Reinhard BrandlCDU/CSU - Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA)
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Um die Entwicklungen in Mali richtig beurteilen und bewerten zu können, muss man sowohl kurzfristige Entwicklungen betrachten als auch langfristige Entwicklungen berücksichtigen. Kurzfristig betrachtet – da sind wir uns alle einig –, gab es natürlich einen Rückschlag. Der Besuch des Premierministers Moussa Mara in Kidal war eine unnötige Provokation. Der Versuch der malischen Streitkräfte, Kidal dann zu erobern, war von vornherein zum Scheitern verurteilt. Die internationale Gemeinschaft hat Moussa Mara davon abgeraten, diesen Versuch zu unternehmen; er hat es trotzdem gemacht und ist gescheitert. Man hat fast das Gefühl, die malische Regierung wollte zu schnell zu viel und hat dadurch genau das Gegenteil erreicht. Die malische Armee ist empfindlich geschwächt und demoralisiert. Plötzlich steht die Frage im Raum: Wer hat den Angriffsbefehl gegeben? Die Autorität ist beschädigt, und das Vertrauen in verantwortungsvolles Handeln der Regierung ist auf allen Seiten gestört.
Interessant ist aber, wie man in Mali selbst innenpolitisch mit diesem Rückschlag umgegangen ist. Es gab zu dem Thema einen Misstrauensantrag im Parlament; es gab eine lange, kontroverse Debatte, die in weiten Teilen live im Fernsehen übertragen worden ist. Die Regierung kam unter Druck; sie musste sich rechtfertigen und hat umfassende Aufklärung versprochen. Die Art und Weise, wie man damit umgegangen ist, ist für mich ein Hoffnungsschimmer; denn es zeigt, dass dort zumindest in Teilen wieder demokratische Verhältnisse herrschen, auch wenn der staatliche Einfluss der malischen Regierung nicht weit in den Norden reicht.
Ein zweiter Lichtblick war, dass bereits zwei Tage nachdem die malische Armee gescheitert ist, ein Waffenstillstandsabkommen unterzeichnet worden ist und in der Zwischenzeit auch die Separatistengruppen und die Regierung mit ihren ersten formellen Gesprächen begonnen haben. Das könnte der Beginn des lange angekündigten, aber bisher noch nicht stattgefundenen Verhandlungsprozesses sein.
Man darf aber auch nicht – das habe ich vorhin schon gesagt – die längerfristige Perspektive aus den Augen verlieren. Die Versöhnung zwischen den ethnischen Gruppen wird keine Frage von wenigen Monaten oder einigen Jahren sein, sondern eine Frage von Generationen. Der Status Nordmalis ist seit der Gründung des Staates, seit Jahrzehnten umstritten. Konflikte mit den Tuareg bestehen seit Jahrhunderten.
Es hat sich aber seit dem Putsch im Jahr 2012 einiges verändert. Vielleicht das Wichtigste im Hinblick auf Versöhnung und Verhandlungen ist, dass Mali heute relativ fest in ein Korsett internationaler Unterstützungs- und Stabilisierungsmaßnahmen eingebunden ist. Sie haben es vielleicht mitbekommen: Der Internationale Währungsfonds und die Weltbank haben im April ihre Zahlungen gestoppt und gute Regierungsführung eingefordert; sie haben die Regierung unter Druck gesetzt und darauf gedrängt, da zu liefern. Die Nachbarstaaten, zum Beispiel Algerien, übernehmen eine große Verantwortung, laden die Rebellengruppen ein, um eine gemeinsame Verhandlungsposition zu erarbeiten, und setzen die Regierung unter Druck.
Die Afrikanische Union hat zum Beispiel bei den Verhandlungen über das Waffenstillstandsabkommen massiv vermittelt, was dazu führte, dass es zustande kommen konnte. Die Vereinten Nationen haben mit MINUSMA eine umfassende Stabilisierungsmission auf den Weg gebracht, die heute Teil der Debatte ist. Die Europäische Union, insbesondere auch Deutschland, hilft nicht nur mit ihrem Beitrag zu MINUSMA, sondern leistet auch massive humanitäre Unterstützung und ergreift Entwicklungshilfemaßnahmen.
Ich möchte noch auf das BMZ eingehen. Minister Müller war vor einigen Wochen in Mali und hat die dortigen Projekte besucht. Es geht um die Stabilisierung von Gemeindestrukturen, um Ernährungssicherung und um die Wiederherstellung der Wasserversorgung. Allein aufgrund der laufenden Projekte kann dort eine halbe Million Menschen mit frischem Wasser versorgt werden.
Der Beitrag, den wir heute diskutieren, ist ein kleiner Beitrag zu MINUSMA. MINUSMA ist keine Mission unter unserer Führung. Das Angebot, das wir unterbreiten, nämlich die Logistik mit Transall-Maschinen zu unterstützen, darüber hinaus Luftbetankungen durchzuführen und als Berater in den Stäben von MINUSMA zu operieren, ist ein Mosaikstein und eher ein kleiner Beitrag. Wie gesagt: Wir sind nicht in der Führung. Wir müssen deshalb natürlich akzeptieren, wenn die VN aus einsatztaktischen oder vielleicht aus finanziellen Gründen entscheidet, vorübergehend nicht auf unser Angebot zurückzugreifen.
Meine Damen und Herren, wir können nur das anbieten, was wir haben. Ich appelliere an Sie, Mali und MINUSMA weiter bei diesem langen Prozess in Richtung Frieden und Versöhnung zu unterstützen. Ich bitte Sie deswegen um Zustimmung zu diesem Mandat.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3563375 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 42 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA) |