Tankred SchipanskiCDU/CSU - Bildung und Forschung
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Noch nie stand der Haushalt des BMBF so im Mittelpunkt und im öffentlichen Fokus wie in diesem Jahr: In der Rede unserer Bundeskanzlerin in der gestrigen Generaldebatte wurde er als zweiter Punkt genannt. Sie stellte ganz treffend fest, dass sich der Forschungs- und Bildungshaushalt gegenüber 2005 faktisch verdoppelt hat; er stieg von 7,6 Milliarden auf 15,3 Milliarden Euro an. Der Bundesfinanzminister hat in seiner Rede den Etat des BMBF als Erstes erwähnt und stellte den Aufwuchs im Haushalt 2015 von 1,2 Milliarden Euro heraus. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist ein sehr gutes und richtiges Zeichen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir Fachpolitiker diskutieren heute in der Kernzeit. Sie sehen: Bei dieser Bundesregierung und in dieser Legislatur stehen Bildung und Forschung ganz oben.
Im Jahr 2015 kommt ein ganz besonderer Erfolg hinzu, nämlich keine neuen Schulden im Gesamthaushalt – ein großer Erfolg. Dennoch gibt es eine absolute Schwerpunktsetzung beim Thema Bildung und Forschung. Da überrascht es mich schon, dass sich die Opposition in der gestrigen Generaldebatte über diesen großen Erfolg so echauffiert hat. Für mich als junger Abgeordneter ist der Haushalt ohne neue Schulden ein sichtbares Zeichen für Generationengerechtigkeit, für Nachhaltigkeit und für Verantwortungsbewusstsein.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Keiner kann verstehen, dass man sich da nicht freuen kann. Ich bin dem Bundesfinanzminister für diese schwarze Null sehr dankbar – auch wenn der Haushalt des BMBF eine hohe globale Minderausgabe enthält.
Ich bin dankbar für die Schuldenbremse und weise zugleich darauf hin, dass nicht nur die Länder, sondern eben auch der Bund davon betroffen ist; sie stellt auch für uns eine Herausforderung dar. Ich bin dankbar, dass wir mit diesem Haushalt des BMBF die richtigen Prioritäten setzen, nämlich Innovationskraft und Zukunft.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Haushalt wird von wichtigen Vorhaben begleitet. Wir haben gehört: Die BAföG-Reform und die Änderung des Artikels 91 b Grundgesetz stehen an, der Hochschulpakt wird diskutiert. All das sind Maßnahmen, bei denen der Bund sagt: Wir nehmen unsere gesamtstaatliche Verantwortung ernst; auch wenn wir verfassungsrechtlich nicht in der Pflicht stehen, engagieren wir uns in unserem Bundesstaat, engagieren wir uns für das gesamtstaatliche Wohl der Bundesrepublik. – Das muss in gleicher Weise für die Bundesländer gelten.
Ich darf an unsere staatliche Struktur erinnern, in der die Länder die Finanzverantwortung für die Hochschulen tragen.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Gesamtverantwortung!)
Hier erwarte ich von den Ländern, dass auch sie ihre gesamtstaatliche Verantwortung wahrnehmen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Da entsetzt mich das, was gegenwärtig in Niedersachsen passiert; Stefan Kaufmann hat das hier zu Recht mit Blick auf die BAföG-Vereinbarung angesprochen. Die Zeitschrift Forschung & Lehre hat Ende August eine Umfrage gemacht: Sie hat sich erkundigt, wie die Bundesländer die vereinbarten Mittel einsetzen. Das Ergebnis: Thüringen gibt seinen Anteil von 28 Millionen Euro komplett an die Hochschulen weiter; in Sachsen sind es 51 Millionen Euro, in Hessen 81 Millionen Euro usw.; Sie können das gerne nachlesen. Allerdings gibt es zwei Bundesländer, die sich überhaupt nicht an diese Vereinbarung halten: Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen.
(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Was ist mit dem Saarland?)
Am gestrigen Tage nahm hier im Hohen Hause der gegenwärtige Präsident des Bundesrates Platz, der niedersächsische Ministerpräsident. Der Bundesrat ist der Ort, an dem die Länder ihre gesamtstaatliche Verantwortung unter Beweis stellen. Kein Land – ich habe es Ihnen gerade gesagt – verletzt die BAföG-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern so gravierend wie Niedersachsen.
(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Das ist doch albern, komplett albern!)
Die über die BAföG-Entlastung den Hochschulen zur Verfügung gestellten Mittel – in Niedersachsen sind es 113 Millionen Euro – will der Bundesratspräsident in die Kindergärten des Landes stecken und den Hochschulen vorenthalten.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist das etwa keine Bildung? Machen Kindertagesstätten keine Bildung? – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Sehr gut! Gute Bildung!)
Nun ist frühkindliche Bildung wichtig, und deswegen hat der Bund ein Sondervermögen „Kinderbetreuungsausbau“ aufgelegt. – Lieber Herr Gehring, weil Sie sich so echauffieren: Wir von der Union glauben noch daran, dass auch Eltern ihre Kinder betreuen können.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der SPD)
– So ist es. – Meine Damen und Herren, der Bund engagiert sich im Bereich der Kinderbetreuung wahrlich genug, und die BAföG-Mittel stehen dafür nicht zur Verfügung.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es war vereinbart, dass diese an die Hochschulen gehen.
Mit diesen Geldern, lieber Herr Schulz, kann man als Land auch Programme für den wissenschaftlichen Nachwuchs aufsetzen. Da machen wir überhaupt keine Vorgaben.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Machen Sie jetzt Vorgaben, oder machen Sie keine Vorgaben?)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir diskutieren in wenigen Wochen die Änderung des Artikels 91 b Grundgesetz. Wir entwickeln eine Kooperationskultur. Kooperation setzt aber voraus, dass man sich aufeinander verlassen kann.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Was Niedersachsen gerade macht, ist das genaue Gegenteil von Verlässlichkeit.
(Albert Rupprecht [CDU/CSU]: Genau so ist es!)
Eine solche Politik eines Ministerpräsidenten, dazu noch eines Bundesratspräsidenten,
(Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Jetzt wird es langweilig, Herr Schipanski!)
dem eigentlich das gute Miteinander zwischen Bund und Ländern in unserem föderalen Gemeinwesen am Herzen liegen sollte, ist für mich beschämend. Ich appelliere an Niedersachsen, dieses Geld den Hochschulen zur Verfügung zu stellen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Swen Schulz [Spandau] [SPD]: Sonst haben Sie keine Probleme, Herr Schipanski? – Albert Rupprecht [CDU/CSU]: Genau so ist es!)
Der OECD-Bericht wurde schon angesprochen. Ich glaube, der Kollege Stefinger hat das sehr richtig erkannt: Die OECD hat unser durchlässiges System unter dem Titel „Kein Abschluss ohne Anschluss“ bis zum heutigen Tage nicht richtig verstanden.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Die OECD diskreditiert systematisch den deutschen Facharbeiter. Daher sagen wir trotz OECD: Uns ist die berufliche Bildung wichtig. Das ist für uns ein wichtiger Schwerpunkt. Daher schichten wir Mittel in diesen Titel um.
(Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Verkleidet!)
Auf das parlamentarische Verfahren wurde ja bereits verwiesen. Wir werden, lieber Kollege Rossmann, diesbezüglich zu einer guten Lösung kommen.
(Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Rossmann leidet unter Ihnen!)
Uns ist daran gelegen, dass wir gemeinsam mit den Ländern flächendeckend für eine gute Berufsorientierung und eine gute Studienorientierung sorgen können.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir wollen damit auch deutlich machen, dass die berufliche und die akademische Ausbildung für uns den gleichen Stellenwert haben; Kollege Stefinger hat darauf richtigerweise hingewiesen.
