03.07.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 46 / Tagesordnungspunkt 10

Johannes Singhammer - Geschlechtergerechte Besetzung von Führungsgremien

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Hartnäckigkeit und Durchsetzungsvermögen sind zwei Eigenschaften, die Frauen in der Geschichte ihres parlamentarischen Wirkens immer wieder beweisen mussten. Der Passus „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ in Artikel 3 Absatz 2 unseres Grundgesetzes kam 1949 beispielweise nur zustande, nachdem die Sozialdemokratin Dr. Elisabeth Selbert über mehrere Jahre dafür kämpfte.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Tolle Frau!)

Nachdem die Gleichberechtigung in das Grundgesetz aufgenommen wurde, passierte allerdings erst einmal nichts. Wieder waren es die Frauen, die innerhalb der Verfassungskommission 1994 – das Datum ist schon angesprochen worden – eine Ergänzung des besagten Artikels bewirkten. Seitdem heißt es dort weiter:

Seit diesem imperativen Auftrag an den Gesetzgeber sind nun weitere 20 Jahre vergangen. Was ist seither passiert? Wieder nichts. Die ehemalige Familienministerin Kristina Schröder hatte in der letzten Legislaturperiode versucht, über die sogenannte Flexi-Quote mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen. Es sollte eine freiwillige Selbstverpflichtung geben. Die Resonanz bei den DAX-Unternehmen – meine Damen und Herren, Sie wissen es – war gering. Manche würden sogar sagen: Sie war so gut wie nicht messbar.

Meine Damen und Herren, ein nüchterner Blick auf die Zahlen verdeutlicht: Der Anteil weiblicher Führungskräfte in Spitzenpositionen der deutschen Wirtschaft und der Bundesverwaltung hat sich in den letzten Jahren kaum verändert. 2013 lag die Frauenquote in Aufsichtsratspositionen bei 15,3 Prozent. Das entspricht einer Erhöhung von 0,2 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr. Hier von einer echten Steigerung zu reden, wäre blanke Ironie.

(Beifall des Abg. Jörn Wunderlich [DIE LINKE])

Die zahlenmäßige Gleichstellung in Aufsichtsräten würde damit noch über 150 Jahre auf sich warten lassen. Für mich ist eindeutig: Die Gleichstellung von Frauen und Männern in Führungsebenen bedarf einer klaren gesetzlichen Regelung.

(Beifall bei der SPD)

Seien wir ehrlich: Der Appell an die Unternehmen, freiwillig zu handeln, ist doch kläglich gescheitert.

(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: So ist es!)

Die krasse Unterrepräsentanz von Frauen kann heute auch nicht mehr mit einem mangelnden Qualifikationsniveau gerechtfertigt werden. Die Zahl qualifizierter Frauen in Deutschland hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Knapp 33 Prozent aller Frauen haben heutzutage einen Hochschulabschluss, bei den Männern liegt diese Quote mit 31 Prozent darunter. Es ist gesellschaftspolitisch nicht zu erklären, dass Frauen, die über 50 Prozent der Bevölkerung in Deutschland ausmachen, immer noch an die sogenannte gläserne Decke stoßen. Vor diesem Hintergrund besteht zwingender politischer Handlungsbedarf, wenn der verfassungsrechtliche Auftrag zur gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen tatsächlich erfüllt werden soll. Daher begrüße ich es ausdrücklich, dass die Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig gemeinsam mit Bundesjustizminister Heiko Maas bereits im März Leitlinien eines Gesetzesvorhabens für eine gerechte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen vorgelegt hat.

(Beifall bei der SPD)

Der Gesetzentwurf wird in den kommenden Monaten im Bundeskabinett beratschlagt werden. Für uns als SPD ist dabei klar, dass wir im darauf folgenden Gesetzgebungsverfahren nicht von den im Koalitionsvertrag vereinbarten Zielen abrücken werden.

(Beifall bei der SPD)

Werte Kolleginnen und Kollegen, meine Kollegin, Frau Kömpel, hat es vorhin schon kurz umrissen. Wir wollen erstens die bereits im Koalitionsvertrag zugesagte Geschlechterquote von mindestens 30 Prozent für Aufsichtsräte von Unternehmen, die börsennotiert und voll mitbestimmungspflichtig sind – mit klaren Sanktionen.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gut!)

Denn wird die Quote nicht erreicht, bleibt der Aufsichtsratsstuhl leer. Die sogenannten Europa-AGs sollten hier nach Möglichkeit nicht ausgespart werden.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Marcus Weinberg [Hamburg] [CDU/CSU])

Wir wollen zweitens eine Verpflichtung zur Festlegung von Zielgrößen für Aufsichtsräte, Vorstände und oberste Managementebenen. Das beträfe immerhin über 3 500 Unternehmen. Zudem müssen Konzepte und Berichte veröffentlicht werden, denn so wird der benötigte öffentliche Druck aufgebaut.

Wir wollen drittens die dringend notwendige Novellierung des Bundesgleichstellungsgesetzes und die Stärkung der Rechte der Gleichstellungsbeauftragten.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Sie sehen: Wir ähneln uns in unseren Vorstellungen,

(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau: ähneln!)

insbesondere in unseren Zielen. Gleichwohl bin ich der Meinung, dass wir die Quote fest vorgeben und diese nicht in Relation zur Geschlechterverteilung in der Arbeitnehmerschaft eines Unternehmens setzen sollten.

Mit den von unseren Ministerien entwickelten Eckpunkten sind wir hier auf dem richtigen Weg. Das Gesetzesvorhaben wird noch in diesem Jahr auf den Weg gebracht, damit das Gesetz 2015 in Kraft treten kann.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es sollte doch längst da sein!)

Frau Kollegin Jantz, Sie denken an die Redezeit, die vereinbart wurde?

Gerne. – Wir als SPD werden zeigen, dass dank der eingangs beschriebenen Hartnäckigkeit und unseres Durchsetzungsvermögens am Ende ein Gesetz stehen wird, das die Gleichstellung in Deutschland tatsächlich voranbringt.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Abschließender Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der Kollege Alexander Hoffmann, CDU/CSU.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3595531
Wahlperiode 18
Sitzung 46
Tagesordnungspunkt Geschlechtergerechte Besetzung von Führungsgremien
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