Silke LaunertCDU/CSU - Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In diesen Tagen hört man in den Medien und in der politischen Diskussion oft, wie wichtig es ist, die deutsche Wirtschaft zu schützen, und dass wir sie doch nicht über die Maßen belasten dürfen. Was aber oft übersehen wird, ist: Was ist die deutsche Wirtschaft? Was macht das Gros der deutschen Wirtschaft aus? Genau das sind nämlich die kleinen und mittelständischen Unternehmen.
Zwei Drittel aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze werden von diesen gestellt. Sie sind oft noch familiengeführt, identifizieren sich oft in besonderer Weise mit ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und der Region, in der sie ansässig sind, und unterstützen vor Ort kulturelle Einrichtungen und Sportvereine. Deshalb ist es so wichtig, dass man diese kleinen und mittelständischen Unternehmen im Blick hat; denn, wie schon angesprochen, sie sind nicht nur das Fundament der Wirtschaft, sondern eine tragende Säule unserer Gesellschaft.
Deshalb müssen wir bei allen Entscheidungen, die wir in diesem Parlament treffen, besonders auf die Interessen dieser kleinen und mittelständischen Unternehmen Rücksicht nehmen. Ich freue mich daher, dass das mit dem Gesetz zur Bekämpfung des Zahlungsverzugs im Geschäftsverkehr gelungen ist, weil wir genau auf die Interessen dieser Gruppe achten.
Wir setzen eine EU-Richtlinie um, die das Ziel hat, die Zahlungsmoral zu verbessern. Das ist gut, wir haben es schon mehrfach gehört. Wenn jemand ewig nicht zahlt, ist die Gefahr für den, der geliefert hat, groß, in Insolvenz zu kommen. Oft stehen kleine Unternehmen der Marktmacht des größeren Unternehmens gegenüber und lassen sich deshalb auf Zahlungsfristen ein, die sie eigentlich gar nicht tragen können. Aber man will halt den Auftrag nicht verlieren. Dem wollen wir einen Riegel vorschieben. Wir wollen grundsätzlich die Zahlungsfristen begrenzen, bei Individualverträgen auf 60 Tage, bei den Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf 30 Tage. Das heißt, bei diesen vorformulierten Bedingungen, bei denen das Risiko, dass man etwas unterschreibt, was man nicht so genau gelesen hat, größer ist, will man strengere Anforderungen stellen. Das finde ich auch gut so.
Natürlich ist es trotzdem möglich, im Einzelfall Verträge über einen längeren Zeitraum individuell auszuhandeln. Aber – und genau da schafft der Entwurf Klarheit – das muss ausdrücklich geregelt sein, und es darf im Hinblick auf die Belange des Gläubigers nicht grob unbillig sein. Hier haben wir für Rechtssicherheit und Schutz gesorgt.
Wir haben bewusst auf Branchenausnahmen verzichtet, was natürlich nicht heißt, dass es sich aus der Natur des Geschäfts nicht auch einmal ergeben kann, dass man längere Fristen hat; das kann ja auch im Interesse des Gläubigers sein. Aber wir setzen da ein Stoppschild, wo die Regelung zum Nachteil des Gläubigers ist und letztlich der Vertragspartner seine Marktmacht ausnutzt.
Ein Stoppschild setzen wir auch bei den Abnahme- oder Überprüfungsfristen. Grundsätzlich wollen wir diese in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf maximal 15 Tage nach Leistungserhalt begrenzen. Gleichzeitig läuft ab Leistungserhalt auch die Zahlungsfrist. Wir wollen verhindern, dass man durch das Aneinanderreihen dieser Fristen die Zahlungsfrist insgesamt verlängert. Davon profitieren das Baugewerbe und das Handwerk, diejenigen, die in der Praxis in besonderer Weise von Insolvenzen betroffen sind, wenn nicht gezahlt wird. Das sind auch diejenigen, die sehr häufig wochen-, manchmal monatelang mit Materialien und Lohnkosten in Vorleistung gehen.
Ein weiterer Aspekt ist die Entschädigung für die Beitreibungskosten. Immer wenn jemand nicht zahlt, muss der andere seinem Geld hinterherrennen. Das ist aufwendig und kostet Geld, nämlich Anwalts- und Inkassogebühren. Die in der Richtlinie angemahnten Maßnahmen haben wir in Deutschland zum Teil schon umgesetzt. Wenn jemand in Zahlungsverzug ist und einen Schaden verursacht, hat der andere einen Schadensersatzanspruch. Nur, wie sieht die Praxis aus? Ich muss den Schaden beweisen. Ich muss vor Gericht und ihn einklagen. Oft ist es in der Praxis aber so, dass der Schaden sich nur auf einen kleineren Betrag beläuft. Ein kleines oder mittelständisches Unternehmen, das keine Rechtsabteilung hat, scheut oft vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung; es scheut die Beweissituation. Oder es kommt zu Gerichtsverfahren mit kleinen Beträgen. Für diese Fälle haben wir jetzt eine Neuregelung: Wir sehen einen pauschalen Schadensersatzanspruch in Höhe von 40 Euro vor. Das ist praktikabel. Ich hoffe, dass dadurch einige Verfahren vermieden und die Gerichte entlastet werden.
Ein weiterer Aspekt, der heute, glaube ich, noch nicht angesprochen wurde, ist die Anhebung des Verzugszinses auf 9 Prozent. Bei der derzeitigen Zinssituation ist jedem klar: Das könnte durchaus die Zahlungsmoral stärken.
Ich gehe davon aus, dass dieses Gesetz insgesamt die Zahlungsmoral stärken wird. Deshalb bitte ich Sie alle, zuzustimmen. Alle reden vom Mittelstand. Ich bitte Sie: Lassen Sie uns hier und heute ganz konkret etwas für den Mittelstand tun.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Als nächste Rednerin hat die Kollegin Eva Bulling- Schröter das Wort.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3597035 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 47 |
Tagesordnungspunkt | Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr |