer wieder mit neuen Herausforderungen. Bei aller Dankbarkeit sollten wir uns nicht zurücklehnen. Vielmehr sollte das für uns Auftrag sein, die erfolgreiche Entwicklung unseres Landes fortzusetzen. Dieser Haushalt ist ein gute Grundlage dafür.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vielen Dank. – Für die SPD-Fraktion hat jetzt das Wort die Kollegin Bettina Hagedorn.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3563229 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 42 |
Tagesordnungspunkt | Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt |