Bartholomäus KalbCDU/CSU - Verteidigung
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach langen und intensiven Beratungen im Ausschuss haben wir in dieser Woche den Bundeshaushalt 2014 abschließend zu beraten. Wir sind, wie gestern und heute schon festgestellt werden konnte, zu einem sehr, sehr guten Ergebnis gekommen. Unsere Ziele bezüglich des Haushaltsvolumens und der Nettokreditaufnahme, die wir uns vorgenommen haben, konnten erreicht werden. Es ist ganz wichtig, dass wir die vorgesehene Nettokreditaufnahme in Höhe von 6,5 Milliarden Euro trotz der Überraschungen, die uns erreicht haben, am Ende der Haushaltsberatungen auch einhalten konnten. Wichtig ist auch, dass wir alle Voraussetzungen dafür geschaffen haben, dass wir im Jahre 2015 wie geplant einen Bundeshaushalt vorlegen und hoffentlich auch verabschieden können, der absolut ausgeglichen ist. Das hat etwas mit Generationengerechtigkeit zu tun. Das hat etwas mit Zukunftssicherung zu tun.
Ich habe davon gesprochen – Kollege Kahrs wird es mir bestätigen –, dass wir kurz vor der Abschlussrunde von unangenehmen Ereignissen überrascht worden sind: Urteil des Finanzgerichtes Hamburg, Rückzahlung der Brennelementesteuer, weniger Einnahmen. Auf all diese Dinge will ich nicht im Einzelnen eingehen, weil wir jetzt über den Fachetat sprechen. Diese Ereignisse haben aber dazu geführt, dass wir sowohl auf der Einnahme- wie auf der Ausgabenseite noch große Anstrengungen unternehmen mussten.
Leider – ich sage: leider – ist auch der Verteidigungsetat nicht ungeschoren davongekommen. Wir mussten eine globale Minderausgabe in Höhe von 400 Millionen Euro einstellen. Schon beim Haushaltsentwurf haben wir im Einzelplan 60, in dem die Kosten für ziviles Überhangpersonal ausgewiesen sind, zunächst Reduzierungen in Höhe von 500 Millionen Euro vorgenommen. Im nächsten Jahr sind es noch einmal 300 Millionen Euro. Diese Mittel werden genauso wie die globale Minderausgabe – so wurde es in den Vorgesprächen vom Finanzminister zugesagt – zeitgerecht und bedarfsgerecht zur Verfügung gestellt. Ich sage: Die jetzt vorgenommenen Einsparmaßnahmen sind vielleicht optisch nicht schön, aber vertretbar, weil wir im Moment deutliche Verzögerungen beim Zulauf von entsprechenden Beschaffungsvorhaben haben. Insofern ist es ganz wichtig, dass dann die jetzt vorgenommenen Einsparungen bedarfsgerecht zur Verfügung gestellt werden.
Die Bundeswehr stand und steht auch jetzt ständig vor immer neuen Herausforderungen. Sie steht immer wieder vor der Herausforderung, so aufgestellt sein zu müssen, dass sie ihren Beitrag leisten kann, damit Deutschland nach innen und nach außen seiner Verantwortung gerecht werden kann. Damit sichert die Bundeswehr unsere internationale Handlungsfähigkeit. Sie dient den Menschen hier im Land, aber auch den Menschen in der Welt, wo die Angehörigen der Bundeswehr für Frieden, Freiheit und die Durchsetzung der Menschenrechte eintreten.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn ich sage „im Innern“ dann erinnere ich mich, dass ich vor ziemlich genau einem Jahr mittags hier noch eine Rede halten sollte, aber wegen der damaligen Flutkatastrophe in meinen Wahlkreis musste. Die Bundeswehr hat uns auch hier wieder gezeigt, wie wichtig ihr Einsatz im Zusammenwirken mit den anderen Hilfs-, Katastrophenschutz- und Rettungskräften ist, um den Menschen hier im Lande zu dienen, wenn Not am Mann ist, weil die Flut kommt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir haben heute wieder über zwei Missionen abgestimmt. Ich bin sehr froh, dass unsere Bundeswehr, auch wenn wir nicht mehr die allgemeine Wehrpflicht haben, eine Parlamentsarmee bleibt. Ich glaube, wenn es um Einsätze geht, nehmen wir alle jede Entscheidung sehr ernst. Keiner macht sich eine solche Entscheidung leicht. So soll es sein und bleiben: Wir entscheiden uns immer wieder in großer Verantwortung für oder gegen den einen oder anderen Einsatz. Die Soldaten, die Angehörigen der Bundeswehr müssen immer wissen, dass wir als Parlament hinter ihrem Einsatz stehen und die Verantwortung dafür übernehmen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Michaela Noll [CDU/CSU]: Genau!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hätte gedacht, dass heute Morgen alles Notwendige zu der unsäglichen Aussage eines gewissen Landtagsabgeordneten Müller von den Linken gesagt worden ist, der einen Sitz im Potsdamer Landtag hat.
(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Jetzt kommen Sie wieder mit der Nummer! Unmöglich!)
Aber Sie sind wieder damit gekommen. Es ist unsäglich, eine solche Aussage über unser Staatsoberhaupt zu treffen oder die Ministerin und andere, die sich entsprechend äußern, verunglimpfen zu wollen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Heike Hänsel [DIE LINKE]: Unglaublich!)
Ich bin schon ziemlich lange im Parlament; ich weiß, wie wir damals um den ersten Einsatz im Ausland, auf dem Balkan, gerungen haben, vor einem völlig anderen Hintergrund, mit einer anderen Sicht auf die Verfassungslage. Es wird aus heutiger Sicht niemand abstreiten können, dass wir eine große Verantwortung dafür tragen, wie es beispielsweise am Südrand Europas weitergeht – deswegen diese Dinge.
(Beifall der Abg. Karin Evers-Meyer [SPD] – Zurufe von der LINKEN)
Sie werden doch nicht abstreiten können, dass wir Bündnisverpflichtungen haben, dass wir gesamteuropäische Verpflichtungen haben, dass wir NATO-Verpflichtungen haben, dass wir Verpflichtungen im Hinblick auf den Frieden in einer Region haben, in der es auch um die Sicherheit Israels geht.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Gerade wir Deutsche haben hier eine große Verantwortung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Verantwortung zu übernehmen, bedeutet, Frieden und Freiheit zu sichern und bereit zu sein, die entsprechenden Mittel und Möglichkeiten zu nutzen. Das bedeutet, den Menschenrechten Geltung zu verschaffen und die territoriale Integrität zu wahren.
(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Vor allem in Saudi-Arabien! – Gegenruf der Abg. Karin Evers-Meyer [SPD]: Durch Ihre Zurufe wird es auch nicht wahrer!)
Es bedeutet, dem Völkerrecht zu dienen. Deswegen müssen wir all die Vorwürfe von der Linken zurückweisen. Offensichtlich haben solche Aussagen bei Ihnen Methode; ich will nicht länger darauf eingehen.
