Norbert Lammert - Wirtschaft und Energie
Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Will man die Wirtschaftskraft eines Landes messen, will man sich über Wirtschaft streiten und über das, was die Politik beizutragen hat, um die Wirtschaft voranzubringen, dann kann man die Zahlen der Wirtschaftsinstitute zurate ziehen oder zu den Unternehmerinnen und Unternehmern, den Arbeitnehmern, den Gewerkschaften gehen und fragen: Wie sieht es aus?
Wir haben jetzt von der Opposition gehört, namentlich von Ihnen, Herr Claus, dass alles ziemlich düster aussieht. Herr Schlecht hat die wirtschaftliche Lage und die Situation auf dem Arbeitsmarkt als negativ und schlecht dargestellt.
(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Nomen est omen!)
Ich möchte am Anfang ganz gerne einmal ein paar Zahlen ins Gedächtnis rufen, die das widerlegen. Schauen wir auf die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts. Wir verzeichnen in diesem Jahr wahrscheinlich ein BIP-Wachstum von 2 Prozent, für das nächste Jahr sind 2,2 Prozent prognostiziert. Herr Claus, wenn wir immer wieder nur Ost und West vergleichen und damit letztlich die positive Entwicklung der letzten Jahre und Jahrzehnte schlechtmachen, dann nehmen wir gerade den Menschen aus Ostdeutschland Motivation und Schub.
(Roland Claus [DIE LINKE]: Aber der Atlas kam aus dem Wirtschaftsministerium und nicht aus unserer Fraktion!)
Es geht darum, dass wir nicht nur Ost und West miteinander vergleichen, sondern uns mit Blick auf das Bruttoinlandsprodukt einmal die einzelnen Bundesländer ansehen. Herr Claus, da wird Ihnen auffallen, dass zwischen den westdeutschen und den ostdeutschen Bundesländern eben nicht mehr die Lücke von vor zehn Jahren besteht, sondern dass Sachsen und Thüringen mittlerweile zu Schleswig-Holstein aufgeschlossen haben.
Schauen wir uns einmal die Arbeitslosenquote an. Wie oft haben wir früher davon gesprochen, dass sie im Osten deutlich höher ist als in Westdeutschland, nämlich doppelt so hoch? Was können wir jetzt für Mai 2014 feststellen? In ganz Deutschland beträgt die Arbeitslosenquote 6,6 Prozent, in Westdeutschland etwa 5,8 Prozent, in Ostdeutschland 9,7 Prozent. Herr Claus, in den letzen zehn Jahren hat sich die Arbeitslosigkeit – nicht nur in meiner Heimatstadt – halbiert. Man muss einmal deutlich sagen: Das ist nicht zuletzt das Ergebnis des Aufbaus Ost – Ärmelaufkrempeln im Osten, Solidarität durch den Westen – und eben auch einer beherzten Politik, nicht zuletzt hier im Bundestag. Wer das verschweigt, der sagt eben nur die Hälfte der Wahrheit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Die vorliegenden Zahlen sagen auch etwas über die Schwierigkeiten und Defizite, die wir noch zu beseitigen haben. Dabei ist einmal die Frage der Investitionsquote zu betrachten. Sie ist in den letzten 15 Jahren – 1999 lag sie bei etwa 20 Prozent – leider auf 17 Prozent gefallen. Aber es zeichnet sich ab, dass die Politik der letzten Jahre greift. Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung, RWI, prognostiziert für das laufende Jahr ungefähr 4,9 Prozent mehr Anlageinvestitionen und für das nächste Jahr ungefähr 4,5 Prozent mehr Anlageinvestitionen. Noch viel wichtiger ist: Die Ausrüstungsinvestitionen, also die Investitionen in Maschinen, werden in diesem Jahr um etwa 6 Prozent und im nächsten Jahr um etwa 8 Prozent steigen. Das heißt, in dem Bereich, in dem es für uns dringend nötig ist, findet ein Aufwuchs statt, nämlich bei den Investitionen in Anlagen und Ausrüstung. Das ist ein Ergebnis kluger Politik der Unternehmen, aber eben auch der politischen Rahmenbedingungen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Das eine ist, die Statistiken zu bemühen; das andere ist, zu