04.07.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 47 / Tagesordnungspunkt 11

Christian LangeSPD - Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr die im Jahr 2011 überarbeitete Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr umsetzen. Dabei bestand durchaus Zeitdruck; denn die Umsetzungsfrist ist, wie Sie wissen, seit über einem Jahr abgelaufen, und die EU-Kommission hat bereits ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.

Der Entwurf hat das Ziel, eine bessere Zahlungsdisziplin im Geschäftsverkehr zu fördern. Wir wollen vor allen Dingen Handwerk und Mittelstand davor schützen, dass sie ihren verhandlungsstärkeren Auftraggebern zur Begleichung des Entgelts oder zur Überprüfung der Ware lange Fristen einräumen und damit praktisch kostenlosen Kredit gewähren müssen. Vor allem diese Unternehmen können sehr schnell in eine finanzielle Schief- oder gar Notlage geraten, wenn sie gegenüber ihrem Geschäftspartner in Vorleistung gehen und zu lange auf ihr Geld warten müssen, während sie ihre eigenen Zahlungsverpflichtungen sofort erfüllen müssen.

Der Entwurf beschränkt deshalb das Recht, vertraglich Zahlungs-, Abnahme- und Überprüfungsfristen zu vereinbaren. Dies gilt vor allem für Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Nach den intensiven Diskussionen, die schon in der letzten Wahlperiode geführt worden sind, sind wir der Überzeugung, dass es sachgerecht ist, Klauseln im Zweifel als unwirksam anzusehen, in denen sich ein Schuldner vorbehält, erst nach mehr als 30 Tagen zu zahlen. Der Entwurf weicht damit geringfügig von den Vorgaben der Richtlinie ab, die eine solche 30-Tage-Frist nur für öffentliche Auftraggeber als Zahlungsschuldner vorsieht.

Eine dramatische Verschärfung der geltenden Rechtslage ist dabei freilich nicht zu befürchten; denn schon heute orientiert sich die Rechtsprechung bei der Beurteilung der Wirksamkeit einer solchen Klausel an besagter 30-Tage-Frist. Der Entwurf bleibt vielmehr dem schon geltenden hohen Schutzniveau des deutschen Rechts treu und vermeidet es, den geltenden Kontrollmaßstab aufzuweichen. Zugleich lässt er genügend Spielraum, um auch künftig die Besonderheiten einer Vertragsbeziehung zu berücksichtigen, die im Einzelfall die Vereinbarung längerer Fristen rechtfertigen.

Dementsprechend wird auch das Recht, Klauseln mit Überprüfungs- und Abnahmefristen zu verwenden, stärker beschränkt. Hier sind Fristen im Zweifel unangemessen, wenn sie mehr als 15 Tage betragen. Vereinbaren die Vertragsparteien individualvertragliche Zahlungs-, Überprüfungs- oder Abnahmefristen, müssen dabei künftig in Übereinstimmung mit der Richtlinie folgende Maßstäbe eingehalten werden:

Erstens. Lässt sich ein Unternehmer eine Zahlungsfrist von mehr als 60 Tagen einräumen, so ist diese Vereinbarung nur wirksam, wenn sie „ausdrücklich getroffen“ und „nicht grob unbillig“ ist.

Zweitens. Dieselben Wirksamkeitsanforderungen gelten, wenn sich Unternehmer oder öffentliche Auftraggeber Überprüfungs- und Abnahmefristen von mehr als 30 Tagen einräumen lassen.

Drittens. Im Hinblick auf vereinbarte Zahlungsfristen gelten, wenn der Zahlungsschuldner ein öffentlicher Auftraggeber ist, wie bereits erwähnt, strengere Anforderungen; Stichwort: Vorbildfunktion der öffentlichen Hand. Eine Frist von mehr als 30 Tagen ist nur dann wirksam, wenn sie „ausdrücklich getroffen“ und „sachlich gerechtfertigt“ ist. Eine Zahlungsfrist von mehr als 60 Tagen ist hingegen in jedem Fall unwirksam.

Diese Regeln sollen nun also in der Praxis umgesetzt werden. Hierzu wird beitragen, dass Unternehmensverbände das Recht haben werden, Ansprüche auf Unterlassung von gesetzeswidrigen AGB oder entsprechende Geschäftspraktiken gerichtlich geltend zu machen. Kleine und mittlere Unternehmen erhalten damit Unterstützung bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche. Genau das wollen wir, meine Damen und Herren.

Die neuen Regelungen sollen nun möglichst schnell in Kraft treten. Sie sollen auch für bereits bestehende Dauerschuldverhältnisse gelten. Es wäre nicht mit dem Ziel des Schutzes der Gläubiger vereinbar, weit in die Zukunft hinein an vereinbarten Zahlungs-, Überprüfungs- oder Abnahmefristen festzuhalten, die nach neuem Recht nicht mehr möglich wären. In diesen Fällen soll das neue Recht gelten, sofern die Leistung, für die ein Zahlungsziel vereinbart wurde, nach dem 30. Juni 2016 erbracht wurde. Diese lange Übergangsfrist lässt hinreichend Zeit, um bestehende Rahmenverträge anzupassen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Zahlungsmoral zu verbessern, ist das Ziel. Ich glaube, dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung dafür sorgen wird, dass Deutschland auch zukünftig ein verlässlicher Rechtsstandort für Schuldner und Gläubiger sein wird, und bitte Sie um Ihre Unterstützung und Zustimmung.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. – Nächster Redner ist für die Fraktion Die Linke der Kollege Richard Pitterle.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3596986
Wahlperiode 18
Sitzung 47
Tagesordnungspunkt Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr
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