Axel FischerCDU/CSU - Arbeit und Soziales
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident, bevor Sie mir entwischen, weil Frau Bulmahn wartet, um die Sitzungsleitung zu übernehmen, möchte ich Sie für Ihre Krawatte mit der Deutschlandfahne ausdrücklich loben und ebenso unsere Parlamentarische Geschäftsführerin, Frau Noll, für ihre Tasche in den Deutschlandfarben. Ich hoffe, dass es gute Signale für das Fußballspiel morgen Abend sind.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Lieber Herr Kollege Strengmann-Kuhn, Sie haben über die Armut in Deutschland gesprochen.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig!)
Ich zitiere aus der heutigen FAZ:
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat das mit Armut und Grundsicherung zu tun?)
Ich finde, dass die Arbeitnehmer mehr in der Tasche haben, als es bisher der Fall war, ist ein schönes Signal, das wir von den Haushaltsberatungen heute senden können. Das ist mit ein Erfolg dieser Bundesregierung.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat das mit Armut zu tun? Nichts!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Bundeshaushalt 2014, über den wir heute debattieren, ist nach überwundener inländischer Wirtschafts- und Finanzkrise ein erster gelungener Wurf der Großen Koalition. Bevor jetzt haufenweise Zwischenfragen kommen, sage ich gleich: Machen Sie nachher eine Kurzintervention, dann werde ich darauf reagieren. Ich werde keine Fragen zulassen, weil ich nicht vorhabe, diese Debatte gewaltig in die Länge zu ziehen.
(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)
Gemeinsam haben wir in der Großen Koalition Verantwortung übernommen und neue Akzente im Bereich der Sozialversicherungen, des Arbeitsmarktes und im Bildungsbereich gesetzt. Das Rentenpaket, die Entlastung von Ländern und Kommunen durch die Übernahme der Kosten für die Grundsicherung im Alter, MobiPro- EU, ein Programm, das ausländischen arbeitslosen Fachkräften und ausbildungswilligen Jugendlichen eine Perspektive in Deutschland geben soll, sind einige Stichworte für die Herausforderungen, derer sich die Große Koalition im vergangenen halben Jahr angenommen hat. Ich bin Ihnen, Frau Ministerin, sehr dankbar, dass Sie deutlich gemacht haben, dass MobiPro auch deshalb möglich war, weil wir hier im Deutschen Bundestag – ich schließe ausdrücklich alle Fraktionen mit ein – ganz klar zu diesem Thema standen und noch einmal eine Schippe drauflegen konnten. Ich danke Ihnen und auch den Mitarbeitern, die hinten sitzen, herzlich, dass vom Ministerium der Hinweis kam, dass man das aus dem Etat heraus finanzieren kann. Ich danke ausdrücklich auch der Bundesagentur für Arbeit mit Herrn Weise an der Spitze, dass das möglich war. Darüber sollten wir alle uns gemeinsam freuen; denn wir alle haben gemeinsam daran gearbeitet. Ich glaube, es ist ein wichtiges Signal für unseren Arbeitsmarkt, auch für die Zukunft.
Meine Damen und Herren, im Bereich des Einzelplans 11 sind in diesem Jahr Ausgaben des Bundes in Höhe von 121,9 Milliarden Euro vorgesehen. Das sind fast 3 Milliarden Euro mehr, als noch im Haushalt des vergangenen Jahres vorgesehen waren. Gemeinsam setzen wir aber auch den erfolgreichen Konsolidierungspfad der unionsgeführten Koalitionsregierung der Vergangenheit fort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Dafür steht Angela Merkel, dafür steht auch Wolfgang Schäuble, dafür steht die gesamte Große Koalition. Denn wir wissen, dass es unverantwortlich wäre, die Chancen der jüngeren Generation leichtfertig zu verspielen.