(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Aber wir auch!)
Noch einmal zur Mär, dass der Bildungsabschluss von der sozialen Herkunft abhängt:
(Lachen bei der LINKEN)
Unsere Maxime lautet: Kein Abschluss ohne Anschluss. Jeder, der sich nach einer Berufsausbildung weiterqualifizieren möchte, hat dazu die Möglichkeit. Alle haben die gleichen Bildungschancen.
(Abg. Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
Herr Schipanski, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?
Nein, ich freue mich auf die Kurzintervention.
Ich erinnere Sie in diesem Zusammenhang an unsere Programme „Offene Hochschulen“ und „Aufstieg durch Bildung“. Die TU Ilmenau, meine Heimatuni, hat aus diesen Programmen vor kurzem umfangreiche Mittel erhalten. Unsere Bundesforschungsministerin konnte sich von den Erfolgen dort überzeugen.
(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: In Thüringen!)
– Ja, genau, in Thüringen. Ich komme jetzt auf Thüringen zu sprechen, weil der Kollege Lenkert hier eindringlich an die Thüringer Landtagswahl erinnert hat, die am Wochenende stattfinden wird. Sie wissen: Thüringen ist eines der erfolgreichsten Länder unter den neuen Bundesländern. Die gegenwärtige Landesregierung unter Führung der CDU steht für Stabilität, für Verlässlichkeit und für Aufschwung.
(Ralph Lenkert [DIE LINKE]: Minus! Die können mit Geld nicht umgehen!)
Die Thüringer Hochschul- und Forschungslandschaft droht einzustürzen, wenn die Linke dort in Regierungsverantwortung kommen sollte.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Guter Witz!)
Wir haben das an Ihrer Rede gesehen, Herr Lenkert. Das Wahlprogramm der Linken lässt Schreckliches erahnen: flächendeckende Einheitsschulen, Förderschulen sollen zerschlagen werden, Schüler sollen keine Schreibschrift mehr lernen, Noten sollen abgeschafft werden, demokratische Strukturen an den Hochschulen sollen abgebaut werden.
(Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auweia!)
Die Hochschulen sollen durch den Geist der Planwirtschaft entmündigt werden.
(Abg. Ralph Lenkert [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
Herr Schipanski, lassen Sie diese Zwischenfrage zu?
Nein, ich erwarte in diesem Fall ebenfalls eine Kurzintervention. – Die Regelstudienzeiten sollen ausgesetzt werden, der Qualitätspakt Lehre soll abgeschafft werden, die leistungsbezogene Professorenbesoldung und die Forschungsfreiheit sollen stark eingeschränkt werden. Es geht weiter – Herr Lenkert, ich kann Ihnen das nicht ersparen –: Die Landkreise sollen aufgelöst, die Kreisfreiheit von Städten abgeschafft und somit Hochschul- und Wissenschaftsstandorte gefährdet werden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Einzige, was die Linken gründen möchten, sind Cannabisklubs an Schulen und Hochschulen.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen bei der LINKEN)
Das ist unverantwortlich. Das gilt es zu verhindern. Die Bildungsrepublik Deutschland darf nicht durch Rot-Rot in Thüringen gefährdet werden. Das ist mein Stoßgebet, Herr Schulz. Wir brauchen für die Wissenschaftslandschaft für Deutschland und in Thüringen Stabilität, Verlässlichkeit und Weiterentwicklungschancen.
In diesem Sinne freue ich mich auf die Diskussion über den Bundeshaushalt mit Ihnen im Ausschuss.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat der Kollege denn geraucht?)
Wir haben jetzt zwei Kurzinterventionen. – Der Kollege Mutlu nicht? – Okay.
(Ekin Deligöz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er hat doch die Antwort gar nicht aufgeschrieben!)
Aber Sie, Herr Lenkert, wollen eine Kurzintervention machen. Bitte.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3855726 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 51 |
Tagesordnungspunkt | Bildung und Forschung |