Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass wir mit dem Breitbandausbau in Deutschland in den letzten Jahren enorm vorangekommen sind, zeigt sich alleine an der Tatsache, dass Sie heute auf Ihrem Handy oder – neudeutsch – auf Ihrem Smartphone die Sitzungen des Deutschen Bundestages live verfolgen können. Das hätten Sie vor drei Jahren oder vor vier Jahren niemals gekonnt. Das ist die Folge des Ausbaus vor allem im LTE-Bereich, des Ausbaus des mobilen Internets.
(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Aber wer braucht denn das?)
– Wer braucht das? Ich meine, wenn die Linken damit nicht umgehen können, dann ist das nicht unser Problem.
(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Oh!)
Ich denke, die Bevölkerung schätzt das sehr.
Warum brauchen wir diesen Breitbandausbau? Dazu ist heute viel gesagt worden. Die Bevölkerung hat einen Anspruch darauf. Aber ich möchte das Augenmerk auf das Thema der wirtschaftlichen Entwicklung lenken. Ich hatte das schon anlässlich der Haushaltsdebatte angesprochen: Wir befinden uns im Übergang zur Industrie 4.0. Die Industrie 4.0 lebt von vernetzten, internetbasierten Dienstleistungen. Das heißt, wenn es uns nicht gelingt, in den nächsten Jahren unser Ziel – bis 2018 flächendeckend 50 Megabit pro Sekunde – zu erreichen, dann werden wir die Vorreiterrolle, die wir im Moment noch beim Übergang zur Industrie 4.0 haben, einbüßen. Deshalb ist das ein existenzielles Thema für die weitere wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland.
Schaut man sich den sehr detaillierten Breitbandatlas an, der im Internet abrufbar ist – auch das ist eine Innovation aus Deutschland; vielleicht haben Sie auch in den noch keinen Blick hineingeworfen, was ich Ihnen aber dringend empfehlen würde, weil sehr viele Informationen zum Breitbandausbau in Deutschland dort ablesbar sind –, dann kann man sehen, dass wir beim Breitbandausbau bis 6 Megabit pro Sekunde schon sehr gut vorangekommen sind, aber die großen Bandbreiten nach wie vor fehlen, zumindest flächendeckend.
Herr Janecek, es ist ganz interessant, dass Sie sich für Wettbewerb aussprechen.
(Dieter Janecek [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tun wir Grüne immer!)
Da sind wir durchaus einer Meinung; denn auch wir stehen dafür, dass dieser Ausbau eigentlich nur im Wettbewerb gelingen kann, und zwar im Wettbewerb der Unternehmen, aber auch im Wettbewerb der Technologien. Nur das bringt Innovationen und vor allem effiziente Lösungen hervor.
Bei einer Sache sind Sie auf dem „Bayern-Auge“ etwas blind; denn Bayern hat – da kann man noch Sachsen und einige andere Bundesländer hinzufügen – mit eigenem Geld enorme Anstrengungen unternommen, um den Breitbandausbau auf Landesebene voranzubringen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sie wissen ganz genau, dass Bayern alleine 1,5 Milliarden Euro in die Hand nimmt, um da schneller voranzukommen. Da Sie aus Bayern kommen, sollten Sie auch das loben, was aus Ihrem Lande kommt. Zumindest entspricht es dem sächsischen Anspruch, Leistungen aus dem eigenen Lande zu loben. Dass Sie das nicht machen, ist, wie ich finde, Ausdruck von fehlendem Lokalpatriotismus.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Man sollte sich einmal fragen: Wie sind die durchschnittlichen Geschwindigkeiten in anderen Ländern dieser Welt? Wer liegt dabei an der Spitze? Ganz vorn liegt Südkorea: Dort beträgt die durchschnittliche Geschwindigkeit 21,9 Megabit pro Sekunde. In Deutschland liegt die durchschnittliche Geschwindigkeit bei 7,7 Megabit pro Sekunde. Die Südkoreaner haben auf diesem Gebiet eine enorme Leistung erbracht; das ist überhaupt keine Frage. Wir konnten uns davon überzeugen.
Ich finde die Leistung dieses kleinen Landes sehr beeindruckend. Aber dort herrschen natürlich andere Bedingungen: Erstens. Man hat die notwendigen Arbeiten im Wesentlichen unter dem Dach eines monopolistischen Staatskonzerns erbracht. Zweitens. Dort gibt es überwiegend Freileitungen, was in Deutschland kaum noch möglich ist.
Dann möchte ich noch etwas zur Versteigerung von Frequenzen sagen. Alle rechnen mit mehr Geld: Der Bund und auch die Länder rechnen mit mehr Geld; alle wollen sie eine Menge zusätzliches Geld durch die Versteigerung der Frequenzen bekommen. Man muss natürlich auch sagen: Das Geld, das den Unternehmen durch die Ersteigerung von Frequenzen entzogen wird, steht ihnen für den Netzausbau nicht mehr zur Verfügung.
(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Richtig!)
Insofern muss man die Sache schon von beiden Seiten betrachten. Wir haben bei der Versteigerung der UMTS- Frequenzen sehr gut sehen können: Diese Versteigerung hat zwar den Finanzminister hoch erfreut und eine Menge Geld in die Staatskasse gespült; aber sie hat die Investitionskraft der Unternehmen stark geschwächt. Die damals erworbenen UMTS-Frequenzen liegen teilweise bis heute sozusagen brach.
Ein weiteres Thema – es wurde heute mehrfach angesprochen; es wird auch in unserem Antrag ausgeführt – ist der diskriminierungsfreie Zugang zum Netz. Die Linken fordern, endlich einmal eine deutsche Regelung für ein schnelleres Netz zu treffen. Wissen Sie, wir leben in Europa. Jetzt eine deutsche Regelung zu treffen, die womöglich in einem halben Jahr durch europäische Regelungen, etwa durch Verordnungen, die die Europäische Kommission erlässt, überholt wird, ist sinnlos. Ich weiß, dass die Linken dann die Ersten wären, die hier eine Debatte anzetteln und behaupten würden: Die Regierung ist einfach unfähig, eigene Regulierungen zu schaffen.
(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Wenn man die Wahrheit benennt, muss man so reden!)
– Sie müssen sich mal für irgendetwas entscheiden. Aber Sie wissen anscheinend selber nicht, wohin Sie wollen.
Ihr Verweis vorhin auf die glorreichen Zeiten der DDR war bezeichnend. Die Dichte an Telefonen in der DDR war geringer als die Dichte an Breitbandanschlüssen auf dem Land heutzutage.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ihr Verweis auf die DDR ist völliger Unfug. Wissen Sie, wozu der Einsatz des Internets in der DDR, wenn es sie noch geben würde, dienen würde? Er würde vor allem zur Überwachung der Bürger genutzt werden, aber nicht zum Wohl der Bürger. Solch einen Schwachsinn sollten Sie von diesem Pult aus lieber nicht mehr verbreiten.
(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch des Abg. Ralph Lenkert [DIE LINKE])
Meine Damen und Herren, zum Thema Netzneutralität. Es wird sicherlich sehr wichtig sein, dass wir in den nächsten Monaten intensiv darüber diskutieren. Natürlich kommen all die Dinge zur Sprache, die heute hier diskutiert worden sind. Wir brauchen den diskriminierungsfreien Zugang; er muss gesetzlich garantiert werden. Aber die Regulierung an sich muss sich auf das Festlegen von Mindeststandards für das Netz beschränken. Wir brauchen jetzt keine Regulierung, die sämtliche Standards festlegt, da diese Standards in einem halben oder in einem Jahr schon wieder überholt sind.
(Beifall der Abg. Barbara Lanzinger [CDU/CSU])
Noch einmal: Was wir brauchen, sind Mindeststandards.
Man muss sich Folgendes klarmachen: Die Netzausbauer investieren jedes Jahr viel Geld, egal ob in Kabelnetze oder in Funknetze. Aber sie sind im Prinzip nur diejenigen, die den Verbreitungskanal bauen. Die Diensteanbieter, wie die großen amerikanischen Konzerne, nutzen diese Infrastruktur völlig kostenlos, und sie treiben sozusagen von hinten immer wieder dazu an, noch schnellere Netze aufzubauen.
Ich halte das für ein Missverhältnis: Auf der einen Seite sitzen die Nutznießer, die mit einer großen Power immer mehr Inhalte durch das Netz transportieren wollen, und auf der anderen Seite sitzen diejenigen, die die Infrastruktur schaffen und keine Möglichkeit haben, daraus Nutzen zu ziehen. Man sollte hier für Ausgewogenheit sorgen und eine Balance finden.
Nötig ist, wie gesagt, ein diskriminierungsfreier Zugang; das ist ganz klar. Darüber hinaus muss es möglich sein, über Managementsysteme Vorrangspuren zu schaffen – wenn genügend Bandbreite vorhanden ist, ist das auch möglich –, um die Netzbetreiber und die für die Infrastruktur Verantwortlichen in die Lage zu versetzen, mit schnellen Diensten zusätzliche Einnahmen zu erwirtschaften.
Ich kann also nur für den Antrag werben. Er ist hervorragend. Er ist zwar ein bisschen umfangreich geworden. Aber so ist es nun einmal: In einer Großen Koalition braucht man auch einen großen Antrag.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)
Insgesamt umfasst er alle Bereiche, die beim Breitbandausbau berücksichtigt werden müssen. Deswegen bitte ich Sie um Zustimmung.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Als nächster Rednerin erteile ich der Abgeordneten Saskia Esken, SPD-Fraktion, das Wort.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3594676 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 46 |
Tagesordnungspunkt | Ausbau des schnellen Internets |