Dank unseres mutigen Vorgehens in den vergangenen Jahren, insbesondere aber auch dank des Wachstums- pakts und einer zeitgemäßen Modernisierung unseres Arbeitsmarkts konnten wir die Krise des Jahres 2009 hinter uns lassen. Die Wirtschaft brummt, die Arbeitslosigkeit liegt unter 3 Millionen; danach würden sich andere Regierungen die Finger lecken. Die Sozialkassen sind gut gefüllt.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Noch!)
Die Neuverschuldung erreicht mit 6,5 Milliarden Euro in diesem Jahr den niedrigsten Wert – hören Sie gut zu! – seit 40 Jahren. Meine Damen und Herren, voraussichtlich im kommenden Jahr werden wir erstmals seit 1969 einen ausgeglichenen Bundeshaushalt vorlegen können, ohne Neuverschuldung. Das ist doch wirklich ein Wort.
(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Eigenlob stinkt!)
In Deutschland sind knapp 30 Millionen Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt, so viele wie noch nie. Es kommt nicht von ungefähr, dass wir den Beitragssatz der Rentenversicherung auf unter 19 Prozent absenken konnten und jetzt zusätzlich das Rentenpaket aus den Rentenversicherungsbeiträgen und den angesparten Rücklagen finanzieren können.
(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das dicke Ende kommt 2018! Das dicke Ende kommt noch!)
Das ist Resultat der erfolgreichen Wirtschafts-, Finanz- und Arbeitsmarktpolitik der vergangenen Jahre. Es ist nur billig, an dieser Stelle die Solidarleistung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hervorzuheben, ohne die Mütterrente, Rente mit 63 sowie Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente und beim Rehabudget nicht finanzierbar gewesen wären.
Unsere vergleichsweise gute Wirtschaftslage und Haushaltssituation heute dürfen aber nicht den Blick auf die vor uns liegenden, zukünftigen finanziellen Herausforderungen bei der dauerhaften Finanzierung des Rentenpakets verstellen.
(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Die Hypothek ist groß! Sagen Sie mal was dazu!)
– Sie werden mir gleich zustimmen; davon bin ich überzeugt. – Denn den absehbar sinkenden Reserven in der Rentenkasse steht eine aufwachsende Verantwortung des Bundes für die hier entstehenden zukünftigen Finanzlasten gegenüber. – Ich sehe ein Nicken. Das freut mich. Sie stimmen da also zu. –
(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie finanzieren Sie das denn?)
Dafür müssen wir finanzielle Vorsorge treffen; denn dann wird auch die Solidarität der nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigten Bevölkerungsteile gefragt sein.
(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum denn nicht jetzt schon bei der Mütterrente?)
Meine Damen und Herren, die Gesamtausgaben für die Grundsicherung für Arbeitsuchende, also für Arbeitslosengeld II, Eingliederungshilfe und Ausgaben für die Kosten der Unterkunft, werden in diesem Jahr einen historischen Tiefstand von nur gut 31 Milliarden Euro erreichen. Unsere niedrige Arbeitslosigkeit, ein hoher Beschäftigungsstand und die weiterhin guten wirtschaftlichen Aussichten zeigen, wie erfolgreich die Politik der vergangenen Jahre den Menschen berufliche Perspektiven eröffnet hat, sie an den Arbeitsmarkt herangeführt und in den Arbeitsmarkt integriert hat.
Eine gute Wirtschaftspolitik ist die beste Sozialpolitik, wusste schon Ludwig Erhard, der als Wirtschaftsminister und Bundeskanzler mit dem deutschen Wirtschaftswunder die wirtschaftliche Basis für unseren heutigen Wohlstand und unsere sozialen Netze mit gelegt hat. So wollen wir in diesem Jahr und in den kommenden Jahren trotz gesunkener Arbeitslosigkeit noch einmal 350 Millionen Euro mehr für die Eingliederungshilfe ausgeben als im vergangenen Jahr. Denn auch schwierige Fälle sollen eine berufliche Perspektive haben.
