Michael FuchsCDU/CSU - Erneuerbare-Energien-Gesetz, Ausgleichsregelung
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Heute ist für mich eine Premiere: Ich diskutiere über das EEG, ohne dass mir dabei gleich das Messer in der Tasche aufgeht. Das ist zum ersten Mal der Fall.
(Beifall der Abg. Michaela Noll [CDU/CSU] – Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das EEG und ich: Wir haben uns in den letzten Monaten angenähert. Genau genommen habe nicht ich mich verändert, sondern das EEG hat sich verändert, und zwar in einer vernünftigen Weise.
(Beifall der Abg. Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU] – Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagt alles über den Entwurf! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mehr Ehrlichkeit!)
Wir haben endlich angefangen, mehr Markt und mehr Wettbewerb in das EEG einzufügen. Mit dieser Reform ist das auf einem guten Weg.
Was wollen wir mit dieser Reform erreichen? Den Ausbau der erneuerbaren Energien wollen wir in vernünftige Bahnen lenken. Der Minister hat die Ziele eben genannt: 2,5 Gigawatt Solarenergie, 2,5 Gigawatt Windenergie onshore, 0,85 Gigawatt Windenergie offshore und 0,1 Gigawatt bei der Biomasse. Das ist eine Menge, die unser Ziel, im Jahr 2025 den Anteil der erneuerbaren Energien auf 40 Prozent zu erhöhen, mehr als erfüllt.
Wir wollen aber auch den enormen Kostenanstieg dämpfen. Das ist notwendig. Und wir wollen die Kosten der Energiewende verursachergerecht verteilen. Last, but not least wollen wir die Arbeitsplätze in stromintensiven Unternehmen sichern. Das war notwendig. Ich gestehe, dass das Verfahren mühselig ist. Wir mussten viel arbeiten, vor allem in der letzten Woche. Wahrscheinlich mussten wir, die an dem Gesetzentwurf gearbeitet haben, noch ein Stück weit mehr arbeiten als die Opposition; denn sie hat ihn nicht gelesen.
(Widerspruch bei der LINKEN)
Die Besondere Ausgleichsregelung beläuft sich auf 1,35 Cent. Die EEG-Umlage würde wohl bei 4,9 Cent liegen, wenn wir die Industrie nicht entlasten würden. Aber der Minister hat völlig zu Recht gesagt: Das würde jede Menge Arbeitsplätze in Deutschland kosten. Das wollen wir nicht. Deutschland ist ein Industrieland, und das muss es auch bleiben. Wir brauchen die Grundstoffindustrie genauso wie die Hightechindustrie.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Wenn wir an der Stelle einen Fehler machen, dann gefährdet das – das muss jeder in diesem Haus wissen – unseren Industriestandort. Ich möchte in Deutschland keine englischen oder französischen Verhältnisse haben, wo es ein paar große Industrieunternehmen gibt, die staatlich subventioniert werden, und sobald da irgendetwas ist, steigt der Staat mit 20 Prozent ein.
Meine Damen und Herren, es macht keinen Sinn, die Diskussion jetzt auf Brüssel zu lenken.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie das mal Ihrem Minister Gabriel! Das ist doch albern!)
– Hören Sie erst einmal zu, Herr Krischer! Ich bin noch nicht fertig. – Brüssel hat uns leider erst am letzten Montag neue Regeln zugesandt, mit denen wir in die Diskussion gehen müssen. Der Minister hat völlig zu Recht erklärt: Es kann nicht sein, dass wir Strom aus dem Ausland subventionieren sollen, aber umgekehrt unser Strom, der ins Ausland geht, nicht subventioniert wird. Hier müssen europäische Regeln gefunden werden. Das geht nicht an einem Tag, und das hat mit diesem Gesetzentwurf nichts zu tun. Das werden wir unmittelbar nach der Sommerpause gemeinsam angehen.
Eines steht fest: Die Kostendiskussion muss geführt werden. In diesem Jahr subventionieren wir die erneuerbaren Energien mit rund 24 Milliarden Euro. Das ist ein gewaltiger Betrag. Wenn Sie das auf 20 Jahre hochrechnen – so lange wird im Prinzip schon so verfahren –, dann sehen Sie: Uns haben die erneuerbaren Energien bisher fast eine halbe Billion Euro gekostet.
(Arnold Vaatz [CDU/CSU]: So ist das!)
Ich meine, das ist eine so gewaltige Summe, dass jede Einsparmaßnahme überprüft werden muss. Man kann nicht weiter wild ausbauen, Herr Krischer, ohne über die Kosten zu diskutieren. Eine halbe Billion Euro! Hätten wir die 24 Milliarden Euro in diesem Jahr für andere Ausgaben zur Verfügung, dann hätten wir keine maroden Schulen und wahrscheinlich auch wesentlich weniger Schlaglöcher in unseren Straßen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Abgesehen davon bedeutet das Ganze einen gewaltigen Kaufkraftverlust für die Bürgerinnen und Bürger. Denn derjenige, der in seinem Haushalt für die erneuerbaren Energien zahlt, kann für das Geld nichts anderes kaufen. Das ist nun mal das Dumme, dass man einen Euro nur einmal ausgeben kann.
Jeder Durchschnittshaushalt, ein Haushalt mit vier Personen, zahlt heute schon 300 Euro pro Jahr für erneuerbare Energien. Eine Schreinerei mittlerer Größe zahlt 20 000 Euro und ein Supermarkt 30 000 Euro pro Jahr an EEG-Kosten. Das will ich an dieser Stelle festhalten. Diejenigen, die am allermeisten dazu beitragen, sind die Wirtschaft, die gewerbliche Wirtschaft genauso wie die industrielle Wirtschaft. Nur wenige Unternehmen sind ausgenommen.
Wir müssen die Fehlentwicklungen so schnell wie möglich beenden, und wir müssen das Thema Kostenverteilung angehen. Es ist richtig, dass wir gesagt haben: Auch die Eigenstromanlagen, diejenigen, die sich Eigenstromanlagen aufs Dach setzen, müssen jetzt einen Kostenbeitrag leisten. Des Weiteren haben wir – darüber war ich nicht sehr glücklich; das ist einer der Punkte, die mir wehgetan haben – die Bagatellgrenze von 10 Kilowatt eingeführt. Ich halte das für kritisch. Denn gerade das sind die Anlagen, die sich stark verteuernd auswirken, und zwar dadurch, dass sich immer mehr Menschen durch die Eigenstromerzeugung aus der Solidarität verabschieden. Jeder, der eine kleine Anlage auf dem Dach hat, spart viel Geld durch Eigenstromerzeugung: etwa 20 Cent pro Kilowattstunde. Aber gleichzeitig wird das EEG dadurch teurer, weil dann weniger Menschen die EEG-Umlage zu zahlen haben. Das wird eine heftige Verteuerung zur Folge haben, die noch stärker sein wird als vorher; darauf müssen wir sehr achten. Deswegen ist es richtig, dass wir festgelegt haben, dass bei Eigenstromerzeugung 30 Prozent der EEG-Umlage zu zahlen sind. Das wird bis einschließlich 2017 auf 40 Prozent gesteigert. Das ist angebracht. Wir müssen dringend darauf achten, dass die Entwicklung bei den Neuanlagen – nebenbei bemerkt, gilt das nur für Neuanlagen; Altanlagen genießen Bestandsschutz; das haben wir von Anfang an deutlich gemacht – nicht ausufert, sodass dann nur noch sehr wenige die EEG-Umlage zahlen müssen.
Der Minister hat darauf hingewiesen, dass weitere Reformen folgen müssen. Nach der Reform ist vor der Reform. Wir werden uns in dieser Legislaturperiode mit dem EEG intensiv befassen, genauso wie mit dem Netzausbau; denn die Netze müssen das abbilden, egal wo in der Republik erneuerbarer Strom erzeugt wird. Wir müssen Hochspannungsleitungen und Verteilnetze bauen. Es ist vollkommen richtig, dass wir im Koalitionsvertrag beschlossen haben, die Einspeiser an den Netzkosten zu beteiligen. Jeder, der einspeist, muss an den Netzumlagen beteiligt werden; denn wir haben allein beim Netzausbau noch einen Betrag von über 40 Milliarden Euro zu bewältigen. Das kann nicht ausschließlich über die Stromkunden finanziert werden.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Alle Einspeiser, auch die Betreiber von Photovoltaik- und Windanlagen, sind einzubeziehen. Das werden wir als Nächstes gesetzlich angehen. Wir werden darauf achten, dass die Kosten nicht weiter aus dem Ruder laufen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich erteile das Wort dem Kollegen Oliver Krischer für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3570329 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 44 |
Tagesordnungspunkt | Erneuerbare-Energien-Gesetz, Ausgleichsregelung |