11.09.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 51 / Einzelplan 11

Ralf KapschackSPD - Arbeit und Soziales

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer auf der Tribüne! Ich finde es schade, wenn Haushaltsberatungen zu Ritualen verkommen, wenn man überhaupt nicht mehr auf das eingeht, was andere gesagt haben.

Wir wollen uns nicht katholisch machen; das ist klar.

(Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Das ist gar nicht so schlecht, katholisch!)

– Gut, das ist ein anderes Thema. – Wir haben unterschiedliche Positionen. Aber ich finde, man sollte schon bereit sein, auf die Argumente einzugehen, zumindest die Informationen der anderen aufzunehmen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Kerstin Griese [SPD]: Das wäre ein erster Schritt!)

Zum Thema Langzeitarbeitslosigkeit ist aus unserer Sicht alles gesagt, was dazu zu sagen ist. Aber ich möchte gerne einen Punkt ansprechen, damit sich nichts Falsches festsetzt. Es geht um das Asylbewerberleistungsgesetz. Man kann immer sagen: Das ist nicht genug. – Da bin ich gar nicht weit weg von Ihnen. Aber wir setzen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts eins zu eins um,

(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja, so gerade eben!)

und das kostet den Bund allein in diesem Jahr 30 Millionen Euro. Punkt!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Jetzt möchte ich gerne zu etwas anderem kommen. Im Bereich Arbeit und Soziales ist seit der Bundestagswahl einiges passiert. Die Kolleginnen und Kollegen von der Opposition werden sicherlich sagen: Das ist nicht genug. Das ist das Falsche. – Aus unserer Sicht aber haben wir genau das Richtige gemacht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Denn wir haben gesagt, was wir tun, und wir haben getan, was wir versprochen haben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Der flächendeckende Mindestlohn kommt, und auch das erste Rentenpaket ist verabschiedet. Aber vor allem in der Debatte über die abschlagsfreie Rente mit 63 ist klar geworden, wie viel Arbeit noch vor uns liegt. Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Ich habe mich ziemlich darüber geärgert, wie die eine oder andere Diskussion gelaufen ist; denn einige haben versucht, den Eindruck zu erwecken, als sei das eigentliche Problem, dass Menschen nicht länger arbeiten können als bis 65. Das ist natürlich dummes Zeug. Jeder, der kann, und jeder, der will, darf auch heute schon über das gesetzliche Rentenalter hinaus arbeiten.

(Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU]: Das wissen wir!)

Das ist gar nicht das Problem. Das eigentliche Problem liegt ganz woanders. Das eigentliche Problem liegt darin, dass zu viele Männer und Frauen in diesem Land aus gesundheitlichen Gründen nicht bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter arbeiten können.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])

Wir brauchen eine Erhöhung der Erwerbsquote älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, und wir brauchen mehr Flexibilität beim Übergang vom Beruf in die Rente. Das ist überhaupt kein neues Thema. Die SPD hat bereits vor sieben Jahren ein Konzept vorgelegt, in dem es heißt – ich zitiere den Kernsatz –:

(Beifall bei der SPD)

Das durchschnittliche Renteneintrittsalter liegt bei 61, also weit weg von 65 und noch weiter weg von 67. Unser Ziel muss es sein, dass möglichst viele Menschen gesund bis zur Regelaltersgrenze arbeiten und, wenn sie wollen, auch gerne darüber hinaus.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Das heißt, wir müssen flexible Übergänge vom Beruf in die Rente schaffen und absichern, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ein langes Erwerbsleben bei guter Gesundheit ermöglichen, und wir müssen bedarfsorientierte Lösungen für gesundheitlich eingeschränkte Beschäftigte finden. Deshalb finde ich auch die Idee, dass sich der Gesetzgeber des Themas „Stress in der Arbeitswelt“ annimmt, absolut richtig. Sie trifft den Nerv, weil die Themen Arbeit und Gesundheit endlich stärker miteinander gekoppelt werden.

Den Reflex aus Teilen der Wirtschaft, die allein schon die Diskussion darüber schädlich finden, kann ich überhaupt nicht verstehen. Andrea Nahles hat es angesprochen: Arbeitgeber zahlen auch für die Arbeitsausfälle, für die vielen Millionen Fehltage wegen Arbeitsunfähigkeit. Also, es ist höchste Zeit, hier etwas zu tun.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Es geht um Gesundheit, aber es geht auch um die Flexibilisierung, die es ermöglicht, in bestimmten Lebensphasen kürzer zu treten, ohne große finanzielle Einbußen bei der Rente zu haben. Natürlich sind auch die Arbeitgeber gefragt. Genauso wie man Ausbildungsplätze nicht abbauen und dann den Fachkräftemangel beklagen kann, kann man auch nicht tatenlos zusehen, wie qualifizierte ältere Männer und Frauen aus gesundheitlichen Gründen früher als nötig in Rente gehen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es ist gut – das wurde schon angesprochen –, dass wir uns in der Koalition einig sind und dieses Thema in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe angehen. Wir werden dort ganz konkrete Vorschläge entwickeln, wie der Übergang vom Beruf in die Rente flexibler und damit auch gerechter gestaltet werden kann, gerechter, weil auf die Bedürfnisse der Männer und Frauen stärker Rücksicht genommen wird und nicht mehr alle über einen Kamm geschoren werden.

Da geht es zum Beispiel – das ist schon angesprochen worden – um eine attraktivere Teilrente, zum Beispiel um die Frage, wie man erwerbsgeminderten Männern und Frauen hilft –

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Dazu liegen gute Vorschläge auf dem Tisch!)

– vielleicht kommen wir darauf zurück –, die zu gesund sind für die Erwerbsminderungsrente, aber zu krank, um es bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter zu schaffen.

Was hat das Ganze mit dem Haushalt zu tun? Erst einmal ist der Haushalt die materielle Grundlage des politischen Handelns. Insofern hat alles miteinander zu tun. Aber auch aus rein ökonomischen Gründen ist es sinnvoll, dass wir daran arbeiten, dass ältere Arbeitnehmer so lange wie möglich und so lange, wie sie wollen, erwerbstätig sind. Ältere Beschäftigte, die ein Erwerbseinkommen erzielen, zahlen Sozialversicherungsbeiträge und Steuern. Ihre Rente im Alter steigt, das Armutsrisiko sinkt und die Fachkräftebasis im Betrieb wird gesichert.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Außerdem müssen wir weg von einer ständig reparierenden Politik hin zu präventiven Ansätzen; auch die rechnen sich auf die Dauer.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ein Satz zum Schluss; ich bin schon etwas über die Zeit. Ich sage Ihnen ganz offen: Wer jetzt über die Rente mit 70 schwadroniert, der hat entweder nichts verstanden oder er setzt bewusst auf eine massive Kürzung der Rente, der Altersversorgung von vielen Millionen Männern und Frauen. Mit uns nicht!

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Abschließende Rednerin ist die Kollegin Gabriele Schmidt für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/3855934
Wahlperiode 18
Sitzung 51
Tagesordnungspunkt Arbeit und Soziales
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