Ulla Schmidt - Gesundheit
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Gröhe! Liebe Frau Staatssekretärin und Beauftragte des Ministeriums! Ich fange fast jedes Mal meine Rede gleich an, zumindest in diesem Jahr, weil wir zwei Haushalte zu beraten haben. Ich bin immer wieder sehr erstaunt darüber, dass, obwohl wir hier fast gebetsmühlenartig erklären, welche Auswirkungen der Gesundheitsfonds hat und was wir im Bereich der Pflege auf den Weg gebracht haben, dieses nicht positiv zur Kenntnis genommen wird. Es geht mir nicht darum, dass uns recht gegeben wird, sondern in diesem Fall muss man zur Kenntnis nehmen, was richtig ist.
Frau Zimmermann, ich beziehe mich jetzt auf Sie, ich könnte mich aber auch auf Frau Deligöz von den Grünen beziehen. Etwas einfach nur zu skandalisieren oder Dinge zu überzeichnen, halte ich für falsch. Sie wollen die Dinge nicht positiv würdigen. Sie haben gesagt, die Pflegepolitik sei fahrlässig, und Sie haben noch anderes kritisiert. Das hat eine fatale Wirkung, weil Sie all das mit Ihrer Kritik überdecken, was von uns tatsächlich auf den Weg gebracht worden ist, was den Menschen Chancen eröffnet, und zwar denen, die gepflegt werden, und denen, die pflegen. Diese Menschen werden in Zukunft darüber informiert, welche Möglichkeiten sie haben und welche Rechte sie bekommen.
Bringen Sie sich bitte in den parlamentarischen Dialog ein, wenn es auch negative Einzelfälle gibt, die zu kritisieren sind. Nehmen Sie aber auch zur Kenntnis, dass die Pflegepolitik, die diese Koalition auf den Weg bringt, weder fahrlässig noch sonst irgendetwas in dieser Art ist.
(Pia Zimmermann [DIE LINKE]: In den Einrichtungen hören Sie was anderes!)
Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass die Einrichtung des Gesundheitsfonds nicht dazu führen wird, dass die Kassen geplündert werden. Ganz im Gegenteil: Das Geld, das jetzt nicht benötigt wird, wurde in den Haushalt eingestellt, um in anderen Bereichen investieren zu können. Das ist auch richtig so.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Ich habe im Rahmen der Haushaltskonsolidierung meiner Stadt, Essen, etwas sehr deutlich gemacht – das mache ich jetzt auch hier –, nämlich dass Konsolidierung, Einsparung oder der Verzicht auf Neuverschuldung nicht das oberste Ziel sind. Das ist auch nicht unbedingt das, was gute Politik ausmacht. Aber Geld einzusparen und auf Neuverschuldung zu verzichten, ergibt doch dann Sinn, wenn man die eingesparten Mittel für andere Projekte verwendet und damit zur Schaffung von sozialer Gerechtigkeit beiträgt.
Gerade im Gesundheitsbereich geht es oft um Querschnittsthemen. Ich bin sehr froh darüber, dass wir mehr in die Bildung investieren. Wir haben es in dieser Koalition geschafft, das Programm „Soziale Stadt“ wieder mit mehr Geld auszustatten. Wir investieren Geld, um Umweltschäden zu verhindern. Ich nenne als Beispiel die Sanierung von Bahnschienen zur Lärmreduzierung oder andere Maßnahmen, die vor Verkehrs- oder Fluglärm schützen.
Warum sage ich das? Investitionen in Bildung haben gerade im Gesundheitsbereich große Auswirkungen. Es gibt einschlägige Literatur, die deutlich macht, dass gerade die Menschen, die ausgebildet, informiert und aufgeklärt sind, wesentlich gesundheitsbewusster als andere Menschen sind und mehr für ihre Gesundheitsvorsorge tun. Insofern ist die Investition in Bildung und Aufklärung genau die richtige Investition.
Ich möchte noch einmal darauf zurückkommen, dass die Pflegepolitik fahrlässig sei. Frau Zimmermann, es ist gerade von meinen Fachkollegen sehr ausführlich, aber auch vom Minister deutlich dargelegt worden, welche Dinge in diesem Jahr noch angegangen werden sollen. Wir als Haushälter haben die Aufgabe, all das, was die Fachpolitiker und auch das Ministerium im Laufe des Jahres auf den Weg bringen, nachzuvollziehen und dafür zu sorgen, dass das auch tatsächlich im Haushalt umgesetzt wird. Weil das inhaltlich schon diskutiert wurde, belasse ich es jetzt bei der Aufzählung von Spiegelstrichen.
Den Alltag der zu Pflegenden und der Pflegerinnen und Pfleger zu verbessern – das wird auf den Weg gebracht. Die Pflege muss genauer bzw. auf den Punkt abgestimmt werden – auch das sieht das Gesetz vor. Wir werden die Leistungen verbessern; auch das steht im Gesetz, und das ist mehrfach hier beschrieben worden. Wie gesagt, werden auch die pflegenden Angehörigen gestärkt. Jeder, der schon einmal Angehörige gepflegt hat, mitbekommen hat, wie Familienmitglieder gepflegt werden, oder schon einmal Pflegeheime aufgesucht hat, um sich zu informieren, weiß, was dort geleistet wird. Deswegen ist dieser Punkt ganz besonders wichtig.
Diejenigen, die pflegen, ob es nun Angehörige oder Mitarbeiter in Pflegeheimen sind, brauchen – auch darüber ist schon berichtet worden – wesentlich mehr Zeit. Auch dem wird im Gesetzentwurf Rechnung getragen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Der Einzelplan 15, Gesundheit, ist ein Querschnittshaushalt: Er umfasst den Bereich Pflege und Ausbildung sowie die Veränderung des Berufsbildes. Dabei geht es nicht nur um das Berufsbild des Pflegers, sondern auch um die medizinischen Veränderungen und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Ausbildung. Durch den Einzelplan 15, aber auch durch den Einzelplan 30, Bildung und Forschung – er betrifft das Ressort von Frau Wanka –, wird vieles auf den Weg gebracht.
Zu den Eckdaten des Regierungsentwurfs, über welchen wir in den nächsten Wochen und Monaten zu beraten haben: Der Haushaltsentwurf umfasst für den Gesundheitsetat Gesamtausgaben von rund 12,1 Milliarden Euro. Für gesundheitspolitisch relevante Maßnahmen sind rund 78,3 Millionen Euro veranschlagt. Das ist eigentlich die Summe, über die wir im Einzelnen zu sprechen haben. Da geht es um Forschungsvorhaben. Da geht es um Modellprogramme. Da geht es um Maßnahmen zur gesundheitlichen Aufklärung. Gerade in diesem Bereich muss weiter investiert werden. Es geht um Kampagnen zur Information der Bevölkerung. Außerdem geht es um folgenden wichtigen Punkt – ich bin dem Herrn Minister sehr dankbar dafür, dass er es angesprochen hat; ich denke, ich sage das stellvertretend für viele von uns –: um die Frage Ebola und darum, inwieweit das Robert Koch-Institut hierbei international gefragt ist. Es sei an dieser Stelle allen Helferinnen und Helfern dankgesagt.
Eins werde ich Ihnen als Hauptberichterstatterin für den Einzelplan des Ministeriums für Gesundheit zusagen: Das Protokoll dieser Sitzung, das heute angefertigt wird – mit allen Vorwürfen, mit allen unzutreffenden, aber auch zutreffenden Hinweisen und Anregungen –, werden die Berichterstatter in ihrem nächsten Gespräch gerne auswerten. Alle aufgeworfenen Fragen werden wir schlussendlich klären. Ich habe die Hoffnung, dass in der abschließenden Plenardebatte gegen Ende des Jahres nicht wieder Dinge behauptet werden, die eindeutig nicht stimmen.
Wir haben im zurückliegenden Haushalt 2014, den wir erst vor kurzem verabschiedet haben, zum Beispiel Modellmaßnahmen zur Förderung der Kindergesundheit berücksichtigt. Wir haben den entsprechenden Betrag im Haushaltsentwurf 2015 auf 1 Million Euro angehoben. Wir müssen genau nachfragen, was im Einzelnen vorgesehen ist. Insgesamt erwarte ich vom Ministerium, dass uns bezüglich der Modellmaßnahmen wirklich im Detail dargelegt wird, welche Maßnahmen auf den Weg gebracht worden sind, welche Maßnahmen auf den Weg gebracht werden, welche Evaluierungen vorliegen, sodass wir bzw. der Fachausschuss dann tatsächlich mitarbeiten können.
Im zurückliegenden Haushalt haben wir gewährleistet – das war mir ein sehr wichtiges Anliegen –, dass die finanzielle Unterstützung von durch Blutprodukte HIV-infizierten Personen – es geht also um Menschen, die unverschuldet in eine lebensbedrohliche Situation gekommen sind – mit 10 Millionen Euro zumindest bis zum Jahr 2017 in der bisherigen Form fortgeführt wird. Das heißt nicht, dass darüber hinaus Finanzierungen von uns gewährleistet werden. Sie haben zugesagt, dass Sie sich mit den Vertretern der Länder, des DRK und der Wirtschaft weiterhin an einen Tisch setzen, um zu einer zufriedenstellenden Regelung zu kommen. Ich möchte Sie bitten, darauf im Berichterstattergespräch aufmerksam zu machen und darüber zu informieren.
Auch internationale Beziehungen sind hier angesprochen worden. Ich möchte in diesem Zusammenhang auf die WHO verweisen, zu deren Finanzierung wir als drittgrößter Beitragszahler einen nicht gerade unerheblichen Beitrag leisten. Um einmal zu zeigen, wie nah uns die WHO ist: Im Oktober trifft sich das Gesunde-Städte- Netzwerk; Vertreter von Kommunen und Städten verschiedener Länder treffen sich, um sich auszutauschen. Zwei Themen stehen dabei eigentlich im Vordergrund. „ Pflege und Gesundheit“ ist auch ein kommunales Thema. Insofern müssen auch wir hier darauf achten, dass wir die Kommunen in den Bund-Länder-Beziehungen mitnehmen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Jetzt liegt der Gesetzentwurf vor. Wir können mit der Arbeit beginnen. Ich habe von den Fachkolleginnen und -kollegen meiner Fraktion schon einige Hinweise bekommen, welche Punkte im Einzelplan jetzt offensichtlich nicht zu finden sind, obwohl sie gesellschaftsrelevant sind und in verschiedenen Organisationen übergreifend diskutiert werden. Auch hier werden wir natürlich sehen, inwieweit wir dies im Haushaltsgesetz entweder explizit erwähnen oder aber neu veranschlagen werden.
Ich habe gerade die WHO genannt. Die Frage ist: Wie definiert man Gesundheit? Gesundheit kann ja nicht nur die Abwesenheit von Krankheit sein. Die WHO hat bereits 1948 den Begriff „Gesundheit“ ganz klar definiert:
In diesem Sinne wünsche ich uns eine gute Beratung, auf dass die Menschen, die unsere Unterstützung brauchen, sich in unserem Einzelplan, in unserem Haushalt wiederfinden.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Nächster Redner ist Dr. Harald Terpe, Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3848084 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 49 |
Tagesordnungspunkt | Gesundheit |