Karin Evers-MeyerSPD - Verteidigung
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Rüstungsboard, Attraktivitätsoffensive und globale Minderausgaben waren die etwas negativ aufgeladenen Schlagworte zum Verteidigungsetat in der ersten Jahreshälfte. Ich hätte mir ein bisschen bessere vorstellen können. Das aber nur vorweg.
Lassen Sie mich heute trotzdem ganz unmissverständlich und deutlich sagen, meine Damen und Herren: Wir verabschieden einen Etat, der im Großen und Ganzen in Ordnung ist. Ich bin mit dem Verlauf der vergangenen Verhandlungen zufrieden. Mein Kollege Bartholomäus Kalb hat das schon ausgeführt. Ich kann mich seinen Ausführungen dazu nur anschließen.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich nicht versäumen, mich bei den Mitberichterstattern, Herrn Kalb, Herrn Lindner und Herrn Leutert, herzlich für die gute Zusammenarbeit zu bedanken. Auch bei Ihnen und Ihrem Hause, Frau Ministerin, möchte ich mich für die gute Zusammenarbeit und die stete Bereitschaft, mit uns zu reden, bedanken.
Der Haushalt umfasst in der vorliegenden Form gut 32 Milliarden Euro und bleibt damit weiterhin auf einem stabilen Niveau. Angesichts des schrumpfenden Personalkörpers, der immerhin noch ein Drittel der Gesamtausgaben bindet, und in Zeiten der Haushaltskonsolidierung ist das für unsere Bundeswehr ein wirklich gutes Ergebnis. Dass aus diesem umfangreichen Haushalt immerhin 148 Millionen Euro zugunsten der Gegenfinanzierung des Betreuungsgeldes gezogen werden, ist für mich auch besonders erwähnenswert.
Aus meiner Sicht laufen jedoch bisweilen die nicht abfließenden Mittel der Wahrheit und Klarheit – genau darum geht es bei uns im Haushaltsausschuss – der Haushaltsführung zuwider. Der Bereich der verteidigungsinvestiven Ausgaben – dort geht es um einen Anteil an militärischen Beschaffungen von fast 15 Prozent – bleibt problembehaftet. Der Bundesrechnungshof hat entsprechende Rügen ausgesprochen. Ich kann nur betonen, dass sich solch eine Situation eigentlich nicht so oft wiederholen sollte. An Vorschlägen und Bereitschaft, diesen Missstand zu beheben, hat es in den vergangenen Monaten nicht gemangelt, an der Umsetzung manches Mal schon.
Die Anträge, die aus der Opposition kamen, waren nicht hilfreich. Das muss man leider so sagen. Besonders befremdet mich in diesem Fall, dass die Linken wider besseres Wissen von einer Hinwendung zu einer Interventionsarmee sprechen.
(Zurufe von der LINKEN)
Das ist allein aufgrund unserer demokratischen Prinzipien so ein Unfug, dass man es kaum wiederholen kann.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Christine Buchholz [DIE LINKE])
Vor allen Dingen – das muss ich hier auch einmal deutlich sagen – empfinde ich das als Beleidigung gegenüber all denjenigen Männern und Frauen, die sich für einen Dienst bei unserer Bundeswehr entscheiden, egal ob in Uniform oder ohne.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Die deutsche Gesellschaft, also wir alle, sind unseren Soldatinnen und Soldaten für ihren Dienst zu Dank verpflichtet.
(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Landesverteidigung! – Johannes Kahrs [SPD]: Die Linke ist nicht regierungsfähig und nicht koalitionsfähig! – Gegenruf von der CDU/CSU: Das merkt euch!)
– Ich würde jetzt gerne fortfahren.
Der Umgang des Ministeriums mit den Herausforderungen des ersten Halbjahres war nicht immer ganz so, wie wir uns das gewünscht hätten. Frau Ministerin, was die Auslieferung von großen Beschaffungsprojekten betrifft, so sind Sie ganz bestimmt nicht für die Verzögerungen verantwortlich zu machen. Sie müssen aber den Damen und Herren der Industrie endlich einmal sagen, dass eine Aneinanderreihung von Katastrophen nicht vertrauensbildend ist. Zu spät, zu teuer und nicht bedarfsgerecht sind weitere Schlagworte, mit denen wir uns leider ständig herumschlagen müssen. Der sogenannte Global Deal und der Transporter A400M sind hier nur zwei schlechte Beispiele. Wenn Sie das auch so sehen, Frau Ministerin, dann beteiligen Sie das Parlament und seinen Haushaltsausschuss ruhig noch frühzeitiger, und legen Sie uns alle Fakten vor, ganz so, wie Sie es uns versprochen haben.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Ingo Gädechens [CDU/CSU])
Transparenz soll die Basis unserer Zusammenarbeit sein. Da wünsche ich mir noch ein bisschen mehr Entgegenkommen von Ihnen. Dann können wir Ihnen ganz sicher auch helfend zur Seite stehen.
