Sibylle PfeifferCDU/CSU - Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Frau Präsidentin! Wir schauen heute gemeinsam auf den Einzelplan 23 des vorliegenden Haushalts. Und was sehen wir? Die Mittel im Haushalt des BMZ wurden nicht zurückgefahren, der Haushalt bleibt stabil. Ich finde, auch das kann man einmal so sagen. Es ist auch ein Bekenntnis Deutschlands, zu seinen Verpflichtungen gegenüber den Schwellen- und Entwicklungsländern zu stehen und seine Verantwortung in der Welt wahrzunehmen.
Der Haushaltstitel des BMZ ist im Übrigen der zehntgrößte und insgesamt immerhin der zweitgrößte Investitionshaushalt. Auch darüber können wir ruhig einmal reden; das ist eine tolle Leistung. Das ist nämlich keine Selbstverständlichkeit. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass 2005 dem Haushalt für Entwicklungszusammenarbeit noch nicht einmal 4 Milliarden Euro zur Verfügung standen. Heute beläuft er sich auf knapp 6,5 Milliarden Euro. Das ist eine Steigerung von etwa 50 Prozent. Es gibt nur einen einzigen Haushalt in der Bundesrepublik Deutschland, der einen größeren Aufwuchs hat: Das ist der Haushalt des Ministeriums für Bildung und Forschung.
(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Das ist wahr!)
In beiden Fällen bin ich der Meinung, dass das Geld hervorragend angelegt ist. Die Anlagen sind auf Nachhaltigkeit, auf Entwicklung und in unserem Fall auch auf internationale Zusammenarbeit ausgerichtet.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Was sehen wir noch, wenn wir uns diesen Haushalt anschauen? Wir sehen zum Beispiel drei Sonderinitiativen unseres Ministers, die sich zusammen auf insgesamt 160 Millionen Euro Barmittel belaufen. Die erste Initiative „Eine Welt ohne Hunger“, liebe Freunde, bedeutet, Ernährungssicherung und ländliche Entwicklung mehr denn je in den Mittelpunkt zu rücken. Das brauchen wir angesichts der großen Anzahl von hungernden Menschen, nämlich über 1 Milliarde. Deshalb ist es richtig, darauf den Schwerpunkt zu legen, Herr Minister.
Die zweite Initiative „Fluchtursachen bekämpfen“ widmet sich den Maßnahmen für Flüchtlinge einerseits sowie den Auswirkungen in den Aufnahmeländern oder -regionen andererseits. Dabei stehen natürlich die Konflikte, wie zurzeit in Syrien, in der Zentralafrikanischen Republik, in Mali, im Südsudan, im Fokus. Die humanitären Katastrophen in diesem Zusammenhang sind unzählig. Ich bin froh, dass Volkmar Klein schon etwas dazu gesagt hat. Wir wollen mit Unterstützung des Ministers versuchen, hier die Europäische Union einzubeziehen. Ich glaube, das ist dringend notwendig.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die dritte Sonderinitiative „Nordafrika und Naher Osten“ deckt alle Maßnahmen ab, die zur Stabilisierung dieser Region beitragen. Diese Region betrifft uns, und zwar direkt und unmittelbar. Deshalb sind Maßnahmen zur Demokratisierung, zur Krisenprävention, zur Konfliktprävention, zur Stärkung der zivilgesellschaftlichen Strukturen – Maßnahmen, die in unserem ureigenen Interesse liegen – wichtig. Ich finde es gut, dass wir diese Maßnahmen ergreifen. Wir helfen vor allen Dingen den Menschen vor Ort. Das ist das Wichtigste, was wir machen können.
Das sind die drei Sonderinitiativen des Ministers. Der Minister hat hervorragende Prioritäten gesetzt. Vielen Dank und Anerkennung dafür, lieber Gerd Müller, das ist wirklich eine tolle Leistung. Aber auch wir Abgeordneten waren nicht untätig. Wir haben unsere eigenen Prioritäten gesetzt. Aber vielleicht darf ich an dieser Stelle einen weiteren Dank aussprechen, einen Dank an dich, liebe Bärbel Kofler, für die vertrauensvolle und unkomplizierte Zusammenarbeit.
