Mechthild HeilCDU/CSU - Justiz und Verbraucherschutz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen! In allen Debatten zu verbraucherpolitischen Fragen wird immer der gleiche Gegensatz zwischen der Wirtschaft und den Verbrauchern konstruiert. Für meinen Geschmack haben sich leider viel zu viele mit diesem Feindbild gut angefreundet. Ja, es gibt viel zu viele, die das sogar befeuern. Die Wirtschaft auf der einen Seite ruft dann immer: Lasst uns doch in Ruhe. Je weniger Eingriffe, umso besser. – Die Verbraucherverbände und die NGOs auf der anderen Seite sagen uns: Wir brauchen mehr Regeln, wir brauchen ein härteres Durchgreifen bis hin zum Totalverbot von bestimmten Produkten. Nur so können wir die Verbraucher richtig schützen.
Auch heute hören wir Ähnliches. Wir hören, die Dispozinsen müssten gedeckelt werden. Das, Herr Minister Maas, ist nicht Gegenstand unseres Koalitionsvertrags, auch wenn Sie das heute hier so gesagt haben. Wir hören, vermeintlich ungesunde Lebensmittel sollten mit Warnfarben gekennzeichnet werden und dürften nur noch beschränkt beworben werden. Das Gleiche gilt für manche Finanzanlageprodukte. Der Kreativität sind wirklich keine Grenzen gesetzt. Der Politik wird ein ganz langer Wunschzettel vorgelegt: Es soll gebremst, gedeckelt und verboten werden. Das Misstrauen gegenüber der Wirtschaft wird geschürt. Auf der anderen Seite wird die moralische Überlegenheit der eigenen Position nicht mehr infrage gestellt.
Ein Beispiel aus dem großen Forderungskatalog möchte ich Ihnen geben. Wir alle – ich glaube, das ist unstrittig – essen zu süß, zu fettig und zu salzig. Da wir alle unbelehrbar sind, soll das verboten werden. Gefordert wird alles Mögliche – von der Fettsteuer über die Verbannung von Süßigkeiten aus den Regalen bis hin zur Verringerung der Abfüllmenge von Limonaden. Aber glaubt jemand, auch hier von uns, wirklich ernsthaft, dass diese Verbote uns am Ende alle weniger krank, weniger dick oder weniger unglücklich machen? Und: Will irgendjemand von uns in einem solchen Verbotsstaat leben? Ich kann die Frage beantworten: Ich will das nicht. Deshalb kann unsere Antwort nur heißen: Beide Seiten tragen Verantwortung, auf der einen Seite die Wirtschaft, auf der anderen Seite die Kunden. Wir als Koalition entlassen keinen der beiden Partner aus seiner Verantwortung.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wirtschaft und Verbraucher sind keine Gegensätze oder sogar Feinde. Sie bedingen einander. Aber ihr Umgang miteinander braucht bestimmte Regeln. Ich möchte, wenn ich darf, an der Stelle die Verbraucherzentrale Bundesverband zitieren, die wunderbar formuliert:
zu betrachten.
Wir können es uns deshalb nicht leisten, die Dinge anders zu sehen, weil es den Verbrauchern schaden würde. Ich möchte das an einigen Beispielen verdeutlichen:
Am 1. August 2014 ist das neue Honoraranlageberatungsgesetz in Kraft getreten. Neben der klassischen Beratung auf Provisionsbasis können sich nun die Verbraucher auch gegen ein Honorar beraten lassen. So weit, so gut. Ja, es können bei Beratern auch Fehlanreize bestehen. Sie können mehr an ihren eigenen Geldbeutel denken als an den Geldbeutel ihrer Kunden. Aber das gilt für einen Honorarberater genauso wie für einen Berater, der auf Provisionsbasis arbeitet.
Nun hören wir immer wieder Forderungen, die provisionsbasierte Beratung solle komplett abgeschafft werden. Ich finde, das ist völliger Unsinn. Denn wir müssen an die Menschen denken, die sich kein 50- bis 100-Euro-Beratungshonorar pro Stunde leisten können, um zum Beispiel eine Haftpflichtversicherung abzuschließen. Was würde denn mit ihnen passieren?
Wir sind nicht gewählt, um immer neue Regulierungs- oder Verbotsorgien zu betreiben. Das wäre meist sicherlich der einfachere Weg; aber es ist fast immer der falsche Weg. Mit Verboten, mit Deckeln, mit Bremsen werden wir die verbraucherpolitischen Fragen unserer modernen Zeit nicht beantworten – nachhaltig schon gar nicht.
