Ulla Schmidt - Innen
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Haushalt des Bundesministers des Innern umfasst eine breite Palette von Themen. Ich möchte zu drei Punkten etwas sagen: Erstens. Wie können wir Menschen mit ausländischen Wurzeln noch besser in unserem Land integrieren? Zweitens. Was machen wir mit Menschen, die unseren freiheitlich-demokratischen Staat und unsere Art, zu leben, hasserfüllt bekämpfen? Zum Dritten möchte ich ein paar Sätze zu dem Thema „digitale Revolution“ sagen.
Erstens. Der Haushalt des Bundesministers des Innern zeigt deutlich, dass Deutschland ein Integrationsland geworden ist. Zahlreiche Menschen kommen aus anderen Staaten der Europäischen Union nach Deutschland, weil sie hier arbeiten, eine Ausbildung machen oder studieren wollen. Im letzten Jahr sind 1,2 Millionen Menschen nach Deutschland zugewandert. Nach Abzug der Fortgezogenen bleibt ein Überschuss von 430 000 Menschen. Das ist der höchste Wert seit über zwei Jahrzehnten.
Das zeigt: Deutschland ist ein weltoffenes Land. Darüber freuen wir uns.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Wir sind ein Land, das aktiv erhebliche Mittel für die Integration der hier lebenden Ausländer aufwendet. Weil die Zuwanderungszahlen so stark gestiegen sind, haben wir in diesen Haushaltsberatungen die Mittel für Integrationskurse um 40 Millionen Euro auf nunmehr 244 Millionen Euro erhöht. Damit ist sichergestellt, dass grundsätzlich jede und jeder, die oder der einen Integrationskurs besuchen möchte, dies auch tun kann. Das ist wichtig und richtig,
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch Asylbewerber und Flüchtlinge?)
weil diese Integrationskurse die deutsche Sprache vermitteln, Herr Kollege Beck, und ein wichtiger Baustein unserer insgesamt so erfolgreichen Integrationspolitik sind. Diese Mittel haben wir jetzt abgesichert und stabilisiert. Das zeigt deutlich: Diese Koalition aus SPD und CDU/CSU handelt in diesen Fragen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Aber natürlich müssen wir einräumen: Es gibt immer noch Felder, in denen die Integration besser werden kann. Wir haben noch nicht den Zustand erreicht, dass wir uns zurücklehnen könnten. Das gilt insbesondere für den Bildungsbereich und für den Arbeitsmarkt.
Junge Menschen mit ausländischen Wurzeln sind zwar besser ausgebildet, als ihre Eltern und Großeltern es waren, aber leider haben viele junge Menschen mit ausländischen Wurzeln immer noch keinen Berufsabschluss. Unter den 30- bis 34-Jährigen haben 35 Prozent der Menschen mit Migrationshintergrund keinen Berufsabschluss. Das ist mehr als das Dreifache der deutschen Bevölkerung, bei der es 11 Prozent sind. Das hat Konsequenzen für den Arbeitsmarkt. Deswegen ist die Arbeitslosigkeit unter Ausländern ungefähr doppelt so hoch wie die unter den Deutschen. Das hängt unmittelbar miteinander zusammen.
Wir müssen die Leistungsbereitschaft, die es ja gibt, fordern und fördern. Das ist ein Thema für die Schulen, die Kommunen, die Länder und natürlich auch für den Bund. Die beste Integration findet nicht im Arbeitsamt, sondern in der Ausbildung und an den Schulen statt. Deswegen müssen wir in diesen Bereich weiter investieren und die Potenziale, die es bei Menschen mit ausländischen Wurzeln und insbesondere bei den jungen Menschen unter ihnen gibt, noch besser fördern.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich möchte einen zweiten Punkt ansprechen, ein Phänomen aus dem Sicherheitsbereich, das uns seit einiger Zeit große Sorgen bereitet. Das sind die aus Syrien zurückkehrenden Dschihadisten. Junge Menschen in unserem Land radikalisieren sich, reisen nach Syrien, ziehen dort in den Bürgerkrieg und kehren schließlich völlig verblendet und radikalisiert nach Deutschland zurück. Hier besteht ein erhebliches Gefahrenpotenzial, dem wir fest und entschlossen begegnen müssen. Gegen die Menschen, die aus Syrien radikalisiert nach Deutschland heimkehren, müssen wir die schärfsten Mittel des Rechtsstaats einsetzen. Wir müssen beispielsweise über Einreiseverbote nachdenken. Denjenigen, die als ausländische Kämpfer aus freien Stücken in den Bürgerkrieg nach Syrien ziehen und dann zurückkommen, um mit radikalen Methoden unseren Staat zu bekämpfen, müssen wir sagen: Ihr habt das Gastrecht verwirkt. Ihr werdet in Zukunft mit einem Einreiseverbot belegt.