An dieser Stelle möchte ich betonen: Arbeitsmarktpolitik findet nicht im luftleeren Raum statt. Wir hatten 2006 Ausgaben für Eingliederungshilfen in Höhe von 8 Milliarden Euro für 4,5 Millionen Arbeitslose und nehmen heute noch einmal 350 Millionen Euro mehr in die Hand bei weniger als 3 Millionen Arbeitslosen. Das zeigt, welche Perspektiven wir von der Großen Koalition den Menschen am Arbeitsmarkt geben wollen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir bringen Menschen wieder in Arbeit. Uns geht es mit der Aufstockung der Mittel um konkrete Hilfe für Betroffene und nicht um die Konservierung kommunaler oder regionaler Betreuungsstrukturen für Langzeitarbeitslose.
Dieser Tage haben die Gewerkschaften den Einstieg in die Rente mit 60 proklamiert.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alte FDP-Forderung!)
Bei allem Verständnis und bei aller Sympathie für die Zielsetzung, den Übergang aus dem Arbeitsleben in den letzten Lebensabschnitt flexibler zu gestalten: Die Wirkung dieser plakativen Forderung ist fatal und steht den Erfordernissen für eine ganzheitliche, gedeihliche und nachhaltige Entwicklung unserer Gesellschaft diametral entgegen.
Bei einem immer späteren Eintritt ins Arbeitsleben, einer weiter steigenden Lebenserwartung und einer im Allgemeinen immer besseren körperlichen und geistigen Verfassung unserer älteren Mitbürger, bei steigenden Leistungen aus der Rentenversicherung und angesichts des heute spürbar zunehmenden Fachkräftemangels kann eine weitere zusätzliche Verkleinerung der Arbeitskräftebasis nicht die geeignete Antwort sein.
Das Renteneintrittsalter für die gesetzliche Rentenversicherung wurde unlängst auf 67 Jahre angehoben. Bei einem durchschnittlichen Eintritt ins Berufsleben im Alter von 22 Jahren und einem Ausscheiden mit 67 Jahren würden 45 Beitragsjahre erreicht, bei einem Ausscheiden mit 60 hingegen nur noch 38 Beitragsjahre.
(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Rechnen kann er!)
Das hieße: Ein Arbeitnehmer bezahlt rund 20 Prozent weniger Beiträge, gleichzeitig bezieht er länger Rente. Bei einer Lebenserwartung von 80 Jahren steigt die Dauer des Rentenbezugs von 13 auf 20 Jahre, das heißt, um rund 50 Prozent.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist falsch! Das ist nicht der Durchschnittswert!)
20 Prozent weniger Beiträge und 50 Prozent höhere Leistungen – da fragen wir uns: Wie sollen zukünftige Arbeitnehmer das finanzieren? Es liegen also noch wichtige Aufgaben vor uns.
Ich möchte abschließend unserer Hauptberichterstatterin herzlichen Dank sagen. Liebe Ekin Deligöz, du hast das phantastisch gemacht, ganz klasse.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Vielen Dank auch den Mitberichterstattern. Auch dem Kollegen Ewald Schurer möchte ich – in Abwesenheit der Kollegin Lötzsch – herzlich danken. Es war ein gutes Miteinander. Ich habe es vorhin angesprochen: Das Thema MobiPro hat gezeigt, dass man gemeinsam etwas erreichen kann. Mein Dank geht auch an Sie, Frau Ministerin, an Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mein Dank gilt auch Herrn Weise und seinem Team.
In der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales haben wir etwas Gutes geleistet. Es wäre schade, wenn wir diese Erfolge kaputtreden würden.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Eine so nette Danksagung wollte ich nicht unterbrechen; sie ist ja auch gerechtfertigt. Trotzdem bitte ich alle Kolleginnen und Kollegen noch einmal um Zeitdisziplin, weil wir sonst sehr lange in den Abend hinein tagen.
Herr Kollege Schurer, Sie haben das Wort.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3563517 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 42 |
Tagesordnungspunkt | Arbeit und Soziales |