27.06.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 44 / Tagesordnungspunkt II.18

Bettina HagedornSPD - Verkehr und digitale Infrastruktur

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die Haushaltsberatungen liegen hinter uns. Es wurde schon gesagt: Der größte Investitionsetat ist der Verkehrsetat mit fast 23 Milliarden Euro. Die Koalition hat im Koalitionsvertrag verabredet, 5 Milliarden Euro zusätzlich zu investieren. Das ist so, das machen wir. Davon sind 505 Millionen Euro bereits im Haushalt 2014 vorgesehen, der Rest in den nächsten drei Jahren.

Allerdings – das will ich hier deutlich sagen, und da sind wir uns auch einig – würden wir natürlich gerne viel mehr zur Verfügung stellen; denn eines ist klar: Erforderlich wäre es. Klar ist aber auch: Wir selbst haben die Schuldenbremse in unser Grundgesetz eingeführt, und wir stehen dafür, dass sie eingehalten wird.

Wir stehen auch dafür, dass Investitionen in Infrastruktur für uns Parlamentarier klar und transparent nachvollziehbar sind. Darum, lieber Eckhardt Rehberg: Bei der Überjährigkeit sind wir uns einig, aber wir sind uns auch einig – die Berichte des Bundesrechnungshofes zu diesen Themen belegen die Notwendigkeit –, dass wir uns im Haushaltsausschuss mehr Transparenz verschaffen müssen. Das haben wir uns gemeinsam vorgenommen, und ich bin zuversichtlich, dass wir das in diesem Jahr noch miteinander hinbekommen.

Eckhardt Rehberg hat es schon gesagt: Wir haben Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von 700 Millionen Euro ausgebracht, um jetzt wirklich den Startschuss geben zu können für viele Projekte, die zusätzlich geplant sind. Allerdings haben wir die Sorge, dass es im Bereich Maut in den nächsten Jahren eine Lücke geben wird. Sie wird uns 2014 noch nicht ereilen, aber in den nächsten drei Jahren sollte sie ursprünglich 1,4 Milliarden Euro betragen. Ein Bericht Ihres Hauses von vorgestern legt aber nun dar, dass die Lücke durch zusätzliche Maßnahmen, die der Minister in Bezug auf die Mauterhebung ergreifen will, auf gut 1 Milliarde Euro geschrumpft sei. Das begrüßen wir. Nichtsdestotrotz haben wir noch ein dickes Brett zu bohren; denn mit 1 Milliarde Euro minus können wir eben nicht mehr Investitionen tätigen, sondern leider weniger. Aber wir arbeiten daran.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, der Minister hat ein Sonderprogramm zur Brückenertüchtigung angekündigt. Das hat unsere ausdrückliche Unterstützung. Herr Minister, Sie wollen in den nächsten drei Jahren 400 Millionen Euro zusätzlich aus dem 5-Milliarden- Euro-Paket zur Verfügung stellen. Wie dringend erforderlich das in Deutschland ist, das können wir in allen Bundesländern feststellen.

Ich komme aus Schleswig-Holstein. Die Rader Hochbrücke als Hauptschlagader der A 7 ist ein gutes Beispiel. Dort haben wir im letzten Jahr endlose Staus erleben müssen, verbunden mit großen Verlusten für die Unternehmen. Es bleibt nicht viel Zeit, die Brücke instandzusetzen. 12 Jahre Lebensdauer werden ihr noch gegeben. Darum ist es gut, dass Sie genehmigt haben, dass die Planung unverzüglich erstellt wird.

Wir wissen, 400 Millionen Euro sind zwar viel Geld, aber es wird immer noch nicht reichen. Darum müssen wir uns gemeinsam bemühen, zusätzliche Gelder einzuwerben; da stimme ich dem Kollegen Eckhardt Rehberg ausdrücklich zu.

An dieser Stelle will ich aber auch sagen, dass ich mich freue, dass durch die 400 Millionen Euro, die jetzt in die Brücken fließen werden, die Vorgaben unseres Koalitionsvertrages besonders gut erfüllt werden: Für uns haben Erhalt und Sanierung gegenüber dem Neubau klare Priorität. Dazu trägt dieser Schritt bei. Herzlichen Dank dafür.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Ich will auf einen Punkt zu sprechen kommen, der uns besonders am Herzen liegt – diesbezüglich haben wir in den Haushaltsberatungen wirkliche Verbesserungen herbeigeführt –: Wir haben es geschafft, zusätzlich 15 Millionen Euro für mehr Lärmschutz in Deutschland bereitzustellen, 10 Millionen Euro für den Lärmschutz an bestehenden Schienentrassen und 5 Millionen Euro für den Lärmschutz an Bundesfernstraßen. Das ist ein wirklich wichtiger Punkt, weil die Akzeptanz der Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen bei den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land darunter leidet – das wissen wir –, dass wir noch zu wenig für mehr Lärmschutz tun. Das ist also ein klares Signal. Das Budget für den Lärmschutz an den Schienentrassen wächst damit von 100 Millionen Euro in den letzten Jahren auf jetzt 130 Millionen Euro. Das ist mal eine richtig gute Nachricht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Der Haushaltsansatz für Radwege an Bundesstraßen wird um 20 Millionen Euro erhöht. Auch das ist ein gutes Signal. Das geht in die richtige Richtung.

Eine Entscheidung, die wir in der Bereinigungssitzung treffen konnten, hat mich ganz besonders gefreut. Das ist ein Signal an die 12 000 Beschäftigten in der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes. Sie haben unter der alten Bundesregierung in den letzten Jahren einen sogenannten Reformprozess miterleben müssen, der zu einem Einstellungsstopp geführt hat. Gute Fachkräfte, die wir in der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung dringend brauchen, sind in andere Zweige abgewandert, weil sie keine Perspektive gesehen haben und nur befristete Verträge erhalten haben. Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir da eine Kehrtwende herbeiführen wollen. Viele Leute haben gesagt: Allein, mir fehlt der Glaube. – Ich finde es großartig, dass der Haushaltsausschuss jetzt wirklich 35 zusätzliche Stellen geschaffen hat.

(Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: 25!)

Das hört sich wenig an, das ist aber nicht wenig. Vor allen Dingen ist es ein Signal, dass wir es ernst meinen. Es ist gut, dass wir das geschafft haben und dass wir einen Maßgabebeschluss herbeigeführt haben, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, den Personaletat an dieser Stelle auch in den Haushalten 2015 folgende zu stärken, insbesondere im technischen Bereich und in der Fläche, wo das dringend erforderlich ist.

Dazu erwarten wir den 6. Bericht zur Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, Herr Minister. Der Rechnungsprüfungsausschuss – ich bin dessen Vorsitzende – hat im Mai beschlossen, dass Sie für die Fertigstellung des Berichts eine Fristverlängerung bis zur Sommerpause erhalten. Die Sommerpause ist in greifbarer Nähe. Darum gehen wir davon aus, dass wir diesen Bericht in der nächsten Woche erhalten werden. Das haben Sie zugesagt. Vor diesem Hintergrund werden wir dann sicherlich diesen ganzen Prozess vom Kopf auf die Füße stellen. Das tun wir gemeinsam, Hand in Hand, und, was ich schön finde, in enger Abstimmung mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

(Beifall bei der SPD)

Ein wichtiger Punkt ist hier angesprochen worden: der Nord-Ostsee-Kanal. Dieses Verkehrsprojekt ist nicht nur für Schleswig-Holstein – ich komme ja, wie gesagt, aus Schleswig-Holstein – und für den Hamburger Hafen wichtig, sondern das ist zu Recht ein nationales Verkehrsprojekt. Das ist das einzige Verkehrsprojekt, das in unserem Koalitionsvertrag namentlich erwähnt wird. Für diejenigen, die dieses Projekt vielleicht noch geringschätzen, möchte ich festhalten, dass der Nord-Ostsee-Kanal mehr Schiffsbewegungen zu verzeichnen hat als der Sues- und der Panamakanal zusammen. Er ist wichtig für die Beschäftigung von Tausenden von Menschen. Das gilt insbesondere für den Hamburger Hafen, der von einem funktionierenden Kanal abhängt; aber auch in ganz Deutschland, auch in Süddeutschland, wären viele Betreibe gekniffen, wenn diese Hauptschlagader der Wasserstraßen und Schifffahrt nicht mehr funktionieren würde. Das konnte – leider – im Jahr 2013 beobachtet werden, als der Nord-Ostsee-Kanal über eine Woche lang nicht passierbar war. Im April 2013 fand dann die Maritime Konferenz in Kiel statt. Dort hat die Kanzlerin Folgendes gesagt:

Zum Kanal hat sie Folgendes gesagt:

Das ist wahr.

Bei der Lösung dieses großen Problems, das vor der Kanzlerin und vor Herrn Dobrindt liegt, hat sich der Haushaltsausschuss als verlässlicher Partner erwiesen. Wir haben gesagt: Wir helfen, dieses Problem zu lösen. Wir haben durch Verpflichtungsermächtigungen von 265 Millionen Euro jetzt den Ausbau der Oststrecke auf den Weg gebracht.

Dadurch wollen wir Ihren Zeit- und Maßnahmenplan, Herr Minister – dabei geht es um die Jahre 2025 bis 2028, bis zu denen die Komplettsanierung des Kanals erfolgt sein soll –, beschleunigen. Umso erstaunter war ich, als ich jetzt einen Bericht aus Ihrem Haus bekam, wo schwarz auf weiß nachzulesen ist, es werde dadurch, dass wir das Geld zur Verfügung gestellt haben, zu keiner Beschleunigung kommen. Ich gehe davon aus, dass wir darüber noch einmal reden müssen.

In diesem Bericht steht auch, dass erst einmal die Prioritäten – auch die Oststrecke betreffend – mit Blick auf den Bundesverkehrswegeplan überprüft werden müssen. Ich glaube, Ihr Haus sollte schon beachten, dass der Haushaltsausschuss nicht nur mit der Bewilligung der 485 Millionen Euro für die fünfte Schleusenkammer, sondern auch mit der Bereitstellung der 265 Millionen Euro für die Oststrecke ein klares Signal bezüglich der Prioritätensetzung gegeben hat. Es wäre gut, wenn Ihr Haus das respektieren würde.

Abschließend zu diesem Thema will ich ein Zitat aus dem Jahr 2012 bringen. Es stammt aus dem Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes. Darin steht:

– also für die Oststrecke des NOK –

Das, was der Steuerzahlerbund gebrandmarkt hat, wollen wir nicht, Herr Minister. Darum unterstützen wir Sie dabei, hierauf angemessen zu reagieren. Wichtig ist, dass das volkswirtschaftlich klug ist.

Im September werden in Brüssel – Herr Minister, Sie haben zugesagt, dass das funktionieren wird – nicht nur die TEN- bzw. CEF-Anträge für die fünfte Schleusenkammer, sondern auch die für die Oststrecke vorliegen. Dabei geht es um insgesamt 750 Millionen Euro, die den Haushaltsausschuss in den letzten zwei Monaten passiert haben. Nach Ihren Aussagen gibt es eine Fördermöglichkeit in Höhe von 30 bis 40 Prozent durch TEN oder CEV. Das heißt summa summarum, dass wir hier über eine mögliche Förderung aus Brüssel in Höhe von 225 Millionen Euro bis 300 Millionen Euro reden. Das ist keine Kleinigkeit. Es ist ausgesprochen klug, dass wir das jetzt so gemanagt haben.

(Beifall bei der SPD)

Ich komme zum Punkt PPP, Herr Minister. Heute Morgen um 7.30 Uhr hatten wir eine Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses. In ihr haben wir dem Haushaltsausschuss die Entlastung der Regierung empfohlen. Wie jedes Jahr hat der Rechnungsprüfungsausschuss einen Beschluss gefasst, mit dem die Bundesregierung aufgefordert wird, die Berichte des Bundesrechnungshofes sowie die Behandlung dieser Berichte durch den Rechnungsprüfungsausschuss verpflichtend zu beachten. Das ist die Erwartungshaltung des Parlamentes.

(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Genau!)

In den letzten Wochen wurde in den Medien über einen PPP-Bericht, der vom 4. Juni 2014 stammt, berichtet. Er ist schon erwähnt worden. Das steht auch nächste Woche auf der Tagesordnung des Haushaltsausschusses. Es ist aber nicht der einzige Bericht. Es gibt ein Gutachten des Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung vom 24. September 2013 zum gleichen Thema. Außerdem gibt es dazu ein weiteres Gutachten von ihm vom 5. Januar 2009. Es empfiehlt sich die Lektüre aller drei Berichte. Als ich sie gelesen habe, Herr Minister, hatte ich Schwierigkeiten, nachzuvollziehen, dass Sie am 17. Juni zum Thema PPP beim BDI gesagt haben:

– also PPP –

Dazu sage ich ganz klar, dass es hier und auch im Haushaltsausschuss in keiner Weise um eine Art Glaubenskrieg pro oder contra PPP geht. Darum geht es ausdrücklich nicht. PPP ist anerkanntermaßen eine Beschaffungs- und keine Finanzierungsvariante. Im Koalitionsvertrag gibt es zu PPP eine ganz klare Aussage.

(Stephan Kühn [Dresden] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sieht der Minister aber nicht so!)

Danach ist es so, dass PPP dann durchgeführt werden darf, wenn es sich im Einzelfall nach einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung als die günstigere Variante herausstellt.

(Beifall bei der SPD)

Zum Thema Wirtschaftlichkeitsuntersuchung hat der damalige Präsident des Bundesrechnungshofes beim Verlag Kohlhammer ein Buch veröffentlicht, und zwar im April 2013. Dieses Buch möchte ich Ihnen gleich gerne als Sommerlektüre überreichen; ich habe nämlich noch drei Exemplare davon.

(Beifall des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Dieses Buch wurde maßgeblich als Beratung für das Verkehrsministerium geschrieben; so hat es der Bundesrechnungshof damals selbst formuliert. Es geht darum, wie die Bundesregierung die Ergebnisse von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen umsetzt. Dafür gibt es klare Regeln, die etwas mit unserer Bundeshaushaltsordnung zu tun haben. Alle Ressorts gehen nach diesem Prinzip vor.

Ein Ressort tut dies nicht, und das ist leider Ihres. Sie können nichts dafür; das ist schon seit Jahren so. Aber ich bitte Sie, als Minister verstärkt auf die Regeln zu achten. Der Bundesrechnungshof ist bestimmt bereit, für Ihre Mitarbeiter noch mehr Exemplare zur Verfügung zu stellen. Nur dann, wenn Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen nach diesem Prinzip durchgeführt werden, kann man nämlich wirklich entscheiden, welche die volkswirtschaftlich günstigere Variante ist. Die Bundeshaushaltsordnung will, dass diese dann auch umgesetzt wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das wäre ein guter Schlusssatz.

Ich will abschließend noch etwas zum Flughafen Berlin-Brandenburg sagen. Auch dieses Thema steht am nächsten Mittwoch auf unserer Tagesordnung. Der Aufsichtsrat wird sich am Montag treffen. Der Haushaltsausschuss hat Mitte Mai beschlossen, was zu tun ist, bevor das Geld freigegeben wird. Dabei geht es aber nicht um frisches Geld, das wir zur Verfügung stellen müssen; denn es ist ja schon im Haushalt bereitgestellt; es ist lediglich gesperrt. Aber was heißt „lediglich“? „ Lediglich“ heißt, dass wir es entsperren müssen. Dafür haben wir Bedingungen genannt. Diese Bedingungen sind klare, transparente Berichte, die deutlich machen, wie die Finanzierung geregelt ist; das ist klar definiert. Ich gehe davon aus, hoffe und erwarte, auch von unseren Staatssekretären im Aufsichtsrat, dass dafür gesorgt wird, dass wir diese Berichte am Montagabend erhalten. Dann können wir kompetent darüber diskutieren. Wenn diese Berichte zufriedenstellend sind, können wir das Geld auch freigeben, wenn dies erforderlich sein sollte.

(Beifall des Abg. Herbert Behrens [DIE LINKE])

Die Zeit, Frau Kollegin!

In den Medien habe ich gelesen, wir hätten gefordert, dass ein Termin genannt wird. Ich will deutlich sagen: Genau das haben wir nicht getan. Es geht um das Geld und um die Transparenz, aber nicht um einen Termin, der dann möglicherweise nicht eingehalten werden kann.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Norbert Barthle [CDU/CSU] – Abg. Bettina Hagedorn [SPD] überreicht Bundesminister Alexander Dobrindt ein Buch)

Für die Bundesregierung erteile ich Bundesminister Alexander Dobrindt das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3570544
Wahlperiode 18
Sitzung 44
Tagesordnungspunkt Verkehr und digitale Infrastruktur
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