27.06.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 44 / Tagesordnungspunkt V

Georg NüßleinCDU/CSU - Erneuerbare-Energien-Gesetz, Ausgleichsregelung

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Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Im Jahre 1990 hat der Deutsche Bundestag das sogenannte Stromeinspeisungsgesetz beschlossen. Es war ein wettbewerbsrechtliches Instrument in einem vermachteten Markt mit natürlichen Monopolen, das dafür Sorge tragen sollte, dass kleine Stromproduzenten die Chance haben, in den Markt zu kommen und ordentliche Vergütungen zu erhalten. Es war ein logischer und – das will ich auch sagen – intelligenter Schritt, seinerzeit beim Stromeinspeisungsgesetz anzusetzen und daraus das Erneuerbare-Energien-Gesetz zu entwickeln.

Den Anspruch, gerade auch Private an der Energiewende zu beteiligen, hat das EEG erfüllt: 40 Prozent der Investoren sind Privatleute; wenn man die Landwirte dazurechnet, sind es mehr als die Hälfte. Das EEG hat aber neben diesen Lernkurveneffekten auch ein paar Pferdefüße:

Erster Punkt. Damals ist man mit einer Vergütung von 50 Cent pro Kilowattstunde Solarenergie zu früh und zu teuer an den Markt gegangen. Es ist dem Deutschen Bundestag immer nur mit Mühe gelungen, die Senkungen der Preise in den EEG-Novellen entsprechend abzubilden.

Zweiter Punkt. Wir haben mit dem EEG einen Zaun gebaut, einen Zaun aus Garantien. Innerhalb dieses Zauns ist eine heile grüne Welt entstanden; für die anderen war es Wildwuchs. Das ist aber gar nicht das Thema. Das Entscheidende, Herr Krischer, ist:

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich höre zu!)

Es haben sich Hängematten entwickelt.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche denn?)

Diejenigen, die Solarmodule herstellen wollten, haben sich in diese Hängematten gelegt und nicht in Forschung und Entwicklung investiert. Am Schluss sind sie im Wettbewerb mit der weltweiten Konkurrenz auf der Strecke geblieben, auch mit diesem Zaun.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was tun Sie dagegen?)

Das ist der Haken, meine Damen und Herren: Es gibt beim EEG eine ganze Menge Probleme. Die muss man jetzt schrittweise lösen, und wir sind dabei. Nach 14 Jahren der Markteinführung muss es doch allmählich einen Systemwechsel geben können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es geht darum, die Kostendynamik zu brechen. Es geht darum, aus Kapazitäten eine Versorgung zu machen. Es geht darum, Strom aus Erneuerbaren in den Markt zu integrieren.

Nun haben wir schon verschiedentlich gehört, um welche Interessen es hier geht: um die der Wirtschaft, der es um Arbeitsplätze geht, um die der Verbraucher usw. Es wird Sie vielleicht überraschen, wenn ich sage: Die Betreiber von Bestandsanlagen müssten das größte Interesse an dieser Zäsur, an dieser Veränderung haben; denn sie quält allmählich die Frage: Was passiert denn, wenn die Garantie nach 20 Jahren abgelaufen ist? Wie geht es dann weiter? – Diese Frage, Herr Minister, werden wir im Laufe der Legislaturperiode über das EEG zu beantworten haben.

Weil es sich in der Tat um eine Zäsur handelt, war für uns das Thema Bestands- und Vertrauensschutz sehr wichtig. Ich sage an der Stelle: Der Vertrauensschutz gegenüber den Investoren ist uns weitgehend gelungen. Das waren teilweise harte Verhandlungen, zum Beispiel bei der Höchstbemessungsgrenze im Biogasbereich. Das war gar nicht so einfach. Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass es für den einen oder anderen ein bisschen selbstverständlicher gewesen wäre, dass es Vertrauensschutz in Bezug auf das, was der Gesetzgeber in der Vergangenheit geregelt hat, geben muss.

Es muss auch selbstverständlich sein, dass das, was noch nicht ganz so gelungen ist, korrigiert wird. Ich weise darauf hin: Es gibt im Gesetz einen kleinen Übertragungsfehler im Zusammenhang mit den Satelliten-BHKWs. Es muss ganz klar sein, dass wir diesen Fehler zeitnah korrigieren. Ich persönlich halte auch das Bremsen im Biogasbereich für ziemlich heftig. Ich bin der Meinung, dass das Potenzial durch die Flächen automatisch begrenzt gewesen wäre. Ich kann die Einschätzung, der Biogasbereich sei der Kostentreiber Nummer eins, wie hier verschiedentlich von sich gegeben wird, nicht teilen. Es werden zwar auf der einen Seite Rohstoffe gebraucht, die natürlich variable Kosten verursachen. Auf der anderen Seite erfolgt die Produktion mit Ausgleichs- und Speicherkapazitäten, und das unterscheidet sie von anderen erneuerbaren Energieträgern.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Kostenrisiko im neuen EEG bleibt die Windkraft, insbesondere das Thema Offshore. Ich teile durchaus die Auffassung des Kollegen Pfeiffer: Es geht darum, diese Technologie zu erhalten und später zu exportieren. Deshalb gehen wir zu Recht diesen Weg. Trotzdem müssen wir die Kosten sehr wohl im Blick behalten. Ich weiß, dass es an dieser Stelle einen Kompromiss mit den Ländern gibt und dass der eine oder andere Kollege, insbesondere aus unseren Reihen, mit den Vergütungssätzen hadert, die wir windschwächeren Standorten, basierend auf dem Referenzertragsmodell, zubilligen. Es geht also auf der einen Seite um den regionalen Ausgleich, um die regionale Stromproduktion. Auf der anderen Seite muss es uns aber darum gehen, zu verhindern, dass am Ende durch eine falsche Standortwahl die Akzeptanz gefährdet wird. Deshalb delegieren wir an die Länder das Recht, über die Standorte selbst zu entscheiden. Das ist der Grund, warum wir die Länderöffnungsklausel einführen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es geht am Ende um Akzeptanz und um die Frage: Sollten die Länder nicht die Souveränität haben, den Abstand zwischen Siedlungen und Windrädern selbst festzulegen?

Akzeptanz ist bei der Energiewende sehr wichtig. Bei dieser Thematik geht es natürlich auch um den Eigenverbrauch von Strom. Für viele ist das durchaus das Kernthema der Energiewende. Insofern war es durchaus mutig, sich dieser Thematik anzunehmen und zu sagen: Wir beschäftigen uns mit der Frage, wie man die EEG- Umlage auf mehr Schultern verteilen kann. – Das war der richtige Ansatz. Ich verteidige ausdrücklich den Schritt, die EEG-Umlage anteilig auf Neuanlagen zu erheben, aber nur wegen der Verteilungswirkung, nicht mit dem Anliegen, man müsste die Geschäftsmodelle von Stadtwerken oder Versorgern sichern. Das kann uns schon deshalb nicht gelingen, weil im Koalitionsvertrag ausdrücklich steht: Die Wirtschaftlichkeit der EEG-Anlagen oder KWK-Anlagen darf nicht gefährdet werden. – Wir wollen diese Anlagen also nicht infrage stellen. Das muss der Maßstab dafür sein. Ich glaube, diesem Maßstab werden wir gerecht. Herr Krischer, rechnen Sie das einmal durch, und sprechen Sie mit Vertretern der Branche, beispielsweise der Photovoltaikbranche. Die sagen, dass sie Strom für 10 Cent pro Kilowattstunde erzeugen können. Wenn Sie 2,5 Cent hinzurechnen, sind Sie bei 12,5 Cent. Das ist meilenweit von dem entfernt, was die meisten Verbraucherinnen und Verbraucher für ihren Strom bezahlen. Das heißt, das bleibt tatsächlich wirtschaftlich.

Ich will noch ganz kurz etwas zum Thema Europäische Union sagen – ein bisschen ketzerisch –: Wer versucht, mit der Europäischen Union über Bande zu spielen, hat am Schluss einen Mitspieler, und im Regelfall bringt der auch noch seine eigene Regeln mit. Herr Minister, ich darf mich ausdrücklich bei Ihnen dafür bedanken, dass Sie alles getan haben, Unbill durch die Europäische Union von der Wirtschaft, aber auch vom EEG bisher abzuwenden. Das muss unser Anliegen sein. Wir wollen die Energiepolitik in nationaler Souveränität gestalten. Sonst ist der deutsche Sonderweg hinfällig, aber den wollen und müssen wir gemeinsam gehen.

In diesem Sinne vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich schließe die Aussprache.

Bevor wir jetzt zu den Abstimmungen kommen, erhält der Bundesminister Gabriel die Gelegenheit zu einer Erklärung zur Aussprache nach § 30 unserer Geschäftsordnung.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3570415
Wahlperiode 18
Sitzung 44
Tagesordnungspunkt Erneuerbare-Energien-Gesetz, Ausgleichsregelung
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