04.07.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 47 / Tagesordnungspunkt 11

Oliver KrischerDIE GRÜNEN - Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ehrlich gesagt, bin ich entsetzt darüber,

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Was? Sie sind immer entsetzt!)

dass kein einziger der 500 Abgeordneten der Großen Koalition den Mut hat, hier nach vorne zu kommen und einmal etwas zu dem EEG-Desaster zu sagen, das Sie gerade dabei sind zu reparieren. Das ist unglaublich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Vor einer Woche hat Sigmar Gabriel hier gestanden und hat jeden zum Querulanten erklärt, der den Anspruch hat, nicht nur fünf Seiten Vorblatt zu lesen, sondern ein 204-seitiges Gesetz komplett lesen zu wollen. Heute steht er vor den Trümmern dessen, was er hier erzählt hat.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Da frage ich mich: Was ist das für ein Demokratieverständnis, wenn hier nicht einmal der Herr Großwesir Wirtschaftsminister sitzt, nicht einmal das Wirtschaftsministerium vertreten ist und Sie hier alleine gelassen werden, um die Trümmer dieser Politik zu beseitigen, meine Damen und Herren? Was ist das für ein Parlamentsverständnis?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Ich kann Ihnen sagen: Hätten Sie auf die Vorschläge der Opposition, hätten Sie auf meine Kollegin Britta Haßelmann gehört, die Ihnen gesagt hat: „Lassen Sie uns eine Anhörung machen, lassen Sie uns fünf Tage Zeit nehmen“, dann wäre dieses Desaster nicht passiert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Das haben Sie arrogant weggebügelt. Jetzt stehen Sie da und müssen hier eine peinliche Reparaturnummer machen und haben nicht einmal die Größe, sich bei den Kollegen dafür zu entschuldigen, deren Gesetz hier gekapert wird. Das ist ein absolutes Unding.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist Piratensprache: „kapern“! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist Ihnen noch gar nie passiert in Ihrer Regierungszeit? – Marcus Held [SPD]: Seien Sie doch nicht so aufgeregt, Herr Krischer!)

Das eine, was Sie gemacht haben, muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Sie haben nonchalant einen Eingriff in den Bestand vorgenommen, der dazu geführt hätte, dass 1 000 Biogasanlagen in Deutschland in die Insolvenz getrieben worden wären. Das haben Sie mit Ihrem Verfahren in Kauf genommen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie das jetzt notdürftig reparieren, zusammen mit angeblichen redaktionellen Fehlern, die keine redaktionellen Fehler sind, sondern auch substanzielle Fehler, dann ist das keine Glanzleistung,

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Jetzt mal zur Sache! – Marcus Held [SPD]: Genau! Zur Sache!)

sondern dann ist das schiere Notwendigkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Jetzt mal zum Zahlungsverkehr!)

Sie machen aber dann noch etwas: Sie ändern die Stichtagsregelung im EEG. Das hätten Sie auch vor einer Woche machen können. Vor einer Woche war der Sachverhalt genau der gleiche. Sie packen aber dieses Gesetz durch die Fehler, die Sie produziert haben, noch einmal an einer Stelle inhaltlich an. Da fragt man sich ja: Warum an dieser Stelle, bei den Biomethananlagen?

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Damit Sie sich aufregen können!)

Ich habe gar nichts dagegen. Aber warum packen Sie die Stichtagsregelung nicht insgesamt an, so wie es der Bundesrat mit großer Mehrheit gefordert hat?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Warum ändern Sie nicht all die anderen Dinge, die in diesem Gesetz falsch sind? Das frage ich Sie, meine Damen und Herren von der Großen Koalition.

Ich will Ihnen die Antwort liefern, warum das so ist: Die Union hat gemoppert. Sie hat intern gemoppert über dieses desaströse Verfahren.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Was heißt denn „gemoppert“? Können Sie das mal erklären?)

Sie haben dann ein kleines Bonbon eingefordert. Das mussten der Herr Wirtschaftsminister und die Sozialdemokraten Ihnen liefern. Deshalb gab es für die CSU noch ein Geschenk bei den Biogasanlagen; denn die wollten das haben. Das ist Politik, wie sie die Große Koalition macht. Es geht nicht mehr um die Sache, sondern es geht einfach nur noch darum: Wie kommt man zum besten Deal, damit man das Gesicht wahrt?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das, meine Damen und Herren, ist nicht in Ordnung. Das sage ich in aller Deutlichkeit.

(Zuruf von der CDU/CSU: Sie moppern hier zu viel! Hören Sie auf zu moppern!)

Wenn man das EEG insgesamt sieht, dann merkt man: Sie stehen ja absolut vor dem Desaster. Wir haben gestern gehört: In Brüssel ist nichts geregelt.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Hören Sie jetzt mal auf zu moppern!)

Herr Almunia ist nicht bereit, das an der Stelle zu akzeptieren. Es ist völlig offen, ob das Gesetz am 1. August in Kraft treten kann. Das heißt, Ihre ganze Brechstangenpolitik hat überhaupt nichts gebracht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann haben Sie noch Herrn Oettinger, der qua Amt das deutsche EEG eigentlich schützen sollte;

(Dr. Patrick Sensburg [CDU/CSU]: Was hat denn das jetzt mit dem Zahlungsverzug zu tun?)

nach dem Urteil des EuGH in der letzten Woche hätte er auch allen Grund, das zu tun. Was erzählt Herr Oettinger, dem Sozial- und Christdemokraten sowie Christsoziale eine Laufzeitverlängerung geben? Er erzählt, das EEG sei nicht mehr reformierbar und gehöre abgeschafft. Wer solche Freunde in der EU-Kommission hat, der braucht keine Feinde mehr, wenn es um die deutsche Energiewende geht.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Deswegen brauchen wir Sie!)

Das muss an der Stelle einmal klar gesagt werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Schluss mit dem Moppern jetzt!)

Meine Damen und Herren, wir werden selbstverständlich der notwendigen und überfälligen Reparatur des EEG an der einen Stelle zustimmen.

(Zurufe von der CDU/CSU: Ah! – Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Das ändert aber nichts daran, dass dieses Gesetz ein Desaster ist,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

ein Desaster für die Energiewende, für die Investitionssicherheit, für die Branche der erneuerbaren Energien, für den Klimaschutz und für die Bürgerenergien.

(Marcus Held [SPD]: Im Gegenteil!)

Da kommen Sie nicht mehr raus, auch nicht mit Ihrem unwürdigen Verfahren in diesem Parlament. Ich hoffe nur, dass Leute zum Gericht gehen und das problematisieren werden, was Sie hier veranstalten.

Ich danke Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Marcus Held [SPD]: Ha! Gegen die deutsche Wirtschaft! Ja, das ist die klare Ansage! – Gegenruf des Abg. Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Nein, gegen euren Murks, nicht gegen die Wirtschaft!)

Als letzter Redner in dieser Debatte hat der Kollege Heider das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3597071
Wahlperiode 18
Sitzung 47
Tagesordnungspunkt Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr
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