(Beifall bei der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das machen Sie dann mit Deutschen, oder wie?)
Wir müssen des Weiteren über Änderungen im Strafrecht nachdenken, beispielsweise über eine Strafverschärfung im Hinblick auf die Sympathiewerbung für terroristische Vereinigungen. Solche Werbung bereitet den Nährboden für terroristische Gewalt. Wir können als Staat nicht früh genug ansetzen, dies klar zu verurteilen und im Zweifel auch unter Strafe zu stellen.
Das dritte Thema, das ich ansprechen möchte, ist der rasante Wandel in der Informationstechnologie, der in Wahrheit eine digitale Revolution ist. Wie wir als Gesellschaft insgesamt in Bildung und Forschung, in der Erziehung unserer Kinder, in der Wirtschaft und im Gesundheitswesen mit diesem Thema umgehen, ist eine Schlüsselfrage nicht nur der nächsten Jahre, sondern des 21. Jahrhunderts. Die digitale Revolution entscheidet darüber, ob wir als Wirtschaftsnation unseren Wohlstand im 21. Jahrhundert erhalten und ausbauen können. Der Rohstoff des 21. Jahrhunderts ist nicht Öl, Gas oder Kohle, sondern Daten. Wir dürfen uns nichts vormachen: Die Politik, der Gesetzgeber, kann Rahmenbedingungen schaffen, die digitale Kompetenz fördern und Anreize für eine sichere IT setzen. Aber Innovation, neue Ideen, Kreativität und Wertschöpfung gehen von den Menschen, der Wirtschaft und den Tüftlern in einem freien Land aus. Sie gehen von denjenigen aus, die sich mit diesen Themen befassen und es immer noch ein bisschen besser machen möchten.
Unsere Aufgabe ist, Leitplanken zu setzen. Das ist die Aufgabe des Gesetzgebers und des Parlaments. Wir müssen den rechtlichen Rahmen mit Bedacht setzen. Wir müssen die Vernetztheit der Welt im Auge haben. Mein Wunsch ist: Lasst uns bei diesem Thema nicht immer nur die Risiken und die Probleme, sondern vor allem auch die großen Chancen sehen, die die digitale Welt gerade für uns als Wirtschaftsland in Zukunft bietet, und die Rahmenbedingungen entsprechend gestalten!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ein ordentliches und nicht übertriebenes Datenschutzrecht ist ein entscheidender Standortfaktor für die gesamte Europäische Union und sorgt dafür, dass wir als Europäer auf dem globalen Markt mithalten können. Die Wahrheit ist: Die erste Stufe der digitalen Revolution haben wir weitgehend verschlafen. Dieser Intercity ist schon vorbeigefahren. Aber das ist nicht das Ende. Die zweite Stufe kommt. Wir brauchen einen offenen Rechtsrahmen, in dem sich die Kreativität, die es in unserer Wirtschaft durchaus gibt, entwickeln kann.
Das heißt, die digitalen Fragen reichen weit über das eigentliche Datenschutzrecht hinaus. Fragen der IT-Sicherheit, Fragen der Cyberkriminalität, des Breitbandausbaus haben natürlich ihre eigene Bedeutung. Das Bundesinnenministerium als Grundsatzministerium ist genau das richtige Ministerium, um all diese Entwicklungen im Blick zu halten. Deswegen unterstützen wir Sie, Herr Bundesinnenminister de Maizière, bei der Erarbeitung einer digitalen Agenda 4.0 in Ihrem Grundsatzministerium, in dem alle Fäden zusammenlaufen sollen. Wir wünschen Ihnen wie auch Ihren Kollegen Gabriel und Dobrindt bei der Bewältigung dieser großen Herausforderung alles Gute.
Das Bundesinnenministerium ist für sehr vieles zuständig, unter anderem auch für den Sport. Das ist vermutlich die schönste Zuständigkeit, Herr Bundesinnenminister. Dazu gehört auch die wichtigste Nebensache der Welt. In 65 Minuten beginnt ein wichtiges Fußballspiel. Ich darf, glaube ich, im Namen des ganzen Hauses sagen: Wir wünschen der deutschen Mannschaft, wir wünschen unseren Jungs einen siegreichen Abend.
Danke fürs Zuhören.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vielen Dank. – Für die SPD hat jetzt Michaela Engelmeier-Heite das Wort.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3569079 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 43 |
Tagesordnungspunkt | Innen |