25.06.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 42 / Tagesordnungspunkt II.12

Volkmar KleinCDU/CSU - Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das war eben, wie erwartet, eine typische Oppositionsrede.

(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nee, nee, nee! – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eine Linksparteirede!)

Mehr für einen guten Zweck ausgeben: Wer würde das nicht wollen?

(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Sie!)

Das als Opposition zu fordern, ist ja auch einfach;

(Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]: Das kann jeder!)

denn eine Umsetzung ist nicht geplant, da man keine Verantwortung trägt.

(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein sehr billiges Argument! Das ist eine Regierungsrede!)

Bei der allgemeinen Diskussion heute Morgen haben wir aus ähnlich großer oppositioneller Freiheit heraus bereits die Forderung gehört, die Verschuldung schneller zu senken und die Steuersätze vorsichtiger anzusetzen. Im Grunde ist das wie links und rechts gleichzeitig blinken. Das ist dann wie eine Warnblinkanlage, die auf einen Problemfall, meist verbunden mit Fahruntüchtigkeit, hinweist. Genau das scheint mir hier der Fall zu sein.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Ha, ha, ha!)

Das kann man von der Großen Koalition nicht sagen. Wir sind unterwegs, und wir sind gut unterwegs. Wir sind auf dem richtigen Weg. Das dokumentiert der Haushalt in doppelter Art und Weise.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Zum einen geben wir sehr viel Geld für Entwicklungszusammenarbeit aus. Der Ansatz steigt gegenüber dem Vorjahr um 2,3 Prozent auf 6,4 Milliarden Euro, obwohl der Gesamthaushalt um 1,8 Prozent auf unter 300 Milliarden Euro sinkt. Das stärkt das komparative Gewicht der Entwicklungszusammenarbeit und unterstreicht, welch große Bedeutung wir diesem Bereich beimessen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Zum anderen ist es wichtig, für die Nachhaltigkeit unserer Haushalte zu sorgen und Haushaltskonsolidierung zu betreiben. Das ist nicht nur ethisch, sondern auch im Interesse der Stabilität geboten. Das ist aber auch Voraussetzung dafür, in Zukunft leistungsfähig zu sein, also stark genug zu sein, um Hilfe leisten zu können. Deswegen ist es auch für den Haushalt für den Bereich Entwicklungszusammenarbeit so wichtig, dass wir kein strukturelles Defizit mehr haben und in absehbarer Zeit überhaupt keine Schulden mehr machen wollen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir wollen auch in Zukunft leistungsfähig sein, auch im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit. Das wollen wir nicht nur sein, sondern das müssen wir sogar sein; denn wir dokumentieren das ausdrücklich als Selbstverpflichtung. Insgesamt haben wir inzwischen, wie aus dem Haushaltsentwurf für alle sichtbar hervorgeht, rund 30 Milliarden Euro an Verpflichtungsermächtigungen für Entwicklungszusammenarbeit, für Technische Zusammenarbeit, für Finanzielle Zusammenarbeit, für die gesamte bilaterale Zusammenarbeit, auch durch Kirchen und Private, aber auch Entwicklungsbanken und multinationale Fonds samt dem Globalen Fonds eingestellt. In diesem Jahr wurden davon 8 Milliarden Euro zusätzlich ausgebracht. Mit unserem Beschluss werden sie als Verpflichtungsermächtigungen hinzukommen. In der Summe sind das dann 30 Milliarden Euro. Damit verpflichten wir uns als Parlament, entsprechende Mittel in künftige Haushalte einzustellen. Damit ermöglichen wir es der Regierung schon heute, verbindliche Zusagen für mehrjährige Programme zu machen. Genau das ist wichtig. Kontinuität ist wichtig.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Geld wird auf jeden Fall gebraucht – keine Frage –; aber wir bieten mehr als Geld. Darauf zu schauen, ist, glaube ich, mindestens genauso wichtig. Wir bieten Expertise. Deutsche Expertise in Entwicklungszusammenarbeitsfragen wird geschätzt, auch von anderen Geldgebern, die beispielsweise die GEZ beauftragen. An dieser Stelle muss man ein bisschen aufpassen, dass die GEZ-Preise nicht höher als die Qualität werden.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

– Ein berechtigter Beifall.

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Trilaterale Projekte der KfW unterstreichen ebenfalls, wie sehr unsere Expertise geschätzt wird.

Wir bieten aber nicht nur Expertise, sondern wir bieten auch Vielfalt, und zwar jenseits staatlicher Entwicklungszusammenarbeit. Wir beauftragen mit dem Geld des Steuerzahlers auch Private, Kirchen und Stiftungen. Diesen Ansatz haben wir im Rahmen der Haushaltsberatungen gegenüber dem ursprünglichen Haushaltsentwurf der Regierung im Übrigen noch einmal gestärkt. In vielen Entwicklungsländern ist ja gerade der Staat das Problem und nicht Teil der Lösung. Deswegen ist es wichtig, dass wir den Bereich der internationalen Zusammenarbeit mit Regionen noch einmal stärken. Das bietet nämlich unseren Entwicklungszusammenarbeitsinstitutionen die Chance, jenseits von völkerrechtlichen Verträgen mit diesen Regionen zusammenzuarbeiten.

