Ulla Schmidt - Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Bundeskanzlerin, Sie haben heute Morgen in Ihrer Rede die Frage nach den Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Entwicklung in den nächsten Jahren gestellt. In der Tat, die Lage ist gut. Die Rahmenbedingungen stimmen aber nicht, zumindest nicht in jedem Fall. Es fehlen Investitionen in die öffentliche Infrastruktur, aber es fehlen insbesondere auch Investitionen im Bereich der privaten Wirtschaft.
Sie haben, Frau Bundeskanzlerin, auf der CeBIT die Eröffnungsrede gehalten und sind auch heute auf das Thema „Industrie 4.0“ eingegangen. Insofern ist schon deutlich geworden: Sie haben die Herausforderungen erkannt, vor denen wir angesichts dieser technologischen Veränderungen stehen. Die Zielstellung „ein schnelles Internet, flächendeckend in ganz Deutschland, Übertragungsraten von 50 Megabit – und das bis 2018“ ist eine Zielstellung, die wir nachdrücklich unterstützen. Wenn wir uns aber einmal fragen, was bisher erreicht wurde, erkennen wir: Das sieht schon etwas anders aus. Wir haben ein Ministerium für digitale Infrastruktur. Wir haben einen Minister für digitale Infrastruktur.
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die machen nur nichts!)
Was fehlt, ist das Geld. Wir haben kein Geld für digitale Infrastruktur. Frau Bundeskanzlerin, wenn Sie da auf die digitale Dividende verweisen, dann greifen Sie zu kurz. Die digitale Dividende wird erst im Jahr 2016 zur Verfügung stehen. Wenn man 2018 am Ziel sein möchte, kann man nicht erst 2016 anfangen.
Nächstes Thema: Verkehrsinfrastruktur. Herr Schneider hat bereits auf die Beschlüsse der Verkehrsministerkonferenz hingewiesen. In der Tat: Es fehlen 40 Milliarden Euro. 2,7 Milliarden Euro – so war der Vorschlag – braucht man jedes Jahr, um allein den Instandhaltungsrückstau zu beseitigen. Das, was Sie zusätzlich bereitstellen, ist nicht einmal die Hälfte dessen, was die Verkehrsminister länderübergreifend und damit auch parteiübergreifend gefordert und als sachgerecht angesehen haben.
Sie wollen die Rente mit 63 mit 160 Milliarden Euro finanzieren, nehmen aber die Sperrung von Straßen und Brücken billigend in Kauf. Deutschland, sehr geehrte Damen und Herren, hätte kein Rentenpaket gebraucht; ein Infrastrukturpaket wäre dringend nötig gewesen.
(Beifall der Abg. Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Frau Bundeskanzlerin, Sie haben das falsche Paket geschnürt.
Ich möchte das einmal an zwei Ministerien der Regierung deutlich machen. Da haben wir das Ministerium für Arbeit und Soziales. Das ist – ich sage es einmal salopp – das Ministerium, in dem das Geld eher verteilt wird. Dann haben wir das Ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. Das ist das Ministerium, in dem man eher in die Zukunft investiert.
(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es wird viel Geld verschwendet im Verkehrsministerium!)
Das sind das Gegenwartsministerium und das Zukunftsministerium. Wir haben nicht zu wenig Geld im Bundeshaushalt; das Geld steckt im falschen Ministerium.
Schauen wir uns die Situation in der Wirtschaft an! „ Abschied auf Raten“, das titelte die Welt am Sonntag und schrieb: Deutsche Konzerne flüchten aus der Heimat. – In der Tat, es gibt Sorgen um den Investitionsstandort Deutschland. Bei den Investitionen hält man sich zurück. Wir haben einen Investitionsstau. Ursachen dafür sind die fehlenden Mittel für die öffentliche Infrastruktur und die Rente mit 63; es fehlen Fachkräfte, und jetzt werden zusätzlich welche weggenommen. Auch der Mindestlohn ist ein entscheidendes Problem. Sehr geehrte Damen und Herren, es sind eben die Bäcker und die Fleischer und der kleine Laden um die Ecke in der Nahversorgung im ländlichen Raum, bei denen die Arbeitsplätze verloren gehen werden. Auch im Taxigewerbe können wir eine flächendeckende Versorgung 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche nicht gewährleisten.
Herr Staatsminister, denken Sie bitte an die Redezeit.
(Beifall des Abg. Harald Petzold [Havelland] [DIE LINKE])
Gerne.
Die ist abgelaufen.
(Heiterkeit)
Kommen Sie bitte zum Schluss. Einen letzten Satz gewähre ich Ihnen noch.
Die Politik, die Sie betreiben – Sie verlagern Kosten in den nächsten Haushalt; Beispiel Rente: Die Rentenkassen sind leer –, ist keine nachhaltige Politik. Das, was Sie machen, erfolgt eher nach dem Motto „Nach mir die Sintflut“. Das ist nicht generationengerecht und auch nicht verantwortungsvoll.
Vielen Dank.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das sehen viele Mütter in Deutschland anders!)
Der Kollege Dr. Peter Tauber ist der nächste Redner für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3563243 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 42 |
Tagesordnungspunkt | Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt |