26.06.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 43 / Tagesordnungspunkt II.14

Joachim PfeifferCDU/CSU - Wirtschaft und Energie

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten in dieser Woche den neunten Bundeshaushalt, der von einer unionsgeführten Bundesregierung seit 2005 aufgestellt wird. Man kann in der Tat sagen, dass das eine Erfolgsgeschichte ist.

(Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

– Sie können ruhig lachen. Seit Sie nicht mehr dabei sind, ist es eine Erfolgsgeschichte. – Die Aussichten sind sonnig. Deutschland wird in diesem Jahr ein Wirtschaftswachstum von – es wurde gerade nach oben korrigiert; ein halbes Jahr ist ja bereits um – wahrscheinlich über 2 Prozent erreichen; 2015 wird es voraussichtlich bei 2,2 Prozent liegen. Der Arbeitsmarkt – auch das ist heute bereits angeklungen – bleibt dynamisch. Bei den Beschäftigtenzahlen jagen wir von einem Allzeithoch zum nächsten: Wir haben fast 43 Millionen Erwerbstätige, und zwar entgegen anderslautenden Unkenrufen von den Linken – es war ja klar; die kommen immer – sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Das sind mehr als 3 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mehr als 2005, als die Union die Regierung übernommen hat.

Dass dies so ist, hat vor allem damit zu tun, dass wir solide gewirtschaftet haben, dass der Bundeshaushalt heute so solide aufgestellt ist wie schon lange nicht mehr. Die Wirtschaft gedeiht eben am besten, wenn sie verlässliche Rahmenbedingungen und genug Freiheit zur kreativen Entfaltung hat. Deshalb möchte ich zu Beginn meiner Ausführungen das Thema Staatsquote, das früher häufig diskutiert wurde, ansprechen. Sie ist nämlich ein Maß dafür, wie es um diese Freiheit steht. Bei der Staatsquote gilt, anders als bei Wachstum und Beschäftigung: weniger ist mehr. Je niedriger die Ausgaben der öffentlichen Haushalte sind, umso positiver ist es; denn umso weniger mischt sich der Staat in die Wirtschaftsprozesse ein. Weniger staatliche Steuerung bedeutet mehr Freiraum für Wachstum, Innovation und Beschäftigung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Staatsquote sinkt; Wachstum, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit steigen. Wir haben heute in Deutschland eine Staatsquote von unter 45 Prozent, mit weiter sinkender Tendenz. Ende der 90er-Jahre lag sie bei über 50 Prozent. In der Krise ist sie temporär wieder etwas nach oben gegangen und auf über 48 Prozent angestiegen, und zwar durch die Konjunkturpakete und den Einbruch im privaten Bereich, den wir 2008, 2009 und Anfang 2010 erlebt haben. Aber jetzt stimmt die Richtung wieder.

Ein Vergleich mit anderen Ländern zeigt signifikant, dass die Lage in den Ländern, in denen die Staatsquote hoch ist, nämlich in Frankreich mit 57 Prozent, in Italien mit über 51 Prozent und in Griechenland mit immer noch über 50 Prozent – dort waren es ja einmal fast 60 Prozent –, weitaus schlechter ist als bei uns. Das heißt, der Weg, den wir in Deutschland eingeschlagen haben, ist auch der richtige Weg – das ist keine Besserwisserei oder Arroganz; das ist unsere eigene Erfahrung – für Europa. Das ist verschiedentlich angeklungen; auch der Wirtschaftsminister hat das vorhin angesprochen. An Konsolidieren und Wachsen werden wir auch in Europa nicht vorbeikommen. Insofern ist schon die Diskussion über die Aufweichung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes gefährlich; denn das sendet falsche Signale aus.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt ist flexibel genug. Frankreich und Italien haben jetzt mehr Zeit für die Umsetzung bekommen. Diese Flexibilität gilt es zu nutzen. Aber es muss natürlich schon mit Strukturreformen begonnen werden. Frankreich ist leider immer noch sehr zögerlich.

(Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Das ist aber höflich ausgedrückt!)

Wenn man weniger schnell in die falsche Richtung geht, dann geht man immer noch in die falsche Richtung. Man muss in die richtige Richtung gehen. Es sind entsprechende Strukturreformen an den Märkten vorzunehmen, am Arbeitsmarkt und auch an den Gütermärkten, damit es in die richtige Richtung geht und mittelständische Unternehmen eine Chance bekommen und Innovationen gefördert werden. Wir dürfen insofern nicht den Zeigefinger erheben, sondern müssen mit Überzeugungsarbeit in Europa dafür werben und demonstrieren, dass der bei uns eingeschlagene Weg auch für den Rest Europas der richtige ist.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Aber auch wir sollten uns keinesfalls auf unseren Lorbeeren ausruhen; denn es gilt ganz klar: Wer nicht immer besser wird, hört auf, gut zu sein. – Deshalb müssen auch wir weitere Schritte unternehmen.

