André BergheggerCDU/CSU - Fortentwicklung des Meldewesens
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir beraten abschließend über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Fortentwicklung des Meldewesens; der Titel ist so kompliziert, dass man ihn aufschreiben muss, um ihn fehlerfrei vorzutragen.
Wir werden mit diesem Änderungsgesetz verschiedene Veränderungen vornehmen und dafür sorgen, dass sie reibungslos in das Melderecht eingefügt werden. Dabei geht es insbesondere um die steuerliche Gleichstellung von Ehen und Lebenspartnerschaften, die mit diesem Änderungsgesetz nachvollzogen werden soll. Trotz dieser fortgeschrittenen Stunde werden wir eine ausführliche Debatte führen. Ich glaube, das ist angesichts der Vorgeschichte gut und richtig so.
Der Bundesrat hat uns gebeten, zu prüfen, wie bei Kirchen beschäftigte Personen, die eine Lebenspartnerschaft führen, und wiederverheiratete Geschiedene in ihren Interessen geschützt werden können; denn diese Lebenssituationen können Loyalitätsverstöße gegen kirchliche Vorschriften darstellen. Das heißt, sie können arbeitsrechtliche Relevanz haben. Das war – so habe ich die Debatte wahrgenommen – der einzig wesentliche Diskussionspunkt zwischen den Parteien.
Einige Stichworte zum Verfahren, wie es bisher gelaufen ist. Der Leiter des Kommissariats der deutschen Bischöfe, Prälat Dr. Jüsten, hat uns schriftlich mitgeteilt, dass die katholische Kirche die von den Meldebehörden übermittelten Daten, also auch den Personenstand, nicht für arbeitsrechtliche Zwecke nutzt. Im Dialog mit der katholischen Kirche haben wir mehrere Gespräche geführt, auch unter Einbeziehung der Oppositionsparteien. Wir haben auf Wunsch der Oppositionsparteien eine Sachverständigenanhörung im Innenausschuss durchgeführt. Das heißt, wir wollen alle einbeziehen. Wir wollen uns umfassend über dieses Thema informieren und eine ausgewogene Lösung finden. Ich denke, inhaltlich haben wir eine gute Lösung gefunden, wie auch die Debatte im Innenausschuss gezeigt hat.
Aber dennoch ein Hinweis auf das geltende Recht. Nach dem Zweckbindungsgrundsatz sind im Datenschutzrecht die Betroffenen schon jetzt geschützt; denn Daten dürfen nach diesem Grundsatz nur zu dem Zweck verwendet werden, zu dem sie auch erhoben bzw. übermittelt worden sind. Das ist in diesem Fall das Steuerrecht, aber nicht das Arbeitsrecht.
Die schriftliche Zusage von Prälat Jüsten hat sich in den Gesprächen und in der Sachverständigenanhörung bestätigt, aber dennoch wollen wir natürlich die Sorgen und Nöte ernst nehmen. Deswegen wird es eine Ergänzung geben. Es wird eine rechtsverbindliche Klarstellung in den kirchlichen Amtsblättern der Bistümer geben, also einen Hinweis, dass die Meldedaten nicht für arbeitsrechtliche Zwecke genutzt werden dürfen.
Mit dieser Regelung hätte ich mich gut einverstanden erklären können. Sie wäre aus unserer Sicht ausreichend gewesen. Dennoch werden wir einen Änderungsantrag vorlegen, mit dem in § 42 des Bundesmeldegesetzes eine Klarstellung aufgenommen wird. Darin wird aufgenommen, dass die übermittelten Daten nicht für arbeitsrechtliche Zwecke genutzt werden dürfen. Wichtig ist aus unserer Sicht, dass hierdurch keine neuen Pflichten begründet werden. Das ist eine rein deklaratorische Änderung. Das ist eine angemessene Regelung.
Wir greifen diese Regelung nicht auf – Herr Beck, ich greife Ihnen wahrscheinlich vor, das haben Sie auch im Innenausschuss gesagt –, weil Sie die Sachverständigenanhörung beantragt haben, sondern weil wir von Anfang an Fragen und Unklarheiten vermeiden wollen. Deswegen erfolgt diese Klarstellung im Bundesmelderecht.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vor zwei Wochen wollten Sie das noch unverändert verabschieden!)
– Gemach, gemach. – Noch ein Hinweis an dieser Stelle. Die Kirchen haben aus dem verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrecht gewissermaßen einen Anspruch darauf, vom Staat die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Daten und damit auch die Personenstandsdaten zu erfahren; denn die Familienstandsdaten brauchen sie zur Steuererhebung. Wir werden den Änderungsantrag der Grünen ablehnen. Er ist aus unserer Sicht viel zu weitgehend. Er ist nicht erforderlich und verfassungsrechtlich, höflich formuliert, sehr bedenklich.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Axel Schäfer [Bochum] [SPD])
Bei mir – ich darf Sie noch einmal ansprechen, Herr Beck – verfestigt sich der Eindruck, dass es Ihnen in dieser Debatte eigentlich gar nicht um das Melderecht geht, sondern Sie stellen – so haben Sie es in den Gesprächen immer wieder betont – auf das Staatskirchenrecht ab. Ich vermute – das ist mein Eindruck –, dass Sie wesentliche Elemente des Staatskirchenrechts infrage stellen. Das hat aber nichts mit diesem Melderecht zu tun, sondern das muss an geeigneter Stelle thematisiert werden.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben wir in der letzten Wahlperiode auch getan!)
Lassen Sie uns hier über das Melderecht reden und das Staatskirchenrecht an der geeigneten Stelle diskutieren. Deswegen werbe ich um den aus meiner Sicht angemessenen Vorschlag der Änderung des Melderechtes.
Wir werden auf Wunsch der Länder das Inkrafttreten des Gesetzes vom 1. Mai auf den 1. November 2015 hinausschieben. Das ist eine angemessene Lösung.
Herzlichen Dank für das freundliche Zuhören.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Für die Linken spricht jetzt der Kollege Frank Tempel.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3595879 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 46 |
Tagesordnungspunkt | Fortentwicklung des Meldewesens |