(Beifall des Abg. Johannes Kahrs [SPD])
Die Herausforderung einer globalen Minderausgabe von 400 Millionen Euro – das ist hier ja schon ausreichend gewürdigt worden – haben wir ja auch zusammen gestemmt.
Werfen wir aus haushalterischer Sicht noch einen Blick auf die sogenannte Attraktivitätsoffensive. Ich begrüße Ihren Maßnahmenkatalog, Frau Ministerin. Meine Fraktion ist natürlich bereit, Sie weitgehend zu unterstützen. Es bleibt allerdings zu hoffen, dass die anfängliche Skepsis der Zielgruppe – das sind ja unsere Soldatinnen und Soldaten – endlich in Zustimmung umschlägt. Ich glaube, das Verteidigungsministerium muss da noch Kohle drauflegen, noch ein bisschen Überzeugungsarbeit leisten und vor allen Dingen eine noch bessere Kommunikationsstrategie fahren.
Wer eine Attraktivitätsoffensive wirklich will, muss auch Geld in die Hand nehmen. Ich bin wirklich gespannt, ob die 103 Millionen Euro bis 2018 ausreichen werden und wo dieses Geld eingespart werden soll. Denn eines ist bei diesem ganzen Prozedere offensichtlich: Für das Personal ist im Sinne der Attraktivitätssteigerung noch viel nachzuholen. Ein gutes und zeitgerechtes Einkommen für die Menschen in der Bundeswehr ist die beste Attraktivitätsoffensive. Ein Beispiel sind die Zulagen in der Bundeswehr. Hier gilt es, seit den 90er- Jahren bestehende Versäumnisse bei der Anpassung der Zulagen an die Lebenshaltungskosten nachzuholen. Ein weiteres Beispiel ist die Überstundenvergütung. Sogar die Anpassung aus 2012 auf einen Stundensatz von 65 Euro für 24 Stunden zusammenhängenden Dienst bleibt hinter dem früheren Anspruch zurück. Das Verteidigungsministerium hatte schon während der Zeit von Verteidigungsminister zu Guttenberg eine Anhebung auf 95 Euro formuliert. Auch das wäre ein anzustrebender Fortschritt.
Bei Ausrüstung und Infrastruktur der Bundeswehr muss ich vor einem Investitionsstau warnen. Der Bedarf für Modernisierungen ist wirklich sehr groß. Keiner sollte auf weitere Klagen aus der Truppe warten. Mit modernem Equipment zu arbeiten, ist ein wesentlicher Faktor für Berufszufriedenheit. Wir warten ganz gespannt auf die Umsetzung der ersten Maßnahmen. Die Zeit ist hier ein entscheidender Faktor. Ein junger Offizier hat das neulich mir gegenüber ganz toll auf den Punkt gebracht. Er sagte: Wir haben dann Attraktivität, wenn ich meiner Familie meinen Arbeitsplatz, meine Unterkunft und meine Ausrüstung zeigen kann, ohne mich zu schämen. Ich finde, genau so ist das. Daran kann man das festmachen. Allen Beteiligten sei gesagt: Angesichts der vergangenen Haushaltsberatungen und eines auf Jahre stabilen und größtmöglich deckungsfähigen Etats ist das sicher auch finanzierbar.
Damit komme ich auf den Beginn meiner Ausführungen zurück. Frau Ministerin, ich hoffe, dass die Schlagworte, die die nächsten Monate bestimmen, Fortschritt und Modernisierung lauten werden, ganz so, wie es unsere Soldatinnen und Soldaten verdient haben. Ich biete Ihnen erneut gute Zusammenarbeit an.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Das Wort hat die Bundesministerin der Verteidigung, Dr. Ursula von der Leyen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3565627 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 42 |
Tagesordnungspunkt | Verteidigung |