Michael FuchsCDU/CSU - Wirtschaft und Energie
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will als Allererstes betonen, dass es uns richtig gut geht. Nach dem, was Herr Kollege Schlecht eben von sich gegeben hat, kann es einem ja schlecht werden. So schlecht geht es diesem Land Gott sei Dank nicht.
(Widerspruch bei der LINKEN)
Es geht Deutschland so gut wie nie. Wir haben – nebenbei – die allerhöchsten Steuereinnahmen, die dieses Land jemals gehabt hat. Die Länder haben die höchsten Einnahmen, die sie jemals gehabt haben. Das sollten wir nicht einfach wegdiskutieren. Das ist schließlich ein Erfolg.
(Beifall bei der CDU/CSU)
42 Millionen Menschen in Deutschland haben Beschäftigung. Eine solch hohe Beschäftigtenzahl hat es noch nie gegeben. Es gibt fast 30 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Auch das hatten wir noch nie. Die Zahl der arbeitslosen Menschen nähert sich 2,5 Millionen. So niedrig war die Arbeitslosigkeit nach der Wiedervereinigung Deutschlands noch nie. Wir haben die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit zu verzeichnen. In vielen Regionen Deutschlands gibt es kaum noch Jugendliche, die in Ausbildungsverhältnisse gebracht werden können.
(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Hört! Hört!)
Auch das hat es noch nicht gegeben. Vergleichen Sie das einmal mit der Jugendarbeitslosigkeit in allen anderen europäischen Ländern! Vergleichen Sie bitte einmal das Lohnniveau Deutschlands mit dem in allen anderen europäischen Ländern! Dann sehen Sie, wie gut es Deutschland geht. Nur, Sie können und wollen das nicht zur Kenntnis nehmen, weil es nicht in Ihre kommunistische Ideologie hineinpasst.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir stehen vor großen, heftigen Aufgaben. Diese gehen wir gemeinsam an. Wir wollen den Bundeshaushalt zum ersten Mal nach langer Zeit wieder ausgleichen. Seit 46 Jahren war der Bundeshaushalt nie ausgeglichen. Der Letzte, der das geschafft hat, war Franz Josef Strauß 1969.
(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Mit Karl Schiller!)
Ältere Menschen wie ich können sich noch daran erinnern.
(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Keine Beleidigungen!)
Aber die meisten, die hier sitzen, können das nicht mehr. Unser Ziel muss wieder sein, ausgeglichene Haushalte aufzustellen. Wir müssen endlich wieder in der Lage sein, Zukunft zu gestalten, und dürfen die Last der Zinsen und Zinseszinsen, die unsere Kinder und Kindeskinder zu zahlen haben, nicht weiter erhöhen. Das ist Aufgabe dieser Regierung. Das haben wir uns gemeinsam vorgenommen. Wir wollen das alles ohne Steuererhöhungen erreichen. Das kann man einfach machen, wie Sie es wollen, und die Steuern erhöhen. Aber das bringt gar nichts. Sie sehen es ja: Dort, wo die Steuern zu hoch sind, sind die Unternehmen weg. Das können Sie in vielen Ländern beobachten.
Wir wollen des Weiteren unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit stärken; das ist unsere Aufgabe. Das ist nicht einfach. Die gesamte Europäische Union muss wettbewerbsfähiger werden. Dabei müssen wir aufpassen, dass wir nicht zu viel ausgeben und dass zusätzliche Sozialleistungen zuallererst gegenfinanziert sein müssen. In dieser Hinsicht sind wir in dieser Legislaturperiode noch ein klein bisschen auf dem falschen Weg. Aber ich gehe davon aus, dass sich das jetzt ändert.
(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Es gibt nichts, was nicht noch besser gemacht werden kann!)
Wir haben es geschafft, Europa zu stabilisieren. Herr Minister, ich bin Ihnen dankbar für das, was Sie eben gesagt haben, nämlich dass es kein Rütteln an diesem Stabilitätspakt geben darf.
(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Stabilitäts- und Wachstumspakt!)
Der Euro ist stabil. Er liegt im Verhältnis zum Dollar momentan bei 1,36. Mittlerweile hören wir von unseren exportstarken Firmen, die in den Dollarbereich exportieren, hin und wieder die Bemerkung, der Euro-Kurs könnte ein bisschen niedriger sein, weil es dann einfacher ist. Nein, der Euro ist stabil, weil wir einen Stabilitätspakt und eine Europäische Zentralbank haben, die dafür sorgt, dass die Stabilitätskriterien eingehalten werden. Man kann über den berühmten Satz von Herrn Draghi „Whatever it takes“ nachdenken und sich fragen, ob das der richtige Weg ist, nämlich bei der Übernahme von Schulden quasi alles möglich zu machen. Das muss vielleicht noch ein Stück weit korrigiert werden. Aber wir sind jetzt auf einem stabilen Weg in Europa, und auch die meisten Länder haben es kapiert.
Die Programmlösungen, die wir für die einzelnen Länder gefunden haben, nämlich Leistungen nur dann zu gewähren, wenn die Länder entsprechende Vorleistungen erbracht haben, sind richtig. Das sieht man schon daran, dass die meisten Länder mittlerweile aus den Hilfsprogrammen heraus sind; Irland ist heraus, Spanien ist heraus. Ob eine Steuersenkung zu diesem Zeitpunkt richtig ist, wird sich zeigen. Auf jeden Fall darf eine Steuersenkung nicht zu einer höheren Neuverschuldung führen; das muss jeder beachten. Auch Griechenland ist schon ein gutes Stück weitergekommen. Aber es hat noch einen langen Weg zu gehen; denn eine schwarze Null, die sich ohne Berücksichtigung des Zinsbereichs ergibt, reicht sicherlich à la longue nicht aus. Eines steht fest: Könnte man mit Staatsausgaben auf Pump Wachstum kaufen, wäre Griechenland sicherlich die wachstumsstärkste Nation Europas. Ginge die Gleichung „Mehr Schulden gleich mehr Wachstum“ auf, dann wäre Italien die Lokomotive und nicht das Schlusslicht der Währungsunion. Dann wären wir das Schlusslicht. Wir sind es aber nicht. Wir sind tatsächlich die Nation in Europa, die das größte Wachstum zu verzeichnen hat. Unser Wachstum wird am Ende des Jahres wahrscheinlich bei 2,5 Prozent liegen. Für eine reife Volkswirtschaft eine Erfolgsstory!
(Beifall bei der CDU/CSU – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Da hätte auch unser Koalitionspartner klatschen können!)
Deswegen dürfen wir auch nicht in alte Denkmuster verfallen und glauben, dass wir das in irgendeiner Weise verändern könnten. Nein, wir müssen dafür sorgen, dass dieses Wachstum stabil bleibt und dass die Haushalte in allen europäischen Staaten ausgeglichen werden. Ich bin der Bundeskanzlerin ausgesprochen dankbar dafür, dass sie diese Politik so weiterführt.
Eines muss uns in Deutschland besonders bewusst sein: Deutschland ist das Land, das am stärksten vom Euro profitiert. Kein anderes Land hat so viele Vorteile durch den Euro gehabt wie wir, und zwar deswegen, weil wir über viele Jahre eine stabile Währung mit einer extrem niedrigen Inflationsrate haben.
(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr richtig! Euro-Bashing schadet der Wirtschaft!)
Das heißt für uns, dass auch das Geld unserer Bürgerinnen und Bürger sicher ist. Das sollte eigentlich jeder wissen.
Stellen Sie sich bitte einfach einmal vor, wir hätten besonders zu den Zeiten, als die Finanzkrise 2008 und 2009 tobte, den Euro nicht gehabt, sondern wir hätten die D-Mark gehabt. Wir hätten es mit Aufwertungstendenzen zu tun bekommen, wie sie die Schweiz schmerzvoll gespürt hat. Dann wäre es mit Deutschland als Exportweltmeister ganz schnell zu Ende. Deswegen sind wir froh, dass wir den Euro haben. Wenn irgendwelche kruden Parteien propagieren, den Euro wieder abzuschaffen, dann haben die anscheinend nicht verstanden, wovon Deutschland profitiert hat.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Ein Schlaufuchs, der Fuchs!)
Wir müssen das Wachstum in Europa stärken, aber wir müssen auch das Wachstum in der Welt stärken. Ich bin froh, dass die Wirtschaft hierzulande so wächst, wie sie es tut, aber wir müssen uns darum kümmern, dass das auch so bleibt. Deswegen, Herr Minister, sehe ich schon die Notwendigkeit, dass wir uns sehr stark dafür engagieren, dass die Doha-Runde weitergeführt wird und dass die Welthandelsrunden weitergeführt werden. Am liebsten sind mir natürlich multilaterale Vereinbarungen, nicht bilaterale; denn multilaterale Vereinbarungen sind gerade für unsere mittelständische Wirtschaft, die Sie eben angesprochen haben, wesentlich besser, weil die mittelständische Wirtschaft sich nicht riesige Anwaltsstäbe leisten kann, die sich mit den Regeln und Normen in jedem einzelnen Land beschäftigen. Ich würde Sie bitten, dass wir uns in den nächsten Wochen und Monaten – wir haben, wenn das EEG morgen verabschiedet ist, wieder ein bisschen mehr Zeit, auch einmal etwas anderes zu tun – etwas mehr mit den multilateralen Handelssystemen beschäftigen. Bali war ein guter Ansatz. Der muss weitergeführt werden. Ich könnte mir vorstellen, dass wir unsere Hausaufgaben gut erledigen.
Wir müssen uns aber auch dafür einsetzen, dass das TTIP, das transatlantische Partnership-Agreement, umgesetzt wird, dass es vorankommt. Wenn wir es schaffen, hier ein Abkommen auszuhandeln, dann werden die Normen, die zwischen den USA und Europa gelten, Weltgeltung haben. Wir alle wissen, dass die Amerikaner zurzeit auch über ein transpazifisches Abkommen verhandeln. Wer als Erster fertig ist, der setzt die Normen. Wenn die Amerikaner zuerst mit den pazifischen Ländern die Normen gesetzt haben, werden sie sie mit uns nicht noch einmal ändern, sondern sagen: Dann nehmt doch bitte die Normen, die wir mit den pazifischen Ländern vereinbart haben. – Das darf nicht der Fall sein. Ich bin dafür, dass wir schnell machen und dafür sorgen, möglichst zügig dieses transatlantische Partnership-Agreement umzusetzen. Daran müssen wir alle arbeiten.
Es darf nicht sein, dass mit einem wenig verständlichen Antiamerikanismus gearbeitet wird. Das stört mich ganz gewaltig; denn das ist nicht richtig und nicht in Ordnung. Jeder von uns kann sich darüber ärgern, dass es die NSA gibt. Aber glaubt denn irgendjemand von uns, dass die Russen nicht mindestens das Gleiche tun? Oder glaubt denn irgendjemand von uns, dass die Chinesen nicht mindestens das Gleiche tun? Und kein Mensch redet darüber.
(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das macht es nicht besser!)
– Dass Sie, Herr Hofreiter, das nicht verstehen, kann ich verstehen,
(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine völlige Unverschämtheit! Ich habe gesagt: Das macht es nicht besser!)
weil das Ihrem Weltbild nicht entspricht.
(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was fällt Ihnen ein, solche Unterstellungen zu machen!)
Ich sage Ihnen eines: Dieser Antiamerikanismus muss zurückgewiesen werden. Das TTIP ist eine Chance für uns alle, engere Wirtschaftsbeziehungen mit Amerika zu bekommen und dadurch größere Chancen zu erhalten.
Darf der Kollege Ernst eine Zwischenfrage stellen?
Die muss ich nicht ernst nehmen, aber mache ich.
Na ja. – Es empfiehlt sich eigentlich, nur dann eine Zwischenfrage zuzulassen, wenn man auch beabsichtigt, sie ernst zu nehmen, Herr Kollege.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir schauen einmal.
Herr Präsident, ich danke Ihnen für diesen Hinweis. – Sie haben sich gerade dahin gehend geäußert, dass es sich bei denjenigen, die Kritik am transatlantischen Handelsabkommen üben, um Antiamerikanismus handeln würde. Wie stellen Sie sich denn zu der Aussage unseres Wirtschaftsministers, der insbesondere den Investorenschutz, der die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland und übrigens auch Rechtsordnungen anderer Staaten in Europa mehr oder weniger außer Kraft setzen würde, durchaus kritisch sieht?
(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Diese Frage muss man wirklich nicht ernst nehmen!)
Er hat auf einer Veranstaltung, bei der ich selber war, gesagt, dass zwischen Partnern, Deutschland, Europa und Amerika, bei denen es funktionierende Rechtssysteme gibt, kein besonderer Investorenschutz mit einer besonderen Gerichtsbarkeit notwendig ist. Sehen Sie das ähnlich? Wenn Sie das ähnlich sehen würden, würde das ja eher eine Kritik an diesem Handelsabkommen und nicht einen Antiamerikanismus bedeuten. Oder wollen Sie unserem Wirtschaftsminister Antiamerikanismus unterstellen?
Erstens. Das werde ich nicht tun.
Zweitens. Dieses Abkommen ist, wie Sie wissen, noch nicht endverhandelt. Dass man beim Thema Investorenschutz durchaus anderer Meinung sein kann, halte ich für völlig in Ordnung. Wir werden ja noch weiter verhandeln. Ich habe nur gesagt, dass wir dieses Abkommen möglichst zügig zu Ende verhandeln sollten. Daran werden wir alle arbeiten und in der nächsten Zeit hoffentlich weiterkommen.
Es kann nicht sein, dass wir uns ausschließlich über Chlorhühnchen oder Ähnliches unterhalten. Dazu hat es vor kurzem diverse Untersuchungen gegeben, die besagen, dass das sowieso eine Fehlinformation gewesen ist.
(Widerspruch bei der LINKEN)
Ich will nur herausgreifen, dass wir darüber diskutieren, ob Blinklichter rot oder gelb sind. Allein solche Handelshemmnisse führen dazu, dass die Automobilindustrie in großem Stil zusätzliches Geld investieren muss, wenn sie Autos nach Amerika exportieren will. Das muss geändert werden. Dafür ist ein solches Abkommen da. Wir müssen gemeinsam mit den Amerikanern die richtigen Normen setzen. Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg.
Meine Damen und Herren, über die Energiepolitik werden wir morgen diskutieren. Deswegen werde ich nicht näher darauf eingehen. Eines steht für mich fest: Ich habe Verständnis dafür, das die Opposition Schwierigkeiten damit hat, dass diverse Punkte nun schnell erledigt werden müssen. Der Minister hat aber eben völlig zu Recht erklärt, dass es keine Alternative dazu gab. Wir alle müssen wissen: Steht das Gesetz nicht am 1. August im Gesetzblatt, dann hat die deutsche Wirtschaft ein riesengroßes Problem, weil das BAFA keine Bescheinigungen mehr ausstellen darf.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Das darf nicht passieren. Ich möchte die deutsche Wirtschaft schonen. Es muss die deutsche Wirtschaft auch im nächsten Jahr Anträge zur EEG-Befreiung stellen können. Dafür ist es dringend notwendig, dass das Gesetz morgen durch den Deutschen Bundestag kommt. Wir werden das hinbekommen. Ich bin allen, die daran beteiligt waren, sehr dankbar.
Wir wissen, dass es ein erster Schritt ist, es ist ein erstes EEG-Reformgesetz. Aber nach der Reform ist vor der Reform. Wir müssen das Strommarktdesign angehen,
(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr wahr!)
wir müssen die Ausschreibung bei erneuerbaren Energien organisieren, wir brauchen einen Energieeffizienz- Aktionsplan. Ich bin mir mit Frau Hajduk darin einig, dass wir noch einiges zu tun haben.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Was? – Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)
Das ist eine große Aufgabe, die vor uns liegt. Ich gehe davon aus, dass wir sie gemeinsam angehen werden, und freue mich auf die weitere Zusammenarbeit.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Volker Kauder [CDU/CSU]: Michael, mit Frau Hajduk?)
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun der Kollege Dieter Janecek das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3566740 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 43 |
Tagesordnungspunkt | Wirtschaft und Energie |