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Frau Präsidentin Schmidt! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In dem Appell kann ich Sie nur nachhaltig unterstützen. Ich gebe mir Mühe, mich an die Redezeit zu halten.

Ich möchte mit einem Dank beginnen, der sich an die Berichterstatter richtet, insbesondere an den Hauptberichterstatter. Das Klima im Haushaltsausschuss bei den Beratungen insgesamt war vertrauensvoll, offen und sachlich. Das ist gut. Da auch diese Debatte hier so geführt wird, will ich den Zuschauerinnen und Zuschauern sagen: Glauben Sie nicht, dass es hier immer so zugeht. Hier fliegen auch manchmal die Fetzen.

(Dr. Eva Högl [SPD]: Selten!)

Ich glaube, unserer Materie tut es gut, wenn wir uns auf die Sache konzentrieren und vernünftig miteinander umgehen.

Ob öffentliche Sicherheit, IT-Politik mit all ihren Facetten, Migration oder Integration: So unterschiedlich diese Bereiche, die beim Innenministerium angesiedelt sind, scheinen mögen, drei Dinge haben sie gemeinsam:

Erstens. Sie entscheiden maßgeblich darüber, ob die Menschen gerne in unserem Land leben, ob sie sicher und frei hier leben können und wie der gesellschaftliche Zusammenhalt in unserem Land ist.

Zweitens. Nahezu alle innenpolitischen Themen sind heute in großem Maße durch internationale Entwicklungen geprägt. Eine klassische Innenpolitik, die gedanklich an der deutschen Staatsgrenze endet, gibt es längst nicht mehr. Antiterrorkampf, sogar Einbruchsdiebstahl – ich komme gleich darauf zu sprechen –, Internet, Datenschutz, Zuwanderung, Integration, Vorratsdatenspeicherung, Asyl, Sport, ja sogar das Dienstrecht: Alles das geht inzwischen nur noch mit Blick auf unsere europäische und internationale Einbindung.

Drittens. Das Tempo, in dem sich heute innenpolitische Themen verändern, ist atemberauend. Ich bilde mir ein, das beurteilen zu können; denn ich habe zum zweiten Mal das gleiche Amt inne und kann so mitbekommen, was sich alles in welchem Tempo verändert hat und nicht gleich geblieben ist.

Wie rasant dieser Wandel ist, das zeigt sich zum Beispiel bei der Frage: Wie wollen wir mit dem Internet umgehen? Unser Aufgabenportfolio reicht hier von der IT- Sicherheit über den Datenschutz, den Wirtschaftsschutz, die Bekämpfung von Cyberkriminalität und Cyberspionage, die Regelung neuer rechtlicher Fragen bis hin zum gesellschaftlichen Diskurs, ob und wie sich unsere Gesellschaft mit und durch die Nutzung des Internets verändert.

Sicherheit, Schutz und Vertrauen sind heute im Internet Wettbewerbsfaktoren. Vertrauen ist eine Währung im Internetzeitalter geworden. Wir arbeiten daran. Herr Bartsch, es ist völlig falsch, dass es in Bezug auf das Thema NSA keine Konsequenzen gegeben hätte. Wir werden darüber die gesamten vier Jahre diskutieren. Es gibt nur einen Unterschied: Sie fixieren sich auf das Thema NSA, und wir fixieren uns auf das Thema Schutz der Bürger, egal ob die NSA oder sonst jemand auf Daten zugreift.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Wir werden ein IT-Sicherheitsgesetz vorlegen, das Rahmenbedingungen für den sicheren Betrieb von kritischen Infrastrukturen und unserer IT-Systeme beinhaltet, auch mit Blick – Frau Hajduk hat in der ersten Lesung darüber gesprochen – auf die IT-Netze des Bundes. Ich sage ganz vorsichtig, weil es heute eine Agenturmeldung dazu gibt: Auch mit Blick auf die Sicherheit des Betriebes der Netze des Bundes haben wir – in Anführungsstrichen – „nur“ eine Verpflichtungsermächtigung vorgesehen. Wir werden darüber in den nächsten Jahren reden müssen. Auch das ist ein Beitrag zur Sicherheit, in dem Fall zur Sicherheit unserer eigenen Kommunikation.

Ein weiterer Schwerpunkt unserer Arbeit ist natürlich der Bereich Integration und Migration. Vieles hat sich in den letzten Jahren getan. Wir brauchen Fachkräfte aus dem Ausland, und sie kommen gerne. Deutschland ist heute ein modernes Einwanderungsland.

