03.07.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 46 / Tagesordnungspunkt 5

Andreas NickCDU/CSU - Ausbau des schnellen Internets

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für uns als Netzpolitiker stehen die Chancen des Internets im Vordergrund: das gesamte Wissen der Welt mit einem Mausklick überall verfügbar, zumindest theoretisch.

Bei aller Faszination, die von den ungeahnten Möglichkeiten im Netz ausgeht: Grundlegende Voraussetzung für die Teilhabe an den Chancen der digitalen Gesellschaft ist und bleibt der physische Zugang zum Internet selbst.

Breitband ist Standortfaktor Nummer eins. Das ergab vor kurzem eine Umfrage für die Breitbandstudie 2014 des Verbands BREKO. Für mittelständische Unternehmen und Selbstständige ist die Fähigkeit, vielfältige Informationen und große Datenmengen – von Verträgen bis hin zu komplexen technischen Zeichnungen – mit Kunden und Partnern weltweit jederzeit rasch und verlässlich austauschen zu können, zu einem entscheidenden Faktor in einem internationalen Wettbewerb geworden.

Aber auch die Attraktivität einer Gemeinde als Wohnstandort hängt inzwischen vom Internetzugang ab. Ohne Zugang zu schnellem Internet sind Orte nicht nur für junge Familien als Wohnstandort unattraktiv, Einfamilienhäuser an derartigen Standorten erweisen sich daher zunehmend als praktisch unverkäuflich.

Eine „digitale Spaltung“ unseres Landes können und dürfen wir uns nicht leisten. Es wäre doch geradezu absurd, wenn wir die mit dem Internet verbundenen Chancen zur Dezentralisierung vieler Funktionen und Aktivitäten in ihr krasses Gegenteil verkehren würden. Wenn die erforderliche Infrastruktur nur in den Ballungsräumen verlässlich zur Verfügung stünde, wären die volkswirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kosten einer solchen Fehlentwicklung auf Dauer immens.

Deshalb brauchen wir ein modernes Netz für ein modernes Land, und zwar flächendeckend und so rasch wie möglich. Natürlich wäre – jedenfalls nach heutigem Stand der Technik – ein flächendeckendes Glasfasernetz das Idealziel. Das sollte es vor allem längerfristig auch bleiben. Über den Investitionsbedarf von gut 90 Milliarden Euro, der dafür notwendig wäre, ist schon gesprochen worden. Zu erwähnen ist hier auch, dass die Zahlungsbereitschaft der Verbraucher für den Mehrwert des schnellen Netzes nur eingeschränkt ausgeprägt ist.

Deswegen ist der flächendeckende Breitbandausbau mit 50 MBit pro Sekunde bis 2018 ein richtiges und wichtiges Etappenziel, aber nur ein Etappenziel auf einem Weg, der weiterführen muss. Dazu müssen wir – das ist schon gesagt worden – in einem ersten Schritt auf einen breiten Technologiemix setzen. Kernstück ist natürlich der zielgerichtete Ausbau der Kabel- und Glasfasernetze, ergänzt durch die Möglichkeiten, die die moderne Mobilfunktechnologie mit LTE und Next Generation Mobile Networks, NGMN, bietet. Damit können wir in bisher unversorgten Gebieten Lücken schließen, aber auch die Voraussetzung für die Nutzung zukünftiger mobiler Anwendungen schaffen.

Mobiles Internet – vor wenigen Jahren kaum vorstellbar – ist durch die rasante Verbreitung von Smartphones und Tablets, nicht nur in diesem Hause, bereits allgegenwärtig. Aber 76 Prozent der Internetnutzungen mit mobilen Endgeräten erfolgen in festnetzgebundenen WLAN-Netzen. Auch deshalb brauchen wir in Deutschland eine möglichst weitgehende Verfügbarkeit von allgemein zugänglichem WLAN, wie es bereits in vielen anderen Ländern Standard ist.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Saskia Esken [SPD])

Dazu müssen wir Rechtsunsicherheiten – Stichwort „Störerhaftung“ – möglichst rasch beseitigen.

Es darf auch nicht vergessen werden, dass die notwendige Festnetzinfrastruktur für Mobilfunk und WLAN mit dazu beiträgt, Glasfaser immer näher an den Endkunden heranzubringen.

Für das Erreichen des Ziels bis 2018 kommt aber vor allem der Ertüchtigung der bestehenden DSL-Infrastruktur durch sogenanntes Vectoring eine besondere Bedeutung zu. Allerdings kann Vectoring immer nur von einem einzelnen Netzbetreiber in einem Leitungsbündel eingesetzt werden, das heißt, der Betreiber benötigt die Kontrolle über sämtliche Leitungen, die an dem jeweiligen Kabelverzweiger ankommen.

Hier müssen wir durch wirksame Regulierung dafür sorgen, dass dies möglich ist, aber weiterhin auch Wettbewerb sicherstellen, und zwar nicht nur den Wettbewerb der Infrastrukturanbieter um die einzelnen Kabelverzweiger – Stichwort „Vectoring-Liste“ der Bundesnetzagentur –, sondern darüber hinaus auch den weiteren diskriminierungsfreien Wettbewerb unterschiedlicher Leistungsanbieter auf dieser Infrastruktur.

Wir brauchen nicht nur den Wettbewerb der Technologien, sondern auch den Wettbewerb unterschiedlicher Infrastruktur- und Dienstleistungsanbieter. Es wäre ein gewaltiger Irrweg, zu glauben, mit einer weitgehenden Remonopolisierung, ob verdeckt oder offen, wäre der Netzausbau durch große nationale Anbieter effektiver zu erreichen. Das Gegenteil ist häufig der Fall. Es sind doch gerade die kleineren, alternativen Netzbetreiber, die für einen deutschlandweiten Ausbau mit Highspeed-Internet unentbehrlich sind.

(Beifall bei der CDU/CSU)

So haben sich zum Beispiel die alternativen Netzbetreiber des BREKO-Verbandes mit dem Start ihrer Glasfaseroffensive bei entsprechenden politischen und regulatorischen Vorgaben dazu verpflichtet, bis zum Jahr 2018 bis zu 9,1 Milliarden Euro zu investieren und damit bis zu 11,2 Millionen Anschlüsse – das sind nahezu 75 Prozent der Anschlüsse außerhalb der Ballungszen- tren – mit Bandbreiten bis zu 50 MBit pro Sekunde zu versorgen.

Ein typisches Beispiel für die Bedeutung alternativer Anbieter findet sich in meinem ländlich geprägten Wahlkreis. Das ist bei vielen Kollegen ähnlich. Bei uns investiert derzeit die KEVAG Telekom als Tochter des regionalen Energieversorgers evm 18 Millionen Euro in die Anbindung von mehr als 150 Ortsgemeinden durch mehr als 250 Kilometer Glasfaserleitung.

Oftmals ist es ja gerade erst dieser Wettbewerb, ob durch Kabelanbieter oder regionale Anbieter, der einen großen Player wie die Telekom dazu bringt, selbst aktiv zu werden, dann auf einmal auch in Regionen, die aus der Sicht eines großen Versorgers lange Zeit offenbar keine Relevanz hatten.

Ein praktisches Beispiel dafür findet sich ebenfalls in meinem Wahlkreis. In der Verbandsgemeinde Montabaur errichtet die VGM-net, eine kommunal getragene Anstalt öffentlichen Rechts, derzeit für 2,3 Millionen Euro ein Glasfasernetz, über das künftig 13 000 Einwohner in 16 kleineren Gemeinden mit schnellem Internet versorgt werden können. Das ist im Übrigen eine kommunale Eigeninitiative, die ohne Fördermittel des Landes Rheinland-Pfalz auskommt. Erst als das zunächst noch deutlich größer angelegte Projekt bereits auf den Weg gebracht war, erklärte sich die Telekom, nachdem zuvor jahrelange Gespräche vergeblich geblieben waren, plötzlich bereit, die Versorgung des Kerngebiets der Stadt Montabaur selbst zu übernehmen. Wettbewerb wirkt!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Sören Bartol [SPD])

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir stehen in der Tat erst am Anfang des digitalen Zeitalters, das von rasanten Entwicklungen geprägt ist: Smartphone, Tablet-PC, modernes Auto, Internet der Dinge, das alles wird unseren Alltag noch viel mehr durchdringen. In fast allen gesellschaftlichen Bereichen haben digitale Technologien bedeutenden Einfluss darauf, wie wir leben und arbeiten. Ohne das Internet wären die digitale Wirtschaft oder Industrie 4.0 nicht denkbar.

Der Breitbandausbau und damit die Möglichkeit, am schnellen Internet teilzuhaben, ist deshalb kein Selbstzweck. Er ist essenziell für die weitere wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung Deutschlands als ein modernes und zukunftsfähiges Land.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich freue mich, dem Abgeordneten Stefan Zierke, SPD-Fraktion, zu seiner ersten Rede im Deutschen Bundestag das Wort zu geben.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3594681
Wahlperiode 18
Sitzung 46
Tagesordnungspunkt Ausbau des schnellen Internets
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