10.09.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 50 / Einzelplan 04

Gerda HasselfeldtCDU/CSU - Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In diesen Tagen spüren wir alle, dass die Welt aus den Fugen geraten ist. Wir erleben weltweit eine politisch bewegte Zeit, und zwar in einer Intensität, die wir bisher noch kaum erlebt haben.

In Europa wird uns klar, dass die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise noch nicht ganz aufgearbeitet und bewältigt sind. Wenn dennoch immer wieder Stimmen in der Richtung laut werden, doch wieder einmal kreditfinanzierte Programme aufzulegen, dann, kann ich nur sagen, hat man das alles nicht verstanden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Gerade vor dem Hintergrund dessen, was wir sowohl in Europa als auch weltweit erlebt haben und erleben, ist es umso wichtiger, dass wir unseren Stabilitätskurs, unseren Konsolidierungskurs in Deutschland so, wie er die letzten Jahre gefahren worden ist, fortsetzen.

Der Haushalt 2015, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ist in der Tat ein Meilenstein. Das ist eine historische Zeitenwende; denn das erste Mal seit mehr als 45 Jahren macht der Bund keine neuen Schulden. Das letzte Mal war das unter der Verantwortung des Finanzministers Franz Josef Strauß der Fall.

(Zuruf von der CDU/CSU: Ja!)

– Das muss einmal gesagt werden. – Heute ist es unter der Verantwortung von Wolfgang Schäuble der Fall. Ich möchte ihm persönlich, aber auch den Haushältern und allen, die hier in den letzten Jahren Verantwortung getragen haben, herzlich dafür danken. Denn das ist nicht nur das Ergebnis einer kurzfristigen Haushaltsaufstellung in diesem Jahr, sondern es ist das Ergebnis harter Arbeit in den letzten Jahren, die heute Früchte trägt und auch künftig tragen wird.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Und wir tun das, meine Damen und Herren, ohne Steuererhöhungen.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Genau!)

Das ist eine ganz wichtige Botschaft, die Volker Kauder am Ende seiner Rede deutlich zum Ausdruck gebracht hat. Man kann gar nicht oft und deutlich genug betonen, dass dies dazugehört. Steuererhöhungen bremsen die Leistungsbereitschaft eines jeden Steuerpflichtigen; sie blockieren Investitionen. Wenn, wie im Laufe der gestrigen und heutigen Debatte, von Oppositionskollegen immer wieder angemahnt wird, dass zu wenig investiert wird, dann sollten wir uns einmal klarmachen: Nicht nur die öffentlichen Haushalte tätigen Investitionen, sondern der wesentliche Teil der Investitionen wird durch Private getätigt, und zwar durch die Wirtschaft, durch unsere Unternehmen. Sie brauchen verlässliche Rahmenbedingungen und können keine zusätzlichen Belastungen ertragen.

Deshalb ist unser Credo: keine Steuererhöhungen in dieser Legislaturperiode. Darauf können sich die Menschen verlassen. Das haben wir vor der Wahl gesagt, und das halten wir über die ganze Legislaturperiode ein.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Eva Högl [SPD] – Harald Petzold [Havelland] [DIE LINKE]: Darauf können sich vor allem die Millionäre in diesem Land verlassen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein ausgeglichener Haushalt ist nichts, das man als Monstranz vor sich herträgt. Er ist auch kein Selbstzweck. Nein, er ist aus dreierlei Gründen, die ich ansprechen möchte, besonders wichtig:

Erstens ist er ein Zeichen der Verlässlichkeit. Verlässlichkeit ist die Basis für Vertrauen; ohne Vertrauen finden keine Investitionen statt. Es ist die wesentliche Grundlage für wirtschaftliche Betätigung und wirtschaftlichen Erfolg in einem Land, dass sich all diejenigen, die investieren und wirtschaftlich tätig sind, auf Rahmenbedingungen verlassen können, die ihnen den entsprechenden Spielraum geben.

