Jürgen KlimkeCDU/CSU - Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die von der Opposition formulierte Kritik – manchmal waren die Reden ja auch mit etwas Lob versehen – kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen.
(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch von der SPD formuliert!)
Noch vor einem knappen Jahr haben Sie die Arbeit des Ministers hier sehr wohlwollend kommentiert, und ich sehe überhaupt keinen Bereich, den der Minister vernachlässigt hätte. Im Gegenteil: Er greift mit frischen politischen, wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Ansätzen die drängenden Fragen dieser Zeit auf, und das vor allen Dingen ohne Dogmen. Das ist das Entscheidende.
(Beifall bei der CDU/CSU – Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist nicht die Differenz, die wir haben!)
Frau Hajduk, die Arbeit des Ministers ist keine heiße Luft. Ihre Kritik ist heiße Luft; das ist das Entscheidende.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist keine heiße Luft! Das sind nüchterne Zahlen!)
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einiges zu den wirklich grundsätzlichen Problemen sagen. Wir erleben derzeit eine Gleichzeitigkeit von bewaffneten Konflikten in dieser Welt, die wir alle in der jüngsten Vergangenheit nicht erlebt, nicht gekannt haben. Das gilt insbesondere für die Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Syrien und im Irak, verübt von der terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“. Sie erschüttern uns durch ihre Brutalität. Die Folge ist ein sprunghafter Anstieg der Anzahl der Menschen auf der Flucht. Schnelle humanitäre Hilfe und eine starke, auch militärische Antwort auf die Gräueltaten des IS-Terrorismus erfordern große Anstrengungen von uns.
Laut UNHCR-Report gibt es seit dem letzten Jahr erstmals mehr als 50 Millionen Flüchtlinge, Asylsuchende und Binnenvertriebene weltweit. So zählen wir in den genannten Ländern Syrien und Irak circa 7,5 Millionen Binnenflüchtlinge, die vor Ort mit elementaren Hilfsgütern unterstützt werden müssen. Von Flüchtlingsströmen sind auch andere Krisenregionen betroffen. Die Nachbarstaaten, vor allen Dingen Libanon und Jordanien, haben die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit erreicht.
Aus diesem Grunde bin ich Minister Müller außerordentlich dankbar, dass er im Rahmen von Sofortmaßnahmen in den aktuellen Krisenregionen im Irak und in Gaza zusätzlich jeweils 20 Millionen Euro bereitgestellt hat. Auch die Entscheidung von Innenminister Thomas de Maizière und seinen Länderkollegen, das bisherige Aufnahmekontingent für syrische Bürgerkriegsflüchtlinge um 10 000 auf nunmehr 20 000 zu erweitern, begrüßen wir ausdrücklich.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, ich bin davon überzeugt, dass unsere wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit nur dann erfolgreich und nachhaltig wirken kann, wenn wir Fluchtursachen weltweit gezielter bekämpfen. Gerade in Regionen mit fragilen Staaten stehen wir vor besonders großen Herausforderungen. Betroffene Staaten – ich nenne beispielhaft die EZ-Partner Pakistan, Südsudan und Nigeria – stellen aus unterschiedlichen Gründen nicht nur ein regionales, sondern auch ein globales Sicherheitsrisiko dar.
Die internationale Staatengemeinschaft muss dort mit entwicklungspolitischen Instrumenten auf eine Verbesserung der Lage hinwirken. Das ist nicht nur unsere Aufgabe, die Aufgabe der EU oder der westlichen Länder, sondern es ist meines Erachtens auch eine wichtige Funktion der Vereinten Nationen, in diesem Bereich tätig zu sein. Deshalb unterstützen wir diese Institution im kommenden Jahr – auch das muss man ansprechen, wenn wir über Entwicklungszusammenarbeit reden – mit 140 Millionen Euro Barmitteln und 128 Millionen Euro an Verpflichtungsermächtigungen bei ihrer Arbeit. Das ist in beiden Fällen ein finanzieller Aufwuchs und aus meiner Sicht ein essenzieller Beitrag zur Bekämpfung von Armut, Hunger und Vertreibung in der Welt.
Wie meine kurze Einführung zeigt, haben aktuelle politische Entwicklungen großen Einfluss auf die Haushaltsplanungen. Die Herausforderung besteht darin, darauf zu reagieren, und das tun wir. Das ist das Entscheidende, auch wenn die Kritik am Haushalt zum Teil durchaus nachvollziehbar ist. Die Not der Menschen im Nahen Osten, aber auch in der Ostukraine und anderen Konfliktregionen stellt die finanzielle Ausrichtung deutscher Entwicklungspolitik vor neue Aufgaben. Dabei geht es nicht darum, verschiedene Aufgabengebiete gegeneinander auszuspielen, sondern darum, langfristige Antworten auf drängende Fragen zu geben.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich ein anderes Thema ansprechen, das Sie sicherlich auch kennen. In Gesprächen mit den Bürgerinnen und Bürgern werden wir immer wieder gefragt, wie finanzielle Mittel in der EZ eingesetzt werden und ob das Geld auch vor Ort ankommt. An dieser Stelle verweise ich gerne auf das noch junge Deutsche Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit, kurz: DEval. Das Institut unterstützt das BMZ, unsere Durchführungsorganisationen wie die GIZ und die KfW sowie nichtstaatliche Einrichtungen dabei, ihre Entwicklungsprojekte auszuwerten und die Ergebnisse vor allen Dingen auch für den Bürger transparenter darzustellen.
Was erreichen wir damit? Folgeprojekte können auf einen Erfahrungspool zurückgreifen, und finanzielle oder personelle Mittel für zukünftige Projekte können noch gezielter eingesetzt werden. Damit ist das DEval ein gutes Beispiel, um die effizientere Herangehensweise deutscher Entwicklungspolitik unseren Bürgerinnen und Bürgern aufzuzeigen. Es wird nicht nur die Umsetzung von Maßnahmen evaluiert, sondern damit auch intensiver geprüft, ob der erhoffte entwicklungspolitische Nutzen eingetreten ist und die eingesetzten Mittel einen Beitrag zur Verbesserung der Situation vor Ort geleistet haben. Aus diesem Grunde begrüße ich ausdrücklich den Aufwuchs im Haushaltsjahr 2015 um 378 000 Euro Barmittel auf 7,4 Millionen Euro für das DEval.
Meine Damen und Herren, wir debattieren hier gemeinsam den Einzelplan 23. Die Mittel im Haushalt des BMZ wurden nicht zurückgefahren; der Haushalt bleibt stabil. Aber das 0,7-Prozent-Ziel ist sicherlich mit einem großen Fragezeichen zu sehen. Wir geben es aber nicht auf – das müssen wir festhalten –,
(Beifall bei der CDU/CSU)
und wir arbeiten unter dieser Regierung daran, vernünftig voranzukommen. Unter anderen Regierungen war es im Übrigen sehr viel schlechter.
Den Kritikern sei an dieser Stelle einmal mehr der Blick auf die Entwicklung des BMZ-Haushaltes nahegelegt. Während im Jahr 2005 für die Entwicklungszusammenarbeit weniger als 4 Milliarden Euro zur Verfügung gestanden haben, haben wir heute ein Volumen von knapp 6,5 Milliarden Euro. Das ist ein großer Schritt nach oben, den wir trotz der Euro-Krise und der notwendigen Konsolidierung des Haushaltes für zukünftige Generationen gegangen sind.
Ich darf auf einen weiteren Punkt eingehen. Den messbaren Erfolg in der Entwicklungszusammenarbeit steigern wir nur im Einklang mit anderen Ressorts und zivilen Akteuren. Ich bekräftige ganz ausdrücklich das Bekenntnis der CDU/CSU zu einer verstärkten Zusammenarbeit mit der Wirtschaft gerade im Entwicklungsbereich. Um die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Entwicklungs- und Schwellenländern zu stärken, ist mir in diesem Kontext die Weiterentwicklung von Rohstoffpartnerschaften ein wichtiges Anliegen. Hier müssen wir ideologische Ängste in unserem Land abbauen, dass solche Partnerschaften ausschließlich zur Ausbeutung in den Zielländern führen. Dies gelingt insbesondere durch mehr Transparenz. Rohstoffeinnahmen können, wenn sie richtig verwaltet werden, in den Entwicklungsländern zur Wohlstandsentwicklung beitragen; das stellen wir sicher. Zudem müssen alle betroffenen Akteure gehört werden. Es gibt aber keinen Grund, mit Schaum vor dem Mund die Weiterentwicklung solcher Projekte zu bekämpfen. Maßgeblich für den Erfolg sind gute Regierungsführung, ein verantwortlicher Umgang mit den Steuereinnahmen und begleitende Antikorruptionsmaßnahmen in den Herkunftsländern.
(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Und in Deutschland!)
Wir stellen fest: Die Entwicklungszusammenarbeit ist auf dem richtigen Weg. Minister Müller hat mit diesem Haushaltsentwurf erneut unter Beweis gestellt, dass er auf aktuelle Entwicklungen reagiert und dabei nicht den Gesamtkontext aus den Augen verliert. Wir werden ihn dabei tatkräftig unterstützen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Als nächste Rednerin hat die Kollegin Annette Groth das Wort.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3852573 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 50 |
Tagesordnungspunkt | Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung |