Thomas JarzombekCDU/CSU - Ausbau des schnellen Internets
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Auch von mir herzlichen Glückwunsch zu dieser Jungfernrede, Herr Kollege. Sie hat eindrucksvoll gezeigt, wie wichtig eine gute Breitbandinfrastruktur ist. Im Übrigen habe ich heute auch gelernt, dass der Berliner den Mut haben soll, einmal ins Umland zu fahren. Das war ein starkes Plädoyer.
(Heiterkeit der Abg. Barbara Lanzinger [CDU/ CSU] – Herbert Behrens [DIE LINKE]: Sagt der Düsseldorfer!)
– Sagt der Düsseldorfer, ganz genau. Sie werden es nicht glauben: Ich war in meinem Leben sogar schon mal in Köln. Es geht nichts über interkulturellen Austausch.
Nach all den Beiträgen, die wir heute zum Thema Breitbandausbau gehört haben, ist mir wichtig, festzuhalten: Wir sind viel besser, als es in manchen Reden klingt. Das möchte ich anhand eindrucksvoller Zahlen belegen.
Hier wird oft nur über die Kabel geredet. Aber das, worauf es ankommt, ist doch: Wie viele Menschen nutzen die Dienste?
(Barbara Lanzinger [CDU/CSU]: Genau!)
Noch vor rund fünf Jahren, im Jahr 2008, haben lediglich 55 Prozent der deutschen Haushalte tatsächlich einen Breitbandanschluss gehabt. Laut Eurostat ist dieser Anteil in den letzten Jahren von 55 Prozent auf 85 Prozent gestiegen. Es ist ein großer Erfolg der Politik der letzten Jahre,
(Martin Dörmann [SPD]: Da haben wir unsere Zweifel!)
dass wir in Deutschland mittlerweile eine so hohe Verfügbarkeit und auch Nutzung von Breitbandanschlüssen haben. Damit liegen wir immerhin auf Platz vier, nur drei Punkte hinter dem Spitzenreiter Finnland. Ich glaube, das kann sich sehen lassen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir müssen, wenn wir sehr detailliert beschreiben, wie wir unsere Ziele beim Breitbandausbau erreichen wollen, auch an die Nutzung denken; das ist für mich ein wichtiger Punkt, der nicht vergessen werden darf. Ich persönlich finde es, ehrlich gesagt, absolut unbefriedigend, dass im Jahr 2014 in der Schule das Thema Medien immer noch stiefmütterlich behandelt wird.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir müssen uns wirklich dafür einsetzen, dass die Chancen, die das Internet auch im Bereich Bildung bietet, erkannt und nutzbar gemacht werden. Wir reden viel zu viel über Risiken. Lassen Sie mich ein konkretes Beispiel nennen.
Die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen hat einen Erlass herausgegeben, der jeden Schüler ab der zehnten Klasse dazu verpflichtet, sich einen Grafiktaschenrechner für 85 Euro zu kaufen. In meinem Wahlkreis gibt es mehrere Schulen, die sagen: Da können wir doch eigentlich gleich ein Tablet anschaffen; das kostet nicht viel mehr, aber man kann viel mehr damit machen, zum Beispiel auf Wikipedia zugreifen oder ausländische Zeitungen lesen etc. Die NRW-Landesregierung sagt: Nein, das dürft ihr nicht, ihr müsst diesen Grafiktaschenrechner kaufen, und keiner darf vom Plan abweichen. – Da unser Koalitionspartner eventuell bessere Drähte nach Nordrhein-Westfalen hat, wünschen wir uns von ihm, dass er hier aktiv wird; denn da gibt es noch Luft für Verbesserungen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Zum Thema „Internet und seine Entwicklung“. Wir diskutieren darüber, ob 50 Megabit pro Sekunde eigentlich ein ambitioniertes Ziel oder ein realistisches Ziel sind. Ich möchte in diesem Zusammenhang eine Zahl nennen. Die erste mobile Internetnutzung über paketvermittelte Netzwerke gab es im Jahr 2000 mit 38 Kilobit pro Sekunde; das hat übrigens sogar für den DB-Navigator gereicht, aber für viel mehr auch nicht.
(Lachen der Abg. Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Zehn Jahre später war man schon bei 3,6 Megabit pro Sekunde. Wir sehen, dass sich die Datenmengen in diesem Zeitraum um den Faktor 100, in anderen Bereichen sogar um den Faktor bis zu 1 000 erhöht haben.
So wird es weitergehen. Weitere Anwendungen werden folgen. Es wird immer wieder von Unternehmen berichtet, die im ländlichen Raum Probleme haben. Ich höre vielmehr von Bürgermeistern, die sich darüber Sorgen machen, wie sie Anreize schaffen könnten, damit sich Familien mit kleinen Kindern ansiedeln; denn heutzutage ist es so: Wenn kein YouTube in HD zur Verfügung steht, dann ist der Familienfrieden in ernsthafter Gefahr.
(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht für Kleinkinder! Für die Jugendlichen!)
– Für die Jugendlichen. – Dieses Problem darf man nicht zu gering ansehen.
Es ist wichtig, auf mobile Lösungen zu setzen. Das zeigt gerade das Thema Automobil, worüber hier viel diskutiert wird. Wenn das autonome Auto seine gesamte wundervolle Funktionalität im Ballungsgebiet, im städtischen Raum entfalten kann, der Fahrer aber im ländlichen Raum selbst die Kontrolle übernehmen muss, weil, zum Beispiel, wenn man nach Brandenburg fährt, die Netze nicht funktionieren, dann ist das ein zentrales Problem. Deshalb ist es sehr wichtig, einen Schwerpunkt beim Thema Mobile zu setzen. Ich glaube, dass die mobile Anwendung in Zukunft noch viel wichtiger sein wird als die kabelgebundene.
Mein Plädoyer geht hier deutlich an die Länder und insbesondere an die Intendanten der Rundfunkanstalten. Ich persönlich finde das Vorgehen beim Thema terrestrisches Fernsehen total unambitioniert. Das sage ich einfach einmal in voller Härte. Ich war vor einigen Tagen mit einem alten Freund in einer Kneipe und habe dort ein WM-Spiel angeguckt. Der Fernseher war mit DVB-T angebunden. Wir hatten Schwierigkeiten, überhaupt die Spielzeit abzulesen. Da fragte einer: Was für ein komisches System habt ihr da? Wir können nicht einmal sehen, in welcher Minute gerade gespielt wird.
Das ist doch nicht mehr der Standard für terrestrisches Fernsehen im Jahr 2014. Wenn die ARD erklärt, dass man den Umstieg auf hochauflösendes Antennenfernsehen erst in fünf Jahren schafft, finde ich das unambitioniert. Ich wünsche mir das früher, zur Europameisterschaft 2016. Wenn RTL das kann, werden doch die Öffentlich-Rechtlichen das mit unseren ganzen Gebühren erst recht hinbekommen können!
(Beifall bei der CDU/CSU – Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Beitrag!)
Wichtig ist aber nicht nur die Frage des Mobilfunkinternets, sondern auch die Frage des drahtlosen Internets über WLAN. Auch hier behandelt der Antrag einen Punkt aus unserer Koalitionsvereinbarung. Ich glaube, es ist wichtig, hier schnell nachzulegen. Das jetzige Recht, dass man als Provider seine Kunden gar nicht mehr genau identifizieren muss – durch Richterrecht entstanden –, man aber als Betreiber eines Restaurants oder eines Cafés oder eines Hotels genau festlegen muss, wer der Nutzer gewesen ist, finde ich nicht fair, insbesondere den Kleinen gegenüber nicht. Beim Thema WLAN müssen wir den Koalitionsvertrag sehr schnell erfüllen und die Haftungsvoraussetzungen so verändern, dass auch in Deutschland ein WLAN-Anschluss flächendeckend und problemlos möglich wird.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Zuruf von der LINKEN: Sehr schön!)
Vorhin ist verschiedentlich das Thema Netzneutralität beleuchtet worden. Auch dazu möchte ich gern etwas sagen, zumal das Europäische Parlament dazu gerade Beschlüsse gefasst hat. Bei der Netzneutralität ist aus unser aller Sicht wichtig, dass niemand diskriminiert wird, dass alle die gleichen Zugangschancen bekommen und dass dem Endkunden nicht einfach irgendwelche Dienste abgedreht werden, dass es nicht zu einem Internet der Deals kommt. Das alles haben wir im Koalitionsvertrag festgelegt. Sie können es nachlesen. Wir haben es auch in unserem Antrag genau so geschrieben.
Ich finde auch wichtig, dass man beim Thema Netzneutralität den Blick auf die Innovationen richtet; denn am Ende – glaube ich – müssen wir hier Regelungen treffen, die Innovationen ermöglichen. Wir sind uns dabei alle einig, dass bestimmte Maßnahmen zum Netzwerkmanagement einfach schon deshalb wichtig sind, weil man Dienste wie beispielsweise E-Health anbieten kann. Wir haben aber auch gesehen, dass es Dienste wie zum Beispiel IP-TV gibt – von der Deutschen Telekom mittlerweile schon mit erheblichem Marktvolumen –, aber auch Dienste, mit denen man Musikstreaming auf dem Mobiltelefon realisieren kann, und zwar, indem man dafür im Monat 10 Euro mehr bezahlt und für diese Art von Diensten aus der Volumenbeschränkung herauskommt. Ich wünsche mir nicht, dass das für alle Anbieter gelten muss. Aber das sind Innovationen, die wir nicht kaputtmachen dürfen. Solche Innovationen müssen meiner persönlichen Meinung nach auch in Zukunft möglich sein. Deshalb darf man den Innovationsaspekt nicht vernachlässigen.
Zum Thema Volumenbeschränkung. Die Kollegin Wawzyniak hat leider vorhin hier am Rednerpult meine Frage nicht angenommen. Wenn man von Volumenbeschränkungen beim Mobilfunk spricht, muss man feststellen: Das ist etwas, was es früher auch im Festnetz gegeben hat. Mein erster DSL-Anschluss hatte ein Volumen von 5 Gigabyte. Das erschien einem damals als die Welt; heute ist es nicht mehr so viel. Insofern ist es einfach der technischen Restriktion geschuldet. Ich bin mir sicher, beim Mobilfunk wird sich das ähnlich wie beim Festnetz entwickeln. Das ist sicherlich keine der Fragen, die wir im Zusammenhang mit dem Punkt Netzneutralität lösen müssen.
Meine Damen und Herren, ich bedanke mich dafür, dass wir dieses komplexe Antragswerk hinbekommen haben, und zwar nicht nur bei meinen eigenen Kollegen, bei Uli Lange, bei der Bundesregierung, bei Doro Bär, die mit der Netzallianz einen ganz hervorragenden Job macht, sondern auch bei unserem Koalitionspartner. Ich habe gestaunt, wie oft ich einem Sozialdemokraten zustimmen musste, wenn Martin Dörmann gesprochen hat. Dafür danke ich dir vielmals.
(Heiterkeit bei der SPD – Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So kann sich das ändern!)
Insofern bin ich überzeugt: Wir werden etwas Gutes zuwege bringen.
Vielen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3594720 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 46 |
Tagesordnungspunkt | Ausbau des schnellen Internets |