Die Bundeswehr steckt mitten in einem großen Umstrukturierungsprozess; sie ist auf dem Weg von der ehemaligen Wehrpflichtarmee zur neuen Form. Wir werden nur noch 170 000 Berufs- und Zeitsoldaten haben. Wir haben keine Wehrpflichtigen mehr. Wir gehen davon aus, dass es uns gelingt, 12 500 freiwillig Dienstleistende zu gewinnen, und wir beziehen auch die Reservisten – ihre geplante Zahl liegt bei 2 500 – ganz intensiv mit ein. Auch das zivile Personal wird natürlich entsprechend reduziert. Es gibt also große Reformen, große Umbrüche, große Herausforderungen für alle, die in der Bundeswehr zivil oder militärisch Dienst leisten. Deswegen gilt ihnen besonderer Dank und besondere Anerkennung dafür, dass sie trotz dieser Umstrukturierung ihren Auftrag hervorragend erfüllen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir stehen demzufolge vor ganz neuen Herausforderungen, was die Personalgewinnung betrifft, Stichwort „Attraktivitätsprogramm“. Wir stehen im Wettbewerb mit anderen Berufsfeldern und Berufsbildern am Arbeitsmarkt. Deswegen begrüße ich ausdrücklich, Frau Ministerin, Ihre Anregung, den Angehörigen der Bundeswehr mehr Möglichkeiten der Weiterbildung und Weiterentwicklung zu bieten und diese stärker herauszustellen. Unter Umständen können diese Weiterbildungsmaßnahmen mit entsprechenden Zertifikaten abgeschlossen werden, damit diejenigen, die die Bundeswehr nach einer gewissen Zeit in die Privatwirtschaft verlassen, ihre Kenntnisse belegen können und dort auch entsprechend Anklang finden. Auch diese Form der Qualifizierung scheint mir sehr wichtig zu sein.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Wir erteilen unseren Soldatinnen und Soldaten nicht nur Aufträge, sondern wir müssen auch dafür sorgen, dass sie entsprechend gut ausgerüstet sind. Das ist eine permanente Aufgabe, die von uns im Haushaltsausschuss und auch von den Fachkollegen im Verteidigungsausschuss wahrgenommen wird.
Auf anderen Feldern, Stichwort „Kommunikationstechnologie“, beklagen wir, dass wir in Deutschland und auch in Europa überhaupt nicht mehr die entsprechenden Fähigkeiten haben. Wir müssen schon dafür sorgen, dass wir auch künftig die technologischen Fähigkeiten haben, die wir brauchen, um unseren Aufgabenstellungen gerecht werden zu können.
Das Verteidigungsbudget in Deutschland und auch die Verteidigungsbudgets unserer Verbündeten in Europa werden immer kleiner. Die Nachfrage sinkt, und es wird daher immer schwieriger, die Fähigkeiten zu erhalten. Es nützt uns auch nichts, nur die Fähigkeiten, die wir jetzt haben, zu erhalten. Die Welt wandelt sich sehr schnell, und woanders können im Bereich der militärischen Forschung und Entwicklung Mittel in ganz anderem Umfang eingesetzt werden.
Wir müssen dafür sorgen, dass wir bei der technologischen Entwicklung nicht abgehängt werden. Wir müssen uns die Frage stellen: Welche Märkte stehen uns überhaupt zur Verfügung, um unsere Fähigkeiten auch in der Zukunft nutzen zu können? Nicht dass unsere Nachfolger hier im Parlament möglicherweise feststellen müssen: Wir würden ja gerne bestimmte Aufgaben wahrnehmen und die Verantwortung für bestimmte Bereiche übernehmen, aber wir haben nicht mehr die entsprechenden Fähigkeiten.
Ich möchte hinzufügen: So manche Entwicklung, die im militärischen Bereich stattgefunden hat, weil gerade dort der Zwang zur Miniaturisierung und zur Präzisierung sehr groß ist, ist im Bereich der zivilen Technologien sehr nutzbringend eingesetzt worden. Auch diesen Aspekt sollten wir nicht übersehen.
Ich bedanke mich zum Schluss ganz herzlich bei meiner Kollegin Mitberichterstatterin, Frau Karin Evers-Meyer, bei Dr. Tobias Lindner und bei Michael Leutert, aber auch bei Ihnen, Frau Ministerin, und Ihren Mitstreitern, Staatssekretären und Mitarbeitern im Haushaltsreferat – ganz herzlichen Dank! Wir hatten trotz unterschiedlicher Auffassung im Einzelfall eine gute Beratung.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Ich bitte die nachfolgenden Redner, nicht einfach durch Zusammenfalten des Manuskripts beim Präsidium den Eindruck zu erwecken, der Redner sei fertig, und dann geht es doch noch ziemlich lange.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Johannes Kahrs [SPD]: Alter Fuchs!)
Bitte halten Sie sich an die Zeit. Das ist auch fair den anderen Kollegen gegenüber.
Als Nächstem erteile ich das Wort dem Abgeordneten Dr. Tobias Lindner, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
(Johannes Kahrs [SPD]: Guter Mann!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3565621 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 42 |
Tagesordnungspunkt | Verteidigung |