27.06.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 44 / Tagesordnungspunkt II.18

Sebastian HartmannSPD - Verkehr und digitale Infrastruktur

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir merken es nicht nur heute: Selbst im Verkehrsausschuss herrscht nicht immer große Einmütigkeit. Dies gilt aber umso mehr für die Bewertung der Arbeit der Kommissionen Pällmann, Daehre und Bodewig. Durch sie kennen wir die konkreten Probleme der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung. Vorher hatten wir nur eine „gefühlte“ Wahrnehmung. So formulierte es die Daehre- Kommission in ihrem Vorwort zum Abschlussbericht.

Aus diesen Analysen sind auch konsequente Schlüsse zu ziehen. Die Koalition aus CDU, CSU und SPD tut dies in einem ersten Schritt mit dem Bundeshaushalt 2014. Damit steigt die Vorfreude auf den neu aufzustellenden Bundeshaushalt 2015 jedoch umso mehr, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Die Koalition ist angetreten, um für eine verlässliche und nachhaltige Finanzierung unserer Verkehrsinfrastruktur zu sorgen. Unsere Infrastruktur – das geht von der Schiene über die Wasserstraße bis hin zur Straße – leidet unter Sanierungsstau und oftmals starker Überlastung. Der Erhalt der Verkehrsinfrastruktur und ihre Finanzierung werden immer aufwendiger. Die vorgelegte Verkehrsprognose für 2030 zeigt deutlich auf, was im wahrsten Sinne des Wortes zukünftig auf uns zurollt.

Der Koalitionsvertrag von SPD, CDU und CSU trägt diesem Befund mit dem Grundsatz „Erhalt vor Neubau“ im Interesse des effektiven und effizienten Mitteleinsatzes deutlich Rechnung.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Steffen Bilger [CDU/CSU])

Vorrang beim Neubau haben Lückenschluss und Engpassbeseitigung. Dieser Netzgedanke findet sich auch in der Konzeption des neuen Bundesverkehrswegeplans 2015. Daraus folgt, dass die Finanzmittel für die Sanierung nicht für den Neubau zweckentfremdet werden dürfen.

Die Lage unserer Verkehrsinfrastruktur ist ernst. Sie ist nicht abstrakt, sie ist nicht nur Gegenstand von Statistiken, sondern täglich für Millionen von Menschen spürbar.

Herr Dobrindt, Sie haben die Rheinbrücke in meinem Heimatland Nordrhein-Westfalen angesprochen. Die Rheinbrücke im Zuge der A 1 in Leverkusen ist seit letzter Woche Dienstag schon wieder für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen gesperrt. Schwerlastverkehr und Geschwindigkeiten über 60 Stundenkilometer sind hier teilweise schon seit Jahren verboten. Bevor überhaupt mit dem bereits geplanten und notwendigen Neubau bis 2023 begonnen werden kann, müssen wir in den nächsten drei Monaten erst einmal dafür sorgen, dass das Bauwerk seine Standfestigkeit nicht dadurch verliert, dass die Schweißnähte aufbrechen. Lkw umfahren diesen Engpass seit vielen Monaten schon auf kilometerlangen Ausweichrouten; 30 Kilometer im Zickzack sind keine Seltenheit.

Dem Bundesverkehrsminister ist an dieser Stelle zu danken, dass er mit dem Sonderprogramm für die Sanierung von Straßenbrücken in die richtige Richtung strebt. Vordringlicher Sanierungsbedarf oder Ersatzbau maroder Brücken werden mit 400 Millionen Euro zusätzlich finanziert. Natürlich brauchen wir dafür noch mehr. Doch selbst wenn wir auf einen Schlag alle Mittel für die Brückensanierungen hätten: Es muss dann auch gebaut werden können. Das bedeutet, dass durch unzureichende und zu niedrig ausgewiesene Planungskostenansätze keine weiteren Verzögerungen verursacht werden dürfen. Bau- und Planungsverfahren müssen optimiert werden. Das Planungsrecht, die Verkürzung von Instanzenwegen bis hin zu einer effizienteren Bürgerbeteiligung sind in den Blick zu nehmen. Eine funktioniere Verkehrsinfrastruktur ist das Rückgrat unserer exportorientierten Wirtschaft und Grundlage eines modernen Industriestaates.

(Beifall bei der SPD – Gustav Herzog [SPD]: Richtig!)

Daraus folgt: Die Investitionen müssen erhöht werden. Das Ziel dieser Legislaturperiode sind jährlich 12 Milliarden Euro. Der Koalitionsvertrag sieht zudem 5 Milliarden Euro mehr für den Erhalt und die Sanierung unserer Verkehrsinfrastruktur vor.

Eine verlässliche Verkehrsinfrastrukturfinanzierung wird aus verschiedenen Quellen gespeist. Sie ist damit ein berechenbares Fundament zukünftiger Planungen. Unsere Verkehrsinfrastrukturinvestitionen werden derzeit zu einem Drittel aus den Einnahmen aus der Lkw-Maut und zu zwei Dritteln aus dem Haushalt finanziert. Dies sind die zwei wichtigen Säulen: steuerbasierte Haushaltsfinanzierung und Nutzerfinanzierung. Beide Säulen werden wir verstärken und verbessern. Wir lassen uns hier streng vom Effizienzgedanken leiten. Dies erfordert jedoch eine strikte Priorisierung der Ausgaben, einen effektiven Mitteleinsatz ebenso wie eine effiziente Erhebung der Maut. Hinzu kommt die Fortentwicklung einzelner angesprochener Finanzierungsinstrumente und Beschaffungsvarianten wie ÖPP. Dadurch werden die einzelnen Säulen stärker, das Fundament moderner Infrastrukturfinanzierung robuster und das System letztendlich insgesamt zukunftsfester.

Stichwort „Nutzerfinanzierung“. Die Vertiefung und die Ausweitung der Lkw-Maut stehen in dieser Legislaturperiode an. Gleiches gilt für die notwendigen Schritte zur Vorbereitung einer Bemautung aller Bundesstraßen. Ein künftiges Mautsystem muss effizient sein. Dies gelingt durch eine Senkung der Mauterhebungskosten: weniger Aufwand, Verzicht auf parallele und redundante Systeme. So bleibt mehr Geld für Investitionen.

(Beifall bei der SPD)

Dies gelingt auch durch einen klaren Blick auf die Ziele eines zukünftigen Mautsystems: Was muss es leisten? Wer wird bemautet? Wie wird die Maut berechnet? Es stehen Entscheidungen an. Diese sollten aus meiner Sicht sorgfältig, aber zügig getroffen werden, vor allem: Sie sollten getroffen werden.

(Beifall bei der SPD)

Zumindest die zeitweise Überführung der Toll Collect GmbH in Bundeseigentum kann uns in eine bessere Ausgangslage sowohl für die Fortentwicklung der Technik wie die spätere Ausschreibung des neuen Mautbetriebes bringen. Auch die Wegekostenberechnung ist weiterzuentwickeln.

Wir unterstützen jede Bemühung unseres Ministers, sich auf europäischer Ebene für eine Anpassung der Mautrichtlinie starkzumachen. Das Stichwort sind hier die Zinskosten. Die reine Fixierung auf Zinskosten bei Allokation und Wiederbeschaffung rächt sich in Phasen niedriger Zinsen. Bauen wird teurer, die Einnahmen jedoch werden kleiner. Neben Kosten für Ausbau, Erhalt und Sanierung müssen auch die externen Kosten für Lärm- und Umweltschutz dringend in die Berechnung hineingenommen werden.

Bei der Pkw-Maut ist nicht nur wichtig, dass sie europarechtskonform ist und zu keiner Mehrbelastung deutscher Autofahrerinnen und Autofahrer wird. Wir müssen auch darauf achten, dass die Einnahmen die Erhebungskosten signifikant übersteigen. Eine Maut nur der Maut halber macht wenig Sinn.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Nehmen wir nun die zweite benannte Säule, die Steuerfinanzierung, abschließend in den Blick. Hier wird es ebenfalls entscheidend auf einen effizienten Mitteleinsatz ankommen. Der Koalitionsvertrag beschreibt neue Wege der Beschaffung und Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur. In aller Klarheit: Öffentlich-private Partnerschaften sind nur sinnvoll, wenn sie den Anforderungen der Wirtschaftlichkeit und der Kostenersparnis genügen. So steht es im Koalitionsvertrag, und so wird es auch gemacht.

(Beifall bei der SPD)

Wir sind verantwortlich für den sparsamen Einsatz der Bundesmittel, und wir wollen auch keine Umgehung der Schuldenbremse auf diesem Wege. Der Effizienzgedanke steht auch hier im Mittelpunkt.

Wir liefern klare Antworten: solide, langfristig gesicherte Mauteinnahmen, geklärte Bund-Länder-Kompetenzen für kommunale Verkehrswege, ÖPNV und SPNV, Erhalt und Ersatz für marode Infrastruktur, Priorität bei Aus- und Neubau nur entlang des Netzgedankens.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns vereinbaren, dass wir uns auf das Wesentliche, das Wichtige, aber auch das Machbare konzentrieren; nicht alles ein bisschen und am Ende zu wenig von allem.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir gratulieren dem Kollegen Sebastian Hartmann zu seiner ersten Rede im Deutschen Bundestag und wünschen ihm weiterhin eine interessante parlamentarische Arbeit.

(Beifall)

Zu seiner ersten Rede im Deutschen Bundestag gebe ich nun dem Abgeordneten Florian Oßner, CDU/CSU- Fraktion, das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3570588
Wahlperiode 18
Sitzung 44
Tagesordnungspunkt Verkehr und digitale Infrastruktur
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