Ich plädiere für eine wissenschaftliche, empirisch fundierte Verbraucherpolitik. Sie greift auf das Sachverständnis von Experten zurück, auf Erkenntnisse aus der Verbraucherforschung und auf die Ergebnisse der Marktbeobachtung, zum Beispiel durch die spezialisierten Verbraucherzentralen. Wir werden einen Sachverständigenrat einrichten. Die Pläne liegen schon, das haben wir eben gehört, in der Schublade des Verbraucherministeriums. Herr Minister, ich würde mich wirklich freuen, wenn sie, wenn sie bei Ihnen schon vorliegen, auch das Licht der Öffentlichkeit erblicken würden, zumal die Arbeit schon im Oktober aufgenommen werden soll.
Wir stellen erneut Gelder für die Verbraucherforschung, nämlich 637 000 Euro, und für die Finanzierung einer Stiftungsprofessur Verbraucherrecht, nämlich 225 000 Euro, zur Verfügung.
Außerdem sorgen wir für eine intensivere Marktbeobachtung durch die Verbraucherzentralen. Wir hatten bereits im letzten Haushaltsjahr, im Jahre 2013, dem vzbv 2,5 Millionen Euro als Anschubfinanzierung für den Finanzmarktwächter zur Verfügung gestellt. Mit diesem Geld können die Verbraucherzentralen erstmals die wertvollen Erkenntnisse, die sie aus ihrer flächendeckenden Beratung erhalten, systematisch erfassen, und die Daten können dann erstmals ausgewertet, analysiert und am Ende auch uns als Politikern zur Verfügung gestellt werden. Diese 2,5 Millionen Euro sind bis jetzt im Haushaltsentwurf 2015 ebenfalls veranschlagt. Ich als Verbraucherschutzbeauftragte der CDU/CSU-Fraktion würde diese Summe natürlich gerne auf die von uns angedachten 4,5 Millionen Euro erhöhen, vorausgesetzt, dass das Modell des Finanzmarktwächters wirklich trägt und wir es in andere Bereiche ausweiten wollen.
Außerdem erhöhen wir die institutionelle Förderung des Verbraucherzentrale Bundesverbandes und stärken damit „die Stimme der Verbraucher“, wie sich dieser Verband selber nennt.
Darüber hinaus gibt es viele Bereiche, in denen wir Verbraucherpolitik gestalten, ohne dass es sich im Haushalt widerspiegelt. Einige Beispiele:
Wir wollen Verbraucherinformationen verständlicher gestalten, zum Beispiel bei den Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder bei den Beratungsprotokollen. Wir wollen eine Diebstahlsperre für Handys durchsetzen. Wir wollen eine transparente Kennzeichnung von homöopathischen Mitteln. Wir sorgen für sichere Lebensmittel, klare Kennzeichnung, artgerechte Tierhaltung und dafür, dass die Bevölkerung bei Verstößen gegen das Lebensmittelrecht frühzeitig und realistisch gewarnt wird. Wir fördern einen gesunden Lebensstil, indem wir die Menschen zu einer gesunden Ernährung, aber auch zu ausreichend Bewegung motivieren. – Das sind nur einige Beispiele. Wir wissen alle, dass Verbraucherschutz eine Querschnittsaufgabe ist und fast alle Politikbereiche betrifft.
Mit unserer Verbraucherpolitik schauen wir aber wirklich über den Tellerrand Deutschlands und auch Europas hinweg. Wir erkennen, dass es Produkte gibt, die eben nicht unter so fairen und nachhaltigen Bedingungen wie bei uns in Deutschland hergestellt werden. Ich denke da zum Beispiel an den Bereich Kleidung. Unser Entwicklungsminister Gerd Müller hat dieses Thema aufgenommen. Gemeinsam mit der Wirtschaft werden Mindeststandards entwickelt. Am Ende soll ein Label stehen, das den Verbrauchern die Entscheidung für einen nachhaltigen Konsum erleichtert.
Das ist ein gutes Beispiel. Wir, die CDU/CSU, die Koalition, sind die verbindende Kraft zwischen den Kunden und der Wirtschaft, und deshalb ist unsere Verbraucherpolitik auch so erfolgreich.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank. – Nächster Redner ist Klaus-Dieter Gröhler, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3847929 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 49 |
Tagesordnungspunkt | Justiz und Verbraucherschutz |