Wir sind aber auch Katalysator. Deswegen haben wir den Ansatz für die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft erhöht. Beratungsleistungen der DEG, der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft, von rund 20 Millionen Euro werden aus diesem Titel finanziert. Das bedeutet Investitionen, das bedeutet Arbeitsplätze, und das bedeutet am Ende mehr Steuerzahler in den entsprechenden Ländern, die ihrerseits in der Lage sind, die notwendige Infrastruktur zu bezahlen. Ganz abgesehen davon sind steuerzahlende Bürgerinnen und Bürger auch viel selbstbewusster gegenüber ihren oft schlechten Regierungen. Sie haben viel mehr Kraft, gute Politik einzufordern und den Einsatz der oft erheblichen nationalen Mittel zu kontrollieren. Eine starke Bürgergesellschaft, das muss unser Beitrag sein.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Axel Schäfer [Bochum] [SPD])

Lassen Sie mich noch kurz zwei inhaltliche Punkte ansprechen:

Der Bereich der politischen Schwerpunkte – „Eine Welt ohne Hunger“, „Fluchtursachen bekämpfen, Flüchtlinge reintegrieren“, „Stabilisierung in Nordafrika und dem Nahen Osten“ – ist, glaube ich, mit 160 Millionen Euro, die wir für dieses Jahr plus Verpflichtungsermächtigungen eingestellt haben, ein ganz wichtiger Punkt. Einerseits dienen wir damit den Menschen. Das hilft uns aber auch mit Blick auf unsere Interessen; denn Sicherheit und sich langfristig entwickelnde Länder, die dann auch wirtschaftlich für uns interessanter sind, das ist auch in unserem Interesse. Das ist nicht nur ein ethisches Gebot, sondern für alle gut.

Das wird im Moment natürlich stark überschattet von den dramatischen Herausforderungen, die wir gegenwärtig in Syrien und im Irak, in der Nahostregion insgesamt erleben. Deswegen ist es gut, dass wir durch all diese Instrumente aktuell Spielraum haben. Der Minister hat angekündigt, dort 50 Millionen Euro zusätzlich einzusetzen, um etwas zu bewegen. Wenn man aber die Dimension des Problems sieht, ist unsere Leistungsfähigkeit – das betrifft auch die 50 Millionen Euro – sicher begrenzt. Deswegen stellt sich schon die Frage, ob wir auf europäischer Ebene nicht viel lauter eine konzertierte Aktion einfordern müssen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die Europäische Union hat ganz andere Möglichkeiten, einmal im Bereich der eigenen Mittel, aber auch im Bereich des Europäischen Entwicklungsfonds, in den wir auch in diesem Jahr wieder 670 Millionen Euro einzahlen und der bekanntermaßen Abflussprobleme hat. Was hindert die Europäische Union daran, 1 Milliarde Euro in die Hand zu nehmen, um genau das zu tun, was unser Minister – dabei geht es um die Richtung, in der wir uns bewegen sollten – bereits angezeigt hat? Das sollte honoriert werden, und es sollte in dieser Richtung etwas bewegt werden. Das wäre eine gute Förderung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich komme zu einem weiteren inhaltlichen Punkt, dem Green Climate Fund. Bei der ersten Beratung hier war das alles noch viel weniger absehbar. In der Zwischenzeit haben sich die Dinge konkretisiert. Deswegen ist es auch richtig, 750 Millionen Euro Verpflichtungsermächtigungen in den Haushalt einzustellen, um sie gegebenenfalls einzubringen. Ich sage „gegebenenfalls“, weil wir natürlich ein Interesse daran haben, das im Gleichschritt mit anderen zu tun. Deswegen sollten wir diese Position ziemlich genau beobachten. Wir sind aber in der Lage, zu handeln, und 750 Millionen Euro sind ein Wort.

Insgesamt geht es darum, genauer hinzuschauen, wo Geld ausgegeben wird. In den letzten Wochen ist das Buch Poor Economics der französischen Autorin Esther Duflo und des indischen Autors Abhijit V. Banerjee erschienen. Das hat mir gezeigt: Es kommt eben nicht darauf an, wie viel Geld insgesamt irgendwo hineingepumpt wird, sondern darauf, dass es an der richtigen Stelle ausgegeben wird. Deswegen ist es völliger Unfug, die Qualität der Entwicklungszusammenarbeit immer nur an der Menge des hineingepumpten Geldes zu bemessen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir brauchen sich selbst tragende Strukturen und Länder, in denen immer mehr Menschen zu Arbeitnehmern bzw. Steuerzahlern werden, damit sie in der Lage sind, ihre Aufgaben selber in die Hand zu nehmen. Dafür bietet dieser Haushalt, glaube ich, eine gute Voraussetzung. Vor allen Dingen hat Minister Müller damit eine hervorragende Grundlage, seine ausgesprochen gute und anerkannte Arbeit fortzusetzen. Dafür alles Gute und viel Erfolg in unserem gemeinsamen Sinne.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Jetzt hat die Kollegin Anja Hajduk das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3565410
Wahlperiode 18
Sitzung 42
Tagesordnungspunkt Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
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