Hiltrud LotzeSPD - Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Gäste auf den Besuchertribünen! Auch für den Bundeshaushalt 2014 haben die Haushälter der Fraktionen wieder eine Allianz für die Kultur gebildet. Die Kulturpolitik bekommt 90 Millionen Euro mehr, als im Etat vorgesehen war. Insgesamt beläuft sich der Etat jetzt auf 1,3 Milliarden Euro. Ich sage noch einmal herzlichen Dank an alle, die zu diesem Ergebnis beigetragen haben. Dies zeigt, dass die Parlamentarier in diesem Hohen Hause die Kulturpolitik wertschätzen, und das aus gutem Grund; denn in keinem anderen Politikfeld werden die Fäden so sehr von der Vergangenheit über die Gegenwart in die Zukunft gesponnen wie in der Kulturpolitik.
Kultur ist für uns alle identitätsstiftend. Sie ist der Nährboden für Vielfalt. Kultur – so hat es Dietrich Bonhoeffer einmal gesagt – ist der Spielraum der Freiheit. Sie zu erhalten und zu fördern, ist deswegen eine unserer vornehmsten Aufgaben.
Das Gedenken und Erinnern ist ein wichtiger Teil von Kultur. Es bewahrt uns davor, geschichtsvergessen zu sein, und es befähigt uns auch, aus der Geschichte zu lernen. Erinnern ist Arbeit, kann sehr harte Arbeit sein. Manchmal ist es auch sehr schmerzhaft, nämlich dann, wenn wir die Opfer betrauern oder weil wir über die Auseinandersetzung mit unserer Geschichte Fehler und Versäumnisse der Vergangenheit erkennen. Zugleich würdigen wir aber mit Gedenken und Erinnern das Lebensschicksal von Menschen, von Verfolgten, Flüchtlingen und Vertriebenen, um nur drei Gruppen stellvertretend zu nennen.
Gedenken und Erinnern ist auch Mahnung zu Frieden und Versöhnung. Es kann auch beglückend sein, nämlich dann, wenn wir uns an gelungene Ereignisse unserer Geschichte erinnern. In jedem Fall hilft uns Gedenken und Erinnern bei der Bewusstseins- und Meinungsbildung. Es hilft uns auch, eine Haltung zur Vergangenheit, zur Gegenwart und zur Zukunft zu entwickeln.
Diese Auffassung spiegelt sich auch in den Projekten wider, die jetzt finanziell gefördert werden. Als die zuständige Berichterstatterin für das Thema „Gedenken und Erinnern“ will ich vier Projekte benennen. Da gibt es zum Ersten das Denkmalschutz-Sonderprogramm, das mein Kollege Martin Dörmann schon erwähnt hat.
Ich will noch einmal auf die Bedeutung von Denkmälern als Zeugnisse unserer Geschichte eingehen. Ich bin überzeugt davon, dass sich die Bürgerinnen und Bürger in unseren Städten und Gemeinden leichter mit ihrer Heimat identifizieren und leichter mit Geschichte auseinandersetzen, wenn sie sehen, dass vor Ort ein Denkmal, ein Wahrzeichen oder ein Gebäude saniert und so für die Nachwelt gesichert wird.
In meiner Stadt, der Hansestadt Lüneburg, ist es zum Beispiel das mittelalterliche Rathaus aus dem Jahre 1230. In Lüchow-Dannenberg, das auch zu meinem Wahlkreis gehört, sind es die weltweit einzigartigen Rundlingsdörfer. Ich glaube, jeder von Ihnen hat vor seinem geistigen Auge Denkmäler aus seiner Stadt, aus seiner Region. Wenn das nicht so ist, dann lohnt es sich vielleicht, ein bisschen genauer hinzuschauen, zum Beispiel am Tag des offenen Denkmals am 14. September. Dass dieses Sonderprogramm im Übrigen auch für das Handwerk vor Ort sehr gut ist, hat mein Kollege schon gesagt.
Zweitens möchte ich das mehrjährige Projekt „100 Jahre Gegenwart“ des Hauses der Kulturen der Welt zum Ersten Weltkrieg und seinen Folgen nennen. Es wird mit 15 Millionen Euro gefördert. Hier geht es um die Auseinandersetzung mit der Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts. Wir sehen und hören davon in diesen Tagen sehr viel. Es geht darum, aus dieser Erfahrung Schlüsse zu ziehen für unser heutiges Zusammenleben, für unsere heutige Gesellschaft und für unsere Art und Weise, Politik zu machen.
Drittens möchte ich die Projekte zum Reformationsjubiläum nennen, die jetzt ebenfalls mit zusätzlichem Geld ausgestattet werden. Die Bedeutung der Reformation für Freiheit, Bildung, Politik, Toleranz und Musik geht weit über den kirchlichen Wirkungskreis hinaus. Die Reformation war ein Wendepunkt der Geschichte, der nicht nur Deutschland, sondern auch Europa für immer verändert hat. Deswegen ist es gut, richtig und wichtig, auch hier Geld einzusetzen.
Viertens und abschließend möchte ich das Bauhausjubiläum im Jahr 2019 nennen. Die Künstler und Architekten der damaligen Zeit, Walter Gropius, Oskar Schlemmer und andere, haben vor fast 100 Jahren mit ihrer Utopie den Sprung in die Moderne möglich gemacht und haben mit ihrem Design Standards gesetzt. Im Jahr 2019 feiern wir 100 Jahre Bauhaus. Das ist ein Ereignis, das auch international viel Aufmerksamkeit erregen wird und das der Bund finanziell unterstützt. Für 2014 stehen der Stiftung Bauhaus Dessau und dem Bauhaus-Archiv in Berlin zusätzlich jeweils 500 000 Euro für Planungen zum Jubiläum zur Verfügung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, August Strindberg hat einmal gesagt: „Die ganze Kultur ist eine große, endlose Zusammenarbeit.“ Beim Kulturetat 2014, besonders im parlamentarischen Verfahren, hat die Zusammenarbeit gut funktioniert und zu einem guten Ergebnis geführt. Ich denke, das ist auch Anerkennung für Kulturschaffende und Institutionen. Für uns, für meine Kolleginnen und Kollegen und mich, ist es zugleich Motivation und Auftrag, im nächsten Haushalt wieder für die Kultur zu streiten. Das werden wir tun.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist Ulle Schauws, Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3563289 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 42 |
Tagesordnungspunkt | Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt |