03.07.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 46 / Tagesordnungspunkt 5

Dieter JanecekDIE GRÜNEN - Ausbau des schnellen Internets

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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter nicht anwesender Ankündigungsminister Dobrindt,

(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Es geht nichts über eine sachliche Auseinandersetzung!)

ich bin aus Bayern einiges gewohnt. So wollen wir Bayern immer in der Champions League spielen. Wenn Sie aber wirklich Champions League beim Breitbandausbau gewollt hätten, dann hätten Sie während der Koalitionsverhandlungen diese 1 Milliarde Euro nicht gestrichen. Diese Mittel brauchen wir nämlich dringend. Sie werden es mit den Frequenzerlösen allein nicht schaffen; das wissen Sie ganz genau.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Man kann natürlich auch einmal fragen: Ist es das Ziel, dass wir bei der Fußballeuropameisterschaft 2016 über DVB-T Fußball schauen können? Ich glaube nicht, dass dies das ist, was die Menschen beschäftigen wird, wie man am Zuspruch für das Public Viewing bei der laufenden Weltmeisterschaft sehen kann. Das Ziel wird sein, dass wir den Breitbandausbau auch im ländlichen Raum – ich komme aus Niederbayern und weiß daher um die Probleme in den ländlichen Regionen – so effizient gestalten, dass die Breitbandinfrastruktur selbst für den mittelständischen Wettbewerber vor Ort attraktiv wird. Hier ist Bayern nicht gerade Vorbild. Wenn man sich die Verflechtungen mit der Telekom in Bayern anschaut, dann stellt man fest, dass in der Regel nicht die kleinen Unternehmen zum Zuge kommen, sondern die Telekom das Geschäft macht. Ich bitte Sie, dass das ganz im Sinne des Mittelstands abgewickelt wird.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich kann den Bayern auch folgenden Punkt nicht ersparen: Nur 16 Prozent der Haushalte im ländlichen Raum haben in Bayern einen Breitbandzugang. Auch hier sind wir Bayern keine Vorreiter.

Kommen wir zur Bürokratie. Dazu finden Sie wolkige Worte. Aber Realität ist: Das Förderprogramm in Bayern war an 700 Kommunen adressiert. Aber wie viele davon haben in den ersten Jahren dieses Programm durchlaufen? Zwei! Machen Sie sich Gedanken, wie man hier vorankommen könnte! Wenn Herr Dobrindt von einem Daten-Tsunami spricht, dann ist das Ausdruck der Erkenntnis, dass hier etwas Gewaltiges auf uns zukommt; das teile ich. Aber bei ihm hört sich das nach einer Bedrohung und nicht nach der Möglichkeit an, Basis und Rohstoff für den Erfolg unserer Wirtschaft im Zeitalter der digitalen Revolution zu schaffen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Laut Statistischem Bundesamt verfügte 2013 nur jedes vierte Unternehmen mit mindestens zehn Beschäftigten über eine schnelle Onlineverbindung von mindestens 30 Megabit pro Sekunde. Da haben wir Nachholbedarf. Schauen Sie nach Belgien, in die Niederlande oder nach Dänemark! Dort liegt der Anteil bei 40 Prozent. Es ist gut, wenn wir uns das nun zum Ziel setzen. Ich habe Ihren Antrag durchaus sorgfältig gelesen und festgestellt, dass dort viel Richtiges steht. Wenn es aber konkret werden soll, dann steht dort nur noch sehr wenig. Sie müssen das Ganze mit Zahlen und Fakten unterlegen. Sonst wird es nichts mit dem Breitbandausbau.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Martin Dörmann [SPD]: Sie haben ihn doch nicht ganz gelesen!)

2013 standen 8 Prozent der Unternehmen mit mehr als zehn Beschäftigten nur ein ISDN-Anschluss oder ein analoger Anschluss zur Verfügung. Laut einer Studie der bayerischen Wirtschaft gibt ein Viertel der Unternehmen an, dass sie wichtige netzbasierte Anwendungen nicht nutzen können. Was bedeutet das heutzutage im Zeitalter von Big Data und Wettbewerb? Diese Unternehmen haben ein Problem. Sie kommen nicht mehr mit. Die Wertschöpfung verschiebt sich von der Hardware hin zur Software. Wir sind sehr stark bei der Hardware. Aber bei der Software sind wir wirklich noch nicht gut. Deshalb empfehle ich Ihnen, hier besser in die Spur zu kommen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für mich ist das Bekenntnis zum Wettbewerb sehr wichtig. Wettbewerb ist im Telekommunikationsbereich unerlässlich. Wir haben diesbezüglich gute Erfahrungen in der Europäischen Union gemacht. Schauen Sie sich nur die Preise in den USA an. Sie sind teilweise doppelt so hoch, weil dort Monopole vorherrschen. Wir in Europa haben eine Vielzahl von Wettbewerbern zugelassen und haben die Deutsche Telekom – nicht zu ihrer eigenen Freude, wohl aber zur Freude des Verbrauchers – in den Wettbewerb gezwungen.

Nun haben wir auf dem Markt eine Konzentrationsballung zu beobachten. Ich kann von meinem Wahlkreisbüro in München auf den O 2 -Tower sehen. Gestern fiel die Entscheidung, den Zusammenschluss von O 2 und einem Wettbewerber zu genehmigen. Das kann man zur Kenntnis nehmen, aber Sie müssen bitte darauf achten, dass auch in der Zukunft mittelständische Stadtwerke beim Breitbandausbau eine Rolle spielen. Die Gefahr, die insbesondere von der EU-Ebene ausgeht, ist real, nämlich dass man zu stark in großen Strukturen denkt. Wenn zu stark in großen Strukturen gedacht wird, dann wird das schlecht für die Verbraucher und die Marktteilnehmer insgesamt sein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Martin Dörmann [SPD]: Dazu haben wir klare Aussagen in dem Antrag!)

Ein Punkt, der schon angesprochen wurde, ist mir wichtig: Rechtssicherheit für WLAN-Netze zu schaffen. Beim Thema WLAN-Verfügbarkeit hat Deutschland noch einen gewissen Nachholbedarf. Sie haben das Beispiel von WLAN im Zug geschildert. Man könnte auch ähnliche Beispiele von Cafés oder Hotels schildern. Dazu gehört auch die Frage, ob man nicht zu einem offenen Standard kommen kann, der das Internet frei zugänglich macht. Das ist mittlerweile in vielen Ländern wie den USA und Südkorea, wo ich in letzter Zeit war, ein Standard, der gepflegt wird. Auch darüber muss man nachdenken.

WLAN-Zugang hat viel mit wandelnden Lebensstilen zu tun, aber auch mit wirtschaftlicher Innovationskraft; denn junge Kreative und Start-ups arbeiten gerne einmal im Park oder im Café. Deswegen ist es wichtig, dass man diese Infrastrukturentscheidung grundsätzlich für diejenigen trifft, die so etwas nutzen können. Man sollte da nicht nur in großen Zusammenhängen denken, sondern auch den Mittelstand in Betracht ziehen. In diesem Sinne unterstützen wir Sie, dass Sie da vorankommen, bitten Sie aber, dass Sie das konkret unterlegen, damit wir wirkliche Fortschritte erzielen.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächstem Redner erteile ich dem Abgeordneten Andreas Lämmel, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3594639
Wahlperiode 18
Sitzung 46
Tagesordnungspunkt Ausbau des schnellen Internets
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