Stephan StrackeCDU/CSU - Arbeit und Soziales
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, wir haben die von Ihnen geforderte Entschlossenheit, Frau Deligöz. Gleichzeitig gehen wir in die richtige Richtung. Die Vorschläge, die Sie unterbreitet haben, gehen nicht in die richtige Richtung. Deshalb werden wir sie nicht aufgreifen.
Die wirtschaftliche Situation in diesem Land ist hervorragend. 30 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte sind ein hervorragendes Zeichen dafür, wie es um dieses Land tatsächlich bestellt ist.
Das ist natürlich nichts, was aus sich selbst heraus zustande kommt, sondern es muss von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und von den Arbeitgebern hart erarbeitet werden. Mit ihrer Kreativität sorgen beide Seiten dafür, dass wir hier gute Produkte erzeugen, die weltweit einen entsprechenden Absatz genießen. An genau dieser Stelle wollen wir weiterarbeiten.
Das bedeutet auch, dass wir die richtigen haushalterischen Maßstäbe setzen. Dies hat der Bundesfinanzminister zusammen mit der Regierung getan. Die schwarze Null, die der zur Beratung anstehende Haushaltsentwurf vorsieht, ist etwas Hervorragendes. Denn damit stellen wir sicher, dass wir uns nicht weiter verschulden; vielmehr schaffen wir gute Voraussetzungen für die nachwachsenden Generationen. Die schwarze Null steht dafür in einzigartiger Weise; sie ist das Kennzeichen unserer Regierung, geführt von unserer Bundeskanzlerin Angela Merkel.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Ewald Schurer [SPD])
Unsere Politik eröffnet die notwendigen Spielräume. Einige notwendige Spielräume haben wir bereits in diesem Jahr eröffnet, beispielsweise was die Mütterrente angeht: Von der Erweiterung der Anrechnung von Kindererziehungszeiten profitieren rund 9,5 Millionen Menschen – Mütter, aber zum Teil auch Väter – in diesem Land. Die gute wirtschaftliche Entwicklung hat uns die Finanzierung der Mütterrente ermöglicht.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Bei der Diskussion über die Rente mit 63 haben wir von Anfang an darauf geachtet, keine Frühverrentungsanreize zu setzen. Frühverrentungsanreize wären nämlich angesichts all der Diskussionen, die die Bundesministerin, auch was die Fachkräftesicherung angeht, geführt hat, genau das Falsche.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir müssen bei all den Themen, die jetzt anstehen, natürlich darauf achten, dass wir die richtigen Maßstäbe setzen.
Wenn wir über die Fachkräftesicherung in diesem Land reden, dann geht es von Anfang an um die Jugendlichen. Wir stehen hier, gerade was den europäischen Vergleich angeht, hervorragend da. Wir wissen: Jeder hat eine Chance verdient. Dafür, dass jeder eine Chance bekommt, sorgen wir. Ich sage den Arbeitgebern von dieser Stelle aus ausdrücklich Dank, da sie, gerade was die berufliche Ausbildung angeht, Hervorragendes leisten. Sie stellen viele Ausbildungsplätze zur Verfügung, mehr als vonseiten der Jugendlichen derzeit besetzt werden.
Mit dem Ausschuss war ich erst vor kurzem beispielsweise in Rumänien und Bulgarien; mit der CSU-Landesgruppe war ich in Lettland. In diesen Ländern spielte immer wieder dieselbe Frage eine Rolle: Wie schaffen wir es, die Fachkräfte gut auszubilden? Das Berufsausbildungssystem in unserem Land wird dort als Beispiel herangezogen. Wir helfen anderen europäischen Ländern durch vielfältige Initiativen dabei, die guten Ansätze, die wir in Deutschland haben, auf sich zu übertragen.
Es ist nicht selbstverständlich, dass unsere Arbeitgeber darauf achten, all denen eine Chance zu geben, die beispielsweise noch nicht die Ausbildungsreife erhalten haben. Dies tun sie in der Breite. Dabei achten wir insgesamt darauf, dass neben den akademischen Fähigkeiten auch die rein praktischen Fähigkeiten nicht verloren gehen. Wir brauchen jeden in diesem Land. Deswegen sorgen wir auch hier für die richtigen Rahmenbedingungen.
Was dabei im Vordergrund steht, ist, die Eigenverantwortlichkeit des Einzelnen zu stärken. Deswegen sind Ausbildungsplätze so wichtig. Neben der Eigenverantwortlichkeit bedarf es natürlich auch des Engagements jedes Einzelnen. Es nutzt nichts, noch so viele Hilfesysteme zu implementieren, wenn man halt ein fauler Grippl ist und einfach nicht arbeiten will. Um Jugendliche auf den richtigen Weg zu führen, muss man vielmehr entsprechend ertüchtigen und notfalls die notwendigen Sanktionen verhängen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ihr Menschenbild ist wirklich furchtbar!)
Wenn wir auf der einen Seite darüber reden, möglichst viele Jugendliche ins Arbeitsleben zu bringen, geht es auf der anderen Seite darum, eine längere Beteiligung von Arbeitnehmern am Erwerbsleben zu gewährleisten. Dies ist gesellschaftlich und volkswirtschaftlich sinnvoll und geboten. Wir stehen deshalb geschlossen zur Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre. Das hat vor allem mit der demografischen Entwicklung in diesem Land zu tun. Während in den 60er-Jahren die Lebensdauer nach Eintritt in die Rente bei rund 10 Jahren lag, liegt sie jetzt bei nahezu 20 Jahren. Daher ist es richtig, dass wir die Regelaltersgrenze auf 67 Jahre angehoben haben.
