Bartholomäus KalbCDU/CSU - Verteidigung
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Verteidigungsetat – das wurde gesagt – ist der zweitgrößte Einzelplan im Bundeshaushalt und damit natürlich von ganz besonderer Bedeutung. Vor der Sommerpause haben wir auch hier über die Aussagen des Herrn Bundespräsidenten, aber auch der Frau Bundesverteidigungsministerin bei der Münchener Sicherheitskonferenz über die gestiegene Verantwortung diskutiert. Es gab außerhalb dieses Kreises eine unschöne Entwicklung auf der Seite der Linken, als ein Parlamentarier aus Potsdam gemeint hat, den Herrn Bundespräsidenten in unsäglicher Weise diffamieren zu müssen.
Heute früh hat uns der polnische Staatspräsident sehr eindringlich gesagt, dass es um eine gemeinsame Verantwortung geht. Wenn man von Verantwortung spricht, dann muss man auch in der Lage sein, diese Verantwortung wahrzunehmen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir alle sind weit davon entfernt – auch die Bundesministerin hat es vorhin gesagt –, zu meinen, man wäre nur mit Verteidigungspolitik und nur mit militärischen Mitteln in der Lage, diese Verantwortung wahrzunehmen. Ganz im Gegenteil: Wir in der Koalition sind dankbar, dass der Außenminister und der Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit auf Diplomatie setzen. Diese und die humanitäre Hilfe sind Elemente einer Politik, die wir gemeinsam mit den Möglichkeiten, die wir im Verteidigungsbereich haben, bereitstellen müssen, um dieser Verantwortung gerecht werden zu können.
Es ist von allen Rednern schon gesagt worden, wie sehr sich für uns alle die Welt geändert hat, deshalb will ich mich gar nicht länger damit befassen. Wir konnten uns doch bis vor wenigen Monaten überhaupt nicht vorstellen, dass eine Art militärische Auseinandersetzung auf dem europäischen Kontinent in dieser Weise stattfinden könnte. Es gab zuvor den Balkankonflikt, und wir meinten, wenn er beendet sei, dann seien die größten Probleme in Europa gelöst. Jetzt stehen wir vor völlig neuen Herausforderungen. Schon gestern sind die Herausforderungen beschrieben worden, die sich für uns durch den sogenannten arabischen Krisenbogen ergeben. Wir können uns da nicht aus unserer Verantwortung stehlen.
Vorhin hat ein Abgeordneter – ich glaube, es war Herr Arnold – auf die derzeit 17 Auslandsmissionen der Bundeswehr hingewiesen. Über diese Einsätze reden wir im Moment schon gar nicht mehr; aber sie sind natürlich eine besondere Herausforderung für die Angehörigen der Bundeswehr, aber auch für uns. Ich sage heute noch einmal, weil es mir sehr wichtig ist – ich glaube, die Kollegin Karin Evers-Meyer denkt auch so –: Wir wollen auch in der Zukunft eine Parlamentsarmee haben. Das heißt, dass wir uns als Parlamentarier selbst in der Verantwortung sehen, sodass wir unter Umständen nach schwierigen Abwägungs- und Diskussionsprozessen entscheiden müssen, was wir den Angehörigen der Bundeswehr an Einsatzaufträgen zumuten.
Dass die Bundeswehr eine Parlamentsarmee ist, garantiert, dass unsere Armee nicht am Rande der Gesellschaft steht, sondern in ihrer Mitte angesiedelt ist. Ich denke, das ist wichtig. Die Soldatinnen und Soldaten müssen, wenn es Einsatzaufträge gibt, immer wissen, dass das Parlament zu ihnen steht, auch wenn es für uns Abgeordnete manchmal durchaus schwierig ist, die entsprechenden Entscheidungen zu treffen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Wir können allen Angehörigen der Bundeswehr, ob zu Hause oder in Einsatzgebieten tätig, nur sehr dankbar sein, dass sie bereit sind, diese Aufgaben wahrzunehmen, und dass sie bereit sind, für uns alle ein hohes Risiko einzugehen und eine hohe Verantwortung zu übernehmen. Ich bin aber auch der Meinung, dass die Rückbindung der Bundeswehr an das Parlament – im Begriff „Parlamentsarmee“ kommt die Parlamentszuständigkeit zum Ausdruck – geradezu ein Markenzeichen und ein Qualitätsmerkmal für die deutsche Sicherheitspolitik darstellt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will noch ein paar andere Dinge ansprechen. Die demografische Entwicklung allgemeiner Art und die Gott sei Dank gute konjunkturelle Lage, die wir in unserem Land haben, stellen uns in der Frage der Nachwuchsgewinnung natürlich vor völlig neue Herausforderungen; wir haben ja nicht mehr die allgemeine Wehrpflicht. Ich denke, dass Wehrdienstleistende leichter für einen längeren Dienst bei der Bundeswehr zu gewinnen waren. Nach Abschaffung der Wehrpflicht stehen wir heute in Konkurrenz mit anderen Berufstätigkeiten, mit anderen Branchen. Wir befinden uns in einem Wettbewerb um die guten, tüchtigen und klugen Köpfe in der jungen Generation, die die Bundeswehr in besonderer Weise braucht.
Ich bin schon befremdet, wenn ich höre, dass irgendwelche Lehrer der Meinung sind, Jugendoffiziere dürften an Schulen ihren Beruf nicht vorstellen und keine Gespräche führen. Wenn wir den Bundeswehrangehörigen die gleichen Chancen bieten wollen, dann müssen auch die Nachwuchswerber der Bundeswehr die Chance haben, junge Menschen über Möglichkeiten, über Risiken und über Bedingungen aufzuklären. Ob das in Schulklassen oder auf Ausbildungsmessen geschieht, sei dahingestellt. Es gehört nun einmal dazu, dass über das Aufgabenspektrum, das sich hier bietet, informiert wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wie bereits angesprochen worden ist, ist es wichtig, dass die Attraktivität des Dienstes in der Bundeswehr gesteigert wird. Entsprechende Maßnahmen sind auch im aktuellen Haushaltsentwurf vorgesehen. Daran muss sicher noch weitergearbeitet werden; keine Frage.
Wichtig ist auch eine Idee, die die Frau Bundesministerin entwickelt hat und die wir nur unterstreichen können, nämlich die interne Weiterqualifikation insbesondere derer, die zeitlich befristet einen Dienst bei der Bundeswehr leisten, damit dann auch der Übergang in einen Zivilberuf leichter möglich ist. Das ist ebenfalls eine wichtige Maßnahme für unsere jungen Leute, die sich zunächst für den Dienst in der Bundeswehr entscheiden.
Das Thema Familienfreundlichkeit ist vorhin schon angesprochen worden. Keine Frage, dass hier alles getan werden muss, was möglich ist. Nur: Wir müssen bei allen diesen Bemühungen ehrlich genug sein, zu sagen: Der Dienst in der Bundeswehr bringt besondere Herausforderungen mit sich.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht um Ausrüstung, Geräte, Großprojekte und Vorhaben. Das alles ist stichwortartig schon genannt worden. Ich kann mich damit nicht länger aufhalten. Es ist natürlich wichtig, dass wir die nötige Ausrüstung und das nötige Gerät zur Verfügung stellen können.
Wir müssen auch schauen, welche militärischen Fähigkeiten und Kompetenzen wir in der Zukunft haben werden. Ich bin erstaunt, wenn ich in Magazinen dazu etwas mit dem Unterton lese, es sei ja völlig unmöglich, dass Politik und Ministerien und Industrie miteinander redeten. Was denn sonst? Natürlich muss man über diese Fragen miteinander reden. Das ist geradezu geboten und schon gar nicht unanständig.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir Haushälter haben den Appell der Bundesministerin und der Fachkollegen schon gehört. Es geht darum, was am Ende von Haushaltsberatungen gelegentlich drohen kann, aber nicht drohen sollte. Es war eine ziemlich imperativ vorgetragene Bitte, Frau Bundesministerin. Ich kann Ihnen sagen: Wir Berichterstatter werden die Beratungen natürlich sehr ernsthaft führen. Wir werden sehr ernsthaft versuchen, auf die drängenden Probleme einzugehen, die drängenden Probleme zu berücksichtigen. Herr Arnold hat es angesprochen: Es ist in der mittelfristigen Planung vorgesehen, dass die Kürzungen, die jetzt im Einzelplan 60 für das sogenannte Überhangpersonal vorgenommen werden –
Herr Kollege Kalb, ich muss Sie bitten, zum Schluss zu kommen.
– ich bin sofort am Ende, Frau Präsidentin –, zeitnah, ab 2016 wieder zurückgenommen werden.
Frau Präsidentin, wenn Sie erlauben, will ich auch im Namen der übrigen Berichterstatter zum Einzelplan 14 die Kollegin Karin Evers-Meyer als Mitberichterstatterin ansprechen. Ich glaube, es ist ein Beispiel für Pflichtbewusstsein, wenn man an einem bedeutenden Geburtstag, wie sie ihn heute begehen kann, hier seine Pflicht tut, den ganzen Tag hindurch. Herzlichen Glückwunsch zu dem bedeutenden Geburtstag!
(Beifall)
Herzlichen Dank.
Diesen Glückwünschen schließen wir uns als ganzes Haus ausdrücklich an. – Als nächster Redner hat der Kollege Karl-Heinz Brunner das Wort.
(Beifall bei der SPD – Johannes Kahrs [SPD]: Guter Mann!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 50 |
Tagesordnungspunkt | Verteidigung |