Ich danke ausnahmsweise auch einmal den Haushältern.
(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Das will etwas heißen!)
Das gelingt mir nicht immer. Es ist definitiv das erste Mal, lieber Norbert Barthle, lieber Volkmar Klein, liebe Frau Steffen, dass es uns mit eurer Unterstützung gelungen ist, dass vor allem die parlamentarischen Initiativen fast eins zu eins übernommen wurden. Darauf sind wir als Entwicklungspolitiker ganz besonders stolz. Wir haben auch lange darauf hingearbeitet; das gebe ich zu, das war auch nicht immer ganz einfach. Aber das ist unsere Art, sicherzustellen, dass die Themen auf unserer Prioritätenliste umgesetzt werden, zum Beispiel das Thema Klima- und Ressourcenschutz, das Thema Gesundheit in den Entwicklungsländern, das Thema Unterstützung des Green Climate Fund, das Thema gute Regierungsführung, aber vor allen Dingen auch das Thema Stärkung der Zivilgesellschaft; das ist für die Union ein Herzensanliegen. Deshalb sind wir immer wieder froh über die gute Zusammenarbeit mit den Kirchen und den Stiftungen vor Ort. Das sind Kontakte, Möglichkeiten, Beziehungen und damit verbundene Erkenntnisse, die wir nicht missen wollen. Das ist für unsere Zusammenarbeit richtig und gut, und wir können uns darauf verlassen. Deshalb sind die Mittel dafür gut angelegtes Geld.
Das Bekenntnis zu einer verstärkten Zusammenarbeit mit der deutschen Wirtschaft ist mir persönlich auch ein Anliegen. Es gibt keinen Grund, mit Scheuklappen und Schaum vor dem Mund daranzugehen. Es geht um die Intensivierung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, und das ist wichtig. Denn wir müssen die wirtschaftliche Zusammenarbeit stärken. Wir müssen die kleinen und mittelständischen Unternehmen in den Entwicklungsländern stärken. Sie müssen anfangen, ihre eigene Wirtschaftsfähigkeit, Überlebensfähigkeit und Lebensfähigkeit für die Zukunft für sich und ihre Kinder zu entwickeln.
(Beifall des Abg. Johannes Selle [CDU/CSU])
– Soll ich kurz unterbrechen? Wollt ihr klatschen?
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Charles M. Huber [CDU/CSU]: Das ist so spannend!)
Ich will so viel sagen. Deshalb muss ich mich schon wieder beeilen. Das ist doch furchtbar.
Auch die Kooperation mit der Wirtschaft trägt dazu bei, dass wir peu à peu über das 0,7-Prozent-Ziel reden können. Jawohl, liebe Frau Hajduk – sie hört gerade nicht zu –,
(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch! – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir hören schon zu!)
auch ich habe die Erklärung unterschrieben. Nicht unterschrieben habe ich erstens, dass es sofort passieren muss.
(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 2015! – Niema Movassat [DIE LINKE]: Bis 2015!)
Ich habe zweitens nicht unterschrieben, dass ich es unter Missachtung sämtlicher haushalterischer Notwendigkeiten machen will.
(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen es nicht unter Missachtung machen!)
Ich habe zum Dritten nicht unterschrieben, dass ich es unter Missachtung jeglicher gesamtpolitischer Verantwortung mache, die ich für mich sehr wohl sehe. Ich bin zwar Entwicklungspolitikerin, aber ich habe auch eine Verantwortung für die Gesamtpolitik.
(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich auch!)
Jetzt kommen wir nämlich zu den Milliardenbeträgen, die wir dafür brauchen, liebe Freunde. Das sage ich mit Blick auf die Anträge. Ich komme zuerst zu der Linksfraktion. Ich habe einmal nachgerechnet. Im Ausschuss haben Sie uns 5 Milliarden Euro vorgelegt. Na prima, das ist eine stolze Summe. Das kann man schon machen. Jetzt ist es nur noch 1 Milliarde Euro an Barmitteln ohne jegliche Gegenfinanzierung.