Das Zweite ist: Wir schaffen damit Spielraum für die notwendigen Schwerpunkte und die notwendigen öffentlichen Investitionen, beispielsweise im Infrastrukturbereich, sowohl im Verkehr als auch in der digitalen Infrastruktur, oder auch im Bildungs- und Forschungsbereich. Das wurde heute schon mehrfach angesprochen. 15 Milliarden Euro allein in diesem Jahr für Bildung: Das ist mehr als doppelt so viel wie 2005. Es geht aber auch um Schwerpunkte im sozialen Bereich wie das, was wir in den vergangenen Jahren für die Entlastung der Kommunen gemacht haben und immer noch machen, und zwar bei Aufgaben, für die der Bund eigentlich gar nicht zuständig ist.

Das Dritte und ganz Wesentliche ist, dass wir keine Politik auf Kosten der jüngeren Generation machen. Wir sind uns vielmehr bewusst, dass das Allerbeste, was wir den jungen Menschen, unseren Kindern und Enkelkindern, mitgeben können, schuldenfreie Haushalte sind: keine Schulden, sondern Chancen, dass sie sich entfalten und auf die aktuellen Herausforderungen ihrer Zeit entsprechende Antworten geben können und entsprechende Spielräume haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Beste, was wir für unsere wirtschaftliche Entwicklung tun können, und das Beste, was wir für unsere Kinder und Enkelkinder tun können, das machen wir mit diesem Haushalt 2015.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wenn, wie in der gestrigen und heutigen Debatte, die Kollegen aus der Opposition versuchen, das madigzumachen und kleinzureden,

(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Das macht schon der Deutschlandfunk!)

dann muss ich sagen: Jeder, der diese Erfolgsgeschichte, nämlich einen ausgeglichenen Haushalt ohne Neuverschuldung und Steuererhöhungen mit entsprechenden investiven Schwerpunkten, madigmacht, dokumentiert damit: Er hat mit dieser Erfolgsgeschichte nichts zu tun.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

So ist es auch: Die Herrschaften von der Opposition haben an dieser Erfolgsgeschichte keinen Anteil.

(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Das sehen wir aber anders!)

Sie haben keinen Beitrag dazu geleistet.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Ach, Frau Hasselfeldt!)

Dieser ausgeglichene Haushalt ist auch ein richtiges Signal in Richtung Europa. Wenn uns Europa in den letzten Jahren eines gelehrt hat, dann war es dies: Eine zu hohe Staatsverschuldung blockiert Leistungsbereitschaft, Investitionen, Wachstum und damit eine weitere positive Entwicklung und schafft Krisen. Das haben wir alle miteinander erlebt.

Es war die zu hohe Staatsverschuldung in den einzelnen Ländern, die die Krise in Europa herbeigeführt hat. Deshalb war es richtig, wie wir gehandelt haben.

Heute sehen wir: Portugal, Irland und Spanien haben den Rettungsschirm verlassen. Griechenland und Zypern haben zumindest Fortschritte erzielt und sind auf einem guten Weg. Aber wir wissen auch, dass wir noch nicht am Ende angelangt sind, dass wir noch nicht das eigentliche Ziel erreicht haben. Das werden wir nur dann erreichen, wenn wirklich jedes Land seine Hausaufgaben macht, wenn in jedem der betroffenen Länder die notwendigen Strukturreformen durchgeführt werden und für solide Haushalte gesorgt wird.