Da wir über den Haushalt sprechen, will ich hier festhalten: Den eingeschlagenen Weg – Konsolidieren und Wachsen – gilt es auch bei uns weiterzugehen, insbesondere was die Maastricht-Kriterien angeht. Wir haben es in den vergangenen vier, fünf Jahren geschafft, den Haushalt mehr oder weniger stabil zu halten; das Volumen ist dieses Jahr sogar geringer als im letzten Jahr. Das heißt, wir müssen keine schmerzhaften Einschnitte vornehmen, können es uns aber – bei anhaltendem Wachstum im privaten Sektor und einem starken Binnenkonsum, der mittlerweile eine mindestens genauso wichtige Säule des Wachstums ist wie der Export – gleichzeitig erlauben, das Staatsdefizit zu drücken. Die Verschuldung liegt bei uns bereits deutlich unter 80 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, und wir werden in dieser Legislaturperiode eine Verschuldung unter 70 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreichen. Ziel ist, in der nächsten Legislatur eine Verschuldung von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erreichen. Das ist der richtige Weg für Deutschland; das ist auch der richtige Weg für Europa.

(Beifall des Abg. Andreas Mattfeldt [CDU/CSU])

Wir investieren in Bildung und Forschung. 2014 stehen 14 Milliarden Euro für Bildung und Forschung zur Verfügung. Das ist fast doppelt so viel wie 2005, als wir die Regierung übernommen haben; damals waren es 7,5 Milliarden Euro. Von den im Koalitionsvertrag vereinbarten zusätzlichen 9 Milliarden Euro für Bildung und Forschung – der Wirtschaftsminister hat es vorhin angesprochen – fließen 5 Milliarden Euro in Schulen und Hochschulen, 1 Milliarde Euro in den Kitaausbau und 3 Milliarden Euro in den Bereich „Forschung und Entwicklung“. Das Ziel, 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Entwicklung aufzuwenden, wird damit dauerhaft gesichert.

Mit neuen Impulsen wird das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand, das hervorragend läuft und das wir auch mit diesem Haushalt weiter stabilisiert haben, damit möglichst alle sinnvollen Projekte gefördert werden können, auf höchstem Niveau mit 500 Millionen Euro fortgeführt. Ich will wiederholen, was der Kollege Mattfeldt vorhin gesagt hat –: Aus Sicht der Union ist das ZIM das zentrale Förderinstrument für den Mittelstand, für Innovationen, für Anwendungsorientierung. Sollte sich erweisen, dass wir die Mittel noch erhöhen müssen, dann werden wir dies im Haushalt 2015 und darüber hinaus berücksichtigen; denn die Mittel sind dort gut angelegt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Marcus Held [SPD])

Wir investieren auch in den Ausbau der Infrastruktur, nicht nur im Bereich der Verkehrswege – dafür stellt der Bundeshaushalt 5 Milliarden Euro mehr zur Verfügung –, sondern auch im Bereich der Breitbandinfrastruktur, und zwar intelligent, nämlich nicht nur durch Steuer- und Haushaltsmittel, sondern auch durch die Digitale Dividende II. Hier müssen auch die Länder mitmachen. Ich denke, wir sind da auf einem guten Weg. Wir nutzen nicht mehr benötigte Frequenzen für den Breitbandausbau, damit über Funk neben Kabel und anderen Breitbandinfrastrukturen neue Wege ermöglicht werden. Mit dem eingenommenen Geld beschleunigen wir den Breitbandausbau, der dringend notwendig ist.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Fakt ist – auch das ist vorhin angeklungen –: Wir haben einen Investitionsstau, den wir nicht nur mit öffentlichen Mitteln, weder auf Bundes- noch auf Länder- oder kommunaler Ebene, beheben können. Vielmehr müssen wir uns ganz genau anschauen, warum nicht nur bei den energieintensiven Unternehmen die Abschreibungen höher sind als die Investitionen, warum also – auf gut Deutsch – eine Deindustrialisierung stattfindet, warum wir von der Substanz leben, auch im Verkehrsinfrastrukturbereich. Die ganze Welt will im Moment in Deutschland investieren, aus Sicherheitsgründen und auch weil die Rahmenbedingungen attraktiv und verlässlich sind. Wir müssen deshalb das Modell der Public-private-Partnership so organisieren, dass das Geld, das nach Deutschland will, auch nach Deutschland fließen kann.

Herr Kollege!

Wir müssen uns im steuerlichen Bereich – Stichwort „kalte Progression“ oder in Bezug auf die Abschreibungsbedingungen – entsprechend ausrichten.

Herr Präsident, es gäbe in der Tat noch viele Punkte zu nennen.

Das habe ich mir gedacht, jawohl.

Diese werden wir in der morgigen Debatte über den Energiebereich diskutieren bzw. bleiben anderen Wirtschaftsdebatten, zum Beispiel über Fachkräfte, Wachstum, Gründungsfinanzierung oder Freihandel, vorbehalten.

Ich komme zum Schluss. Mit dem vorliegenden Haushalt, den wir heute diskutieren und morgen verabschieden, schaffen wir mehr Wirtschaftswachstum, fördern Innovationen und erfolgreiches Unternehmertum und stärken die Fachkräftegewinnung. Damit werden wir unserer Verantwortung für Deutschland und für Europa gerecht.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Das Wort erhält nun die Kollegin Julia Verlinden für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3566781
Wahlperiode 18
Sitzung 43
Tagesordnungspunkt Wirtschaft und Energie
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