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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Bundesminister de Maizière, der Haushalt, den Sie zu verantworten haben, ist selten ein Haushalt der Nettigkeiten und Gefälligkeiten. In diesem Ressort geht es eher um die harten und komplizierten Themen, die wir gemeinsam mit Ihnen im Innenausschuss zu vertreten haben. Umso besser ist es, wenn man bei einem so breit aufgestellten Ressort nicht alleine agiert. Sie haben ja selbst auf die vielen Implikationen und Querschnittsaufgaben hingewiesen.

Besonders gut ist, dass wir bereits ein gutes halbes Jahr nach Start der Großen Koalition erreicht haben, dass Sie von Bundesjustizminister Heiko Maas und auch von Aydan Özoguz, der Staatsministerin im Kanzleramt, partnerschaftlich und mit der nötigen sachlichen Kritik unterstützt werden. Zusammen wird daraus ein Paket, das nicht mehr von Gegnerschaft geprägt ist, sondern vom gemeinsamen Willen, bei der Integration sowie in der Rechts-, Freiheits- und Sicherheitspolitik etwas zu bewirken.

(Beifall bei der SPD)

Insgesamt 19 Behörden sind Ihrem Bereich nachgeordnet. Mehr als 50 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dienen im weitesten Sinne dem Bundesinnenminister. Das ist eine Herkulesaufgabe. Deshalb will ich von diesem Platz aus allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den unterschiedlichsten Behörden – ob beim Statistischen Bundesamt, beim Bundeskriminalamt, beim Verfassungsschutz, beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und bei allen übrigen Behörden – deutlich sagen: Wir wissen, was Sie für unser Land leisten, wir sind Ihnen dankbar dafür, und wir stehen zu Ihnen, nicht kritikfrei, aber doch mit loyaler Unterstützung für Ihre pflichtgemäße Aufgabenerfüllung.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Besonders zu danken ist denjenigen, die für unsere Sicherheit zuständig sind. Deshalb war es gut und richtig, dass es unsere Haushälter gemeinsam geschafft haben, insbesondere für die Bundespolizei, bei der ja die Masse der Polizistinnen und Polizisten im mittleren Dienst tätig ist, ein Stellenhebungsprogramm auf den Weg zu bringen. Das war nicht einfach, auch was die Finanzierung angeht; aber es war nötig. Denn das betrifft jene Polizistinnen und Polizisten, die bei Fußballeinsätzen, bei Castortransporten, bei Ereignissen wie dem 1. Mai in Berlin-Kreuzberg oder im Hamburger Schanzenviertel den Rücken und den Kopf für unsere Sicherheit hinhalten, ohne zu klagen, und die ohne Ende Überstunden ansammeln.

(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Ihnen haben wir zu danken. Dieser Dank wird jetzt endlich auch in Geld ausgedrückt.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Ich sage an dieser Stelle aber gleichzeitig: Der Bund tut hier seine Pflicht. Wir versuchen auch, den Status und den Stand beim Personal zu halten, so gut es geht. Das Gleiche sollten im Interesse einer Sicherheitspartnerschaft bitte auch die Länder tun,

(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Auch das ist wahr!)

und zwar ganz gleich, ob sie A- oder B-dominiert sind.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es kann nicht sein, dass die Landespolizei abgebaut wird,

(Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Oder unsinnige Polizeireformen gemacht werden!)

man aber erwartet, dass die Bundespolizei als Hilfspolizist eingreift, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Das gibt es in allen Bundesländern. Ich rate uns allen, da sehr vorsichtig zu sein und nicht nur auf die jeweils andere Partei zu blicken. Es gibt zu viele Länder, die zu sehr bei der Polizei abgebaut haben. Deshalb müssen wir uns als Bundesgesetzgeber vor unsere Truppe, vor die Bundespolizei, stellen.

Die Sicherheitsbehörden werden in den nächsten Jahren nicht weniger, sondern mehr Aufgaben erhalten: ob es um die Terrorbedrohung geht – hier gab es ja besorgniserregende Meldungen über Menschen, die aus Deutschland in Bürgerkriegsgebiete ausreisen und vielleicht auch zurückkehren –, ob es – Herr Minister, Sie haben dies völlig zu Recht als Schwerpunkt erwähnt – um die Alltagskriminalität, etwa um Wohnungseinbrüche, geht, ob es darum geht, dass unsere Stadien von manchen Leuten missbraucht werden, um Randale zu machen und sich zu prügeln – richtig wäre es, dort Fußball zu genießen –, oder ob es um den großen, viel zu lange unterschätzten Kampf gegen die organisierte Kriminalität geht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Bei Rockern, bei der Mafia und im Bereich der Wirtschaftskriminalität gibt es Gewinnspannen, die unglaublich sind. Für das Rechtsempfinden der Bürgerinnen und Bürger ist es wichtig, dass auch gegen jene, die in Kutten auf Motorrädern sitzen – mittlerweile agieren sie ja häufig ohne Motorräder –, und gegen jene, die mit weißem Kragen kriminelle Handlungen begehen, entschieden vorgegangen wird, und zwar auch da mit null Toleranz, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Damit die Sicherheitsbehörden erfolgreich arbeiten können – Herr Hahn, da unterscheiden wir uns in der Tat sehr –, brauchen sie Personal, Technik und internationale Zusammenarbeit. Damit diese internationale Zusammenarbeit in geordneten Bahnen und korrekt verläuft, müssen wir mit unserem wichtigsten Partner in Sicherheitsfragen, den USA, wenn nötig harte Gespräche führen. Denn eines ist klar: Wir verteidigen gemeinsame Werte, die USA genauso wie wir. Aber wenn man mit der massenhaften Ausspähung befreundeter Nationen beginnt, dann stellt man diese Werte natürlich infrage. Auch deshalb werden wir den kritischen Dialog fortsetzen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Richtig!)

Wenn wir aber zugleich wollen, Herr Hahn, dass unser Land nicht von den Brosamen, die uns andere geben, abhängig ist, dann gibt es nur eine Antwort: Wir dürfen bei den Sicherheitsbehörden weder Personal noch Technik abbauen, sondern sie müssen besser werden. Sie müssen mehr Geld, mehr Technik und gutes Personal bekommen, um die Sicherheit unseres Landes zu garantieren.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Innere Sicherheit bedeutet für diese Koalition, dass wir jetzt und in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren auch die Aufarbeitung des Skandals um das Wirken des sogenannten NSU im Auge haben werden. Diese Schande ist noch nicht getilgt. Es ist nicht vergessen, dass Sicherheitsbehörden und Justiz beim Kampf gegen dieses Mördertrio, das durch unser Land gezogen ist, versagt haben. Daher werden wir den ohnehin erforderlichen Umbau unserer Sicherheitsbehörden fortsetzen und forcieren.

Wir werden uns genau überlegen, wie sogenannte V- Personen besser und kritischer geführt werden können. In diesem Zusammenhang werden wir in dieser Koalition auch das Bundesverfassungsschutzgesetz erheblich reformieren. Wir werden aber auch darauf achten, dass in den Behörden mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig sind, die über eine interkulturelle Kompetenz verfügen.

Wir wollen mehr Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft, und wir wollen auch mehr Austausch zwischen den Sicherheitsbehörden. Nicht Eifersüchteleien und Eitelkeiten dürfen dominieren, sondern alleine die Antwort auf die Frage, ob unsere Sicherheit im Kampf gegen Nazis gewährleistet wird.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Dazu ist eine andere Haltung nötig. Ich glaube, es ist manchmal schwieriger, an der Haltung zu arbeiten, als ein Gesetz bzw. einen Paragrafen zu verändern, wie wir jetzt ziemlich fraktionsübergreifend, Frau Mihalic, feststellen, da wir uns leider wieder mit dem verstorbenen V-Mann „Corelli“ befassen müssen. Die Fragen, die dort gestellt werden müssen, sind für uns – ich glaube, fraktionsübergreifend – noch lange nicht beantwortet.

Wenn ich über Konsequenzen aus dem spreche, was wir durch das Agieren des Mördertrios, genannt NSU, erlebt haben, dann sage ich zugleich auch: Keiner von uns darf es zulassen, dass Zuwanderer und Flüchtlinge primär als ein Sicherheitsproblem angesehen werden. Wenn wir die Menschen nur so darstellen und sie gar diffamieren, dann machen wir die Tür für jene auf, die tatsächlich Hetze betreiben.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Dinge nicht stimmen, Auswüchse vorhanden sind und Missbrauch stattfindet, muss, darf und wird der Staat reagieren. Zeigen wir aber bitte doch, dass dieses Land bereits seit langem und auch in Zukunft ein Land ist, das alle, die zu uns kommen und bereit sind, unsere Gesetze und Spielregeln einzuhalten, willkommen heißt. Ich finde es daher gut, dass wir mit der doppelten Staatsbürgerschaft sehr bald ein sehr deutliches gesetzliches Signal dafür setzen werden.

(Beifall bei der SPD – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich dachte, es bleibt im Übrigen beim Staatsangehörigkeitsrecht!)

Herr Minister, meine Damen und Herren, wir werden auch sehr bald ein IT-Sicherheitsgesetz auf den Weg bringen. Auch das ist eine Konsequenz nicht nur aus dem NSA-Skandal, sondern auch daraus, dass wir beim Schutz unserer Kommunikationssysteme insgesamt besser werden müssen. Das gilt für die Bürgerinnen und Bürger, das gilt für die Einrichtungen des Bundes und der Verwaltung auf allen Ebenen, und das gilt auch für die gewerbliche Wirtschaft, die übrigens die größte Datenkrake in unserem Land ist; das sind keineswegs die Sicherheitsbehörden.

(Clemens Binninger [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Wenn wir über dieses IT-Sicherheitsgesetz reden, dann werden wir natürlich darauf achten müssen, dass niemand das Kind mit dem Bade ausschüttet. Das will keiner von uns. Es ist aber klar, dass auch die Wirtschaft in der Pflicht ist, sorgsam mit Daten umzugehen. Das bedeutet, wir brauchen bei Firewalls und Ähnlichem Standards, die hoch genug sind. Daneben brauchen wir eine Meldepflicht für erfolgte und erfolgreiche Angriffe auf die IT-Systeme von Wirtschaftsunternehmen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Sie sehen, wir haben uns in der Innenpolitik viel vorgenommen. Angepfiffen ist bereits. Die erste Halbzeit ist noch nicht vorbei. Ich bin mir sicher, dass wir in der eigenen Mannschaft, die größer und bunter geworden ist, wie das in der Bundesliga und bei der WM auch der Fall ist, fair spielen werden, und wir werden auch mit all jenen fair spielen, die auf der anderen Seite spielen. Die Einladung dazu besteht; die Themen geben es her. Lassen Sie uns insgesamt an einer guten Innenpolitik für Deutschland arbeiten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Für Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Irene Mihalic.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3569040
Wahlperiode 18
Sitzung 43
Tagesordnungspunkt Innen
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