03.07.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 46 / Tagesordnungspunkt 5

Stefan ZierkeSPD - Ausbau des schnellen Internets

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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir reden heute über 40 Prozent der deutschen Bevölkerung, die nicht am Internet teilhaben können. Wir reden nicht über die 60 Prozent, die sich aussuchen können, mit wem sie denn ins Internet gehen. Liebe Kollegen von der Linksfraktion und von der Fraktion der Grünen, helfen Sie doch diesen 40 Prozent der Deutschen, damit auch sie 2018 Internetzugänge haben können, und unterstützen Sie die Daseinsvorsorge der Regionen vor Ort.

(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dafür kämpfen wir schon die ganze Zeit!)

– Ich kann dem Kollegen, der gesagt hat, dass Sie immer zwischenrufen und pessimistisch sind, nur zustimmen.

Ich möchte den Menschen in ländlichen Regionen helfen. Ich möchte dafür auch einige Beispiele bringen. Ich komme aus der Uckermark. Wer die Uckermark nicht kennt: Sie liegt 90 Kilometer nördlich von Berlin. Diese Region hat erhebliche Probleme. Bei uns in der Uckermark verfügen nur 5 Prozent der Haushalte im ländlichen Raum über einen Breitbandzugang mit einer Geschwindigkeit von 50 Megabit pro Sekunde. Das heißt, 95 Prozent der Haushalte im ländlichen Raum können zum Beispiel gar nicht meine heutige erste Rede über den Livestream des Bundestages miterleben.

(Zurufe von der SPD: Oh! – Gabriele Hiller- Ohm [SPD]: Das ist ja unglaublich!)

– Ja, das ist traurig; aber 95 Prozent der Haushalte können auch Ihre Reden nicht miterleben. –

(Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der SPD – Martin Dörmann [SPD]: Alles hat seine zwei Seiten! – Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Das ist gut! Da bleibt ihnen viel erspart!)

In 24 von 48 Gemeinden existiert gar kein schnelles Internet.

Über Teilhabe und gleiche Wettbewerbsbedingungen für urbane und ländliche Räume wurde heute schon viel diskutiert. Ich möchte einen typischen Architekten zitieren – das Beispiel wurde schon genannt –, den es in der Uckermark wirklich gibt. Er hat gesagt: Die Standortvorteile, die die Uckermark aufweist – die Ruhe und die Natur, die mir ein Ausleben der Kreativität ermöglichen, das ich für meinen Beruf wirklich brauche –, sind sehr gut, die Baukosten sind niedrig; aber leider kann ich nicht an den Standort kommen, weil ihr es nicht schafft, eine Datenleitung bereitzustellen, über die ich mit meinen Partnern, die überall auf der Welt sind, über Videokonferenzen kommunizieren kann und meine architektonischen Leistungen per Datenpaket an meine Partner weitergeben kann. – Das muss geändert werden, und das wollen wir mit diesem Antrag bis 2018 ändern.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Wer mich kennt, der weiß, dass ich mit Herz und Blut Tourismuspolitiker bin. Im ländlichen Raum ist gerade der Tourismus einer der Wirtschaftsfaktoren, mit dem man Defizite in anderen Wirtschaftszweigen, die momentan nicht mehr ihre Blüte erreichen, auffangen kann und wirtschaftliche Potenziale heben kann. Was stört aber momentan die Entwicklung des Tourismus im ländlichen Raum? – Es ist der fehlende Zugang zum Internet. Es geht nicht nur darum, dass die Hoteliers ihre Angebote im Internet weltweit präsentieren wollen, sondern auch darum – das ist der umgekehrte Fall –, dass diejenigen Gäste, die sich ihre Reisen zum größten Teil im Internet aussuchen – es sind 60 Prozent –, nur die Reisen finden, die dort zu finden sind. Im Internet findet man nicht so viele Angebote zu Reisen in den ländlichen Raum, obwohl die Leistungsfähigkeit der dortigen Tourismusbranche groß ist. Der fehlende Zugang zu schnellem Internet ist ein großer Nachteil. Ich hoffe, dass wir diesen Nachteil mit dem Antrag ausmerzen und damit dem Tourismus im ländlichen Raum einen Wachstumsschub geben können.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich bin im Verkehrsausschuss, und Verkehre im ländlichen Raum interessieren mich. Ich habe festgestellt – da kann man ruhig die Berliner als Beispiel nehmen –, dass sich die Berliner sehr gut in ihrem S-Bahn-Netz auskennen; sobald sie aber in den ländlichen Raum gehen und nicht mehr gesicherten Zugriff auf eine Reisekette verschiedener Verkehrsträger haben, fällt es den Berlinern sehr schwer, den Nahverkehr zu nutzen. Ein Internetzugang und eine flächendeckende Funkverbindung für Mobiltelefone erleichtern es den Gästen erheblich, die verschiedenen Verkehrsträger zu nutzen, die aufeinander abgestimmt sind. Sie erhalten einen viel besseren Zugang zum öffentlichen Nah- und Fernverkehr, wenn sie sich mithilfe ihres Smartphones und des Internets ihre Reiseketten zusammenstellen können und damit viel sicherer zum Ziel, zur Destination, zum gebuchten Haus kommen. Das ist Fortschritt. Ich denke, die Regionen brauchen diesen wirtschaftlichen Fortschritt.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Das erreichen wir nur mit unserem Antrag, mit dem wir bis 2018 einen flächendeckenden schnellen Internetzugang schaffen wollen.

Ich habe noch zwei Sekunden Redezeit, muss aber einfach noch ein paar Worte zur Bildung loswerden; als Sozialdemokrat muss man die Bildung ansprechen. Entschuldigen Sie die Überziehung! – Schüler, die in meiner Heimatstadt Prenzlau auf das Gymnasium gehen, erhalten vom Lehrer die Aufgabe, im Internet zu recherchieren. Alle, die in Prenzlau wohnen, sagen: Kein Thema; ich bin in einer halben Stunde zu Hause und recherchiere. – Diejenigen, die aus dem ländlichen Raum kommen und nach der Schule noch eine Dreiviertelstunde lang in ihr Dorf fahren müssen, fragen sich: Wie soll ich im Internet recherchieren? Meine Heimat ist ja gar nicht angebunden. – Das heißt, sie haben schon bei der Aufgabenstellung den Stress und fragen sich: Wo komme ich wie ins Internet, um diese Aufgabe zu lösen?

Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen, bitte unterstützen Sie alle diesen Antrag, damit unsere Schülerinnen und Schüler im gesamten ländlichen Raum die Möglichkeit haben, Bildungsangebote wirklich wahrzunehmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Dieter Janecek [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir gratulieren dem Kollegen Stefan Zierke zu seiner ersten Rede im Deutschen Bundestag

(Beifall)

und sind sicher, dass er in Zukunft die Redezeit ordnungsgemäß einhalten wird. Sie können das dann wieder abarbeiten. Herzlichen Glückwunsch! Ich wünsche Ihnen weitere interessante Debatten.

Als nächstem Redner erteile ich dem Abgeordneten Thomas Jarzombek, CDU/CSU-Fraktion, das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3594684
Wahlperiode 18
Sitzung 46
Tagesordnungspunkt Ausbau des schnellen Internets
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