Stephan HarbarthCDU/CSU - Justiz und Verbraucherschutz, Bundesverfassungsgericht
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Keul, das von Ihnen angesprochene Problem hat eine tiefere Ursache: Sie haben als Grüne genug Redezeit; Sie haben nur nicht genug Stimmen. Deshalb haben Sie hier nicht länger sprechen können.
(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Danke für die Belehrung! Da wären wir nie drauf gekommen!)
Wir freuen uns, dass wir heute über einen ganz hervorragenden Bundeshaushalt diskutieren können. Viele finanzielle Aspekte sind bereits angesprochen worden. Zu einer Haushaltsdebatte gehört aber auch, dass die Rechts- und Verbraucherschutzpolitik in einem breiteren Sinne aufgegriffen wird. Wir haben in der Großen Koalition schon viele Projekte in guter Zusammenarbeit mit den sozialdemokratischen Kolleginnen und Kollegen auf den Weg gebracht. Einige Projekte sind schon umgesetzt. Das, was noch aussteht, werden wir in dieser Legislaturperiode gut abarbeiten.
Das gilt etwa – Frau Kollegin Högl, ich komme auf das zurück, was Frau Winkelmeier-Becker bereits ausgeführt hatte – für das Thema Mietpreisbremse. Es wird eine Mietpreisbremse geben. Für uns ist allerdings wichtig, dass sie in die richtige Richtung wirkt. Kollege Claus hat heute gesagt: Links wirkt. –
(Beifall des Abg. Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE])
Das will ich gar nicht in Abrede stellen; aber meistens ist die Wirkung so, dass die Kennziffern, die hoch sein sollten, niedrig sind, und die, die niedrig sein sollten, hoch sind. So stellen wir uns das nicht vor. Wir wollen eine Mietpreisbremse, über die man nicht sagt: Was ist da bloß angerichtet worden?
In einem sind wir uns einig: Im Kern geht es nicht um die Einführung einer Mietpreisbremse, sondern darum, dass Wohnraum in Deutschland bezahlbar bleibt. Damit Wohnraum in Deutschland bezahlbar bleibt, werden wir regulatorische Eingriffe vornehmen. Damit Wohnraum in Deutschland bezahlbar bleibt, müssen aber auch die richtigen Weichenstellungen vorgenommen werden, und die besten Weichenstellungen sind immer die, die Neubauaktivitäten und die Sanierung von alten Gebäuden begünstigen und ermöglichen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Dazu gehört auch eine intelligente Stadt-Land-Politik. Es ist kein Zustand, dass in einzelnen Städten die Mietpreise explodieren und gleichzeitig 30 oder 40 Kilometer weiter die vorhandene Wohnsubstanz verrottet und zugrunde geht. Wenn dann beispielsweise der stellvertretende baden-württembergische Ministerpräsident Herr Schmid von der SPD erklärt, es sei nicht schlimm, wenn im Schwarzwald einzelne Täler zuwachsen,
(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Pfui! Unerhört!)
dann hat das natürlich unmittelbare Auswirkungen auf dieses Thema. Freiburg im Breisgau etwa ist eine der Städte in Deutschland mit den höchsten Mieten. Es ist kein Zukunftskonzept, zu sagen: Wir lassen die Schwarzwaldtäler zuwachsen. Die Menschen sollen raus aus den ländlichen Räumen, und dann müssen wir schauen, wie wir die Entwicklung in den großen Städten hinbekommen. – Ich bin der Meinung, wir brauchen eine Politik, die die ländlichen Räume so stärkt, dass die dort vorhandene Bausubstanz aus ökologischen Gründen, aber auch aus volkswirtschaftlichen Gründen auch zukünftig genutzt werden kann.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir haben viele Themen, über die man heute ausgiebig diskutieren könnte. Viele Themen sind schon angesprochen worden. Ich will ein Thema kurz anreißen, das in der Debatte bisher keine Beachtung gefunden hat. Das ist das Thema der Europäischen Privatgesellschaft. Damit sind wir in der letzten Legislaturperiode leider nicht so vorangekommen, wie ich mir das gewünscht habe. Ich hoffe, dass wir das in dieser Legislaturperiode besser machen. Ich glaube, wir sind in diesem Haus größtenteils der Auffassung, dass wir eine Europa-GmbH für unsere mittelständischen Betriebe brauchen. Dem Konzept, das die Kommission jetzt zur sogenannten Einpersonengesellschaft vorgelegt hat, können wir uns nicht anschließen. Umso wichtiger ist es aber, dass wir endlich bei der Europäischen Privatgesellschaft vorankommen, damit wir nicht eines Tages seitens der Europäischen Union mit Konsequenzen konfrontiert werden, die wir nicht haben möchten.
Zum Thema „Zwangsprostitution und Menschenhandel“ möchte ich nur eine persönliche Bitte an den Minister richten: Machen Sie dieses Thema zu Ihrem Thema Nummer eins hinsichtlich der Geschwindigkeit, in der Änderungen herbeigeführt werden. Wenn wir uns vor Augen führen, dass es in Europa 900 000 Zwangsprostituierte gibt – so lautet die geschätzte Zahl –, dann können wir uns, glaube ich, ein bisschen ausmalen, wie viel Leid das für Menschen jeden einzelnen Tag bedeutet, auch in Deutschland. Das ist aus meiner Sicht wirklich ein Projekt, bei dem es darauf ankommt, früh zu handeln, weil an jedem einzelnen Tag im Grunde eine moderne Form der Sklaverei in diesem Land praktiziert wird. Da müssen wir dringend Abhilfe schaffen. Lassen Sie uns nicht nur eine gute Lösung finden, sondern lassen Sie uns auch möglichst rasch eine gute Lösung finden – im Interesse der Menschenwürde der betroffenen Personen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Sehr dringend ist das!)
Das Thema TTIP ist angesprochen worden. Auch dazu einige Bemerkungen: Ich würde mir wünschen, dass eine Debatte über TTIP, in der man berechtigterweise irgendwann auch über Genmais, Fracking, Chlorhühnchen und anderes sprechen kann, mit der großen Chance beginnt, die ein solches Freihandelsabkommen zwischen Europa und Amerika für dieses Land und diesen Kontinent darstellt. Das ist eine epochale Herausforderung, der wir uns im Interesse nachfolgender Generationen und im Interesse der Arbeitsplätze stellen müssen. Wenn wir über Europa diskutieren, dann sagen wir immer: Wir dürfen über Europa nicht auf der Ebene von Ölkännchen, Energiesparlampen und dergleichen diskutieren. Ich habe wirklich die große Bitte an Sie: Diskutieren Sie auch über TTIP nicht allein auf der Ebene von Fracking, von Genmais und von Chlorhühnchen, sondern betten Sie es in einen größeren Kontext ein! Das hat, glaube ich, dieses epochale Werk verdient.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich komme auf die Punkte zurück, die Sie, Frau Keul, angesprochen haben. Ich glaube, es ist ganz gut, dass wir heute die Rechtspolitik insgesamt beleuchten. Es ist aber auch gut, wenn wir uns vergegenwärtigen, wie die Arbeit im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz läuft. Dazu muss ich Ihnen im Namen meiner Fraktion Folgendes sagen: Die Art und Weise des Umgangs, den Einzelne aus Ihrer Fraktion – das ist kein Vorwurf an die gesamte Fraktion – mit dem Generalbundesanwalt praktiziert haben, ist skandalös und inakzeptabel. Es ist völlig legitim, einem Generalbundesanwalt Fragen zu stellen und mit einem Generalbundesanwalt eine sachliche Diskussion zu führen. Darum ging es aber nicht, sondern es ging schon im Vorfeld der Vorladung des Generalbundesanwalts vor den Rechtsausschuss darum, eine Hexenjagd auf ihn zu eröffnen. Herr Ströbele hat erklärt, man müsse sich den Generalbundesanwalt zur Brust nehmen. Das ist nicht unser Verständnis von einem unabhängigen Ermittlungsverfahren in diesem Land.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Ich darf Ihnen vorlesen, was Ihre Kollegin Hönlinger in der letzten Legislaturperiode hier im Bundestag erklärt hat – Zitat –:
(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Hört! Hört!)
(Burkhard Lischka [SPD]: Hört! Hört!)
Dazu kann ich in der Tat nur sagen: Hört! Hört!
Es ist völlig in Ordnung, dass man Diskussionen führt. Wenn Sie sich gegen eine Einflussnahme der Politik auf Staatsanwälte in allen Fällen wenden, ist es aber nicht in Ordnung, dass die Grünen-Bundestagsfraktion die einzige Instanz sein soll, die in der Lage ist, dem Generalbundesanwalt in diesem Land zu erklären, was er gefälligst zu tun und zu lassen hat. So wird es nicht funktionieren. Ich möchte Sie wirklich bitten, diese Verhaltensweisen Einzelner in ihrer Fraktion zu stoppen und nicht zur Blaupause für zukünftige Aktionen zu machen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Das hat aber gesessen!)
Danke, Herr Kollege. – Nächste Rednerin in der Debatte ist Elvira Drobinski-Weiß. – Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3567137 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 43 |
Tagesordnungspunkt | Justiz und Verbraucherschutz, Bundesverfassungsgericht |