Alexander HoffmannCDU/CSU - Geschlechtergerechte Besetzung von Führungsgremien
Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir als Hahn im Korb
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Als Quotenmann! Vergessen Sie’s!)
– so kann man es auch sagen, Frau Künast –, am Ende der Debatte einen ausschließlich juristischen Blick auf die Sachlage zu werfen.
Im Kern geht es um die Frage der Vereinbarkeit entsprechender Quotenregelungen mit dem Verfassungsrecht, den Grundrechten und den EU-Grundfreiheiten. Bei der Beurteilung der Frage ist entscheidend, welche Art der Quote vorliegt. Man unterscheidet drei Arten:
Erstens: eine absolute Frauenquote, also das Erreichen eines bestimmten Prozentsatzes unabhängig von der Frage, ob die Frauen gleichermaßen qualifiziert und geeignet sind wie männliche Mitbewerber.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Eine solche absolute Frauenquote sehen Sie in Ihrem Gesetzentwurf vor, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen.
Zweitens gibt es die relative Quote. Hier wird das Erreichen von vornherein unter den Vorbehalt gestellt, dass für die Besetzung der Stelle Frauen zur Verfügung stehen, die ebenso geeignet sind.
Das dritte diskutierte Modell ist eine starre Geschlechterquote, die aber eine Öffnungsklausel für den Fall enthält, dass nicht genügend qualifizierte Frauen zur Verfügung stehen.
Um es vorwegzunehmen: Während viel dafür spricht, dass eine relative Quote bzw. eine starre Quote mit Öffnungsklausel und wohl auch die Variante des Referentenentwurfes verfassungskonform ausgestaltet werden können, ist die absolute Quote, die Sie hier in Ihrem Gesetzentwurf fordern, nach Ansicht vieler Staatsrechtler und Verwaltungsrechtler und auch nach der Rechtsprechung wohl verfassungswidrig. Denn er verstößt gegen das Grundgesetz und auch gegen europäische Grundfreiheiten.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)
– Hören Sie zu! Es kommt gleich.
Eine absolute Frauenquote greift zunächst einmal in den Schutzbereich des Artikels 3 Absatz 1 Grundgesetz ein, denn Sie benachteiligen dadurch einen Mann aufgrund seines Geschlechts. Das ist grundsätzlich natürlich jeder Quote zueigen. Es liegt weiterhin ein Eingriff in Artikel 12 Absatz 1 Grundgesetz vor, denn Sie beschränken die Freiheit der Berufswahl beim unterlegenen männlichen Mitbewerber. Sie beschränken außerdem die grundrechtlich geschützte Freiheit der betroffenen Unternehmer bzw. Anteilseigner in ihren Grundrechten auf Berufsausübungsfreiheit nach Artikel 12 Absatz 1 Grundgesetz und auf Eigentumsfreiheit nach Artikel 14 Grundgesetz. Letztendlich tangieren Sie auch das Grundrecht auf Vereinigungsfreiheit nach Artikel 9 Absatz 1 Grundgesetz, welches auch – –
(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Lesen Sie doch alle vor!)
– Hören Sie doch zu! Es ist eine einmalige Chance. Ich habe mir wirklich Mühe gemacht.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Wir hören ja zu! Das ist ja das Schlimme! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er war stets bemüht!)
Wenn Sie das Thema Frauenquote ernstlich verfolgen, dann haben Sie jetzt die Chance, zuzuhören, mitzuschreiben und einen Gesetzentwurf vorzulegen, der verfassungskonform ist.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, aber vor Ihnen haben schon andere verfassungsrechtliche Prüfungen gemacht!)
Sie tangieren also das Recht auf Vereinigungsfreiheit, welches auch das Recht auf Selbstbestimmung über Gründung, Organisation und Verfahren der Mitbestimmung erfasst. Da Ihr Entwurf auch § 7 des Mitbestimmungsgesetzes ändern möchte, um für Gewerkschaftsvertreter eine feste Quote einzuführen, greifen Sie zudem in das Grundrecht der Koalitionsfreiheit in Artikel 9 Absatz 3 Grundgesetz ein.
All diese Eingriffe – und das ist jetzt wichtig – könnten selbstverständlich zu rechtfertigen sein mit der den Staat treffenden Gleichstellungspflicht – sie ist geregelt in Artikel 3 Absatz 2 Satz 1 Grundgesetz –, aber immer nur dann, wenn eine ebenso geeignete Mitbewerberin vorhanden ist.
(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Sie ist vorhanden! Überall!)
Verfassungskonform ist eine Quote dann nicht, wenn als einzige Mitbewerberin eine Frau in Betracht kommt, die deutlich geringer qualifiziert ist und dennoch den Vorzug erhält. Gerade für diese Variante, meine Damen, meine Herren von den Grünen, sieht Ihr Entwurf jedoch weder eine Relativierung noch eine Öffnungsklausel vor, weshalb er gegen das Grundgesetz verstößt.
(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach!)
All das von mir Gesagte ist keine freie Erfindung, sondern geht zurück auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes.
(Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Von Männern!)
Gemäß EuGH sind Frauenquoten nur dann verfassungs- und europarechtskonform, wenn sie erstens einen Bereich betreffen, in dem Frauen unterrepräsentiert sind, wenn zweitens die Regelung den Frauen nur dann den Vorrang einräumt, wenn sie gleichermaßen qualifiziert und geeignet sind, und wenn drittens eine Härtefallregelung für den Fall formuliert ist, dass in der Person des männlichen Bewerbers besondere persönliche Gründe vorliegen, eine Behinderung zum Beispiel, die unter Umständen überwiegen. All das regelt Ihr Entwurf nicht.
Die genannten Voraussetzungen hat der EuGH im Bereich des öffentlichen Dienstes entwickelt. Sie müssen also umso mehr für den Bereich der Privatwirtschaft gelten, der mit weitaus mehr Grundrechten durchdrungen ist.
Ihre Idee der Nichtigkeit von Beschlüssen nicht quotengerecht besetzter Aufsichtsräte – das ist Ihr neuer § 255 a des Aktiengesetzes – geht viel zu weit. Ihr Gesetz zur geschlechtergerechten Besetzung von Führungsebenen ist zu unbestimmt, wenn Sie Zuwiderhandlungen im dortigen § 5 noch mit Ordnungswidrigkeiten belegen.
Zu guter Letzt: Das Gleichstellungskonzept zielt auch auf eine Quote für Vorstände ab. Da aber ein Vorstand von den Aufsichtsräten besetzt wird, müssten Sie zunächst einmal abwarten, ob eine Quotenregelung in den Aufsichtsräten nicht mittelfristig dazu führt –
Herr Kollege Hoffmann, darf ich auch Sie an die vereinbarte Redezeit erinnern?
– danke; das ist schon das Ende, Herr Präsident –, dass die Vorstände im Laufe der Zeit zunehmend von Frauen besetzt sind. Ein Grundrechtseingriff muss immer das letzte Mittel sein.
Aufgrund meiner Ausführungen werden Sie Verständnis dafür haben, dass wir Ihren Gesetzentwurf nicht mittragen können.
(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollen überhaupt keinen Gesetzentwurf zur Quote!)
Wenn die Wirtschaft nicht liefert, müssen wir eine Regelung finden; dann aber bitte verfassungskonform.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Gabriele Hiller- Ohm [SPD]: Mein Hahn im Korb sind Sie nicht mehr! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ich will Frau Pawelski wiederhaben!)
Damit ist die vereinbarte Rednerliste abgearbeitet.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3595532 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 46 |
Tagesordnungspunkt | Geschlechtergerechte Besetzung von Führungsgremien |