Unser Kurs war richtig, der da lautete: Wir wollen die Problemländer nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. Solidarität ja, aber nur in Verbindung mit Solidität. Keine Vergemeinschaftung von Schulden und keine Aufweichung der Stabilitätskriterien. – Das gilt für alle Länder. Das gilt in Zukunft und aktuell für Italien und Frankreich. Dabei muss es auch bleiben. Dass diese Linie erfolgreich ist, haben die letzten Monate gezeigt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Thomas Oppermann [SPD])

Wir erleben – das ist in allen Debattenbeiträgen deutlich zum Ausdruck gekommen – eine Welt voller Krisen; gerade heute ist mir das bei der Rede des polnischen Staatspräsidenten wieder ganz bewusst geworden. Bei all den Krisen rings um uns herum mit ihren unterschiedlichen Ursachen muss uns doch immer wieder klar sein, welch großer Segen es ist, dass wir in der Europäischen Union verankert sind, dass wir in einer Europäischen Union als Friedens- und Freiheitsunion leben können, in einer Gemeinschaft, in der nicht irgendwelche Gebietsansprüche oder geostrategische Einflusssphären eine Rolle spielen. Vielmehr ist die Europäische Union geprägt von Freiheit, Frieden und dem Selbstbestimmungsrecht der Völker. Das ist ein riesiges Glück für uns. Ich bin – das sage ich ganz offen – jeden Tag dankbar dafür, erst recht angesichts der Krisen, die wir in der Welt erleben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie der Abg. Marieluise Beck [Bremen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass sich beispielsweise auch die Menschen in der Ukraine danach sehnen. Daher ist es unsererseits notwendig, nicht nur einfach zuzuschauen, sondern dies auch zu verteidigen und entsprechend politisch zu handeln. Ich unterstütze deshalb mit großem Engagement alle Entscheidungen, die die Bundeskanzlerin und der Bundesaußenminister in den letzten Wochen und Monaten vorbereitet und getroffen haben. Es kann natürlich keine militärische Lösung geben. Es muss eine politische Lösung geben. Gespräche müssen weiterhin geführt werden. Aber es müssen auch klare Worte fallen, und es muss klare Kante gezeigt werden. Für den bisher eingeschlagenen Weg bin ich sehr dankbar. Ich bitte, auf diesem fortzufahren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Natürlich sind wir angesichts der Krisen als traditionelles Zufluchtsland auch mit Herausforderungen konfrontiert, die größere Anstrengungen von uns verlangen als in früheren Jahren. Wir rechnen in diesem Jahr mit etwa 200 000 Flüchtlingen; das wurde bereits angesprochen. Ich möchte meinerseits den Mitarbeitern des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg, das ich letzte Woche besucht habe, sehr herzlich für die Arbeit danken, die dort geleistet wurde und geleistet wird. Ich möchte auch all jenen danken, die in den Städten und Gemeinden bei der Betreuung der Flüchtlinge ehrenamtlich Hilfe leisten. Es ist großartig, was in vielen Städten und Gemeinden geleistet wird.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben hier einige Aufgaben zu bewältigen. Ich plädiere dafür, dass wir das gemeinsam machen, in gemeinsamer Verantwortung des Bundes, der Länder und der Kommunen, aber auch Europas. Ich wünsche dem Bundesinnenminister viel Erfolg bei seinen Verhandlungen, wenn es darum geht, auch die anderen europäischen Länder ein Stück weit stärker in die Pflicht zu nehmen.

Es kann nicht sein, dass die Flüchtlinge, die in Italien ankommen, nicht registriert werden, ihnen aber ein Zugticket gegeben wird, mit dem sie Richtung Norden fahren können. Das ist nicht im Sinne dessen, was auf europäischer Ebene vereinbart wurde, das ist nicht im Sinne des europäischen Geistes. An dieses Problem muss man herangehen, man muss es artikulieren, und das tut der Bundesinnenminister. Dafür bin ich sehr dankbar.

Was zu den sicheren Herkunftsländern vorhin gesagt wurde, teile ich. Wir sind darüber in Gesprächen. Ich hoffe sehr, dass wir zu einem Ergebnis kommen; denn es kann nicht sein, dass 20 Prozent der Asylbewerber in Deutschland aus drei Ländern des Westbalkans kommen, wobei deren Anerkennungsquote weniger als 1 Prozent beträgt. Das blockiert die Arbeit der Mitarbeiter im BAMF, das blockiert auch alle Aufnahmemöglichkeiten.

Ich möchte die Diskussion sehr sachlich führen und darauf hinweisen, dass die Einstufung als sicheres Herkunftsland nicht bedeutet, dass die Menschen, die aus diesen Ländern kommen, kein Asylverfahren bekommen. Es geht nur darum, dass die Beweislast anders ist, dass die Verfahren verkürzt werden können. Es hat natürlich jeder Einzelne ein Recht darauf, dass sein Antrag geprüft wird. Dies will ich nur zur Klarheit sagen, weil gelegentlich eine Legendenbildung erfolgt, die den Tatsachen nicht entspricht.

Meine Damen und Herren, ich habe vorhin vom Haushalt der Schwerpunkte gesprochen. Wir haben in diesem wie auch schon im vergangenen Haushalt deutliche Schwerpunkte gesetzt. Ein ganz wesentlicher ist der Schwerpunkt Bildung und Forschung. Wenn uns vor wenigen Tagen der Präsident des Fraunhofer-Instituts gesagt hat, dass wir beim Handel mit Produkten, die auf Forschung und Entwicklung basieren, an zweiter Stelle weltweit stehen, hinter China und noch vor den USA, dann macht das deutlich, dass die Anstrengungen der letzten Jahre nicht irgendwo verpufft sind, sondern sichtbar und spürbar sind. Die Hightech-Strategie, die Exzellenzinitiative, der Hochschulpakt – all das waren und sind Anstrengungen des Bundes in den vergangenen Jahren und aktuell, die weitergeführt werden und die zu diesem positiven Ergebnis geführt haben. Wir können heute sagen: Wir sind ein wichtiges Forschungsland in der Welt. Das haben wir uns in den letzten Jahren aufgebaut.

Der zweite Schwerpunkt liegt auf dem Bereich Soziales, Kinder, Familie. Wir reden heute schon gar nicht mehr über das Elterngeld; in manchen Ländern, wie in Bayern, gibt es auch noch das Landeserziehungsgeld. Es gibt das Betreuungsgeld und die Kindertagesbetreuung. Wir haben vieles für Familien mit Kindern getan, und wir tun das auch weiterhin, obwohl der Bund zum Beispiel für die Kinderbetreuung gar nicht originär zuständig ist. Das tun wir aus der festen Überzeugung heraus, dass unsere Politik eine Politik ist, die den Kindern, Jugendlichen und jungen Familien bei der Bewältigung der neuen Herausforderungen, vor denen sie stehen, hilft.

Das Gleiche gilt übrigens auch in anderen Sozialbereichen, was ich aufgrund der Zeit nicht mehr vertiefen kann.

Aber eines will ich noch sagen: Wenn wir die Menschen fragen, wie es ihnen geht, wenn wir die Umfragewerte sehen, wenn wir die objektiven Zahlen unserer Beschäftigungs- und Wirtschaftsentwicklung sehen, dann merken wir: Die Menschen sind zufrieden. Sie erkennen an, dass diese Bundesregierung sie durch schwierigste internationale Krisen gut, ja bestens gesteuert hat. Sie erkennen an, dass Deutschland eine hohe Reputation, ja höchste Anerkennung in der Welt genießt, nicht zuletzt durch die Arbeit der Bundeskanzlerin. Sie erkennen an, dass wir eine hervorragende Beschäftigungssituation haben. Sie erkennen an, dass wir einen starken Mittelstand haben, den wir auch pflegen müssen, und sie erkennen an, dass wir eine stabile Sozialversicherung mit hohen Sozialstandards im ganzen Land haben.

Diese Anerkennung und der Haushalt 2015 sind eine gute Grundlage, damit auch weiterhin erfolgreich gearbeitet werden kann.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die Kollegin Bettina Hagedorn hat für die SPD-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3851634
Wahlperiode 18
Sitzung 50
Tagesordnungspunkt Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt
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