den Unternehmerinnen und Unternehmern zu gehen. Traut man einer Umfrage, die der Bundesverband mittelständische Wirtschaft gerade durchgeführt hat, so gibt es einige schwerwiegende Probleme in den Unternehmen, die wir im Blick behalten müssen. Der Fachkräftemangel auf dem Arbeitsmarkt ist bereits mehrfach angesprochen worden. Was Frau Ministerin Nahles macht, was der Wirtschaftsminister tut, was die Familienministerin in Angriff genommen hat, das alles sind Bausteine zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir möchten, dass Schulabbrechern eine zweite Chance gegeben wird, dass Arbeitslose wieder berufstätig werden, dass mehr Ältere in den Arbeitsmarkt integriert sind. Schließlich müssen wir darüber nachdenken, wie wir ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in Europa, aber auch anderswo leben, nach Deutschland holen. Das ist eine unserer wesentlichen Herausforderungen. Diese Bundesregierung und namentlich der Wirtschaftsminister verschreiben sich ihrer Bewältigung.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Andreas Mattfeldt [CDU/CSU])
Außerdem geht es darum, in die Infrastruktur zu investieren. Wenn die Mittel für die Kommunen einen Aufwuchs von 6 Milliarden Euro erfahren, wenn wir 9 Milliarden Euro in Bildung investieren, wenn wir mehr Mittel für die Wirtschaftsförderprogramme zur Verfügung stellen – für ZIM 513 Millionen Euro, ein deutlicher Posten im Etat, und für GRW reichliche 580 Millionen Euro; also ebenfalls ein namhafter Posten im Etat –, dann leisten wir einen Beitrag dazu, dass in Deutschland insgesamt mehr investiert wird, dass geforscht wird und dass Innovationen stattfinden. Darauf ist der Mittelstand – und nicht nur er – in den nächsten Jahren angewiesen. Die Bundesregierung stellt die Weichen richtig.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Neben der Verbesserung der Infrastruktur und der Förderung von Innovationen ist das Thema Energie ein drittes wichtiges Thema. Wir werden morgen ausführlich darüber debattieren. Das, was hier seitens der Opposition gemacht wird, nämlich die Energiewende schlechtzureden, führt gerade nicht dazu, dass in den kommenden Jahren mehr Investitionen getätigt werden.
(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht die Energiewende ist schlecht, sondern Ihre Politik ist falsch!)
Ein Investitionsprogramm ist auch, Herr Hofreiter, dass Deutschland als führende Nation auf diesem Gebiet neue Produkte, neue Technologien im Bereich der erneuerbaren Energien nicht nur ausprobiert, sondern auch marktfähig macht. Das ist ein Investitionsprogramm par excellence. Wir werden morgen die Weichen dafür stellen, dass das Ganze auch gelingt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
Etwas anderes, was im Bereich der Energiewende wichtig ist, sind natürlich die Energiekosten, die nicht zuletzt den Mittelstand belasten. Mit dem „Erneuerbare-Energien-Gesetz 2.0“ stellen wir morgen die Weichen dafür, dass der Anstieg der EEG-Umlage gedämpft wird, dass Planungssicherheit besteht, dass sich die Unternehmen auch in der Zukunft auf unsere Entscheidungen verlassen können. Das ist eine richtige Weichenstellung.
Aus diesem Grund sage ich an die Opposition gerichtet: Mäßigen Sie sich in Ihrer Kritik! Schauen Sie auf die Fakten! Hören Sie auf das, was Unternehmerinnen und Unternehmer sagen! Sie werden feststellen, auch im europäischen Kontext: Deutschland geht es gut. Dazu trägt die Politik nicht unbeträchtlich bei.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Das Wort erhält nun die Kollegin Eva Bulling- Schröter für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3566744 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 43 |
Tagesordnungspunkt | Wirtschaft und Energie |