Der Sachverständigenrat hat uns bescheinigt, dass sich die Gesetzeslage, so unübersichtlich sie inzwischen vielleicht sein mag, in Europa und der Welt sehen lassen kann. Er rät von Änderungen ab. Er rät sogar von der Einführung irgendwelcher Bluecardsysteme ab. Er sagt: Der rechtliche Standard ist inzwischen gut. – Das ist auch ein Ergebnis der letzten Legislaturperiode.

Wir sehen viele Integrationserfolge. Ihre Anzahl nimmt zu, und die Erfolge werden sichtbar. Dennoch gibt es Defizite. Wenn sich Bildungserfolge nicht oder zu wenig auf die kommenden Generation erstrecken, wenn der Bildungsstand von in Deutschland geborenen Kindern mit Migrationshintergrund immer noch deutlich unter dem Durchschnitt gleichaltriger Einheimischer liegt, wenn einzelne Migrantengruppen signifikant schlechter integriert sind als andere bei im Übrigen gleichen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, dann zeigt das, dass wir noch viel zu tun haben, insbesondere im Bereich der Bildung.

Nun ist das nicht die Hauptaufgabe des Bundes. Man könnte sogar kritisch fragen, ob die Finanzierung der Integrationskurse eine Aufgabe des Bundes sein muss. Aber sie ist es. Wir bekennen uns dazu. Als Sprachkurse haben sie begonnen. Inzwischen sind sie ein wesentliches Element der Integration. Ich bin dankbar, dass der Haushaltsausschuss das Finanzproblem gelöst hat. Wir hatten, wie Sie, Frau Hajduk, wissen, eine andere Lösung angedacht; Herr Gerster hat das dankenswerterweise erwähnt. Das war keine bewusste Unterveranschlagung nach dem Motto: Hoffentlich hilft uns der Haushaltsausschuss. – Das war anders geplant. Aus Zeitgründen will ich das nicht vertiefen. Die gefundene Lösung ist gut. 2014 können alle erwarteten 140 000 neuen Kursteilnehmer beim Spracherwerb unterstützt werden. Die Auswirkungen neuer Entwicklungen sind damit allerdings nicht zu finanzieren; auch das gehört zur Wahrheit dazu.

Nun ein Wort zu den Flüchtlingen; auch Herr Bartsch hat das Thema angesprochen. Die Zahl der Asylbewerber ist im letzten Jahr um etwa 70 Prozent gestiegen. Wir hatten etwa 140 000 Asylerstanträge und Asylfolgeanträge. In diesem Jahr werden insgesamt voraussichtlich um die 200 000 Anträge gestellt, je nachdem, wie die Entwicklungen – zum Beispiel die Entwicklungen in der Ukraine, im Irak oder besorgniserregende Entwicklungen in anderen Ländern – weitergehen.

Ich möchte an dieser Stelle noch etwas sagen, was in dieser Debatte bisher keine Rolle gespielt hat. Ich möchte den Kommunen und den Ordnungsdezernenten, die mühsam Gebäude suchen müssen und sich vor Ort gemeinsam mit den Abgeordneten gegen irgendwelche Rechtsextremisten, die das alles nicht haben wollen, wehren müssen, meinen Dank aussprechen. Die Kommunen bemühen sich und kümmern sich darum, dass diese Asylbewerber untergebracht werden können.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir brauchen ein zügiges und faires Verfahren. Über den Stellenzuwachs, der hiermit zusammenhängt, und über den Gesetzentwurf ist schon gesprochen worden. Zu den sicheren Herkunftsländern ist schon gestern etwas gesagt worden. Diese Themen will ich nicht vertiefen. Auch sie gehören aber dazu.

Nun ein Wort zu den Flüchtlingen aus Syrien. Wir hatten gestern eine Konferenz von Ministern der G 6 – nämlich der Innenminister der sechs größten europäischen Staaten – mit dem zuständigen Minister der Vereinigten Staaten und der zuständigen Kommissarin. Alle haben gesagt: Das, was Deutschland diesbezüglich macht, ist bemerkenswert. Wir haben seit Beginn des Bürgerkriegs bis jetzt 40 000 Flüchtlinge aufgenommen; Herr Brandl hat das schon gesagt. Aufgrund des Bundesprogramms können noch 10 000 hinzukommen. Das sind weltweit drei Viertel der außerhalb der Region vorhandenen Aufnahmeplätze. Ich finde, das verdient überhaupt gar keine Kritik, Herr Bartsch, sondern nur Lob und Anerkennung.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Kritik würden andere Staaten verdienen. Herr Steinmeier und ich haben deswegen die Initiative ergriffen, um andere europäische Staaten zu ermuntern, zumindest ein bisschen mehr zu tun als bisher.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Ich hoffe, das hat Erfolg.

Wir wollen die Flüchtlinge nicht nur hierherholen, sondern wir wollen natürlich auch, dass vor Ort etwas passiert. Deswegen haben wir für die Flüchtlingslager in der Region – das gehört zum Etat des Kollegen Müller – bisher 450 Millionen Euro veranschlagt. Ich finde, wir stellen uns unserer humanitären Verantwortung. Das ist gut so, und darauf sind wir stolz.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Es kommt nicht von ungefähr, dass so viele Menschen nach Deutschland kommen möchten. Ich spreche jetzt gar nicht über das Sozialniveau. Wir reden zurzeit viel über Fußball und Brasilien. Vor zwei Tagen wurde der brasilianische Fußballer Zé Roberto, der einen deutschen Pass hat, gefragt, was er jetzt, in Brasilien, aus seiner Zeit in Deutschland vermisse. Er antwortete ohne zu zögern: die Sicherheit.

Die aktuellen Statistiken belegen: Deutschland ist eines der sichersten Länder der Welt. Auch die Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik, die ich zusammen mit dem Kollegen Jäger vorgelegt habe, beweisen das. Es gibt – das ist eine geringfügige Senkung – weniger als 6 Millionen polizeilich registrierte Straftaten. Bei den Straftaten im Bereich der Gewaltkriminalität und des sexuellen Missbrauchs gibt es ebenfalls eine Senkung.

Es gibt gute Entwicklungen, allerdings auch schlechte. Wir haben darüber schon gesprochen, aber wir müssen mehr darüber reden: Der Anstieg der Wohnungseinbruchskriminalität ist besorgniserregend. Zwar sind die Zahlen nicht so hoch wie 1993. Da hatten wir etwa 230 000 Wohnungseinbrüche. Jetzt sind wir bei ungefähr 150 000. Seit sieben, acht Jahren steigen die Zahlen wieder. Im letzten Jahr gab es einen Anstieg um 5 300 Fälle.

Warum interessiert uns das hier? Das ist doch eigentlich eine Angelegenheit der Länderpolizeien. Einbruchdiebstahl ist sozusagen das Lokalste, was es gibt. – Denkste! Wir haben inzwischen neue Tätertypen. Der Anstieg ist auf international agierende und international vernetzte Banden zurückführen, die ihre Straftaten – entlang den Autobahnen – geografisch vorbereitet begehen. Es gibt eine Gruppe, die von Balkanstaaten aus gesteuert wird. Weiterhin gibt es Gruppen, die aus der Ukraine, aus Weißrussland, aus der Türkei und aus Georgien heraus gesteuert werden. Deutsche Banden klauen in Frankreich, und französische Banden klauen in Deutschland und in den Niederlanden. Es gibt international vernetzt agierende Organisationen.

Wir – Bund und Länder – haben uns bei der letzten Innenministerkonferenz versprochen, dass wir dagegen vorgehen wollen. Wir sagen den Einbrechern in diesem Land den Kampf an.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Das geht nur langsam. Es dauert ein bisschen; aber wir wollen es tun.

Nun kann ich aus Zeitgründen viele weitere Themen nicht mehr ansprechen. Auf einen Punkt will ich aber noch eingehen, der von Herrn Bartsch eingeführt wurde. Herr Bartsch hat gesagt, dass das Innenministerium keinen Programmhaushalt hat. Auf den ersten Blick stimmt das. Unser Programm heißt „Freiheit und Sicherheit“. Unser Programm besteht nicht aus Fördermitteln, sondern es besteht aus Polizisten, Sicherheitsbehörden, einer guten Verwaltung, Ehrenamt, Katastrophenvorsorge, Sport, Schutz der Verfassung, Kampf gegen Extremisten und IT-Sicherheit. Das spiegelt sich auch in unserem Haushalt wider. Deswegen ist er anders zu lesen als andere Haushalte, aber von großer Bedeutung für unser Land.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Herr Gerster, ich wollte mit Blick auf den Haushalt auch sagen: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Zehn Sekunden meiner Redezeit habe ich nicht ausgeschöpft. Ich wünsche den Jungs in Brasilien nachher alles Gute!

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Vielen Dank. – Dr. André Hahn, Fraktion Die Linke, ist der nächste Redner.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3569034
Wahlperiode 18
Sitzung 43
Tagesordnungspunkt Innen
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