Es ist auch notwendig, dass wir bei der abschlagsfreien Rente mit 63 – ich habe es erwähnt – vor allem darauf achten, dass Frühverrentungsanreize von vornherein vermieden werden. Wir wollen einen Aufbruch in eine altersgerechte Arbeitswelt, und wir wollen aus der Rente mit 67 das Arbeiten mit 67 machen. Die betriebliche Praxis in diesem Bereich zeigt bereits viele erfreuliche Beispiele.
Das Thema Gesundheitsschutz wurde angesprochen. Ja, wir wollen mit unserer Präventionsstrategie dafür sorgen, dass gerade in den mittelständischen und kleinen Unternehmen die betriebliche Gesundheitsvorsorge einen besseren Stellenwert erlangt. Oftmals sagen zunächst einmal die Betriebsführungen sozusagen vom Kopf her: Wir müssen etwas tun. – Meistens ist es ein Impuls, wenn die Zahl der Krankheitsausfälle wächst. Hier geht es darum, möglichst früh Anreize zu setzen. Deshalb werden wir eine Präventionsstrategie auf den Weg bringen.
Ich glaube, dass die Tarifvertragsparteien hier gute Lösungen anbieten können. Das gilt auch bei den sonstigen Themen, Verordnungen oder Gesetzen, die anstehen und von denen der eine oder andere während der Sommerpause geredet hat. Wir sollten uns darauf zurückziehen, zunächst ein breites wissenschaftliches Fundament zu haben und nicht gleich vonseiten des Gesetzgebers und des Arbeitsministeriums nach Verordnungen zu rufen. Sinnvoller ist es, den Unternehmen hier möglichst viel Flexibilität einzuräumen, aber auch die Verantwortung der Arbeitgeber klar zu benennen. Sie müssen darauf achten, dass ein Arbeiten bis 67 in Zukunft auch möglich sein wird.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Daneben wollen wir aufgrund des sich abzeichnenden Fachkräftemangels das Arbeiten über die Regelaltersgrenze hinaus flexibilisieren. Wir haben bereits einen bestehenden Alterskorridor von 63 bis künftig 67 Jahre, insbesondere für die Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente. Dieser Korridor ist so breit angelegt, dass er vielfältigen Flexibilisierungsüberlegungen Raum lässt. Deswegen glaube ich, dass wir, insbesondere was arbeits- und tarifvertragliche Vereinbarungen angeht, bei all diesen Themen bereits jetzt genügend Spielraum haben.
Das heißt konkret: Eine vorgezogene Altersrente ist bereits nach derzeitiger Rechtslage ab Vollendung des 63. Lebensjahres möglich. Eine Rente mit 60 Jahren bei versicherungsmathematisch korrekten Abschlägen halte ich nicht für sinnvoll, auch nicht in Form einer Teilrente. Eine Rente mit 60 wäre ein Irrweg für die Akzeptanz einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit und darüber hinaus vor allem eine Privilegierung von Gutverdienern, die sich Abschläge beispielsweise in Höhe von 25,2 Prozent leisten können.
Was wir natürlich auch in den Blick nehmen müssen, ist, dass die Hinzuverdienstgrenzen bei einem vorzeitigen Renteneintritt nach derzeitigem Rechtszustand gut begründet sind. Meines Erachtens wäre es sozialpolitisch erklärungsbedürftig, dass ein Arbeitnehmer mit 63 Jahren vorzeitig in Rente geht und weiterhin beim bisherigen Arbeitgeber in unverändertem Umfang beschäftigt bleibt. Wir wollen – das haben wir uns als Koalition gemeinsam vorgenommen – insbesondere das Anliegen der Tarifvertragsparteien, dass bestehende Hinzuverdienstgrenzen einen Hinderungsgrund für praxistaugliche Vereinbarungen darstellen, entsprechend überprüfen. Dies steht im Koalitionsvertrag, ist aber auch Inhalt unseres Entschließungsantrages, den wir als Koalitionsfraktionen im Zuge der Debatte um das Rentenpaket beschlossen haben. Bei all diesen Überlegungen gilt meines Erachtens auch, dass wir die Erwerbsminderungsrenten mit in den Blick nehmen wollen und müssen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das geltende Recht bietet bereits jetzt vielfältige Flexibilisierungsmöglichkeiten für eine Weiterarbeit nach Erreichen der Regelaltersgrenze. Allerdings wissen wir, dass wir die Flexibilität noch weiter verbessern müssen. Deswegen haben wir eine entsprechende Arbeitsgruppe gebildet, die sich dieser Themen in den nächsten Monaten sehr intensiv annehmen wird. Ich glaube, wir werden hier zu sehr guten Ergebnissen kommen, gerade im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unserem Land, sodass wir weiterhin gewährleisten können: Unser Rentenversicherungssystem ist stabil und bleibt stabil – gerade auch wegen der Maßnahmen dieser Bundesregierung.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Nächste Rednerin ist die Kollegin Katja Kipping, Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3855863 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 51 |
Tagesordnungspunkt | Arbeit und Soziales |