Johannes RöringCDU/CSU - Ernährung und Landwirtschaft
Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister Schmidt! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Landwirtschaft in Deutschland ist eine Erfolgsgeschichte. 270 000 Betriebe, rund 90 Prozent davon familiengeführt, ackern und arbeiten für uns. Nie waren Lebensmittel so wertvoll und hochwertig und so bezahlbar wie heute.
(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: So billig!)
Wir haben die Getreideernte 2014 gerade abgeschlossen. Die deutschen Bauern haben eine Rekordernte eingefahren, in einigen Regionen unter schwierigsten Bedingungen. Hätten wir nicht diese tolle Landtechnik, hätten wir vieles nicht ernten können. Ich sage Ihnen sehr deutlich, wenn wir über Nahrungsmittelspekulationen sprechen: Die beste Antwort auf Spekulationen sind gute Ernten. Sie sichern die Versorgung der Menschen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Deswegen sollten wir alle froh sein, dass wir so eine gute Ernte hatten.
In diesem Zusammenhang erinnere ich wieder daran, wie wichtig es ist, dass wir über ausreichend Lebensmittelerzeugungsflächen verfügen. Wenn davon pro Tag 74 Hektar verloren gehen, dann ist das eindeutig zu viel. Dieses Thema haben wir im Koalitionsvertrag aufgegriffen. Wir packen das an, und wir werden Lösungen finden. Ich persönlich bin – das sage ich Ihnen sehr deutlich – nicht eher zufrieden, bis wir unsere Acker- und Grünlandflächen genauso wie den deutschen Wald unter Schutz stellen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die deutsche Landwirtschaft ist natürlich von den Sanktionen gegen Russland betroffen. Russland hat als Reaktion auf die Sanktionen die Einfuhr von vielen Lebensmitteln ausgeschlossen. Es ist schon bemerkenswert, dass Lebensmittel hier als Mittel der Auseinandersetzung gewählt werden. Ich kann Ihnen sagen: Es ist gut, dass Deutschland von Lebensmitteln nicht so abhängig ist wie von Gas. Es ist wichtig, dass wir in dem Sinne eine starke Landwirtschaft haben. Wir sind zwar der zweitgrößte Importeur von Lebensmitteln auf der Erde, aber auch der drittgrößte Exporteur. Insofern findet an der Stelle Handel statt.
Ich glaube, es ist gut, dass der Bundeslandwirtschaftsminister deutlich gesagt hat, dass die russischen Verbraucher am Ende die Hauptleidtragenden sind. Sie zahlen sehr hohe Preise für Nahrungsmittel, wobei sie über wesentlich weniger Einkommen verfügen als unsere Verbraucher. Umso wichtiger im Hinblick auch auf diese Sanktionen sind natürlich die anderen Märkte. Unser Hauptmarkt ist der Markt vor Ort, sind unsere Verbraucher in Deutschland, die 80 Millionen Menschen, die wir täglich gern und sicher versorgen wollen. Auch der europäische Markt ist für uns wichtig. Ich bin Minister Schmidt für sein Bekenntnis zu den Exportmärkten außerordentlich dankbar.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Peter Bleser ist im Moment in Peking unterwegs und treibt die Errichtung des deutsch-chinesischen Agrarzentrums voran.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch auch eine Abhängigkeit!)
Ich möchte noch einmal deutlich machen, dass wir bei der Exportförderung nicht über Exporterstattung sprechen, sondern über Handelserleichterungen, zum Beispiel Veterinärabkommen. Auch da bin ich den Haushältern dankbar, dass wir zusätzliche Stellen bekommen, um das alles zu schaffen.
Um die gleichen Dinge geht es auch bei CETA und TTIP, den Handelsabkommen mit Kanada und den Vereinigten Staaten. Absatzmärkte für unsere hochwertigen Erzeugnisse, Autos, Maschinen, Anlagen und auch Nahrungsmittel, sind wichtig für unsere Wirtschaft. Ich erwarte von der Europäischen Union robuste Verhandlungen im Sinne unserer Verbraucher, aber auch unserer Wirtschaft. Eine Exportnation wie Deutschland ist auf gute Rahmenbedingungen im Handel angewiesen.
Diese Abkommen beinhalten aus meiner Sicht viele Vorteile, vor allen Dingen auch für unseren Mittelstand. Ich sage Ihnen sehr deutlich: An der deutschen Landwirtschaft werden diese Abkommen nicht scheitern. Wir wollen Chancen nutzen und Standards schützen. Diese Abkommen bieten auch die Chance einer allgemeinen Standarderhöhung. Deswegen brauchen wir gerade auch bei TTIP und CETA eine sachliche Debatte, die sich mit den Chancen, aber auch den Risiken beschäftigt.
(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Weg mit ISDS!)
Ich glaube – dies muss man deutlich sagen –, dass dies auch für andere Themenfelder gilt. Organisationen, die ihr Geschäft mit den Ängsten der Bevölkerung machen, sind bei solchen Diskussionen fehl am Platz.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Landwirte genießen in Deutschland ein hohes Ansehen. Das belegen Umfragen immer wieder. Aber es herrscht allgemeine Skepsis gegenüber moderner Lebensmittelerzeugung auf dem Acker und im Stall.
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Warum denn?)
Wir von der CDU/CSU wollen eine sachliche Debatte über die Tierhaltung. Dabei sage ich ganz deutlich: Es ist vornehmlich Aufgabe der Wirtschaft, Dinge selbstkritisch zu hinterfragen, Verbesserungen umzusetzen und am Ende natürlich auch darüber aufzuklären.
Als gutes Beispiel nenne ich hier die Initiative Tierwohl. Hier haben sich zum ersten Mal – das müssen Sie sich genau anschauen – Bauern, Verarbeiter und Handel an einen Tisch gesetzt mit dem Ziel, noch mehr für den Tierschutz in deutschen Ställen zu tun. Mit dem Ziel ist es nicht getan. In diesem Fall ist auch ein Ergebnis dabei herausgekommen, das dafür sorgt, dass die deutschen Landwirte von dieser Entwicklung profitieren. Auch dies ist zum ersten Mal so. Deswegen ist es eine völlig neue Qualität der Zusammenarbeit. Mit dieser Initiative – das sage ich sehr deutlich – wollen wir mit der Tierhaltung aus der Nische herauskommen und für alle Tiere etwas tun. Es ist kein Label, kein Sonderprogramm und auch nicht das 46. Markenfleischprogramm, sondern eine Initiative, die allen Tieren in Deutschland zugutekommt.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Jeannine Pflugradt [SPD])
Ich bin sehr froh, dass Minister Schmidt seine Tierwohloffensive, die er, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, gerade angekündigt hat, für einen ganzheitlichen Ansatz nutzt; das ist auch im Haushalt erkennbar. Ich bin der Überzeugung, dass wir nicht nur über Nutztiere, sondern auch über Zoo-, Zirkus- und Heimtiere reden sollten, also über die gesamte Palette der Themen inklusive dem Welpenhandel und anderen Dingen, die ganz wichtig sind. Diese Maßnahmen knüpfen nahtlos an viele Regelungen an, die in der deutschen Tierhaltung wichtig sind. Viele tun ja so, als würde das im rechtsfreien Raum geschehen. Wir haben aber einschlägige Gesetze und Verordnungen en masse.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber es passiert ja nichts bei Ihnen!)
Ich erinnere an das Tierschutzgesetz und das Arzneimittelgesetz, das sich in der Umsetzung befindet. Hier haben wir ganz klare Signale gesetzt, nicht nur den Einsatz von Antibiotika, sondern vor allen Dingen auch die Resistenzbildung stark zu reduzieren. Ich bin froh, dass in diesen Haushalt für die nächsten drei Jahre 21 Millionen Euro allein für die Förderung von Modell- und Demonstrationsvorhaben eingestellt worden sind.
Ich glaube, wir müssen fernab von den Elfenbeintürmen der Theorie praxisgerechte Maßnahmen weiterentwickeln, die den Bauern helfen. Am Ende lautet das Motto nämlich: Diese Entwicklung geht nur mit den Bauern, mit den Tierhaltern. Deswegen finde ich es richtig, auf diese Art und Weise vorzugehen. Verbote und Anfeindungen helfen da überhaupt nicht weiter. Ich spreche an dieser Stelle ganz deutlich für die deutschen Bauern, die sich zum Ziel gesetzt haben, in ihren Ställen gesunde Tiere zu haben, um gesunde Lebensmittel verkaufen zu können.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Bauernfamilien, meine Damen und Herren, können ihre Höfe nicht ins Ausland verlagern, sondern sind standortgebunden, müssen sich aber trotzdem dem Wettbewerb stellen. Deshalb sage ich ganz deutlich: Bei allen Verbesserungen muss immer auch der Gesichtspunkt der Wettbewerbsfähigkeit im Auge behalten werden. An einigen Stellen müssen wir die Kirche im Dorf lassen. Was nützen uns die besten Innovationen, wenn die Fleischerzeugung ins Ausland verlagert wird, wo die Standards, wie wir alle wissen, mit Sicherheit nicht genauso hoch sind wie bei uns?
Wir von der CDU/CSU – das gilt aber auch für die Koalition insgesamt; das haben wir gerade vom Kollegen Priesmeier gehört – bekennen uns zur Vielfalt unserer Landwirtschaft mit all ihren Bewirtschaftungsformen und Betriebsgrößen. Wir wollen eine wettbewerbsfähige Landwirtschaftsstruktur in Deutschland. Eine verbotsgesteuerte Agrarpolitik lehnen wir gerade in Anbetracht unserer mittelständischen Strukturen entschieden ab.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Überzogene Auflagen und Verbote schrecken nämlich zunehmend junge Menschen ab, den elterlichen Betrieb zu übernehmen. Unser Leitbild ist die bäuerlich-unternehmerische Landwirtschaft. Die große Mehrheit der Bauern in Deutschland wirtschaftet so. Das soll auch so bleiben.
Bauernfamilien sind zur Selbstkritik bereit und stehen auch Änderungen offen gegenüber. Jedoch sind wir alle entsetzt über illegale Stalleinbrüche militanter Aktivsten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Mit teils gefälschten Bildern wird ein Zerrbild der Landwirtschaft in öffentlich-rechtlichen Sendern verbreitet. Das ist der Nährboden – das ist meine Sorge – für Rechtsbrüche wie Brandstiftung in Ställen – das alles hat es schon gegeben – und Mobbing von Bauernkindern in Schulen. Ich möchte an die Kritiker der Landwirtschaft appellieren, fair und gewaltfrei über dieses Thema zu diskutieren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die Landwirtschaft zukunftsfähig erhalten und sie auf die Zukunft ausrichten, das ist unser Ziel. Der Bundeshaushalt 2014 bietet dafür eine gute Grundlage. Ich möchte abschließend Bundesminister Christian Schmidt und all seinen Mitarbeitern für diesen Einzelplanentwurf danken.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Für die Fraktion Die Linke hat die Kollegin Karin Binder das Wort.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/3856022 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 51 |
Tagesordnungspunkt | Ernährung und Landwirtschaft |