Michaela NollCDU/CSU - Verteidigung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Frau Ministerin, die heutige Debatte war für Sie, glaube ich, nicht ganz so einfach. Wir hatten eine Debattenzeit von 96 Minuten angedacht. Mittlerweile dauert die Debatte aber schon weit über 100 Minuten.
Der Einzelplan 14 ist wichtig. Das, was die Ministerin und der Kollege Otte angesprochen haben, sind wichtige Punkte: Die sicherheitspolitische Lage, die Erwartungshaltung der Bündnispartner, die Investitionen in gutes Personal und die globale Minderausgabe sind angesprochen worden. Das heißt, dass wir einen relativ großen Bogen gespannt haben. Das, was Ingo Gädechens eben sagte, kann ich zu 100 Prozent unterstreichen: Freiheit gibt es nicht umsonst.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Diese Meinung teilen wir, glaube ich, alle.
Herr Kollege Arnold, ich freue mich, wenn Kollegen eine ausgewogene Rede halten. In Bezug auf einen Punkt kann ich Sie hundertprozentig unterstützen; da sind wir ganz an Ihrer Seite. Zur Attraktivitätsoffensive haben Sie gesagt, sie sei der Schlüssel zum Erfolg. Da gebe ich Ihnen recht. Ich bin zuversichtlich, dass wir sie entsprechend begleiten werden.
Wir sprechen heute zwar über Zahlen. Ich möchte aber auf das, was meine sehr geschätzte Kollegin Henn angesprochen hat, zurückkommen, nämlich auf den Inhalt der Attraktivitätsoffensive. Wir waren gemeinsam, Sie, ich und unser Kollege Dr. Felgentreu, in Masar-i- Scharif. Es gab diverse Kommentare, zum Teil in Zeitungen, in denen die Attraktivitätsoffensive etwas kritisch betrachtet wurde. Anscheinend haben die Kommentatoren aber nicht mit den Soldaten gesprochen. Die Kollegin Henn und ich hatten die Gelegenheit, mit den Soldaten abends in der Oase zu sitzen und einfach einmal zu fragen: Was haltet ihr davon? Die Soldaten haben uns gesagt, dass sie an dieser Attraktivitätsoffensive schätzen, dass sie zum ersten Mal im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Die sicherheitspolitische Lage ist das eine. Den Soldaten geht es aber darum, dass man einmal den Blick auf sie richtet und sich um sie kümmert. Die Kultur des Sichkümmerns kommt meiner Meinung nach durch diese Attraktivitätsoffensive sehr deutlich zum Ausdruck.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich habe auch die Gelegenheit genutzt – so oft kommt es im Alltag nicht vor, dass wir Soldaten begegnen –, um einfach einmal zu fragen: Warum sind Sie überhaupt zur Bundeswehr gegangen? Was hat die Bundeswehr für Sie so attraktiv gemacht? – Das wurde mit einem Wort beantwortet: Kameradschaft. Dabei geht es um Kameradschaft nicht nur im Sinne des § 12 Soldatengesetz. Es geht um mehr. Viele von Ihnen können sich vielleicht noch an den TV-Beitrag von Kerner erinnern. In dessen Verlauf bekam ein junger Sanitäter, Ralf Rönckendorf, einen Sonder-Bambi für seinen Einsatz in Kunduz am 2. April. Bei diesem Einsatz setzte er sich für die Rettung eines Kameraden ein und verlor dabei sein Augenlicht. Er antwortete auf die entsprechende Frage, dass er es immer wieder tun würde.
Leider ist unser Kollege Dr. Jung, ehemaliger Verteidigungsminister, heute nicht hier. Er war mit einer derjenigen, die das Einsatz-Weiterverwendungsgesetz auf den Weg gebracht haben. Nach diesem Gesetz muss der Soldat, der im Einsatz verwundet wurde, die Truppe nicht verlassen. Er wird weiter seine Heimat in der Bundeswehr haben. Auch das war schon ein Signal des Sichkümmerns. Deswegen glaube ich, dass dieser Weg der richtige ist.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ein Satz des Sanitäters ist bei mir besonders hängen geblieben. Er machte eine kleine Pause und sagte: Als aktiver Soldat hoffe ich einfach auf ein kleines bisschen mehr Anerkennung in unserer Gesellschaft für die Soldaten. – Meine Damen und Herren, das ist etwas, was nichts kostet. Es ist eine Frage der Empathie mit den Soldaten. Diese Empathie sollten wir haben; denn wenn sich die Soldaten von der Gesellschaft im Stich gelassen fühlen – vielleicht auch gelegentlich an der einen oder anderen Stelle von der Politik; nicht von uns hier, aber wenn ich nach links schaue, könnte das hin und wieder passieren –, gibt es dringenden Handlungsbedarf. Wir müssen ihnen das Gefühl geben, dass sie Teil unserer Gesellschaft sind.
Durch die Wehrpflicht war die Verankerung der Bundeswehr in der Gesellschaft vorhanden. Durch die Aussetzung der Wehrpflicht haben wir jetzt ein anderes Bild. Oft findet die Bundeswehr bzw. das Leben in der Bundeswehr in den Familien nicht mehr statt, weil die jungen Menschen nicht mehr gezogen werden. Sie gehen jetzt freiwillig. Ich glaube, da gibt es dringenden Handlungsbedarf; denn mittlerweile gibt es in der öffentlichen Diskussion manchmal eine ungute Mischung von Missverständnissen und Vorurteilen, meistens gespeist aus Unwissenheit.
Es ist nicht Aufgabe der Soldaten, zu erklären, warum sie in einen Auslandseinsatz gehen, sondern es ist unsere Aufgabe, zu erklären, warum wir sie dahin schicken, damit sie wissen, dass sie mit unserer Rückendeckung gehen. Das erhoffe ich mir.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Heidtrud Henn [SPD])
Vielleicht noch ein kleiner Hinweis: Wir haben morgen wieder ein Fußballspiel. Das ist schön und gut. Wenn die jungen Fußballer zurückkommen, ist ganz Deutschland euphorisch und feiert sie. Wissen Sie, was ich mir manchmal wünsche? Ich wünsche mir, dass die Soldaten, wenn sie von einem Einsatz nach Hause kommen, das Gefühl, in der Heimat willkommen zu sein, genauso vermittelt bekommen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich schließe die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 14 – Bundesministerium der Verteidigung – in der Ausschussfassung. Wer stimmt für diesen Einzelplan? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Einzelplan 14 ist mit den Stimmen der CDU/CSU-Fraktion und der SPD-Fraktion gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen.
Ich rufe nun Tagesordnungspunkt II.13 auf:
Berichterstatter sind die Abgeordneten Doris Barnett, Alois Karl, Michael Leutert und Dr. Tobias Lindner.
Zu dem Einzelplan 05 liegt ein Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache 96 Minuten vorgesehen. – Ich höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen.
Ich bitte, die notwendigen Umgruppierungen jetzt zügig vorzunehmen, damit wir die notwendige Aufmerksamkeit für den ersten Redner herstellen können.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat für die Fraktion Die Linke der Kollege Dr. Diether Dehm.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3565746 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 42 |
Tagesordnungspunkt | Verteidigung |