Wilhelm PriesmeierSPD - Ernährung und Landwirtschaft
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Claus, zunächst einmal: Es könnte sein, dass die Bayern auf Apfelschorle umstellen, wenn irgendwann die Linke in Bayern regiert.
(Roland Claus [DIE LINKE]: Gute Idee!)
Aber das halte ich für ziemlich unwahrscheinlich.
(Nicole Maisch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Für die SPD ist es aber auch nicht so wahrscheinlich! – Roland Claus [DIE LINKE]: Aber wir müssen auch Visionen haben!)
Insofern ist die Prognose, was die Verwertung von Äpfeln angeht, nur von eingeschränkter Aussagekraft.
Ich darf mich beim Haus für den vorliegenden Gesetzentwurf bedanken. Der Minister hat es eben schon gesagt: Es gilt das Struck’sche Gesetz. – Insofern sehe ich: Es ist an den Abgeordneten, diesen Bundeshaushalt in verschiedenen Bereichen ganz entscheidend mitzuprägen.
Wir leisten mit dem Haushalt zum Einzelplan 10 natürlich einen Beitrag zu einem ausgeglichenen Bundeshaushalt. Das ist jedem klar. Die Ansprüche werden nicht ins Uferlose wachsen. So wie ich diesen Haushalt einschätze, ist er, wie alle Haushalte in der Vergangenheit, geprägt durch die Ausgaben für die agrarsoziale Sicherung. Fast 70 Prozent dieses Haushaltes, 3,7 Milliarden Euro von 5,3 Milliarden Euro, sind für die agrarsoziale Sicherung zu veranschlagen. Insofern ist es de facto fast ein Sozialhaushalt, den wir hier haben. Aber wir müssen uns natürlich auch Gedanken machen über das damit finanzierte System, darüber, wie wir dieses System zukunftsfest erhalten können oder welche Alternative es dazu gibt. Bei einer Defizitabdeckung von 70 Prozent für die landwirtschaftlichen Altersrenten sehe ich in Zukunft Probleme auf uns zukommen, die wir zu lösen haben. Mit der Schaffung eines einheitlichen Bundesträgers alleine wird es nicht getan sein.
Wir müssen auf der Basis des Berichts von 2013 erkennen, dass von den an sich Versicherungspflichtigen 238 000 befreit sind und 236 000 Beiträge bezahlen. Das macht deutlich, dass ein gewisser Entsolidarisierungseffekt bei der landwirtschaftlichen Sozialversicherung gegeben ist. Wir müssen versuchen, dem entgegenzuwirken, und uns über adäquate Maßnahmen oder Alternativen Gedanken machen.
Das, was wir mit diesem System erreicht haben, sind wettbewerbsfähige Strukturen. Über die vergangenen Jahrzehnte sind diese wettbewerbsfähigen Strukturen gewachsen. Wir Sozialdemokraten bekennen uns zu dem Strukturwandel in der Landwirtschaft und dazu, dass Betriebe wettbewerbsfähig sein sollen und Perspektiven in der Zukunft haben müssen.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Franz- Josef Holzenkamp [CDU/CSU])
Daher finden wir es nicht mehr zeitgemäß, jeden zu zwingen, seinen Betrieb abzugeben, um in den Genuss der Rente zu kommen. Das ist eine Sonderregelung, die in keinem anderen Bereich der Rentenversicherung gilt. Ich glaube, diese Regelung ist auch wenig zukunftsfähig. Gerade wenn wir von älteren Menschen erwarten, dass sie weiterhin aktiv bleiben, sollten wir das auch Landwirten nicht verwehren. Das ist in der Regel ein Problem der kleineren Betriebe. Zwei Drittel der Betriebe haben keinen Hofnachfolger; im Regelfall sind das, wie gesagt, kleinere Betriebe. Auch diesen Betrieben sollte man die Möglichkeit geben, in dem Maße, wie sie es für richtig halten, weiter Einkommen aus landwirtschaftlicher Tätigkeit zu erwirtschaften.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Im Koalitionsvertrag haben wir uns darauf verständigt, die Reform der agrarsozialen Sicherung intensiv zu begleiten und die Hofabgabeklausel neu zu gestalten. Dazu werden wir jetzt einen Beitrag leisten und für die Novellierung des § 11 ALG einen konkreten Vorschlag vorlegen und diesen parallel zum Haushalt mit den Kollegen von der CDU/CSU beraten, wenn es sich von der zeitlichen Abfolge so ergeben sollte.
Letzte Woche war ich in einem Betrieb in der Nähe von Bielefeld. Dort habe ich jemanden getroffen, der aus Überzeugung Landwirt ist. Er ist 77 Jahre alt und bewirtschaftet zusammen mit seiner Frau 30 Hektar. Er melkt noch 12 Kühe. Warum sollen wir diesem Mann verwehren, der keine Nachkommen hat, die für die Übernahme des Betriebes infrage kommen, seinen Betrieb weiter zu bewirtschaften? Jeder Handwerksmeister darf seinen Betrieb weiterführen und gleichzeitig Rente beziehen. Jeder, der in anderen Versicherungssystemen versichert war, darf seinen Betrieb weiterführen. Dort ist nicht das Erfordernis der Agrarstruktur Grundlage für den Bezug der Rente, die man aus einem anderen System erhält. Ich glaube, wir müssen uns in diesem Zusammenhang ein bisschen bewegen. Ich erkenne auch beim Koalitionspartner den Willen dazu. Deshalb setze ich darauf, dass wir in den nächsten Wochen und Monaten zu einer vernünftigen und einvernehmlichen Regelung kommen.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
– Ich sehe, dass der Kollege Holzenkamp klatscht. Das steigert meine Zuversicht ungemein.
Ein weiterer wichtiger Punkt in dem Haushaltsentwurf sind die Eiweißpflanzenstrategie und der ökologische Landbau. Die Eiweißpflanzenstrategie war uns Sozialdemokraten vor allem im Haushaltsentwurf 2014 wichtig. Aus diesem Grunde sehen wir mit besonderer Sympathie, dass dieser Betrag im jetzigen Entwurf auf 4 Millionen Euro aufwächst. Wir müssen schauen, ob es für die Zukunft ausreichend ist oder ob wir in den weiteren Haushaltsjahren etwas drauflegen müssen; denn gerade dieser Bereich ist wichtig. Wenn wir importiertes Eiweiß durch heimisches Eiweiß ersetzen können, dann steigert das die Wertschöpfung der Betriebe im ländlichen Raum. Diese Chance sollten wir nutzen.
Deutschland ist der größte Markt Europas für Biolebensmittel. Auch darüber sollten wir uns Gedanken machen, vor allen Dingen, was den Ökolandbau und das „Bundesprogramm Ökologischer Landbau“ betrifft. Ich sehe noch Möglichkeiten, den entsprechenden Ansatz vielleicht zu verstärken. Darüber werden wir uns unterhalten müssen. Es geht auch um ein klares Signal an die Betriebe, die sich dem ökologischen Landbau widmen und dort ihr Erwerbseinkommen erzielen. Ich glaube, dass diese Betriebe Unterstützung brauchen; denn die Situation in vielen Betrieben ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht besonders günstig.
Das waren Initiativen, die wir in besonderer Weise aufgreifen – neben dem, was Kollege Claus in Bezug auf die Finanzierung des Hochwasserschutzes eingefordert hat. Ich verweise auf den Maßgabebeschluss des Haushaltsausschusses vom 5. Juni dieses Jahres, der vorsieht, dass die Maßnahmen, die eventuell im Oktober von der Bund-Länder-Kommission vorgeschlagen werden, zeitnah im Bundeshaushalt abgebildet werden sollen, mit einiger Wahrscheinlichkeit in der GAK; ich setze darauf.
Kollege Priesmeier, achten Sie bitte auf die Zeit.
Ich wünsche mir auch dazu großes Einvernehmen hier im Hause, damit wir das umsetzen können.
Vielen Dank, meine Kolleginnen und Kollegen, liebe Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Kollegin Nicole Maisch das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3856016 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 51 |
Tagesordnungspunkt | Ernährung und Landwirtschaft |