(Widerspruch der Abg. Heike Hänsel [DIE LINKE])
Natürlich habe ich von den lieben Kollegen von den Linken nicht sehr viel mehr erwartet. Meine Erwartungen waren nicht sehr hoch. Aber bezeichnend ist für mich, dass der Kollege Movassat bis zum heutigen Tag von Entwicklungshilfe spricht.
(Niema Movassat [DIE LINKE]: Ich habe von Entwicklungszusammenarbeit gesprochen! Wann habe ich denn von Entwicklungshilfe gesprochen? Das stimmt doch gar nicht, was Sie sagen!)
Lieber Kollege, darüber sind wir zum Glück schon sehr, sehr lange hinaus.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Was wir machen, ist Entwicklungszusammenarbeit. Wir machen eine partnerschaftliche Zusammenarbeit. Wir arbeiten mit den Partnerländern zusammen, zielgerichtet und in Absprache mit ihnen. Das Thema Entwicklungshilfe, lieber Freund, haben wir schon lange, lange hinter uns.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Deshalb konnte ich von dem, was Sie uns an Anträgen vorgelegt haben, auch nicht enttäuscht sein.
Die Enttäuschung über die Grünen war extrem viel größer, um ehrlich zu sein. Natürlich kann man die Haushaltsmittel um 800 Millionen Euro anheben.
(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gegenfinanziert!)
– Barmittel, nicht gegenfinanziert und schon gar nicht mit entsprechenden Verpflichtungsermächtigungen auf Nachhaltigkeit angelegt. In dem Zusammenhang ist nichts vorgesehen.
Aber machen wir uns nichts vor: Es passt nicht zusammen. Wir haben nicht die entwicklungspolitischen Strukturen, durch die wir in der Lage wären, in einem halben Jahr, wohlgemerkt, diese Menge an Geld zu verteilen. Das hat weder mit Nachhaltigkeit noch mit Verantwortung zu tun. Ich glaube, es ist keine gute Idee, das so zu machen, wie Sie es vorschlagen.
(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie können nicht einfach falsche Behauptungen aufstellen! Lesen Sie sich mal unseren Antrag durch!)
Ich finde es wunderbar und prima, dass wir genau darüber namentlich abstimmen. Denn Ihnen fehlt für meine Begriffe die Ernsthaftigkeit.
(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh, Frau Pfeiffer!)
Insofern bin ich auch froh, dass wir diese Änderungsanträge ganz seriös mit Nein bescheiden. Denn ich glaube, das nehmen Ihnen auch Ihre Kooperationspartner nicht ab. Das alles kann man definitiv unter dem Stichwort Schaufensteranträge sehen. Es nimmt Ihnen keiner ab. Es tut mir nur leid; denn es fehlt Ihnen die entsprechende Seriosität.
Mir fehlt in dem Zusammenhang schlicht und einfach Ihre gesamtpolitische Verantwortung, die Sie schließlich haben. In der Rede Ihres Fraktionsvorsitzenden Anton Hofreiter hörte es sich plötzlich ganz anders an, als es darum ging, wie ein Haushalt aussieht und wie finanzielle Mittel eingesetzt werden. Das ist leider nicht konsistent.
(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Richtig frech!)
Ich glaube, dass wir einen hervorragenden Haushalt vorgelegt haben. Wir wissen, dass wir die 1,5 Milliarden Euro, die in den nächsten drei Jahren noch zu verteilen sind, sinnvoll, effektiv und effizient einsetzen. Wir haben mit unserem Herrn Minister einen hervorragenden Verwalter dieser Mittel. Ich glaube, dass wir uns in der Entwicklungszusammenarbeit nicht zu verstecken brauchen, weder national noch international. Es ist ein toller Haushalt. Viel Erfolg bei der künftigen Arbeit, lieber Gerd Müller! Unsere Unterstützung hast du; das ist ganz klar. Wir freuen uns auf weitere erfolgreiche Jahre.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Zu einer Kurzintervention erteile ich das Wort der Kollegin Hajduk, Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3565454 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 42 |
Tagesordnungspunkt | Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung |