Matthias HeiderCDU/CSU - Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Krischer, wer hätte das gedacht, dass Sie einmal versuchen, zum Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug zu reden.
(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben das doch aufgesetzt! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist das EEG da drin oder nicht?)
– Natürlich haben wir das aufgesetzt. Ich finde es völlig in Ordnung – bei allen Aufgeregtheiten heute –, dass wir dann, wenn vor der Sommerpause die Notwendigkeit besteht,
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Notwendigkeit? Ihre Trümmer!)
redaktionelle Fehler zu korrigieren, Gleichlauf mit Übergangsvorschriften herzustellen und Korrekturen im Sinne der Rechtssicherheit vorzunehmen, das an dieser Stelle machen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sie haben uns doch gerade gesagt, dass Sie zustimmen wollen. Wo ist das Problem?
Sie haben das einmal als Omnibusgesetz bezeichnet, ein Verfahren, das jetzt genutzt wird. Selbst die Opposition fährt gern Omnibus. Ich kann mich noch gut erinnern, meine Damen und Herren, dass Sie uns hier im letzten Jahr, als es um ein Gesetz gegen den Missbrauch im Geschäftsverkehr ging, Änderungsanträge präsentiert haben, die Ihre Meinung zur Mietpreisbremse und zur Abgeordnetenbestechung enthielten. Da haben Sie auch ganz vorn im Omnibus gesessen. Das ist ein Verfahren, das zwar parlamentarisch nicht besonders schön ist, aber das man zur Not auch einmal wählen kann.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU], an die SPD gewandt: Da müsst ihr auch klatschen!)
Meine Damen und Herren, damit kommen wir wieder zum eigentlichen Thema des Gesetzes zurück. Der Entwurf aus der letzten Legislaturperiode unterschied nicht zwischen Individualvereinbarungen und den für die Wirtschaft wichtigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Außerdem sah der Entwurf eine Zahlungsfrist von 60 Tagen für alle vor, für Verbraucher und Unternehmer. Jedenfalls im Handwerk und auch in der Bauwirtschaft wäre das keine Verbesserung gewesen, und das hätte eher zu einer Verschlechterung der Zahlungsmoral geführt.
Jetzt kommen wir zu den 30 Tagen. Das Gesetz bringt natürlich auch für andere Branchen Veränderungen. Es muss sich noch zeigen, ob das für Automobilindustrie und Handel eine gute Regelung ist. Ausgesprochen positiv wird sie sich für Handwerk und Bauwirtschaft auswirken. Die anderen Branchen haben Strukturen, die wir in Zukunft genauer beobachten müssen.
Im Handwerk und in der Bauwirtschaft werden überwiegend Werkverträge vereinbart. Bei solchen ist der Gläubiger der Entgeltforderung vorleistungspflichtig. Daher sind kurze Zahlungsfristen okay. In der Automobilwirtschaft dagegen werden zwischen Automobilhersteller und Zulieferer zumeist Verträge geschlossen, auf die das Kaufrecht, Herr Kollege Wiese, Anwendung findet. Auch bei Werklieferungsverträgen ist das so. Die Zahlungen, die dort in einem rollierenden Gutschriftensystem jeweils zum Ende des nächsten Monats ausgelöst werden, sehen im Detail etwas anders aus, sodass man das alles nicht über einen Leisten schlagen sollte. Wir müssen aufmerksam beobachten, wie das läuft.
Auch im Einzelhandel haben wir meistenteils Kaufrecht. Hier liegt das Problem darin, dass Einzelhändler, die Ware von Einzelhändlern oder Lieferanten kaufen, nicht absehen können, in welchem Zeitraum sie die Ware absetzen. Daher muss die Ware zwischenfinanziert werden. Ich wage, heute zu prognostizieren, dass sich das über kurz oder lang auf die Verbraucherpreise auswirken wird.
Trotzdem ist das Gesetz, so wie es jetzt ausgestaltet ist, ein gutes Gesetz. Es hilft dem Mittelstand. Ich hoffe, dass es bei den Branchen, die vom Volumen her größer sind und im internationalen Rechtsverkehr besondere Bedürfnisse haben, möglich sein wird, entsprechende Individualvereinbarungen zu treffen. Ob das möglich ist, ist die Frage. Wir haben natürlich das Problem, Herr Staatssekretär, dass wir uns mit dieser gesetzlichen Regelung von den anderen Mitgliedstaaten in Europa deutlich abheben. Auch da werden wir beobachten müssen, ob sich das Gesetz auf die Wahl deutschen Rechts für Lieferverträge und auf den Rechtsstandort Deutschland auswirken wird. Ich kann das, genau wie Sie, heute nicht absehen. Aber wir tun gut daran, uns die beiden Branchen anzusehen.
Es ist gut, dass noch eine Änderung hinzugekommen ist, wonach alle Marktbeteiligten die Möglichkeit haben, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen bis zum Jahr 2016 anzupassen. Im Juni 2016 müssen diese Anpassungen vollzogen sein. Ich glaube, dass diese Übergangsfrist ausreichend ist, um für die Branchen, die Unternehmen, aber auch die Verbraucher etwas im Sinne der Zahlungssicherheit und der Zahlungsschnelligkeit zu tun. Damit gehen wir in die Sommerpause. Nach der Sommerpause werden wir mit den Beobachtungen beginnen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit schließe ich die Aussprache.
Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr. Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 18/2037, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf den Drucksachen 18/1309 und 18/1576 in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. Wer stimmt dafür? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? – Bündnis 90/Die Grünen. Wer enthält sich? – Das ist die Fraktion Die Linke. Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung angenommen.
Wir kommen zur
und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Wer stimmt dagegen? – Bündnis 90/Die Grünen. Wer enthält sich? – Die Linke. Damit ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen der Koalition angenommen.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Frau Präsidentin, ich hatte Teilung der Abstimmung beantragt! Das ist ganz klar, weil wir beim EEG zustimmen werden! – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU]: Jetzt ist abgestimmt! Ende! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, ich hatte das beantragt!)
Es war Teilung der Abstimmung beantragt. Deshalb bitte ich um Verständnis, dass wir die Abstimmung wiederholen. Wir stimmen zuerst über den Antrag der Teilung ab.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)
– Wir wiederholen die Abstimmung, und zwar geteilt.
Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 18/2037, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 18/1309 in der Ausschussfassung anzunehmen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung?
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Über den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen müssen wir zuerst abstimmen! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Soll ich mal vorschlagen, wie es geht? – Heiterkeit bei der CDU/CSU)
Ich gehe davon aus – so habe ich Frau Haßelmann verstanden –, dass Sie folgende Teilung wollen: auf der einen Seite eine Abstimmung über die Drucksache 18/1309 und auf der anderen Seite eine Abstimmung über die Drucksache 18/1576. Ist das zutreffend, oder ist das nicht zutreffend? Ansonsten müssen Sie mir jetzt bitte kurz erläutern, welche Teilung Sie wollen.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Jetzt macht doch keinen Zirkus!)
Nachdem nun geklärt ist, worüber eine getrennte Abstimmung erreicht werden soll, wiederholen wir die Abstimmung noch einmal. Aller guten Dinge sind drei. Es wird eine getrennte Abstimmung über Artikel 4 gewünscht. Deshalb ziehe ich das jetzt vor. Ich lasse zunächst abstimmen über Artikel 4 auf Drucksache 18/2037. Wer stimmt dafür? – Das sind alle. Wer stimmt dagegen? – Niemand. Wer enthält sich? – Auch niemand. Damit ist Artikel 4 auf Drucksache 18/2037 einstimmig angenommen.
Jetzt lasse ich über den Gesetzentwurf im Übrigen abstimmen, und zwar in der Ausschussfassung, wie es vorhin angekündigt worden ist. Wer stimmt dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zu? – Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? – Bündnis 90/ Die Grünen. Wer enthält sich? – Die Linke. Damit ist der Gesetzentwurf in der Ausschussfassung mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der Linken angenommen worden. Das war die zweite Beratung.
Wir kommen nun zur
und Schlussabstimmung. Wir stimmen jetzt über den Gesetzentwurf insgesamt, so wie wir ihn eben beschlossen haben, ab. Wer stimmt dem Gesetzentwurf, so wie wir ihn in der zweiten Lesung beschlossen haben, zu? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der Linken angenommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit kommen wir jetzt zu den Tagesordnungspunkten 29 a und 29 b:
a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Absicherung stabiler und fairer Leistungen für Lebensversicherte (Lebensversicherungsreformgesetz – LVRG)
b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses (7. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Susanna Karawanskij, Matthias W. Birkwald, Dr. Axel Troost, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE
Lebensversicherungen auf den Prüfstand stellen – Kein Schnellverfahren zu Lasten der Versicherten
Über die Beschlussempfehlung werden wir später namentlich abstimmen. Zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung liegen zwei Änderungsanträge und ein Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke vor.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache 38 Minuten vorgesehen. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat Herr Dr. Michelbach das Wort.
Wenn sich alle Kolleginnen und Kollegen gesetzt haben – ich bitte auch alle Kolleginnen und Kollegen in den ersten Reihen darum –, können wir mit der Aussprache beginnen. – Herr Michelbach, Sie haben das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3597075 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 47 |
Tagesordnungspunkt | Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr |