03.07.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 46 / Zusatzpunkt 6

Uli GrötschSPD - Einstufung sicherer Herkunftsstaaten

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin, vielen Dank für die Erinnerung. Wir hätten es natürlich nicht vergessen, dass wir heute nicht nur die Regelungen über sichere Herkunftsstaaten, sondern auch die Erleichterungen des Arbeitsmarktzugangs für Asylbewerber und geduldete Ausländer beraten. Das möchte ich am Beginn meiner Rede ganz dick unterstreichen, weil ich glaube, dass uns von der SPD mit dieser Regelung ein wirklich großer Schritt im Zusammenhang mit den Chancen, die Asylbewerberinnen und Asylbewerber bei uns im Land haben, gelungen ist.

(Beifall bei der SPD – Thomas Strobl [Heilbronn] [CDU/CSU]: Warum nur der SPD? Uns auch!)

Ich beginne mit dem zweiten Teil dieses Gesetzes, weil meines Erachtens dieser Teil und insbesondere – ich habe es schon gesagt – die Dimension dessen in der bisherigen Debatte, auch in der heutigen Debatte, leider etwas zu kurz gekommen sind. Bislang mussten Asylbewerber neun Monate warten und Geduldete sogar zwölf Monate, bis sie die Chance, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, nutzen konnten.

Ich bin auch meiner Kollegin Daniela Kolbe dankbar, dass sie in ihrer Rede im Rahmen der ersten Beratung des Gesetzentwurfs deutlich gemacht hat, was das konkret bedeutet. Der frühe Zugang zum SGB III nach drei Monaten bedeutet nämlich zum Beispiel die Übernahme von Bewerbungskosten. Wenn man nicht über viel Geld verfügt, dann sind auch die Portokosten oder die Kosten für Papier ein durchaus relevanter Betrag, den die betroffenen Menschen zu stemmen haben. Dieser frühe Zugang beinhaltet auch Beratungs- und Vermittlungsangebote durch die Bundesagentur für Arbeit.

Ich würde mich freuen, wenn dieser große und längst fällige Schritt vorwärts von der Opposition nicht kleingeredet würde.

(Beifall bei der SPD – Zuruf der Abg. Ulla Jelpke [DIE LINKE])

Denn für die Betroffenen selbst ist es eine immense Erleichterung. Wir erleichtern die Integration dieser Schutzbedürftigen in unsere Gesellschaft, wir bauen ein Integrationshemmnis ab und erhöhen damit auch die Akzeptanz der Asylbewerber bei uns im Land.

Der andere Teil betrifft die Einstufung von Bosnien- Herzegowina, Mazedonien und Serbien als sichere Herkunftsstaaten. Das bedeutet in der Praxis des BAMF, dass künftig ein Antragsteller aus einem dieser sicheren Herkunftsländer für seinen Einzelfall glaubhaft darlegen muss, warum er in seinem eigentlich sicheren Heimatland doch politisch verfolgt wird bzw. Menschenrechtsverletzungen erfahren hat, um in Deutschland Asyl gewährt zu bekommen.

Der Grund für diese getroffene Regelung ist die Tatsache, dass von den 22 000 Entscheidungen des BAMF über Asylerstanträge und Asylfolgeanträge von bosnischen, serbischen und mazedonischen Staatsangehörigen im Jahr 2013 nur einer Handvoll Menschen Asyl bzw. Abschiebeverbot zugesprochen wurde. Die überwiegende Mehrheit wird als unbegründet abgelehnt. Trotzdem sind sie regelmäßig und in beachtlichem Umfang in der Top Ten der Herkunftsländerstatistik des BAMF vertreten. Der Vorwurf, das BAMF sei zu restriktiv und lehne unberechtigt massenhaft ab, greift auch nicht. Nicht einmal 1 Prozent der Klagen von Menschen aus diesen drei Westbalkanstaaten ist vor den Verwaltungsgerichten erfolgreich. Das alles bindet Kapazitäten beim BAMF; das wurde schon gesagt. Wir wollen niemanden gegeneinander ausspielen. Trotzdem müssen wir der Realität ins Auge blicken.

Der Bundestag hat in der letzten Woche erfreulicherweise – es ist wichtig, das zu erwähnen – 300 zusätzliche Stellen für das BAMF bewilligt. Das war dringend notwendig. Ich meine, dass diese personellen Ressourcen für die wirklich schutzbedürftigen Menschen aus Syrien, Afghanistan, dem Irak und anderen Ländern genutzt werden müssen. Wir alle wollen doch die Bearbeitungsdauer von Asylanträgen verkürzen. Zurzeit beträgt die Bearbeitungsdauer etwa ein Jahr. Ein Jahr bedeutet für die asylsuchenden Menschen in unserem Land ein Jahr Ungewissheit über ihre eigene Zukunft. Das wollen wir ändern.

(Beifall bei der SPD)

Ich gebe zu, dass die Einstufung als sichere Herkunftsstaaten keine Herzensangelegenheit der Sozialdemokratie ist. Sie steht aber im Koalitionsvertrag, und deshalb tragen wir diese Entscheidung mit. Dort steht auch – Herr Minister de Maizière hat in seiner Rede darauf hingewiesen –, dass wir auf europäischer Ebene auf die Regierungen der Westbalkanstaaten einwirken wollen, um die Lebenssituation vor Ort in den Ländern zu verbessern.

(Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber die ist doch gar nicht so schlimm!)

Armutsmigration kann nur so bekämpft werden. Das ist keine Aufgabe der deutschen Asylpolitik. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken, ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Grötsch. – Letzte Rednerin in dieser Debatte ist Andrea Lindholz für die CDU/ CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3595346
Wahlperiode 18
Sitzung 46
Tagesordnungspunkt Einstufung sicherer Herkunftsstaaten
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta