Tim OstermannCDU/CSU - Fortentwicklung des Meldewesens
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir widmen uns heute zum zweiten Mal und damit abschließend der Fortentwicklung des Meldewesens. Ich habe es jetzt etwas abgekürzt. In meiner letzten Rede hatte ich noch voller Hoffnung angekündigt, dass wir die Beratungen zu diesem Gesetz effektiv und zügig abschließen werden. Das ist bedauerlicherweise nicht eingetreten.
Unstrittig ist die Umsetzung einiger Vorschläge, die der Bundesrat eingebracht hat. Dazu zählt einerseits die Ergänzung der Datenübermittlung an öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften um die letzte frühere Anschrift der Mitglieder und Familienangehörigen und andererseits die einmalige Übermittlung des Datenbestandes zur Inbetriebnahme der regelmäßigen Datenübermittlung.
Ein Punkt war und ist jedoch strittig: das Ansinnen des Bundesrates, für Kirchenbeschäftigte, die eine Lebenspartnerschaft führen oder als Geschiedene eine zweite Ehe eingegangen sind, ein Sonderrecht zu schaffen, das die Übermittlung von diesbezüglichen Daten an die Kirchen verhindert. Damit sollen mögliche arbeitsrechtliche Konsequenzen vermieden werden.
Dies hat zu reichlich Diskussionen und sogar einer öffentlichen Anhörung des Innenausschusses geführt. Ich habe schon meine Zweifel, ob dies wirklich alles notwendig war; denn schon jetzt dürfen die Kirchen die übermittelten Meldedaten nicht für arbeitsrechtliche Zwecke einsetzen, und sie tun es auch nicht. Dies wurde uns von Prälat Jüsten, dem Leiter des Kommissariats der deutschen Bischöfe, versichert, und zwar glaubhaft und mehrfach. Schließlich bewegen sich die Kirchen nicht im rechtsfreien Raum. Sie unterliegen ebenfalls Datenschutzbestimmungen und weiteren Vorschriften.
Man konnte bei den Beratungen dieses Gesetzentwurfs den Eindruck gewinnen, dass die Grünen die Kirchen, insbesondere die katholische Kirche, unter den Generalverdacht der datenschutzrechtlichen Untreue stellenwollen. Aus der Thematik wurde ein Politikum sondergleichen gemacht. Der Tiefpunkt war die Anhörung, in der der von Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Grünen-Fraktion, benannte Sachverständige das Melderecht zum Vehikel für eine Generalabrechnung mit der katholischen Kirche machte.
(Stephan Mayer [Altötting] [CDU/CSU]: Genau so war es!)
Diese Äußerungen gehörten dort nicht hin. Schließlich saß man nicht in einem kirchenpolitischen Seminar der Heinrich-Böll-Stiftung, sondern in einer Anhörung des Deutschen Bundestages zum Meldewesen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie haben dann – auch das haben wir schon gehört – einen Änderungsantrag vorgelegt, nach dem die Meldedaten nur dann übermittelt werden dürfen, wenn die Kirchen zuvor ausdrücklich erklärt haben, keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen aufgrund eines bestimmten Familienstandes zu ziehen. Es hat sich schnell herausgestellt, nicht zuletzt in der Anhörung, dass eine solche Regelung verfassungswidrig wäre. Sie wäre verfassungswidrig, weil es ein im Grundgesetz garantiertes Selbstbestimmungsrecht der öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften gibt. In dieses Recht würde mit Ihrer Regelung in unzulässiger Weise eingegriffen.
(Zuruf des Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Hinzu kommt, dass Ihr Vorschlag auch rechtssystematisch daneben ist, Herr Beck. Sie wollen eine arbeitsrechtliche Frage im Melderecht regeln.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)
Das müssen Sie einmal denjenigen erklären, die dieses Recht anwenden müssten. Aber dies alles ficht Sie in keiner Weise an.
Als Ergebnis der langen Diskussionen steht nun zu Buche – das soll hier nicht unerwähnt bleiben –, dass die Einführung des Bundesmeldegesetzes um ein halbes Jahr verschoben werden muss. Aus meiner Sicht kann man hier schon von einem schuldhaften Zögern sprechen; denn man konnte nicht den Eindruck gewinnen, dass es den Grünen in erster Linie um das Melderecht ging. Stattdessen haben sie den parlamentarischen Beratungsprozess zu diesem konkreten Gesetzgebungsvorhaben dazu benutzt, eine Fehde mit der katholischen Kirche auszutragen. Die vielen Vorteile, die das neue Melderecht bringen wird, nämlich die Senkung der Bürokratiekosten, wodurch die Wirtschaft laut Bundesinnenministerium jährliche Kosten im dreistelligen Millionenbereich einspart, aber auch die Bekämpfung von Scheinanmeldungen – dies alles kann nun erst verspätet starten.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn Sie nicht getrödelt hätten!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, so viel Freude uns allen die Beschäftigung mit dem Meldewesen bereitet, lieber Herr Beck, ist es dennoch auch ein Grund zur Freude, dass wir die Debatte mit unserem heutigen Beschluss zum Änderungsgesetz endlich abschließen können.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3595887 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 46 |
Tagesordnungspunkt | Fortentwicklung des Meldewesens |